Zusammenfassung des Urteils VW190007: Obergericht des Kantons Zürich
Die Gesuchstellerin schuldet dem Kanton Zürich 300 CHF aus einem früheren Verfahren und beantragte einen Kostenerlass, da sie finanziell unterstützt wird und die Schulden nicht zahlen kann. Die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich wies das Gesuch ab, da ein Kostenerlass nur bei dauernder Mittellosigkeit möglich ist und nicht dazu dient, rechtskräftige Entscheide zu korrigieren. Die Gesuchstellerin konnte keine finanzielle Verschlechterung nachweisen und das Gesuch wurde abgelehnt. Die Gerichtskosten von 300 CHF gehen zu Lasten der Gesuchstellerin. Der Richter ist männlich.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VW190007 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | Verwaltungskommission |
Datum: | 02.09.2019 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Kostenerlass |
Schlagwörter: | Obergericht; Kostenerlass; Gesuch; Entscheid; Erlass; Obergerichts; Kanton; Inkasso; Rekurs; Kantons; Inkassos; Verwaltungskommission; Inkassostelle; Zentrale; Entscheide; Verfahren; Rekurskommission; Kammer; Gesuchs; Rechnung; Rechtsmittel; Verfügung; Erlassgesuch; Kostenerlassgesuch; Rechtspflege; Bestimmungen; Kostenentscheid; Verfahren |
Rechtsnorm: | Art. 117 ZPO ;Art. 29 BV ;Art. 425 StPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
Verwaltungskommission
Geschäfts-Nr.: VW190007-O/U
Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. M. Burger, Oberrichterin Dr.
D. Scherrer und Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu
in Sachen
A. ,
Gesuchstellerin
betreffend Kostenerlass
I.
(nachfolgend: Gesuchstellerin) schuldet dem Kanton Zürich aus
dem am Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, durchgeführten Verfahren Nr. UE180298-O einen Betrag von Fr. 300.- (act. 4/9). Mit E-Mail vom 7. Februar 2019 stellte sie bei der Zentralen Inkassostelle der Gerichte (nachfolgend: Zentrale Inkassostelle) ein Gesuch um Erlass dieser Kosten (act. 4/1). Dieses wurde am 22. März 2019 durch den Fachspezialisten für Erlassgesuche (act. 4/2) und zu einem späteren Zeitpunkt durch den stellvertretenden Generalsekretär des Obergerichts des Kantons Zürich geprüft und mangels Erfüllung der Voraussetzungen einstweilen abgewiesen (act. 4/4). Die negative Einschätzung des stellvertretenden Generalsekretärs sowie die Bereitschaft zur Gewährung von Teilzahlungen wurden der Gesuchstellerin mit Schreiben vom 30. April 2019 mitgeteilt (act. 4/5). Gleichzeitig wurde sie darüber in Kenntnis gesetzt, dass sie die Überprüfung ihres Gesuchs durch die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich beantragen könne (act. 4/5).
In der Folge teilte die Gesuchstellerin der Zentralen Inkassostelle mit, dass sie an ihrem Erlassgesuch festhalte (act. 2). Mit Schreiben vom 19. August 2019 überwies die Zentrale Inkassostelle das Erlassgesuch daher zustän- digkeitshalber an die Verwaltungskommission (act. 1).
II.
Gemäss § 18 Abs. 1 lit. q der Verordnung über die Organisation des Obergerichts (LS 212.51) entscheidet die Verwaltungskommission über nachträg- liche Gesuche um Erlass von Verfahrenskosten (vgl. auch § 5 der Verordnung des Obergerichts über das Rechnungswesen der Bezirksgerichte und des Obergerichts sowie über das zentrale Inkasso vom 9. April 2003 [LS
211.14]). Sie ist daher zur Behandlung des vorliegenden Gesuchs zustän- dig.
III.
Die Gesuchstellerin begründet ihr Gesuch um Kostenerlass damit, sie sei Studentin und werde finanziell vom Amt unterstützt. Sie sehe sich nicht in der Lage, die ausstehenden Schulden von Fr. 300.- zu zahlen (act. 2).
Eigentlicher Zweck des Instituts des Kostenerlasses ist es, Kostenschuldnern bei bestehender dauernder Mittellosigkeit eine Gesamtschuldensanierung zu ermöglichen und damit einhergehend ihre Resozialisierung zu erleichtern bzw. ihr wirtschaftliches Fortkommen zu fördern. Für einen Kostenerlass massgeblich sind somit sozial-ethische Gedanken. Er gründet auf der sozialen Solidarität und hat seine Berechtigung im sozialen Anliegen des Gesetzgebers, besonderen Härten für den Kostenschuldner Rechnung zu tragen (vgl. dazu Beschluss der Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich vom 24. Juni 2015, Nr. VU150019-O, E. II.3.3). Als Akt der Justizverwaltung darf der Kostenerlass jedoch nicht dazu benutzt werden, von gesetzeskonform zusammengesetzten Spruchkörpern erlassene Entscheide zu korrigieren bzw. die von diesen angewendeten gesetzlichen Erfordernisse zu umgehen. Zur Aufhebung Abänderung rechtskräftiger Entscheide haben die Gesuchstellenden vielmehr auf die von den einschlä- gigen prozessualen Gesetzen vorgesehenen Rechtsmittel zurückzugreifen, zu denen ein Gesuch um Kostenerlass nicht zu zählen ist (vgl. auch Entscheide der Rekurskommission OGer ZH Nrn. KD170005-O vom 2. November 2017, E. 3.2, und KD160001-O vom 18. März 2016, E. 3.3). Aus dem Umstand, dass die Organe des Inkassos nicht befugt sind, Gerichtsentscheide abzuändern, folgt, dass der Erlass rechtskräftig festgesetzter Gerichtskosten nur mit Zurückhaltung bewilligt werden kann. So kann ein Kostenerlass in aller Regel dann nicht genehmigt werden, wenn es die gesuchstellende Partei im dem Kostenerlassgesuch vorausgehenden Gerichtsverfahren trotz bestehender Mittellosigkeit unterliess, um unentgeltliche Rechtspflege nachzusuchen, wenn ein solches Gesuch wegen Aussichtslosigkeit abgewiesen wurde (Art. 117 ff. ZPO; Art. 136 f. und Art. 425 StPO; Entscheid der Rekurskommission OGer ZH Nr. KD170003-O vom
ktober 2017, E. 3.3). Denn sowohl im Zivilals auch im Strafprozess ist es bereits der Sachinstanz möglich, im Rahmen der Kostenauflage der finanziellen Lage der kostenpflichtigen Person Rechnung zu tragen (Art. 117 ZPO, Art. 425 StPO). In beiden Fällen kann sodann mit einem Rechtsmittel (oder beim Strafbefehl mittels Einsprache) gegen den Sachentscheid geltend gemacht werden, es sei dem nicht zu wenig Rechnung getragen worden. Eine spätere Korrektur durch die Organe des Inkassos ist grundsätzlich nicht möglich, zumal die in der Zivilund Strafprozessordnung vorgesehenen Bestimmungen zur unentgeltlichen Rechtspflege bzw. zum Erlass ihres Sinnes entleert würden, könnte man sie ohne Weiteres mit einem nachträglichen Kostenerlassgesuch umgehen. Das schliesst indes nicht aus, dass einer Partei, welche mangels Prozessarmut keine unentgeltliche Rechtspflege verlangen konnte deshalb mit ihrem Gesuch abgewiesen wurde, wegen nachträglich eingetretener finanzieller Schwierigkeiten ein Erlass der Kosten bewilligt wird.
Eine Gutheissung des vorliegenden Gesuchs um Erlass der Schulden in der Höhe von Fr. 300.- würde die gesetzlichen Bestimmungen zur Kostentragungspflicht umgehen und diese faktisch aufheben, zumal sie einen erst kürzlich gefällten Kostenentscheid ausser Kraft setzen würde, nämlich den Kostenentscheid in der Verfügung der III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 16. Januar 2019, Nr. UE180298-O. Hinweise, dass die Gesuchstellerin erst nach der Fällung des massgeblichen Entscheides in finanzielle Schwierigkeiten geraten bzw. mittellos geworden wäre, bestehen keine. So führte sie in ihrem Gesuch um Kostenerlass vom 7. Februar 2019 selbst aus, sie habe bereits die von der III. Strafkammer angesetzte Prozesskaution von Fr. 1'500.- nicht bezahlen können, weshalb sie sich entschieden habe, die Angelegenheit (gemeint ist das Strafverfahren) nicht weiterzuverfolgen (act. 4/1). Damit ergeben sich aus den Akten keine Anhalts-
punkte, dass sich die finanzielle Situation der Gesuchstellerin erst seit der erwähnten Verfügung der III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich erheblich verschlechtert hätte. Könnte die Gesuchstellerin bei diesen Gegebenheiten nur wenige Monate nach Ergehen der massgeblichen Verfügung die Kostenauflage auf dem Weg des Erlasses korrigieren, so würden der Kostenentscheid und Art. 29 Abs. 3 BV bzw. die weiteren massgeblichen gesetzlichen Bestimmungen bedeutungslos (vgl. dazu auch Bericht zum Vorentwurf der Expertenkommission zur ZPO vom Juni 2003, S. 54). Die Gutheissung eines Kostenerlassgesuchs wäre mit dem öffentlichen Interesse an einer gleichmässigen und konsequenten Durchsetzung staatlicher Ansprüche, welche aus einem neueren Entscheid resultieren, nicht zu vereinbaren (vgl. auch Entscheide der Rekurskommission OGer ZH Nrn. KD170005-O vom 2. November 2017, E. 3.2, und KD160001-O vom
ärz 2016, E. 3.3; Entscheid VerwGer ZH KE.2011.0001 vom
23. August 2011; Entscheid OGer BE ZK 11 72 EIC vom 13. September 2011, mit Hinweis auf OGer SH 60/1999/44 vom 29. Dezember 2000). Ein Erlass der der Gesuchstellerin mit Verfügung vom 16. Januar 2019, Nr. UE180298-O, auferlegten Kosten von Fr. 300.- kommt daher im jetzigen Zeitpunkt nicht in Frage.
3. Damit bleibt festzuhalten, dass das Gesuch um Kostenerlass abzuweisen ist. Für die Vereinbarung einer Stundung von Ratenzahlungen hat sich die Gesuchstellerin praxisgemäss an die Zentrale Inkassostelle zu wenden. Diese hat sich bereits im Vorverfahren mit Ratenzahlungen von Fr. 50.- pro Monat einverstanden erklärt (act. 4/5).
IV.
Die Kosten des Verfahrens gehen ausgangsgemäss zu Lasten der Gesuchstellerin. Aufgrund der gegebenen Ausgangslage sind diese auf Fr. 300.- anzusetzen.
Prozessentschädigungen sind keine zu entrichten.
2. Hinzuweisen ist sodann auf das Rechtsmittel des Rekurses an die Rekurskommission.
Das Gesuch um Kostenerlass wird abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 300.- festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden der Gesuchstellerin auferlegt.
Es werden keine Prozessentschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, an:
die Gesuchstellerin sowie
an die Zentrale Inkassostelle der Gerichte.
Rechtsmittel :
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen, von der Zustellung an ge- rechnet, bei der Rekurskommission des Obergerichts, Hirschengraben 13/15, Postfach, 8021 Zürich, schriftlich Rekurs eingereicht werden.
Die Rekursschrift muss einen Antrag und dessen Begründung enthalten. Der angefochtene Entscheid ist beizulegen. Die angerufenen Beweismittel sind genau zu bezeichnen und soweit möglich beizulegen. Materielle und formelle Entscheide der Rekursinstanz sind kostenpflichtig; die Kosten hat die im Verfahren unterliegende Partei zu tragen.
Zürich, 2. September 2019
Obergericht des Kantons Zürich Verwaltungskommission
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. A. Leu versandt am:
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