Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VW180005 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | Verwaltungskommission |
Datum: | 04.12.2018 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Kostenerlass |
Zusammenfassung: | Der Gesuchsteller schuldet dem Kanton Zürich einen Betrag von insgesamt Fr. 20'918.26 aus verschiedenen Verfahren. Nachdem er Ratenzahlungen nicht wie vereinbart beglich, wurde das Betreibungsverfahren eingeleitet. Trotz des Gesuchs um Erlass der offenen Gerichtskosten wurde dieses abgewiesen, da der Gesuchsteller als Eigentümer einer Liegenschaft über Vermögen verfügt. Aufgrund dessen und seiner Altersrente wurde das Gesuch abgelehnt. Der Richter ist männlich. |
Schlagwörter: | Gesuch; Gesuchsteller; Mittellosigkeit; Obergericht; Erlass; Kostenerlass; Kanton; Obergerichts; Rekurs; Kantons; Schuld; Inkasso; Entscheid; Verwaltungskommission; Verfahren; Zentrale; Inkassostelle; Verhältnisse; Interesse; Person; Einkünfte; Vermögenswerte; Rekurskommission; Liegenschaft; Antrag; Kommentar; Schweizerischen; Auflage; Zürich/Basel/Genf; Prozessordnung |
Rechtsnorm: | Art. 159 ZGB ; Art. 163 ZGB ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
Verwaltungskommission
Geschäfts-Nr.: VW180005-O/U
Mitwirkend: Der Obergerichtsvizepräsident lic. iur. M. Langmeier, lic. iur. E. Lichti Aschwanden und Dr. D. Scherrer sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu
in Sachen
,
Gesuchsteller
betreffend Kostenerlass
I.
(nachfolgend: Gesuchsteller) schuldet dem Kanton Zürich aktuell
aus verschiedenen Verfahren einen Betrag von insgesamt Fr. 20'918.26 (act. 3). Nachdem die Zentrale Inkassostelle der Gerichte (nachfolgend: Zentrale Inkassostelle) ihm bereits im Jahre 2015 eine Abrechnung über den Betrag von Fr. 22'207.70 hatte zukommen lassen (vgl. act. 4/1), bewilligte sie dem Gesuchsteller nach weiterer Korrespondenz (act. 4/2-8) die Begleichung der Schuld mittels Ratenzahlungen (act. 4/9). Da der Gesuchsteller die Raten jedoch nicht vereinbarungsgemäss beglich, leitete die Zentrale Inkassostelle im September 2016 das Betreibungsverfahren ein (act. 4/12). Am 6. September 2018 stellte sie sodann das Verwertungsbegehren (act. 4/16). In der Folge ersuchte der Gesuchsteller am 14. September 2018 um Erlass der offenen Gerichtskosten (act. 4/17), welches Gesuch vom Prä- sidenten des Obergerichts des Kantons Zürich am 3. Oktober 2018 einstweilen abgewiesen wurde (act. 4/18). Darüber wurde der Gesuchsteller mit Schreiben vom 4. Oktober 2018 in Kenntnis gesetzt (act. 4/20). Gleichzeitig wurde ihm eine Frist von dreissig Tagen angesetzt, um den Antrag zu stellen, das Gesuch sei der Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich vorzulegen (act. 4/20). Mit Schreiben vom 3. November 2018 hielt der Gesuchsteller an seinem Erlassgesuch fest (act. 2), weshalb die Zentrale Inkassostelle dieses zuständigkeitshalber an die Verwaltungskommission überwies (act. 1).
II.
Gemäss § 18 Abs. 1 lit. q der Verordnung über die Organisation des Obergerichts (LS 212.51) entscheidet die Verwaltungskommission über nachträg- liche Gesuche um Stundung und Erlass von Verfahrenskosten (vgl. auch § 5
der Verordnung des Obergerichts über das Rechnungswesen der Bezirksgerichte und des Obergerichts sowie über das zentrale Inkasso vom 9. April 2003 [LS 211.14]).
Das Gesuch um Kostenerlass begründet der Gesuchsteller zusammengefasst damit, seit Februar 2016 bestehe sein Haupteinkommen aus einer AHV-Rente. Relevante Ansprüche aus der zweiten Säule habe er keine. Eine Erhöhung der Hypothek komme nicht in Frage, da die Belastung gemäss Richtlinien der FINMA zu hoch wäre. Es liege ein Härtefall vor, da er sich seit dem massgeblichen Urteil aus dem Jahre 1998 wirtschaftlich nicht mehr habe erholen können (act. 2).
Der Erlass einer Kostenforderung setzt dauernde Mittellosigkeit der gesuchstellenden Person voraus. Von Mittellosigkeit ist auszugehen, wenn die betreffende Person nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, um die Prozesskosten selbst zu tragen. Zur Bestimmung der Mittellosigkeit sind die Einkünfte unter Berücksichtigung der Vermögenswerte den notwendigen Lebensaufwandkosten gegenüber zu stellen. Dabei ist vom betreibungsrechtlichen Existenzminimum auszugehen (BSK ZPO-Rüegg, Art. 117 N 7 ff.). Die finanziellen Verhältnisse sind von der gesuchstellenden Person hinreichend darzulegen. Dabei sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung massgebend. Aufgrund der ehelichen Unterstüt- zungspflicht (Art. 159 Abs. 3 ZGB, Art. 163 Abs. 1 ZGB) sind auch die finanziellen Verhältnisse eines Ehegatten in die Bedarfsrechnung miteinzubeziehen (vgl. zum Ganzen Emmel in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], 3. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2016, Art. 117 N 4 und 9; vgl. auch BSK-StPO Domeisen, Art. 425 N 4 und Lieber in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2014, Art. 132 N 11 f.).
Der Erlass der Kostenforderung führt zum endgültigen Untergang der Forderung. Damit kann diese auch dann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Schuldner in der Folgezeit in günstige finanzielle Verhältnisse gelangt. Aufgrund dieser weitreichenden Bedeutung ist gemäss ständiger Praxis des Obergerichts des Kantons Zürich ein Erlass der geschuldeten Kosten nur in ausgesprochenen Ausnahmefällen bei ausgewiesener dauernder Mittellosigkeit zulässig. Allein die Tatsache, dass ein Schuldner zurzeit mittellos ist nur ein minimales Einkommen erzielt, vermag keine dauernde Mittellosigkeit zu begründen. Vielmehr setzt eine solche voraus, dass die gesuchstellende Person selbst unter Berücksichtigung der künftigen Einkommensund Vermögensentwicklung nicht fähig ist, die Schuld zu begleichen (sog. dauernde Mittellosigkeit). Bei der Prüfung der Bedürftigkeit sind somit Einkünfte und Vermögenswerte zu berücksichtigen, die erst innerhalb der nächsten Jahre verfügbar werden kapitalisiert werden können (vgl. Jenny in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, SutterSomm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], 3. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2016, Art. 112 N 5; BSK ZPO-Rüegg, Art. 112 N 1; ZR 83 [1984] Nr. 75). Einem Erlassgesuch ist demnach nicht zu entsprechen, wenn die aktuelle Mittellosigkeit in Zukunft durch eigene Anstrengungen wie dem Nachgehen einer Erwerbstätigkeit bzw. der Veräusserung von Vermögenswerten durch einen absehbaren Vermögenszufluss (bspw. Leistungen aus Erbschaft bzw. Eherecht, Versicherungsleistungen) beseitigt werden kann.
Selbst die dauernde Mittellosigkeit begründet indes keinen Anspruch auf den Erlass der Gerichtskosten. Als Ermessensentscheid ist der Erlass von einer Interessenabwägung abhängig. Abzuwägen sind die schutzwürdigen Interessen des Pflichtigen, die durch ein Weiterbestehen der Forderung betroffen werden, gegenüber den öffentlichen Interessen an einer gleichmässigen und konsequenten Durchsetzung staatlicher Ansprüche. Für einen Kostenerlass spricht, dass die Mittellosigkeit aufgrund längerer Arbeitslosigkeit bzw. Aussteuerung, drückender Familienlasten, Unterhaltspflichten hoher Krankheitsbzw. Pflegekosten, welche nicht von Dritten getragen werden, eingetreten ist. Bestehen hingegen Anhaltspunkte, dass die Bedürftigkeit im Hinblick auf den Prozess durch andere eigenverantwortliche Handlungen des Schuldners herbeigeführt wurde aufrechterhalten wird, kann trotz Mittellosigkeit kein Kostenerlass gewährt werden (vgl. Entscheid der
Rekurskommission OGer ZH KD120010-O vom 21. Dezember 2012 E. 3.3; Entscheid der Rekurskommission OGer ZH KD150005-O vom 30. April 2015
E. 3.1.3; Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen vom 21. August 2007, VZ.2007.31, E. III.2.b).
4. Der Gesuchsteller ist 65 Jahre alt. Gemäss der eingereichten Steuererklä- rung 2014 generierten er und seine Ehegattin, welche zwei Kinder haben, im Jahre 2014 Einkünfte aus Erwerbseinkommen von insgesamt Fr. 56'083.- (act. 4/6). Für das Jahr 2017 deklarierten sie ein steuerbares Einkommen von Fr. 30'300.- (act. 4/22). Seit März 2018 beträgt die Altersrente des Gesuchstellers samt Kinderrenten sodann Fr. 3'224.- pro Monat (act. 4/17). Im Weiteren besassen der Gesuchsteller und seine Ehegattin per
31. Dezember 2014 steuerbare Vermögenswerte von Fr. 129'417.-, wobei einer Liegenschaft in ... [Ort] mit einem Steuerwert von Fr. 590'000.- Schulden von Fr. 481'200.- gegenüber standen (act. 4/6). Für das Jahr 2017 deklarierte der Gesuchsteller ein steuerbares eheliches Vermögen von Fr. 119'000.- (act. 4/22). Der Schätzung des Betreibungsamtes Furttal vom
26. Januar 2017 zufolge hatte die Liegenschaft sodann im besagten Jahr einen Wert von Fr. 804'000.- (act. 4/15). Weitere Angaben zu den finanziellen Verhältnissen, namentlich zu den notwendigen Lebenshaltungskosten, sind zwar nicht aktenkundig. Nähere Abklärungen hierzu drängen sich indes nicht auf, da dem Antrag des Gesuchstellers um Kostenerlass ohnehin nicht entsprochen werden kann. Denn gestützt auf die eingereichten Unterlagen ist erwiesen, dass der Gesuchsteller als Eigentümer einer Liegenschaft über Vermögen verfügt. Die Liegenschaft ist zwar mit Grundpfändern belastet (act. 4/15), jedoch ist ein Mehrwert ausgewiesen (act. 4/15). Dementsprechend bezifferte der Gesuchsteller im Jahre 2017 seine steuerbaren Vermö- genswerte denn auch mit Fr. 119'000.-. Bei einem steuerbaren Vermögen von rund Fr. 119'000.- ist die Voraussetzung der dauernden Mittellosigkeit selbst dann nicht erfüllt, wenn die monatlichen Einkünfte gering sind (vgl. act. 4/17) und allenfalls - dies ist mangels hinreichender Angaben jedoch nicht erwiesen - unter den notwendigen Lebenshaltungskosten liegen. Die aktuelle finanzielle Situation des Gesuchstellers und seiner Ehegattin erlaubt
es Ersterem damit so anders, die gegenwärtigen Ausstände zu begleichen. Ein Kostenerlass kommt daher im jetzigen Zeitpunkt nicht in Frage, zumal das öffentliche Interesse des Kantons Zürich an der Aufrechterhaltung der Forderung gegenüber dem Gesuchsteller unter den gegebenen Umständen höher gewichtet werden muss als sein Interesse an einem Kostenerlass. Das Gesuch ist daher abzuweisen.
III.
Die Gerichtsgebühr ist auf Fr. 500.- anzusetzen (§ 20 GebV OG). Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens dem Gesuchsteller aufzuerlegen.
Prozessentschädigungen sind keine zu entrichten.
Hinzuweisen ist sodann auf das Rechtsmittel des Rekurses an die Rekurskommission.
Das Gesuch um Kostenerlass wird abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 500.- festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Gesuchsteller auferlegt.
Es werden keine Prozessentschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, an:
den Gesuchsteller sowie
an die Zentrale Inkassostelle der Gerichte.
Rechtsmittel :
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen, von der Zustellung an gerechnet, bei der Rekurskommission des Obergerichts, Hirschengraben 13/15, Postfach 2401, 8021 Zürich, schriftlich Rekurs eingereicht werden.
Die Rekursschrift muss einen Antrag und dessen Begründung enthalten. Der angefochtene Entscheid ist beizulegen. Die angerufenen Beweismittel sind genau zu bezeichnen und soweit möglich beizulegen. Materielle und formelle Entscheide der Rekursinstanz sind kostenpflichtig; die Kosten hat die im Verfahren unterliegende Partei zu tragen.
Zürich, 4. Dezember 2018
Obergericht des Kantons Zürich Verwaltungskommission
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. A. Leu versandt am:
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