Zusammenfassung des Urteils VV150004: Obergericht des Kantons Zürich
Das Bezirksgericht C. erhielt eine Scheidungsklage vom Kläger A. gegen die Beklagte B. aufgrund von Befangenheitsproblemen, da der Kläger Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft D. ist. Das Gericht entschied, den Fall an das Kantonsgericht Schaffhausen zu überweisen, aber die Beklagte beantragte die Überweisung an das Bezirksgericht Zürich. Die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich entschied schliesslich, dass das Scheidungsverfahren FE150009-.. an das Bezirksgericht Zürich überwiesen wird, da die Befangenheitsproblematik nicht bei allen Bezirksgerichten im Kanton Zürich besteht.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VV150004 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | Verwaltungskommission |
Datum: | 16.04.2015 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Umteilung eines Prozesses betreffend Ehescheidung / Scheidung auf Klage |
Schlagwörter: | Bezirksgericht; Staatsanwalt; Gericht; Staatsanwaltschaft; Scheidung; Zuständig; Verfahren; Verfahren; Kanton; Obergericht; Kantons; Behandlung; Zuständigkeit; Richter; Verwaltungskommission; Umteilung; Scheidungsverfahren; Obergerichts; Verfahrens; Bezirke; Rekurs; Oberrichter; Klage; Scheidungsklage; Akten; Frist; Stellung; Antrag; Überweisung; Bezirken |
Rechtsnorm: | Art. 31 StPO ;Art. 38 StPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
Verwaltungskommission
Geschäfts-Nr.: VV150004-O/U
Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef, Vizepräsident lic. iur.
M. Burger, Oberrichterin Dr. D. Scherrer, Oberrichter lic. iur. P. Helm und Oberrichter lic. iur. M. Langmeier sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu
Beschluss vom 16. April 2015
in Sachen
,
Kläger
gegen
,
Beklagte
Erwägungen:
Am 25. Februar 2015 ging beim Bezirksgericht C. die Scheidungsklage von A. (nachfolgend: Kläger) gegen B. (nachfolgend: Beklagte) ein (act. 2/1). Gleichentags eröffnete das Bezirksgericht C.
das
Scheidungsverfahren FE150009-.. und überwies die Akten an die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich mit dem Ersuchen, den Prozess einem anderen Bezirksgericht zuzuweisen. Zur Begründung brachte es vor, beim Kläger handle es sich um den Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft D. , weshalb sich alle Gerichtsmitarbeitenden befangen im Sinne von Art. 47 Abs. 1 lit. f ZPO fühlten (act. 1).
Der Kläger erklärte bereits in seiner Scheidungsklage vom 24. Februar 2015, mit der Umteilung an ein anderes Gericht einverstanden zu sein (act. 2/1). Mit Verfügung vom 27. Februar 2015 wurde der Beklagten Frist angesetzt, um zum Umteilungsersuchen Stellung zunehmen (act. 3). Nach Ablauf der zehntägigen Frist stellte die Beklagte mit Eingabe vom 28. März 2015 den Antrag auf Überweisung des Verfahrens an das Kantonsgericht Schaffhausen (act. 5).
Zuständig zur Behandlung des vorliegenden Gesuchs um Umteilung ist die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich als unmittelbare Aufsichtsbehörde über die ihm unterstellten Gerichte (§ 80 Abs. 1 lit. b GOG).
Kann ein Gericht infolge Ausstands nicht mehr durch den Beizug von Ersatzmitgliedern besetzt werden ist der Beizug von solchen nicht angebracht, so überweist die Aufsichtsbehörde die Streitsache einem anderen Gericht gleicher sachlicher und funktionaler Zuständigkeit (§ 117 GOG).
Beim Bezirksgericht C.
handelt es sich um ein kleineres Landgericht.
Der Kläger des besagten Scheidungsverfahrens ist als Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft D. tätig. Die Staatsanwaltschaft D. bearbeitet die in den Bezirken C. , E. , F. und G. begangenen Delikte im Bereich Strafverfolgung Erwachsene, welche nicht in die Zuständigkeit der Besonderen Staatsanwaltschaften fallen. Die Mitarbeitenden der Staatsanwaltschaft D.
nehmen damit als Anklagebehörde an
Strafverfahren teil, welche insbesondere am Bezirksgericht C.
durchgeführt werden. Unter diesen Umständen ist glaubhaft, dass zwischen den
Richtern des Bezirksgerichts C.
und der der Staatsanwaltschaft
D.
ein kollegiales Verhältnis besteht. Es erscheint damit nicht als angebracht, die Richterinnen und Richter ein Verfahren behandeln zu lassen,
in welchem der Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft D.
Partei ist.
Gegen Aussen könnte dadurch der Eindruck erweckt werden, die Richterinnen und Richter seien nicht ausreichend unabhängig, auch wenn sie sich vorliegend selbst nicht zur Frage des Ausstandes geäussert haben. Gleiches gilt für die juristischen Mitarbeiter des Gerichts, weshalb davon abzusehen ist, für die Behandlung der Klage Ersatzmitglieder heranzuziehen. Demzufolge ist die Klage bzw. das Verfahren an ein anderes Gericht zu überweisen.
Die Beklagte ersucht - wie dargelegt - um Überweisung des Verfahrens an das Kantonsgericht Schaffhausen (act. 5), da die Befangenheitsproblematik bei allen Bezirksgerichten im Kanton Zürich bestehe (act. 4). Die Stellungnahme der Beklagten erfolgte nach Ablauf der Frist von zehn Tagen, weshalb androhungsgemäss von einem Stellungnahmeverzicht auszugehen ist (act. 3 Dispositiv Ziffer 1 letzter Satz). Selbst wenn man ihren Antrag jedoch als rechtzeitig eingegangen behandeln würde, so könnte ihm nicht gefolgt werden.
Die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaften ergibt sich aus Art. 31 ff. der Strafprozessordnung (StPO). Diese knüpft grundsätzlich an den Handlungsbzw. subsidiären Erfolgsort einer Tat an (Art. 31 StPO). Zuständig zur Ahndung von Delikten sind somit in aller Regel die Behörden des Ortes, an welchem die Tat verübt wurde. Nur in Ausnahmefällen führen Behörden ein Verfahren ausserhalb ihres Zuständigkeitsbereichs durch (Art. 38 StPO). Als
Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft D.
befasst sich der Kläger
damit primär mit Delikten, welche in den Bezirken C. , E. ,
F.
und G.
verübt wurden. Dementsprechend ist er hauptsächlich
in Gerichtsverfahren involviert, welche in diesen Bezirken durchgeführt werden. Lediglich in seltenen Fällen nimmt er an Gerichtsverfahren ausserhalb
der besagten Bezirke teil. Wenn sich somit das Bezirksgericht C.
für
die Behandlung der Scheidungsklage als zu wenig unabhängig erachtet, so gilt dies nicht automatisch für die übrigen Bezirksgerichte, welche nicht im
Zuständigkeitsgebiet der Staatsanwaltschaft D.
liegen, da der Kläger
mit diesen - wenn überhaupt - nur in seltenen Fällen beruflich zu tun hat. Dies gilt namentlich für das Bezirksgericht Zürich. Eine Überweisung des Verfahrens an ein ausserkantonales Gericht drängt sich daher nicht auf. Vielmehr ist das Scheidungsverfahren dem Bezirksgericht Zürich zur weiteren Behandlung zu überweisen.
Es wird beschlossen:
Das beim Bezirksgericht C. anhängige Scheidungsverfahren FE150009-.. wird dem Bezirksgericht Zürich zur Behandlung überwiesen.
Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, an:
den Kläger, unter Beilage einer Kopie von act. 5,
die Beklagte,
das Bezirksgericht Zürich sowie
das Bezirksgericht C. schriftlich gegen Empfangsschein, unter Rücksendung der Akten und mit dem Hinweis, die Akten des Verfahrens FE150009-.. nach Abschreibung am Register direkt dem Bezirksgericht Zü- rich zu übersenden.
Rechtsmittel :
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen, von der Zustellung an gerechnet, bei der Rekurskommission des Obergerichts, Hirschengraben 13/15, Postfach 2401, 8021 Zürich, schriftlich Rekurs eingereicht werden.
Die Rekursschrift muss einen Antrag und dessen Begründung enthalten. Der angefochtene Entscheid ist beizulegen. Die angerufenen Beweismittel sind genau zu bezeichnen und soweit möglich beizulegen.
Der Rekurs hat keine aufschiebende Wirkung.
Zürich, 16. April 2015
OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH
Verwaltungskommission Die Gerichtsschreiberin:
versandt am:
lic. iur. A. Leu
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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