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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VV110027)

Zusammenfassung des Urteils VV110027: Obergericht des Kantons Zürich

Der Kläger hat ein Wiedererwägungsgesuch und ein Ablehnungsbegehren wegen Befangenheit gegen mehrere Richter und die Gerichtsschreiberin eingereicht. Das Handelsgericht trat auf das Wiedererwägungsgesuch nicht ein und überwies das Ablehnungsbegehren an die Verwaltungskommission des Obergerichts. Der Kläger erneuerte das Ablehnungsbegehren, das jedoch als unzulässig und missbräuchlich eingestuft wurde. Die Abgelehnten erklärten sich als unbefangen. Das Ablehnungsbegehren wurde abgewiesen, die Gerichtskosten in Höhe von CHF 3'000 wurden dem Kläger auferlegt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VV110027

Kanton:ZH
Fallnummer:VV110027
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VV110027 vom 15.05.2012 (ZH)
Datum:15.05.2012
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Ablehnung von Oberrichtern
Schlagwörter: Recht; Ablehnung; Entscheid; Abgelehnten; Gericht; Richter; Ablehnungsbegehren; Befangenheit; Ausstand; Verfahren; Rechtsmittel; Handelsrichter; Handelsgericht; Akten; Beschluss; Klägers; Obergericht; Verwaltungskommission; Oberrichter; Eingabe; Stellung; Anschein; Kantons; Verfahrens; Rechtspflege; Obergerichts; Stellungnahme; Wiedererwägung; Empfangsschein; Richters
Rechtsnorm: Art. 119 ZPO ;Art. 30 BV ;Art. 40 VVG ;Art. 404 ZPO ;Art. 405 ZPO ;Art. 49 ZPO ;Art. 92 BGG ;
Referenz BGE:115 V 263; 115 Ia 400; 125 I 119;
Kommentar:
Frank, Sträuli, Messmer, Kommentar zur Zürcherischen Zivilprozessordnung, 2010

Entscheid des Verwaltungsgerichts VV110027

Obergericht des Kantons Zürich

Verwaltungskommission

Geschäfts-Nr.: VV110027-O/U

Mitwirkend: Obergerichtspräsident Dr. H.A. Müller, Vizepräsident lic. iur. R. Naef und Oberrichterin Dr. D. Scherrer sowie die Gerichtsschreiberin

lic. iur. A. Leu-Zweifel

Beschluss vom 15. Mai 2012

in Sachen

  1. ,

    Kläger, Widerbeklagter und Gesuchsteller vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.

    gegen

  2. AG,

Beklagte, Widerklägerin und Gesuchsgegnerin vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y.

betreffend Ablehnung der Oberrichter C. und D. sowie der Handelsrichter E. , F. und G. und der Gerichtsschreiberin

H. im Prozess HG090281-O am Handelsgericht des Kantons Zürich betreffend Forderung

Erwägungen:

I.

  1. Im Rahmen des am Handelsgericht des Kantons Zürich seit dem

    24. November 2009 hängigen Verfahrens HG090281 betreffend Forderung liess der Kläger und Gesuchsteller A. (nachfolgend: Kläger) durch seinen Rechtsvertreter beim Handelsgericht des Kantons Zürich mit Eingabe vom 25. August 2011 ein Wiedererwägungsgesuch betreffend einen Beschluss des Handelsgerichts vom 11. Juli 2011 über die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege einreichen. Für den Fall der Abweisung des Wiedererwägungsgesuchs liess der Kläger eventualiter ein Ablehnungsbegehren wegen Befangenheit gegen die Oberrichter lic. iur. C. und PD Dr.

    D. , die Handelsrichter lic. iur. E. , Dr. F.

    und Dr. h.c.

    G.

    sowie gegen die Gerichtsschreiberin lic. iur. H.

    einreichen

    (act. 2 S. 2). Mit Beschluss vom 17. Oktober 2011 trat das Handelsgericht auf das Wiedererwägungsgesuch nicht ein. Gleichzeitig überwies es das als strittig bezeichnete Ablehnungsbegehren an die Verwaltungskommission des Obergerichts, nachdem es in den Erwägungen festhielt, die Mitwirkenden sähen keinen Grund, selbst den Ausstand zu verlangen (act. 1 S. 4 und Dispositiv Ziffer 2).

  2. Mit Verfügung vom 8. November 2011 wurde dem Kläger Frist angesetzt, um sein Ausstandsbegehren gegenüber der Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich neu zu stellen und zu begründen sowie eine allfällige Stellungnahme ins Recht zu reichen (act. 4). In besagter Verfü- gung wurde die klägerische Partei darauf hingewiesen, dass sich die Begründung auf die betreffenden Oberund Handelsrichter zu beschränken habe, da die Verwaltungskommission zur Behandlung von Ausstandsbegehren gegen Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber des Handelsgerichts nicht zuständig sei. Ebenfalls am 8. November 2011 reichte der Kläger unaufgefordert eine Stellungnahme ein (act. 5). Durch Eingabe vom

18. November 2011 liess der Kläger sodann den Antrag auf Ablehnung besagter Richter erneuern (act. 6). Die Verwaltungskommission setzte den abgelehnten Ober- und Handelsrichtern hierauf mit Verfügung vom

2. Dezember 2011 Frist zur schriftlichen Vernehmlassung und Abgabe einer gewissenhaften Erklärung im Sinne von § 100 GVG an. Mit derselben Verfügung wurde der B. AG (nachfolgend: Beklagte) Frist zur freigestellten Stellungnahme angesetzt (act. 7). Am 7. Dezember 2011 gab der abgelehnte Oberrichter PD Dr. D.

die gewissenhafte Erklärung ab, sich

nicht als befangen zu erachten (act. 8). Mit Schreiben vom 8. Dezember 2011 gaben sodann die abgelehnten Handelsrichter Dr. F. und Dr. h.c. G. je die gewissenhafte Erklärung ab, sich nicht befangen zu fühlen (act. 9 und 11). Am 12. Dezember 2011 gingen die Stellungnahme sowie die gewissenhafte Erklärung des abgelehnten Handelsrichters lic. iur. E. ein, sich nicht als befangen zu erachten (act. 10). Schliesslich nahm der abgelehnte Oberrichter lic. iur. C. mit Eingabe vom 13. Dezember 2011 zum Ablehnungsbegehren Stellung und erklärte sich als unbefangen (act. 12). Seitens der Beklagten ging sodann am 15. Dezember 2011 eine Stellungnahme ein (act. 13). Mit Verfügung vom 22. Dezember 2011 wurde den Parteien erneut Frist zur Stellungnahme angesetzt (act. 14), woraufhin die Beklagte mit Eingabe vom 3. Januar 2012 auf eine solche verzichtete (act. 15).

II.

  1. Seit dem 1. Januar 2011 gilt die neue schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO), welche die bis anhin gültigen kantonalen Zivilprozessordnungen ablöst. Bei Verfahren, die - wie das vorliegende - bei Inkrafttreten des neuen Gesetzes rechtshängig sind, gelten die bisherigen kantonalen Prozessvorschriften (Art. 404 Abs. 1 ZPO). Das sind ZPO/ZH und GVG.

  2. Gemäss dem Beschluss des Obergerichts vom 7. Dezember 2011 über die Geschäftsverteilung unter den Kammern des Obergerichts im Jahre 2012 wird unter dem Titel Zuständigkeiten für übergangsrechtliche Ausstandsbe-

gehren (Ziff. 4) festgehalten, dass die Verwaltungskommission altrechtliche Ausstandsbegehren zu beurteilen hat, wenn Mitglieder angegliederter Gerichte abgelehnt werden. Nach § 16 Abs. 3 der Verordnung über die Organisation des Obergerichts vom 3. November 2010 (LS 212.51) entscheidet die Verwaltungskommission bei Geschäften der Justizverwaltungsrechtsprechung in Dreierbesetzung. Die Verwaltungskommission ist daher zur Behandlung des Ablehnungsbegehrens gegen die abgelehnten Richter zustän- dig.

III.

  1. Der Kläger begehrte den Ausstand obgenannter Gerichtspersonen zusammen mit einem an das Handelsgericht gerichteten Gesuch um Wiedererwä- gung des Beschlusses vom 11. Juli 2011. Das Ausstandsbegehren liess er einzig für den Fall stellen, dass es das Handelsgericht ablehne, dem Ersuchen um Wiedererwägung zu entsprechen (act. 2 S. 2 Antrag 2). Das Ausstandsbegehren wurde somit als bedingtes Rechtsbegehren gestellt. Ablehnungsanträge sind bedingungsfeindlich; sie können nicht von einer Bedingung abhängig gemacht werden (vgl. bereits den Hinweis in act. 4, vgl. auch Füllemann in Dike-Kommentar-ZPO, Art. 84 N 6; Staehelin/Staehelin/Grolimund, Zivilprozessrecht, Zürich/Basel/Genf 2008, S. 185). Das an die Bedingung der Ablehnung der Wiedererwägung geknüpfte Ablehnungsersuchen erweist sich damit als unzulässiges Rechtsbegehren. Der Kläger erneuerte zwar sein Ablehnungsbegehren mit Eingabe vom 18. November 2011 und stellte einen unbedingten Antrag (act. 6). Da Ablehnungsbegehren jedoch unverzüglich nach Kenntnisnahme des Ablehnungsgrundes zu stellen sind und der Kläger bereits im Zeitpunkt seiner Eingabe vom 25. August 2011 von einem allfälligen Ablehnungsgrund Kenntnis hatte, erfolgte diese Eingabe verspätet (Hauser/Schweri, Kommentar zum zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetz, Zürich 2002, § 98 N 4, vgl. zum neuen Recht auch Art. 49 Abs. 1 ZPO und Diggelmann in DIKE-Kommentar-ZPO, Art. 49 N 3).

    Bereits aus diesem Grund ist daher auf das Ablehnungsgesuch nicht einzutreten.

  2. Im Weiteren erweist sich das Ablehnungsgesuch als unzulässig, weil missbräuchlich. Der Entscheid, einem Gesuch um Wiedererwägung stattzugeben, liegt im Ermessen des Gerichts, wobei die Ermessensausübung pflichtgemäss zu erfolgen hat. Ein Anspruch des Klägers zur Behandlung des Gesuchs besteht nach ständiger Lehre und Praxis bei fehlenden Veränderungen der Verhältnisse nicht (ZR 109 [2010] Nr. 10; Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur Zürcherischen Zivilprozessordnung, 3. Auflage, Zürich 1997,

§ 190 N 3 f.). Vorliegend begründeten die Abgelehnten das Nichteintreten auf das Wiedererwägungsgesuch damit, es lägen keine veränderten Verhältnisse vor (act. 1 S. 3). Gegen diesen Entscheid wäre dem Kläger das Rechtsmittel der Beschwerde ans Bundesgericht zugestanden, für eine Überprüfung des Entscheids im vorliegenden Ablehnungsverfahren besteht hingegen kein Raum. Weiter kann allein aus dem Umstand, dass die Abgelehnten im Rahmen der Ermessensausübung zu einem für das klägerische Ersuchen negativen Ergebnis kamen, kein Anschein von Befangenheit abgeleitet werden. Die Verbindung des Wiedererwägungsgesuchs mit einem bedingten Ablehnungsbegehren durch den Kläger lässt nur den Schluss zu, dass er offenbar beabsichtigte, auf die Abgelehnten Druck auszuüben, auf ihre Entscheidung betreffend die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege zurückzukommen. Dies stellt ein missbräuchliches Verhalten dar, zumal Ablehnungsbegehren nicht dazu dienen, prozessleitende Anordnungen des Richters überprüfen zu lassen (vgl. Entscheid des Kassationsgerichts des Kantons Zürich AA100027 vom 1. Juni 2010, E. 2d). Damit erweist sich das klägerische Vorgehen als rechtsmissbräuchlich. Lediglich am Rande sei darauf hingewiesen, dass die schweizerische Zivilprozessordnung in Art. 47 Abs. 2 lit. a neu ausdrücklich vorsieht, dass die Mitwirkung beim Entscheid über die unentgeltliche Rechtspflege für sich alleine keinen Ausstandsgrund der betreffenden Richter im Hauptverfahren zu begründen vermag. Damit ist auf das Ablehnungsbegehren auch aus diesem Grunde nicht einzutreten.

IV.

  1. Selbst wenn auf das Ablehnungsbegehren einzutreten wäre, so wäre es in der Sache abzuweisen, wie im Folgenden zu zeigen sein wird:

    Nach Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziffer 1 EMRK sowie §§ 95 ff. GVG hat jedermann Anspruch darauf, dass seine Streitsache von einem unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefangenen Richter beurteilt wird. So kann gemäss § 96 GVG jeder Justizbeamte abgelehnt werden selbst den Ausstand verlangen, wenn andere Umstände als die in § 96 Ziff. 1-3 GVG aufgezählten vorliegen, die ihn als befangen erscheinen lassen (§ 96 Ziff. 4 GVG). Die Beurteilung eines Ablehnungsbegehrens liegt im freien, pflichtgemässen Ermessen der erkennenden Behörde. Zu entscheiden ist, ob die geltend gemachten Ablehnungsgründe unter den konkreten Umstän- den Anlass zu objektiv berechtigtem Misstrauen an der Unparteilichkeit des abgelehnten Justizbeamten geben. Massgebend ist, ob bestimmte Umstän- de vorliegen, die auch in den Augen eines objektiven, vernünftigen Menschen geeignet sind, Misstrauen an der Unparteilichkeit des abgelehnten Richters zu wecken (BGE 115 V 263 mit Hinweisen; Pra. 1989 Nr. 221

    S. 769). Bloss subjektives Empfinden der Befangenheit durch eine Partei genügt damit nicht. Nicht verlangt wird, dass der Richter tatsächlich voreingenommen ist; es genügt vielmehr bereits der objektiv gerechtfertigte Anschein, die für ein gerechtes Urteil notwendige Offenheit des Verfahrens sei nicht mehr gewährleistet (zum Ganzen Hauser/Schweri, a.a.O., § 96 N 31).

  2. Prozessuale Fehler sind mit ordentlichen ausserordentlichen Rechtsmitteln zu rügen, führen aber nicht dazu, dass Befangenheit der Mitwirkenden anzunehmen wäre. In diesem Sinne ist das Ausstandsbegehren subsidiär zu den Rechtsmitteln und hat vor allem den Zweck, dass sich die Parteien gegenüber sachfremden Einflüssen, die von den Mitwirkenden ausge-

hen und nicht mit einem Rechtsmittel Rechtsbehelf anfechtbar sind, zur Wehr setzen können. Im Ablehnungsverfahren ist daher die Prozessführung des Richters nicht zu überprüfen wie in einem Rechtsmittelverfahren (BGE 125 I 119 E. 3e S. 124; 116 Ia 14 E. 5b S. 20 und 135 E. 3a S. 138; 115 Ia

400 E. 3b S. 404; 114 Ia 153 E. 3b/bb S. 158/9 mit Hinweisen). Unter dem Gesichtspunkt der Ablehnung wegen Befangenheit (§ 96 Ziff. 4 GVG) sind prozessuale Fehler nur dann relevant, wenn ein Richter gegenüber einer bestimmten Partei offensichtlich nicht das sonst übliche Mass an Sorgfalt beim Studium und der Führung des Falles aufwendet, mithin krasse und wiederholte Irrtümer vorliegen, welche als schwere Verletzung der Richterpflichten beurteilt werden müssen (Lebrecht, a.a.O., S. 300; BGE 115 Ia 400). Nach ständiger Praxis ist selbst dann, wenn einem Richter beim Erlass eines prozessleitenden Entscheids ein gravierender Fehler unterläuft, daraus ohne weitere stichhaltige Anhaltspunkte nicht auf eine Befangenheit des Richters zu schliessen. Prozessleitende Anordnungen des Richters sind im Ablehnungsverfahren nicht im Detail zu überprüfen, vielmehr sind Rügen zur Rechtsanwendung mit dem Rechtsmittel gegen den Endentscheid vorzubringen (Entscheid des Kassationsgerichts des Kantons Zürich AA100027 vom 1. Juni 2010, E. 2d).

    1. Im Einzelnen lässt der Kläger vorliegend geltend machen, es bestehe ein Anschein von Befangenheit, da die Erwägungen der Abgelehnten im Beschluss vom 11. Juli 2011 betreffend unentgeltliche Rechtspflege aktenwidrig erfolgt seien. Die Abgelehnten hätten ohne einlässliches Aktenstudium die aktenwidrige Beschuldigung erhoben, der Anwalt des Klägers habe in seinem Schreiben vom 8. November 2007 an die Beklagte eine wissentlich falsche Angabe zum Betriebsunterbruchschaden gemacht. Gemäss den Abgelehnten habe er wissentlich und willentlich Angaben für die Ermittlung des Betriebsunterbruchschadens aus der Zeit nach dem Schadenereignis unterschlagen bzw. zu unterschlagen versucht. Die Abgelehnten hätten die Gefahr, dass die Beklagte infolge betrügerischer Anspruchsbegründung aufgrund von Art. 40 VVG an den massgebenden Versicherungsvertrag nicht gebunden sei, als gross erachtet. Deshalb hätten sie den Anspruch in der

      Hauptsache als aussichtslos erklärt. In seinem Schreiben vom 8. November 2007 (act. 3/4/23) habe er festgehalten, dass er keine ins Gewicht fallenden Einkünfte erzielen könne, solange die beiden Lagerhallen nicht wieder aufgebaut seien und ihm nicht gestattet werde, seine Geschäftstätigkeit wieder aufzunehmen. Damit habe er einzig ausgedrückt, dass die nach dem Schadensereignis erzielbaren Einkünfte im Vergleich zu jenen vor dem Ereignis nach seiner einstweiligen Einschätzung nicht ins Gewicht fallen würden. Es sei nie behauptet worden, dass der Kläger nichts mehr umsetze. Diese Auskunft habe der Einschätzung des Vertreters gestützt auf die Aktenlage entsprochen. Eine diesbezügliche Instruktion seitens des Klägers sei nicht nötig gewesen. Die Abgelehnten hätten ihn ohne Kenntnis der Akten der wissentlich falschen Angabe zum Betriebsunterbruchschaden beschuldigt (act. 6

      S. 7 f. und 11 f.).

    2. Die Beklagte liess in ihrer Eingabe vom 15. Dezember 2011 hierzu zusammengefasst festhalten, sie erkenne keine Gründe, die den Anschein von Befangenheit begründen würden. Es sei falsch, dass die Beklagte je aktenwidrige Tatsachen behauptet bzw. ein aktenwidriges Konstrukt erstellt habe, wie dies seitens des Klägers vorgebracht werde (act. 13).

    3. Ob der Entscheid betreffend die unentgeltliche Rechtspflege in der Sache begründet war und ob die Abgelehnten insbesondere das massgebende Schreiben vom 8. November 2007 richtig gewürdigt und daraus zu Recht einen Grund für ein Vorgehen nach Art. 40 VVG abgeleitet haben, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Dies wäre im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens zu überprüfen gewesen. Für die Frage des Bestehens des Anscheins von Befangenheit ist einzig massgebend, ob sich die Abgelehnten bei der Würdigung der Sachund Rechtslage auf klar aktenwidrige Tatsachen gestützt und sich dabei einer schweren Pflichtverletzung schuldig gemacht haben, welche den Anschein von Befangenheit zu begründen vermag. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Entscheid über die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im summarischen Verfahren erfolgt (vgl. zum neuen Recht explizit in Art. 119 Abs. 3 ZPO) und die Voraussetzungen aufgrund einer summarischen, auf Glaubhaftmachen beschränkten Prüfung zu beurteilen sind. Zudem ist zu beachten, dass der Entscheid sofort gestützt auf die im Zeitpunkt der Prüfung vorhandenen Akten, mithin die bekannten Tatsachen und Beweismittel, und ohne Durchfüh- rung eines eigentlichen Beweisverfahrens zu erfolgen hat (Frank/Sträuli/ Messmer, a.a.O., § 84 N 2).

    4. Das Schreiben des Klägers vom 8. November 2007 (act. 3/4/23) betreffend die nicht ins Gewicht fallenden Einkünfte lag dem Gericht bei der Entscheidfindung vor (act. 3/42 S. 11). Es berücksichtigte den darin enthaltenen Hinweis, der Kläger habe seit dem Brandereignis am tt.mm.2007 keine ins Gewicht fallenden Einkünfte mehr erzielt ebenso wie die Tatsache, dass in der Klagebegründung, mithin in einer vom Kläger ins Recht gereichten Rechtsschrift, von nach dem Schadensereignis erwirtschafteten Umsätzen von Fr. 58'127.55 die Rede gewesen sei. Das Gericht würdigte diese Tatsachen dahingehend, dass es sich bei Umsätzen in einer solchen Höhe nicht mehr um nicht ins Gewicht fallende Einkünfte handle und dass zumindest der Klä- ger, nicht zwingend aber der Rechtsvertreter, von diesen Umsätzen Kenntnis gehabt habe. Es verwies sodann darauf, dass ein allfälliger provisorischer Charakter der Mitteilung vom 8. November 2007 als solcher hätte bezeichnet werden müssen. Schliesslich erwog es, die Falschangaben wären geeignet gewesen, eine höhere Versicherungsleistung der Beklagten zu begründen und leitete aus besagten Umständen einen Anwendungsfall von Art. 40 VVG ab (act. 3/42 S. 11 f.). Diese Ausführungen zeigen, dass sich das Gericht in seinem Entscheid auf die im Prozess massgebenden Aspekte, namentlich den Betriebsunterbruchschaden, konzentrierte und im Rahmen seiner Begründung auf die Parteivorbringen (insb. act. 3/22 Rz 107 f.,

116) sowie die relevanten Aktenstücke, insbesondere das Schreiben des Klägers vom 8. November 2007 (act. 3/4/23), abstellte. Inwiefern unter diesen Umständen seitens der Abgelehnten im Rahmen der Prüfung der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege eine schwere Pflichtverletzung durch ungenügendes Aktenstudium bzw. Vorbringen klar aktenwidriger Tatsachen begangen worden sein soll, ist nicht ersichtlich. Der Kläger versucht

offensichtlich, mittels Ablehnungsverfahren den Entscheid der Abgelehnten überprüfen zu lassen. Wie dargelegt, ist das Ablehnungsverfahren jedoch nicht der Ort, um einen Entscheid in der Sache überprüfen zu lassen.

    1. Weiter lässt der Kläger vorbringen, die Beklagte habe den Vertragsrücktritt gestützt auf Art. 40 VVG mit der wissentlich falschen Angabe des Klägers zur Menge der durch den Brand zerstörten Reifen und Felgen sowie mit angeblichen Falschangaben in der Schadensliste bzw. in den Aussagen begründet. Das Handelsgericht habe das Kriterium der fehlenden Aussichtslosigkeit hingegen mit einem Argument begründet, das seitens der beklagten Partei nie bzw. nicht vorprozessual vorgebracht worden sei. Daraus resultiere ein Ablehnungsgrund (act. 6 S. 11 und 18).

    2. Die Beklagte lässt hierzu ausführen, es treffe nicht zu, dass die Beklagte im Behauptungsverfahren vorprozessual nie erhobene Beschuldigungen gegen den Kläger geltend gemacht habe; selbst wenn dies zutreffen würde, wäre eine Ergänzung im Sinne weiterer Argumente im Verfahren zulässig gewesen (act. 13).

    3. Auch hier ist erneut darauf hinzuweisen, dass Ablehnungsgesuche nicht dazu dienen, den Entscheid auf Verfahrensfehler hin zu überprüfen und dass selbst bei einem gravierenden Fehler beim Erlass eines prozessleitenden Entscheids nicht ohne weitere stichhaltige Anhaltspunkte auf eine Befangenheit der Richter geschlossen werden kann (Entscheid des Kassationsgerichts des Kantons Zürich AA100027 vom 1. Juni 2010, E. 2d). Die Abgelehnten begründeten im Beschluss vom 11. Juli 2011 die fehlende Aussichtslosigkeit des Begehrens in der Hauptsache namentlich mit der Umsatzhöhe nach dem Schadensereignis. Bereits vorprozessual nahm die Beklagte im Schreiben vom 27. August 2008 (act. 3/23/41 S. 2) auf die Auskunft des Klägers betreffend die nicht ins Gewicht fallenden Einkünfte nach dem Schadensereignis Bezug. In der Klageantwort vom 2. Juli 2010 äusserte sie sich sodann ausführlich zur Bezifferung des Betriebsunterbruchschadens und erneut zum Schreiben vom 8. November 2007, reichte dieses als Beweisofferte ins Recht und nannte die Täuschung betreffend die Höhe des

Betriebsunterbruchschadens als einen der Gründe für die Vertragsauflösung nach Art. 40 VVG (act. 3/22 Rz 65, 111 f. und 116). Diese Ausführungen ergingen weit vor dem Beschluss vom 11. Juli 2011. Inwiefern die Abgelehnten damit durch ihre Erwägungen zur Frage des Anspruchs in der Hauptsache im Beschluss vom 11. Juli 2011 einen Ablehnungsgrund begründet haben sollen, ist nicht erkennbar. Weiter ist nicht ersichtlich, weshalb seitens der Beklagten der massgebende Einwand bereits vorprozessual hätte geltend gemacht werden müssen, damit die Abgelehnten mit derselben Begründung im massgebenden Beschluss nicht den Anschein ihrer Befangenheit erweckten. Versicherer sind durchaus berechtigt, dem ursprünglichen Rücktrittsgrund weitere Gründe nachzuschieben, sofern sie solche nachträg- lich erkennen (Sarbach, Vertragsrechtliche Folgen der betrügerischen Begründung des Versicherungsanspruchs gemäss Art. 40 VV G; Gedanken zu Natur und Wirkung der Vertragsauflösung aus aktuellem Anlass in recht 2006 S. 181; vgl. auch BSK VVG-Nef, Art. 40 N 52). Ein Anschein von Befangenheit der Abgelehnten ist insoweit nicht erkennbar.

  1. Der Kläger lässt weiter vorbringen, für einen unbefangenen Leser sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Gericht im Laufe des Verfahrens von der ursprünglichen Gerichtsbesetzung abgewichen sei (act. 6 S. 24). Der abgelehnte Oberrichter C.

    führte in seiner Stellungnahme vom

    13. Dezember 2011 hierzu aus, entsprechend ständiger Übung am Handelsgericht werde beim Eingang der Klage der Vorsitzende nach dem Zufallsprinzip bestimmt. Nach dem Eingang der Klageantwort würden sodann wiederum nach dem Zufallsprinzip der Instruktionsrichter und der Referent festgelegt. Im vorliegenden Fall sei man ebenfalls so vorgegangen. Da der Entscheid betreffend die unentgeltliche Rechtspflege sofort und damit vor dem Eingang der Klagantwort habe ergehen müssen, unterscheide sich die Besetzung des Gerichts davor und danach (act. 12). Dieses Vorgehen bei der Bestellung des Gerichts vermag keinen Anschein von Befangenheit zu begründen.

  2. Der Kläger lässt schliesslich vorbringen, die abgelehnten Handelsrichter hät- ten vor der Entscheidfällung nur einzelne Aktenstücke eingesehen (act. 5

    S. 5 f.). Hierzu führte der abgelehnte Handelsrichter E. in seiner Eingabe vom 9. Dezember 2011 aus, die nicht kopierten Akten würden jeweils vor Ort eingesehen, weshalb er den Vorwurf des ungenügenden Aktenstudiums zurückweise (act. 10). Dies erscheint plausibel. Ein Ausstandsgrund ist damit nicht ersichtlich.

  3. Abschliessend ist festzuhalten, dass den Akten keine Anzeichen auf ein voreingenommenes Verhalten der Abgelehnten entnommen werden können, welches geeignet wäre, in den Augen eines objektiven, vernünftigen Menschen Misstrauen an der Unparteilichkeit des abgelehnten Richters zu wecken. Unter Hinweis auf die gewissenhafte Erklärung der Abgelehnten erscheint mithin auch in den Augen eines aussenstehenden Dritten hinreichend gewährleistet, dass sie ihr Amt bei der Beweiswürdigung und Entscheidfällung unvoreingenommen und unparteilich werden ausüben können, wie dies Aufgabe und Pflicht eines jeden Richters gegenüber jeder Partei und jedem Rechtsvertreter ist. Das Ablehnungsbegehren ist daher abzuweisen, sofern darauf eingetreten werden kann.

V.

  1. Grundsätzlich wäre die Gerichtsgebühr gestützt auf die Verordnung des Obergerichts über die Gerichtsgebühren vom 4. April 2007 festzulegen und würde sich nach dem Streitwert des dem Ablehnungsentscheid zugrunde liegenden zivilrechtlichen Ausgangsbegehrens richten (Entscheid des Kassationsgerichts vom 24. Dezember 2010, AA090156 E. 4). § 9 Abs. 1 der

    Gebührenverordnung des Obergerichts vom 8. September 2010 (LS 211.11) sieht jedoch für Verfahren, auf die die schweizerische Zivilprozessordnung zur Anwendung gelangt, neu vor, dass die Gebühr für Ausstandsgesuche Fr. 100.- bis Fr. 7'000.- beträgt. Es rechtfertigt sich, diese Bestimmung auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Damit ist die Gerichtsgebühr auf Fr. 3'000.- festzusetzen. Der Kläger, welcher die Gutheissung des Ablehnungsbegehrens beantragt hat und damit unterliegt, ist für das Verfahren kostenpflichtig (Kostenfreiheit der Abgelehnten gestützt auf § 203 Ziff. 3 GVG).

  2. Ausgangsgemäss ist dem Kläger keine Prozessentschädigung zuzusprechen. Die Beklagte hat sodann eine Stellungnahme ins Recht gereicht, hat jedoch davon abgesehen, Verfahrensanträge zu stellen (act. 13). Damit ist sie nicht Verfahrenspartei und sind ihr ihre Aufwendungen nicht zu entschä- digen.

  3. Für die Rechtsmittel gilt gemäss den Übergangsbestimmungen der Schweizerischen ZPO das Recht, das bei der Eröffnung des Entscheides in Kraft ist (Art. 405 ZPO). In Bezug auf die Rechtsmittel findet das kantonale Recht somit keine Anwendung mehr, weshalb das (kantonale) Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde (vgl. § 281 ff. ZPO/ZH) vorliegend nicht gegeben ist. Hinzuweisen ist auf das Rechtsmittel der Beschwerde ans Bundesgericht. Lediglich nebenbei sei sodann angemerkt, dass das Rechtsmittel des Rekurses an die Rekurskommission gegen Ablehnungsentscheide in handelsgerichtlichen Streitigkeiten nicht gegeben ist, weil das Handelsgericht ein oberes kantonales Gericht ist (KD120004).

Es wird beschlossen:

  1. Auf das Ablehnungsbegehren gegen die Oberrichter lic. iur. C. und PD Dr. D. sowie die Handelsrichter lic. iur. E. , Dr. F. und Dr.

    h.c. G. wird nicht eingetreten.

  2. Die Spruchgebühr wird auf Fr. 3'000.- festgesetzt.

  3. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

  4. Es wird keine Prozessentschädigung zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung an:

    • den Rechtsvertreter des Klägers, zweifach, für sich und zuhanden des Klägers (gegen Empfangsschein),

    • den Rechtsvertreter der Beklagten, zweifach, für sich und zuhanden der Beklagten (gegen Empfangsschein),

    • den abgelehnten Oberrichter lic. iur. C. (gegen Empfangsschein),

    • den abgelehnten Oberrichter PD Dr. D. (gegen Empfangsschein),

    • den abgelehnten Handelsrichter lic. iur. E. (gegen Empfangsschein),

    • den abgelehnten Handelsrichter Dr. F. (gegen Empfangsschein),

    • den abgelehnten Handelsrichter Dr. h.c. G. (gegen Empfangsschein) sowie

    • das Handelsgericht Zürich unter Rücksendung der beigezogenen Akten (gegen Empfangsschein).

  6. Rechtsmittel:

Eine Beschwerde i.S.v. Art. 92 BGG gegen diesen Entscheid ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen.

Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (ordentliche Beschwerde) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) i.V.m. Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Der Streitwert beträgt Fr. 599'414.-.

Zürich, 15. Mai 2012

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Verwaltungskommission Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu-Zweifel

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