E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VV110019)

Zusammenfassung des Urteils VV110019: Obergericht des Kantons Zürich

Im vorliegenden Fall hat die A. AG ein Ablehnungsbegehren gegen Handelsrichter lic. iur. C. gestellt, da er in anderen Fällen die Gegenpartei der Beklagten vertreten hat. Die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich hat das Begehren behandelt und entschieden, dass der abgelehnte Handelsrichter von der weiteren Ausübung seines Amtes im Verfahren ausgeschlossen wird. Die Gerichtskosten belaufen sich auf CHF 4'400.-, die von der unterlegenen Klägerin zu tragen sind. Die Partei, die das Ablehnungsbegehren abgewiesen hat, muss der Beklagten eine Parteientschädigung von CHF 2'200.- zuzüglich Mehrwertsteuer zahlen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VV110019

Kanton:ZH
Fallnummer:VV110019
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VV110019 vom 20.02.2012 (ZH)
Datum:20.02.2012
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Ablehnungsbegehren gegen Handelsrichter
Schlagwörter: Recht; Richter; Verfahren; Handelsrichter; Gerichts; Gericht; Anwalt; Obergericht; Handelsgericht; Obergerichts; Prozesspartei; Abgelehnte; Entscheid; Ablehnungsbegehren; Beklagten; Verwaltungskommission; Bundesgericht; Eingabe; Abgelehnten; Anschein; Befangenheit; Mandat; Kantons; Regel
Rechtsnorm: Art. 183 ZPO ;Art. 30 BV ;Art. 404 ZPO ;Art. 405 ZPO ;Art. 50 ZPO ;Art. 6 ZPO ;
Referenz BGE:116 Ia 135; 116 Ia 485; 135 I 14; 136 I 207; 137 III 424;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VV110019

Obergericht des Kantons Zürich

Verwaltungskommission

Geschäfts-Nr.: VV110019-O/U

Mitwirkend: Obergerichtspräsident Dr. H.A. Müller, Vizepräsident lic. iur. R. Naef und Oberrichter lic. iur. M. Burger sowie die Gerichtsschreiberin

lic. iur. A. Leu-Zweifel

Beschluss vom 20. Februar 2012

in Sachen

  1. AG,

    Gesuchstellerin und Beklagte

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.

    gegen

  2. ,

Gesuchsgegnerin und Klägerin

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y.

betreffend Ablehnungsbegehren gegen Handelsrichter lic. iur. C. im Prozess HG090067-O in Sachen der Parteien Forderung

Erwägungen:

I.

Im Rahmen des am Handelsgericht des Kantons Zürich seit dem 30. März 2009 hängigen Verfahrens HG090067 betreffend Forderung liess die Gesuchstellerin und Beklagte in der Hauptsache, die A.

AG (nachfolgend: Beklagte), mit Eingabe vom 27. September 2011 beim Handelsgericht

ein Ablehnungsbegehren gegen Handelsrichter lic. iur. C.

stellen

(act. 2/71). Dieser hatte am 15. September 2011 das Handelsgericht dar- über informiert, dass er in anderen Personenschadenfällen die Gegenpartei der Beklagten vertrete (act. 2/69). In der Folge überwies das Handelsgericht mit Verfügung vom 5. Oktober 2011 das Ablehnungsbegehren an die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich (act. 1). Diese setzte dem abgelehnten Handelsrichter lic. iur. C. mit Verfügung vom

6. Oktober 2011 Frist zur schriftlichen Vernehmlassung und Abgabe einer gewissenhaften Erklärung im Sinne von § 100 GVG. Mit derselben Verfü- gung wurde auch B. , der Gesuchsgegnerin und Klägerin in der Hauptsache (nachfolgend: Klägerin), Frist zur freigestellten Stellungnahme angesetzt (act. 3). Durch Eingabe vom 20. Oktober 2011 liess die Klägerin durch ihren Rechtsvertreter die Abweisung des Ablehnungsgesuchs beantragen (act. 5). Ebenfalls am 20. Oktober 2011 reichte der abgelehnte Handelsrichter eine Stellungnahme ins Recht und gab die gewissenhafte Erklärung ab, sich nicht als befangen zu erachten (act. 6). Auf Fristansetzung seitens des Gerichts hin (act. 8) hielt die Beklagte mit Eingaben vom 9. November 2011 an ihrem Ablehnungsbegehren fest (act. 9 und act. 10). Nach einer weiteren Verfügung des Präsidenten des Obergerichts des Kantons Zürich vom

18. November 2011 (act. 12) gingen seitens der Klägerin und des Abgelehnten innert Frist keine Stellungnahmen mehr ein.

II.

  1. Seit dem 1. Januar 2011 gilt die neue schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO), welche die bis anhin gültigen kantonalen Zivilprozessordnungen ablöst. Bei Verfahren, die - wie das vorliegende - bei Inkrafttreten des neuen Gesetzes rechtshängig sind, gelten die bisherigen kantonalen Prozessvorschriften (Art. 404 Abs. 1 ZPO). Das sind die ZPO/ZH und GVG.

  2. Gemäss dem Beschluss des Obergerichts vom 7. Dezember 2011 über die Geschäftsverteilung unter den Kammern des Obergerichts im Jahre 2012 wird unter dem Titel Zuständigkeiten für übergangsrechtliche Ausstandsbegehren (Ziff. 4) festgehalten, dass die Verwaltungskommission altrechtliche Ausstandsbegehren zu beurteilen hat, wenn Handelsrichter abgelehnt werden. Nach § 16 Abs. 3 der Verordnung über die Organisation des Obergerichts vom 3. November 2010 (LS 212.51) entscheidet die Verwaltungskommission bei Geschäften der Justizverwaltungsrechtsprechung in Dreierbesetzung. Die Verwaltungskommission ist daher zur Behandlung des Ablehnungsbegehrens gegen den abgelehnten Handelsrichter zuständig.

III.

  1. Die Beklagte stellt sich in ihren Eingaben vom 27. September 2011 bzw. vom 9. November 2011 auf den Standpunkt, nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erscheine ein als Richter tätiger Anwalt als befangen, wenn er in einem anderen Verfahren eine der Prozessparteien vertrete kurz vorher vertreten habe wenn im anderen Verfahren ein solches Vertretungsverhältnis zu deren Gegenpartei bestehe bzw. bestanden habe. Bei regelmässiger Beratung und Vertretung von Gegenparteien einer Prozesspartei bestehe die Gefahr einer Art negativen Dauerbeziehung. Der Abgelehnte vertrete gemäss eigenen Angaben in anderen Personenschadenfäl- len die Gegenpartei der Beklagten. Dabei handle es sich um aussergerichtliche Fälle und teils hängige Prozesse. Oft gehe es dabei um ganz ähnliche

    Fragen wie im vorliegenden Verfahren, nämlich um streitige Auswirkungen leichter Kollisionen auf die Gesundheit, namentlich im Bereich der Halswirbelsäule. Zudem führe der Abgelehnte regelmässig aussergerichtliche Verfahren sowie Prozesse gegen die Beklagte. Dabei gehe es ebenfalls oft um analoge Fragestellungen wie im vorliegenden Prozess vor Handelsgericht. Im Weiteren bestehe der Anschein von Befangenheit, da ein weiterer Anwalt aus der Bürogemeinschaft des Abgelehnten regelmässig Verfahren gegen die Beklagte führe (act. 2/71 und act. 10).

  2. Die Klägerin begründet ihren Antrag um Abweisung des Ablehnungsbegehrens in ihrer Eingabe vom 20. Oktober 2011 im Wesentlichen damit, dieselbe Abhängigkeit wie beim Abgelehnten bestünde auch bei jedem anderen Fachrichter der 1. Abteilung des Handelsgerichts, da diese von den Versicherungen und den Banken gestellt würden. Würden Handelsrichter aufgrund ihrer Tätigkeit als Geschädigtenvertreter abgelehnt, so kämen als Handelsrichter nur noch Fachleute in Frage, die wegen ihrer besonderen Nähe zur Versicherungswirtschaft letztlich mangelndes Vertrauen bei den Geschädigtenanwälten geniessen würden (act. 5).

  3. Der Abgelehnte hält in der Eingabe vom 20. Oktober 2011 fest, der Umstand, dass er selbst Schadenersatzprozesse gegen die Beklagte führe, und die von der Beklagten angesprochene negative Dauerbeziehung müssten im Versicherungsbereich unbeachtlich bleiben. Das Handelsgericht sei in der Vergangenheit in der Regel mit Angestellten Organen der Versicherungswirtschaft besetzt gewesen. Den notwendigen Sachverstand hätten in aller Regel einzig Personen, die im Versicherungsbereich arbeiteten Vertreter von Geschädigten bzw. von Versicherten seien. Die geforderte Sachkunde korreliere damit mit der Tätigkeit in der entsprechenden Branche. Würde man aus dem Umstand, dass ein Handelsrichter in anderen Auseinandersetzungen Rechtsvertreter der Gegenpartei sei, einen Ablehnungsgrund ableiten, so wäre das Handelsgericht als Fachgericht im Versicherungsbereich generell in Frage gestellt (act. 6).

  4. Gemäss § 60 GVG entscheidet das Handelsgericht Rechtsstreitigkeiten in einer Besetzung von zwei Mitgliedern des Obergerichts und drei vom Kantonsrat gewählten Handelsrichtern. Letztere werden für die einzelne Rechtssache nach Möglichkeit unter Berücksichtigung ihrer Sachkunde eingesetzt (§ 59 und § 60 Abs. 2 GVG). Handelsrichter sind nebenamtliche Richter und gehen in aller Regel einer weiteren Tätigkeit wie z.B. dem Anwaltsberuf nach. In diesem Zusammenhang können sich Probleme hinsichtlich des Anspruchs auf einen unabhängigen und unvoreingenommenen Richter stellen.

    § 3 Abs. 2 GVG enthält zwar detaillierte Bestimmungen über die Zulässigkeit berufsmässiger Vertretung vor Gerichten durch Mitglieder der Bezirksgerichte, des Obergerichts und des Kassationsgerichts. Anders als der seit dem

    1. Januar 2011 in Kraft stehende § 6 GOG enthält das hier anwendbare kantonale Prozessrecht jedoch keine Bestimmungen für nebenamtliche Handelsrichter.

  5. Nach Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziffer 1 EMRK sowie §§ 95 ff. GVG hat jedermann Anspruch darauf, dass seine Streitsache von einem unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefangenen Richter beurteilt wird. So kann gemäss § 96 GVG jeder Justizbeamte abgelehnt werden selbst den Ausstand verlangen, wenn andere Umstände als die in § 96 Ziff. 1-3 GVG aufgezählten vorliegen, die ihn als befangen erscheinen lassen (§ 96 Ziff. 4 GVG). Der Einzelne hat Anspruch darauf, dass seine Sache von einem unabhängigen und unparteiischen Gericht ohne Einwirken sachfremder Umstände entschieden wird. Liegen bei objektiver Betrachtungsweise Gegebenheiten vor, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen, so ist die Garantie des verfassungsmässigen Richters verletzt (BGE 135 I 14 mit Hinweisen). Bei der Beurteilung der Unvoreingenommenheit sind unter objektivem Gesichtspunkt namentlich auch die äusseren Umstände sowie Fragen funktioneller Natur und der inneren Organisation des Verfahrens von Bedeutung. Auch in dieser Hinsicht kann schon dem blossen Anschein der Befangenheit Gewicht zukommen (BGE 116 Ia 485 E. 3b mit Hinweisen).

  6. In früheren Verfahren ist schon vorgetragen worden, Handelsrichter seien voreingenommen, weil sie als eigentliche Interessenbzw. Branchenvertreter anzusehen seien. Diese Sichtweise wurde vom Bundesgericht allerdings zurückgewiesen, indem es darlegte, Aufgabe der Handelsrichter sei es, unabhängig von Interessenbindungen ihre Fachkenntnisse in den Prozess einzubringen (BGE 136 I 207 E. 3.5.4 mit Hinweisen). Davon ist auch hier auszugehen. Der eidgenössische Gesetzgeber hat mit Art. 6 ZPO denn auch die Institution des Handelsgerichts als Fachgericht bestätigt. Und in diesem Zusammenhang hat er insbesondere auch mit Art. 183 Abs. 3 ZPO festgelegt, wie das Gericht mit einem sogenannten Fachrichtervotum eines Handelsrichters umzugehen hat (H.A. Müller, DIKE-Kommentar zur ZPO, N. 21 und 22 zu Art. 183 ZPO mit Hinweisen).

  7. Übt jemand, der als Rechtsanwältin Rechtsanwalt praktiziert, neben dem Anwaltsberuf auch ein Richteramt aus, so kann sich im Einzelfall die Frage stellen, inwieweit er in seiner richterlichen Tätigkeit wirklich von jeglichen Interessenbindungen frei ist. In der jüngsten Lehre wird ausgehend von der durch die American Bar Association aufgestellten Regel A judge shall not practice law mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass das Doppelmandat von Richter und Anwalt geeignet sei, die funktionalen Unterschiede zwischen den beiden Tätigkeiten zu verwischen und das Ansehen in die je spezifische Unabhängigkeit von Anwälten und Richtern zur Disposition zu stellen (Kiener/Medici, Anwälte und andere Richter, in SJZ 107/2011 S. 373 und 383).

    Das Bundesgericht hat sich in verschiedenen Entscheiden mit derartigen Doppelmandaten befasst. So führte es in BGE 116 Ia 485 E. 3b aus, ein als Richter amtender Anwalt erscheine dann als befangen, wenn zu einer Prozesspartei ein noch offenes Mandat bestehe wenn er für eine Prozesspartei in dem Sinne mehrmals anwaltlich tätig geworden sei, dass zwischen Prozesspartei und Richter eine Art Dauerbeziehung bestehe. Ein einzelnes abgeschlossenes Mandat vermöge im Normalfall allerdings den Anschein der Befangenheit noch nicht zu begründen. Nicht entscheidend sei, dass die

    bisherigen Mandatsverhältnisse in keinem Sachzusammenhang mit dem aktuellen Streitgegenstand stünden und für dessen Beurteilung ohne präjudizielle Bedeutung seien. Der Eindruck könne vielmehr auch in einem solchen Fall nicht von der Hand gewiesen werden, dass bei der Beurteilung eine unzulässige Rücksichtnahme wegen einer künftigen Mandatierung mitzuspielen vermöge. In BGE 116 Ia 135 E. 3c befasste sich das Bundesgericht mit dem Fall eines ausserordentlichen Präsidenten eines Strafgerichts, der im Hauptberuf als Anwalt tätig war. Das Bundesgericht bejahte einen Ablehnungsgrund, weil der Gerichtspräsident in seiner Eigenschaft als Anwalt ein bedeutendes Bankinstitut als Klienten hatte und dieses Bankinstitut ein erhebliches finanzielles Interesse an einem Geschäft hatte, das Gegenstand des Strafverfahrens war.

    In einem Urteil vom 15. Mai 1992 (1P.665/1991, publiziert in ZBl 94/1993

    S. 86f.) akzeptierte das Bundesgericht den Umstand, dass eine als Anwältin tätige Richterin in einem früheren Prozess die Gegenpartei einer Prozesspartei vertreten hatte. Eine gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde hiess der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am 21. Dezember 2000 gut (Recueil CourEDH 2000-XIII S. 416 Ziff. 47f). Der Gerichtshof kam zum Schluss, dass der Beschwerdeführer Anlass gehabt habe, davon auszugehen, dass die betreffende Richterin ihn nach wie vor als Gegner ansehe. Der Gerichtshof stellte daher eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK fest. An diese Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes erinnerte das Bundesgericht in BGE 135 I 14 E.4.1, als es einen weiteren Fall eines Richters zu beurteilen hatte, der früher einmal die Gegenpartei einer Prozesspartei vertreten hatte. Es erwog dabei (BGE 135 I 14 E. 4.3), dass dann, wenn ein als Richter amtender Anwalt in einem anderen Verfahren nicht die Prozesspartei selber, sondern deren Gegenpartei vertrete vertreten habe, insofern ein Anschein der Befangenheit bestehe, als Erstere befürchte, der Richter könnte nicht zu ihren Gunsten, d.h. zu Gunsten der Gegenpartei seines Mandanten im anderen Verfahren, entscheiden wollen. Von einem Anwalt, der als nebenamtlicher Richter tätig sei, sei zwar zu erwarten, dass er zwischen seiner amtlichen und seiner beruflichen Tätigkeit zu unterscheiden wisse, und dass das Mandat, das in einem anderen Verfahren zu Gunsten der Gegenpartei bestehe bestanden habe, ihn nicht daran hindere, als Richter im fraglichen Prozess beiden Seiten gleichermassen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Von Bedeutung sei indessen, ob der Richter objektiv gesehen als befangen erscheine. Es sei eine Erfahrungstatsache, dass eine Prozesspartei ihre negativen Gefühle gegenüber der Gegenpartei oft auf deren anwaltlichen Vertreter übertrage und der Anwalt der Gegenpartei für viele Parteien ebenso als Gegner wie die Gegenpartei selbst gelte, zumal er in aller Regel als der eigentliche Stratege im Prozess wahrgenommen werde. Das Bundesgericht kommt daher zum Ergebnis, dass es nachvollziehbar erscheine, wenn eine Prozesspartei von einem Richter, der sie in einem anderen Verfahren als Vertreter der Gegenpartei bekämpfe bekämpft habe und sie - aus ihrer Sicht - möglicherweise um ihr Recht bringen wolle gebracht habe, nicht erwarte, er werde ihr plötzlich völlig unbefangen gegenübertreten.

  8. Diese bundesgerichtliche Rechtsprechung überzeugt; es gibt keinen Anlass, von ihr abzuweichen. Dass Rechtsstreitigkeiten von einem unabhängigen und unvoreingenommenen Gericht beurteilt werden, stellt ein verfassungsmässiges Recht dar. Jeder einzelne am Entscheid mitwirkende Richter muss daher dafür Gewähr leisten, dass er sich bei der Entscheidfindung einzig am Recht orientiert und das Vertrauen der Rechtsgemeinschaft in die Unabhän- gigkeit der Justiz erfüllt.

  9. Im vorliegenden Fall ist unbestritten und wird seitens des Abgelehnten selbst bestätigt (act. 2/69), dass er in weiteren Verfahren als Anwalt die Gegenpartei der Beklagten vertrete. Damit bestehen offene Mandatsbeziehungen zu Gegenparteien der Beklagten in anderen Verfahren und somit entsprechend der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 135 I 14 E. 4.3.) eine Konstellation, welche zumindest den Anschein von Befangenheit zu begründen vermag (vgl. in diesem Sinne auch Kiener/Medici, a.a.O., S. 380). Damit liegt ein Ablehnungsgrund gegen den Abgelehnten i.S.v. § 96 Ziff. 4 GVG vor. Das Ablehnungsbegehren ist daher gutzuheissen und der Abgelehnte

ist von der weiteren Ausübung seines Amtes im handelsgerichtlichen Verfahren HG090067 betreffend Forderung auszuschliessen.

IV.

  1. Da das dem Ablehnungsentscheid zugrunde liegende Ausgangsbegehren eine zivilrechtliche Angelegenheit darstellt, richtet sich die Gerichtsgebühr nach dem Streitwert. In Anwendung von § 4 Abs. 1 und 2 sowie § 7 der Verordnung des Obergerichts über die Gerichtsgebühren vom 4. April 2007 (LS 211.11) ist die Gerichtsgebühr auf Fr. 4'400.- festzusetzen. Die Klägerin, welche die Abweisung des Ablehnungsbegehrens beantragt hat und damit unterlegen ist, ist für das Verfahren vor der Verwaltungskommission kostenpflichtig (§ 64 Abs. 2 ZPO/ZH; vgl. zum Ganzen: Entscheid des Kassationsgerichts vom 24. Dezember 2010, AA090156 E. 4; Kostenfreiheit des Abgelehnten gestützt auf § 203 Ziff. 3 GVG).

  2. Die Klägerin ist sodann in Anwendung von § 68 Abs. 1 ZPO/ZH sowie § 3 Abs. 1 und 2, § 8 und § 7 der Verordnung des Obergerichts über die Anwaltsgebühren vom 21. Juni 2006 (LS 215.3) zu verpflichten, der Beklagten für das Ablehnungsverfahren eine Parteientschädigung zu entrichten (vgl. Entscheid des Kassationsgerichts vom 24. Dezember 2010, AA090156 E. 4).

  3. Für die Rechtsmittel gilt gemäss den Übergangsbestimmungen der schweizerischen Zivilprozessordnung das Recht, das bei der Eröffnung des Entscheides in Kraft ist (Art. 405 ZPO). In Bezug auf die Rechtsmittel findet das kantonale Recht somit keine Anwendung mehr, weshalb das (kantonale) Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde (vgl. § 281 ff. ZPO/ZH) vorliegend nicht gegeben ist. Die Verwaltungskommission entscheidet erstinstanzlich (BGer 5A_320 vom 8. August 2011 = BGE 137 III 424). Hinzuweisen ist im Sinne von Art. 405 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit Art. 50 Abs. 2 ZPO auf das Rechtsmittel der Beschwerde.

Es wird beschlossen:

  1. In Gutheissung des Ablehnungsbegehrens wird Handelsrichter lic. iur.

    C. von der Ausübung seines Amtes im von der Klägerin und Gesuchsgegnerin gegen die Beklagte und Gesuchstellerin anhängig gemachten Verfahren am Handelsgericht HG090067 betreffend Forderung ausgeschlossen.

  2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 4'400.- und der Klägerin auferlegt.

  3. Die Klägerin wird verpflichtet, der Beklagten eine Parteientschädigung von Fr. 2'200.- zuzüglich 8 % Mehrwertsteuer zu entrichten.

  4. Schriftliche Mitteilung an:

    • den Rechtsvertreter der Klägerin, zweifach, für sich und zuhanden der Klägerin (gegen Empfangsschein)

    • den Rechtsvertreter der Beklagten, zweifach, für sich und zuhanden der Beklagten (gegen Empfangsschein)

    • den abgelehnten Handelsrichter lic. iur. C. (gegen Empfangsschein)

    • das Handelsgericht Zürich unter Rücksendung der beigezogenen Akten (gegen Empfangsschein)

  5. Rechtsmittel :

Gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen, von der Zustellung an gerechnet, bei der Rekurskommission des Obergerichts, Hirschengraben 13/15, Postfach 2401, 8021 Zürich, schriftlich Beschwerde eingereicht werden.

Die Beschwerdeschrift muss einen Antrag und dessen Begründung enthalten. Der angefochtene Entscheid ist beizulegen. Die angerufenen Beweismittel sind genau zu bezeichnen und soweit möglich beizulegen. Materielle

und formelle Entscheide der Beschwerdeinstanz sind kostenpflichtig; die Kosten hat die im Verfahren unterliegende Partei zu tragen.

Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

Zürich, 20. Februar 2012

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Verwaltungskommission Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu-Zweifel

versandt am:

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.