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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VV080005)

Zusammenfassung des Urteils VV080005: Obergericht des Kantons Zürich

In dem vorliegenden Fall ging es um ein Ablehnungsbegehren gegen den Einzelrichter lic. iur. C. im Zusammenhang mit drei Verfahren betreffend Rechtsöffnung. Der Gesuchsteller machte Ausschluss- und Ablehnungsgründe geltend, die jedoch vom Obergericht des Kantons Zürich abgewiesen wurden. Es wurde festgestellt, dass keine Anzeichen für voreingenommenes Verhalten des abgelehnten Richters vorlagen. Das Ablehnungsbegehren gegen die gesamte Zürcher Rechtspflege wurde als unzulässig erklärt. Es wurde beschlossen, das Ablehnungsbegehren abzuweisen, keine Kosten aufzuerlegen und keine Parteientschädigungen auszurichten. Der Beschluss wurde den Parteien und dem Bezirksgericht Zürich mitgeteilt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VV080005

Kanton:ZH
Fallnummer:VV080005
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VV080005 vom 10.05.2011 (ZH)
Datum:10.05.2011
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Ablehnungsbegehren
Schlagwörter: Recht; Ablehnung; Gesuch; Gesuchsteller; Ablehnungsbegehren; Rechtsöffnung; Abgelehnte; Rechtsmittel; Verwaltungskommission; Verfahren; Parteien; Akten; Bezirksgericht; Entscheid; Stellung; Misstrauen; Richter; Ausschlussgr; Verfügung; Stellungnahme; Anträge; Schweiz; Ablehnungsgr; Befangenheit; Verhalten; Ausstand; Abgelehnten; Rechtspflege; Justiz
Rechtsnorm: Art. 404 ZPO ;Art. 405 ZPO ;Art. 80 KG ;Art. 81 KG ;
Referenz BGE:105 Ib 301; 115 Ia 400; 115 V 263; 125 I 119;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VV080005

Obergericht des Kantons Zürich

Verwaltungskommission

Geschäfts-Nr.: VV080005-O/U

Mitwirkend: 1. Vizepräsident lic. iur. R. Naef, Oberrichterin Dr. D. Scherrer und Oberrichter lic. iur. M. Burger sowie der Stellvertreter des Generalsekretärs lic. iur. L. Huber

Beschluss vom 10. Mai 2011

in Sachen

  1. ,

    Gesuchsteller und Beklagter

    gegen

  2. ,

Gesuchsgegnerin und Klägerin

betreffend Ablehnung von Einzelrichter lic. iur. C. , Audienzrichteramt, Bezirksgericht Zürich, im Verfahren EB072673 in Sachen der Parteien betreffend Rechtsöffnung

Erwägungen:

I.

  1. Im Rahmen dreier am Bezirksgericht Zürich anhängiger Verfahren betreffend Rechtsöffnung (EB072673, EB072674 und EB072675) stellte der Gesuchsteller anlässlich der Verhandlung vom 29. Januar 2008 sinngemäss ein Ablehnungsbegehren gegen Bezirksrichter lic. iur. C. , wobei er einerseits einen Ausschlussgrund i.S.v. § 95 Ziff. 3 GVG und andererseits Ablehnungsgründe

    i.S.v. § 96 Ziff. 3 und 4 GVG geltend machte (act. 1).

  2. Mit Schreiben vom 31. Januar 2008 überwies der Abgelehnte das Ablehnungsbegehren der Verwaltungskommission zur Behandlung. Gleichzeitig gab er die gewissenhafte Erklärung ab, dass kein Ausstandsgrund vorliege und er sich nicht befangen fühle (act. 2).

  3. Mit Verfügung vom 8. Februar 2008 wurde dem Gesuchsteller ein Doppel der gewissenhaften Erklärung zur allfälligen Stellungnahme innert 10 Tagen zugestellt (act. 4).

  4. Mit undatierter Eingabe (fristgerechter Eingang am 21. Februar 2008) reichte der Gesuchsteller eine umfangreiche Stellungnahme ein und stellte sinngemäss im Wesentlichen die Anträge, es sei ihm die unentgeltliche Prozessführung und - verbeiständigung zu gewähren, es sei das Ablehnungsbegehren von Amtes wegen zu untersuchen und es seien diverse angeblich angefochtene Verfügungen und Beschlüsse nichtig zu erklären, alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen. Auf S. 16 der Stellungnahme stellt der Gesuchsteller unter Ziff. 44 zudem den Antrag, dass alle Zürcher OberrichterInnen, VerwaltungsrichterInnen, Magistrats- & Amtspersonen in corpore vom hängigen Verfahren unverzüglich und vollständig auszuschliessen sind (act. 6).

II.

  1. Seit dem 1. Januar 2011 gilt in der Schweiz die neue Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO), welche die bis anhin gültigen kantonalen Zivilprozessordnungen ablöst. Bei Verfahren, die - wie das vorliegende - bei Inkrafttreten des neuen Gesetzes rechtshängig sind, gilt das bisherige Verfahrensrecht und damit die Zivilprozessordnung des Kantons Zürich (ZPO/ZH) sowie das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) weiterhin bzw. bis zum Abschluss vor der betroffenen Instanz (Art. 404 Abs. 1 ZPO).

  2. Nach § 101 Abs. 1 GVG sowie § 18 lit. k Ziff. 1 der Verordnung des Obergerichts über die Organisation vom 3. November 2010 (LS 212.51) entscheidet die Verwaltungskommission des Obergerichts als Aufsichtsbehörde über Ausstandsbegehren, die sich gegen Mitglieder der Bezirksgerichte richten. Die Verwaltungskommission ist daher zur Behandlung des Ablehnungsbegehrens gegen den abgelehnten Bezirksrichter zuständig.

III.

  1. Der Gesuchsteller macht unter anderem geltend, der Abgelehnte habe bereits in gleicher Sache an einem Entscheid mitgewirkt, weshalb ein von Amtes wegen zu beachtender Ausschlussgrund gemäss § 95 Ziff. 3 GVG vorliege.

  2. Dazu ist festzuhalten, dass der Ausschlussgrund von § 95 Ziff. 3 GVG die Verhinderung mehrfacher Mitwirkung in der gleichen Sache in oberer Instanz bzw. in anderer amtlicher Stellung bezweckt. Mitwirkung an einem früheren Entscheid im Sinn dieser Bestimmung liegt nur vor, wenn in beiden Verfahren die Rechtsfragen und die Parteien dieselben sind. Der Begriff der Sache ist hier in prozessrechtlichem Sinn zu verstehen (H AUSER/SCHWERI, Kommentar zum zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetz, § 95 N 24).

  3. Der Abgelehnte hat wohl bereits Rechtsöffnungsbegehren zwischen den gleichen Parteien beurteilt, jedoch handelte es sich dabei um andere Betreibun-

    gen (vgl. act. 3/10/2 und 3/10/3), weshalb darunter im prozessrechtlichen Sinn nicht die gleiche Sache verstanden werden kann.

  4. Es ist somit festzuhalten, dass kein Ausschlussgrund i.S.v. § 95 Ziff. 3 GVG vorliegt.

IV.

  1. Weiter macht der Gesuchsteller geltend, dass ein Ablehnungsgrund i.S.v.

    § 96 Ziff. 3 und 4 GVG aufgrund einer Feindschaft und Befangenheit vorliege.

  2. Die Beurteilung eines Ablehnungsbegehrens liegt im freien, pflichtgemässen Ermessen der erkennenden Behörde. Zu entscheiden ist, ob die geltend gemachten Ablehnungsgründe unter den konkreten Umständen Anlass zu objektiv berechtigtem Misstrauen an der Unparteilichkeit des abgelehnten Justizbeamten geben. Massgebend ist, ob bestimmte Umstände vorliegen, die auch in den Augen eines objektiven, vernünftigen Menschen geeignet sind, Misstrauen an der Unparteilichkeit des abgelehnten Richters zu wecken (BGE 115 V 263 mit Hinweisen; Pra. 1989 Nr. 221 S. 769). Es genügt somit nicht, dass das Misstrauen bloss im subjektiven Empfinden der gesuchstellenden Partei wurzelt. Das geäusserte Misstrauen muss infolge äusserer Gegebenheiten durch ein bestimmtes Verhalten des Justizbeamten in objektiver Weise gerechtfertigt erscheinen (ZR 82 Nr. 43; L EBRECHT, Der Ausstand von Justizbeamten nach zürcherischem Prozessrecht, SJZ 86, 1990, S. 298).

  3. Prozessuale Fehler sind mit ordentlichen ausserordentlichen Rechtsmitteln zu rügen, führen aber nicht dazu, dass Befangenheit der Mitwirkenden anzunehmen wäre. In diesem Sinne ist das Ausstandsbegehren subsidiär zu den Rechtsmitteln und hat vor allem den Zweck, dass sich die Parteien gegenüber sachfremden Einflüssen, die von den Mitwirkenden ausgehen und nicht mit einem Rechtsmittel Rechtsbehelf geltend gemacht werden können, zur Wehr set-

zen können. Im Ablehnungsverfahren ist daher die Prozessführung des Richters nicht zu überprüfen wie in einem Rechtsmittelverfahren (BGE 125 I 119 E. 3e S. 124; 116 Ia 14 E. 5b S. 20 und 135 E. 3a S. 138; 115 Ia 400 E. 3b S. 404; 114 Ia

153 E. 3b/bb S. 158/9 mit Hinweisen). Unter dem Gesichtspunkt der Ablehnung wegen Befangenheit (§ 96 Ziff. 4 GVG) wären prozessuale Fehler also nur dann relevant, wenn ein Richter gegenüber einer bestimmten Partei offensichtlich nicht das sonst übliche Mass an Sorgfalt beim Studium und der Führung des Falles aufwenden würde, mithin krasse und wiederholte Irrtümer vorlägen, welche als schwere Verletzung der Richterpflichten beurteilt werden müssten (LEBRECHT, a.a.O., S. 300; BGE 115 Ia 400).

V.

  1. Begründung des Gesuchstellers

    Der Gesuchsteller begründet sein Ablehnungsbegehren sinngemäss dahingehend, der Abgelehnte habe wiederholt und fortgesetzt nachgewiesenen Gesetzesbruch begangen (act. 6, S. 3), den Sachverhalt nicht abgeklärt (act. 6,

    S. 12) sowie Gerichtsakten unterdrückt und ihm das rechtliche Gehör im Allgemeinen und das Recht auf Akteneinsicht im Besonderen verweigert (act. 6, S. 13 f., S. 16 und 18). Weiter wirft der Gesuchsteller dem Abgelehnten Begünstigung, Amtsmissbrauch und ungetreue Amtsführung vor (act. 6, S. 16).

    Darüber hinaus macht der Gesuchsteller weitschweifige, vorliegend nicht relevante Ausführungen zum Verhältnis zwischen Landesrecht und internationalem Völ- kerrecht.

  2. Beurteilung des Ablehnungsbegehrens

    1. Der Gesuchsteller hat zwar eine umfangreiche Stellungnahme ins Recht gelegt, unterlässt es aber weitgehend, für seine Behauptungen Beweise erhär- tende Indizien vorzulegen. Es ist davon auszugehen, dass der Gesuchsteller geltend machen will, dass er mit seinen Anliegen und Anträgen in den vorliegenden

      Rechtsöffnungsverfahren ungenügend angehört worden sei. Dazu ist festzuhalten, dass in den drei Rechtsöffnungsverfahren durch die Klägerin in drei verschiedenen Betreibungen jeweils die definitive Rechtsöffnung i.S.v. Art. 80 SchKG beantragt und entsprechende Verfügungen als Rechtsöffnungstitel ins Recht gelegt wurden (act. 3/1, 3/2/1, 3/3, 3/4/1, 3/5, 3/6/1).

    2. Gegen einen definitiven Rechtsöffnungstitel steht dem Schuldner gemäss Art. 81 Abs. 1 SchKG lediglich die Möglichkeit des Urkundenbeweises offen, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt gestundet worden ist er die Verjährung anruft. Soweit also in einem entsprechenden Rechtsöffnungsverfahren allfällige Beweisanträge des Gesuchstellers abgewiesen bzw. darauf nicht eingetreten werden soweit der Abgelehnte den Sachverhalt, welcher der in Betreibung gesetzten Forderung zugrunde steht, nicht weiter abklärt, steht dieses Vorgehen in Übereinstimmung mit den Vorschriften des Schuldbetreibungsund Konkursrechts und ist in keiner Weise zu beanstanden.

    3. Für die Vorwürfe des Gesetzesbruchs, der Begünstigung, des Amtsmissbrauchs und der ungetreuen Amtsführung finden sich ebenso wenige Anhaltspunkte in den Akten wie für die behauptete Verweigerung der Akteneinsicht. Es ist festzuhalten, dass der Gesuchsteller teils massive Vorwürfe gegen den Abgelehnten erhebt, diese jedoch weder mit Hinweisen auf ein konkretes Vorgehen noch auf entsprechende Akten untermauert. Auch sind den Akten keinerlei Anhaltspunkte auf ein Verhalten des Abgelehnten zu entnehmen, welche den Anschein der Befangenheit begründen könnten.

    4. Zusammenfassend ist festzustellen, dass den Akten keine Anzeichen auf voreingenommenes Verhalten des Abgelehnten entnommen werden können, welche geeignet wären, in den Augen eines objektiven, vernünftigen Menschen Misstrauen an der Unparteilichkeit des abgelehnten Richters zu wecken. Soweit materielle prozessuale Fehler beanstandet werden, so sind diese mit ordentlichen ausserordentlichen Rechtsmitteln zu rügen. Sie stellen jedenfalls keinen Ablehnungsgrund i.S.v. § 96 GVG dar.

  3. Das Ablehnungsbegehren ist aus diesen Erwägungen abzuweisen.

VI.

  1. Der Gesuchsteller stellt weiter ein Ablehnungsbegehren gegen die gesamte Zürcher Rechtspflege (act. 6, S. 16). Grundsätzlich hat sich ein Ablehnungsbegehren gegen namentlich genannte Personen zu richten. Soweit mit einem Ablehnungsbegehren in rechtsmissbräuchlicher Weise versucht wird, die gesamte Justiz lahmzulegen, ist dieses unzulässig und ausser Betracht zu lassen (BGE 105 Ib 301 ff.; ZR 89 (1990) N. 94). Dem Gesuchsteller muss vorliegend unter Verweis auf seine Behauptung, dass Mitglieder der kantonalen Rechtspflege und des Bundesgerichts sich vor dem internationalen Strafgerichtshof wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit verantworten müssten (act. 6, S. 18 f.), ein solches rechtsmissbräuchliches Verhalten unterstellt werden. Auf das Ablehnungsbegehren gegen die gesamte Rechtspflege ist somit nicht weiter einzutreten.

  2. Auf die Anträge des Gesuchstellers auf Aufhebung und Abänderung von rechtskräftigen Verfügungen und Beschlüssen der Verwaltungskommission und des Bezirksgerichts Zürich kann vorliegend mangels Zuständigkeit nicht eingetreten werden.

VII.

Es rechtfertigt sich vorliegend ausnahmsweise, von Ansetzung und Auflage von Kosten abzusehen. Das gestellte Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist somit gegenstandslos und es ist nicht weiter darauf einzugehen.

VIII.

Für die Rechtsmittel gilt gemäss den Übergangsbestimmungen der Schweizerischen ZPO das Recht, das bei der Eröffnung des Entscheides in Kraft ist (Art. 405 ZPO). In Bezug auf die Rechtsmittel findet das kantonale Recht somit keine Anwendung mehr, weshalb das (kantonale) Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde (vgl. § 281 ff. ZPO/ZH) vorliegend nicht gegeben ist.

Es wird beschlossen:

  1. Das Ablehnungsbegehren gegen den Einzelrichter lic. iur. C. wird abgewiesen.

  2. Die weiteren Anträge werden abgewiesen soweit darauf einzutreten ist.

  3. Es werden keine Kosten auferlegt und keine Parteientschädigungen ausgerichtet.

  4. Dieser Beschluss wird den Parteien sowie dem Bezirksgericht Zürich schriftlich gegen Empfangsschein mitgeteilt.

  5. Eine allfällige Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen.

Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (ordentliche Beschwerde) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) i.V.m. Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Zürich, 10. Mai 2011

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Verwaltungskommission

Der Stellvertreter des Generalsekretärs:

lic. iur. L. Huber

versandt am:

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