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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:VU160034
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VU160034 vom 20.09.2016 (ZH)
Datum:20.09.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Kostenerlass
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 112 ZPO ; Art. 425 StPO ; Art. 471 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

Verwaltungskommission

Geschäfts-Nr. VU160034-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. M. Burger, Oberrichterin lic. iur.

E. Lichti Aschwanden und Oberrichterin lic. iur. F. Schorta sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu

Beschluss vom 20. September 2016

in Sachen

A. ,

Gesuchsteller

betreffend Kostenerlass

Erwägungen:

I.

  1. (nachfolgend: Gesuchsteller) schuldet dem Kanton Zürich aus verschiedenen am Bezirksgericht Affoltern am Albis bzw. am Obergericht des Kantons Zürich durchgeführten Verfahren einen Betrag von insgesamt Fr. 5'111.90 (act. 4/12). Nachdem ihm seitens der Zentralen Inkassostelle der Gerichte (nachfolgend: Zentrale Inkassostelle) am 8. Oktober 2014 ein Betrag von Fr. 1'000.- in Rechnung gestellt worden war (act. 4/2), beantragte er bei dieser einen Aufschub der Zahlungspflicht (act. 4/3). Diesem Ersuchen kam die Zentrale Inkassostelle mit Schreiben vom 24. Oktober 2014 nach (act. 4/4). Am 22. Oktober 2015 stellte sie dem Gesuchsteller eine neue Rechnung über den obgenannten Gesamtbetrag zu (act. 4/6), welche zu weiterer Korrespondenz zwischen ihr und dem Gesuchsteller führte (act. 4/7-10). Mit Eingabe vom 21. März 2016 stellte der Gesuchsteller einen Antrag auf Kostenerlass, eventualiter auf Stundung und begründete diesen mit seiner finanziellen Situation (act. 4/11). Gleichentags teilte ihm die Zentrale Inkassostelle mit, dass eine erste informelle Prüfung des Gesuchs durch den Fachspezialisten für Erlassgesuche negativ ausgefallen sei und die Voraussetzungen für einen Erlass wohl nicht gegeben seien (act. 4/12). Auf entsprechendes Gesuch hin (act. 4/13-15) erläuterte der stellvertretende Generalsekretär des Obergerichts des Kantons Zürich dem Gesuchsteller in der Folge das Vorgehen der Zentralen Inkassostelle bei Erlassgesuchen bzw. die Aufgaben des Fachspezialisten Erlassgesuch ausführlich und lehnte das Erlassgesuch einstweilen ab (act. 4/16). Gleichzeitig setzte er dem Gesuchsteller eine Frist von dreissig Tagen an, um den Antrag zu stellen, das Erlassgesuch sei der Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich vorzulegen (act. 4/16). Mit Schreiben vom 25. April 2016 erklärte sich der Gesuchsteller mit den Ausführungen des stellvertretenden Generalsekretärs als nicht einverstanden (act. 4/17), weshalb das Gesuch am 4. Mai 2016 an die Verwaltungskommission überwiesen wurde (act. 1).

  2. Da sich aus den Eingaben des Gesuchstellers Unklarheiten ergaben, insbesondere mit Blick auf die Frage, ob er überhaupt um einen Kostenerlass ersuchen wolle (act. 10), setzte ihm die Verwaltungskommission mit Verfü- gung vom 8. Juli 2016 eine Frist zur Bestätigung seines Willens an der Durchführung eines formellen Verfahrens vor der Verwaltungskommission, zur Stellung klarer Anträge sowie zur Einreichung von aufgezählten Belegen an. Für den Säumnisfall wurde angedroht, dass das Gesuch als Kostenerlass, eventualiter als Stundung, entgegen genommen und aufgrund der Akten entschieden würde (act. 13). In der Folge reichte der Gesuchsteller weitere Eingaben samt Beilagen ins Recht, datiert mit 9. August 2016, 10. -

15. August 2016 bzw. 16. August 2016 (act. 17-22). Darin stellte er insbesondere ein Gesuch um Wiederherstellung der Fristen gemäss Verfügung vom 8. Juli 2016, Dispositiv Ziffer 1 und 2 (act. 18 S. 1).

II.

1. Gemäss § 18 Abs. 1 lit. q der Verordnung über die Organisation des Obergerichts (LS 212.51) entscheidet die Verwaltungskommission über nachträg- liche Gesuche um Stundung und Erlass von Verfahrenskosten.

    1. Der Kostenbezug stellt eine Angelegenheit der Justizverwaltung dar (Hauser/Schweri/Lieber, Kommentar zum zürcherischen Gesetz über die Gerichtsund Behördenorganisation im Zivilund Strafprozess vom 10. Mai 2010, § 201 N 14 und N 25). Dies muss auch für das mit dem Kostenbezug im Zusammenhang stehende Kostenerlassverfahren gelten, zumal einzig die Voraussetzungen für den Erlass oder die Stundung von im Zivilbzw. Strafverfahren auferlegten Kosten in der Zivilbzw. Strafprozessordnung, namentlich in Art. 112 ZPO bzw. Art. 425 StPO, geregelt sind (Beschluss der Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich vom

      26. Januar 2016, VU150113, E. 2.1; Beschluss der Rekurskommission des Obergerichts des Kantons Zürich vom 30. April 2015, KD150015-O, E. 2 für das Rekursverfahren; Praxiskommentar StPO-Schmid, Art. 425 N 1; vgl. sodann BK ZPO-Sterchi, Art. 112 N 1 und Jenny in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung,

      3. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2016, Art. 112 N 3). Das Verfahren der Verwaltungskommission betreffend Kostenerlass richtet sich demnach nach dem Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich (VRG, LS 175.2), welches mitunter für die Frage des Fristenlaufs massgeblich ist.

    2. Das Verwaltungsrechtspflegegesetz enthält den Grundsatz, dass Fristen während der Gerichtsferien nur dann still stehen, wenn dies im Gesetz explizit vorgesehen ist. Deren Nichtgeltung ist demnach die Regel, deren Geltung die Ausnahme. Für die erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren sowie die Einsprache-, Rekursund Revisionsverfahren bestehen keine solchen Ausnahmen, weshalb die Gerichtsferien nicht zu berücksichtigen sind. In Verfahren, welche keine Gerichtsferien kennen, beginnt die Frist am Tag nach dem fristauslösenden Ereignis zu laufen, d.h. am Tag nach dem Empfang der fristansetzenden Verfügung (vgl. zum Ganzen Plüss in: VRG Kommentar, Griffel [Hrsg.], 3. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2014, § 11 N 17 f., § 11 N 12). Sie endet nach Ablauf der angesetzten Frist.

    3. Der Gesuchsteller hat die Verfügung vom 8. Juli 2016 am 13. Juli 2016 entgegen genommen (act. 13), weshalb der Fristenlauf am 14. Juli 2016 begann und nach Ablauf der Fristen von 20 Tagen am 2. August 2016 endete. Ohne Berücksichtigung der Gerichtsferien sind die Eingaben des Gesuchstellers, welche am 10. August 2016 per Fax (act. 17) eingereicht bzw. am

      15. August 2016 (act. 18) der Post übergeben bzw. am 17. August 2016 eigenhändig abgegeben (act. 20, 22) wurden, verspätet eingereicht worden. Es ist daher eine Fristwiederherstellung entsprechend dem Gesuch vom 10.-15. August 2016 (act. 18) zu prüfen.

    4. Nach § 12 Abs. 2 VRG kann eine versäumte Frist wiederhergestellt werden, wenn dem Säumigen keine grobe Nachlässigkeit zur Last fällt und er innert zehn Tagen nach Wegfall des Grundes, der die Einhaltung der Frist verhindert hat, ein Gesuch um Wiederherstellung eingereicht hat.

      Mit seinem am 15. August 2016 der schweizerischen Post übergegebenen Fristwiederherstellungsgesuch hat der Gesuchsteller die Frist von zehn Tagen im Sinne von § 12 Abs. 2 VRG eingehalten (vgl. act. 15 zum Fristbeginn, act. 18). Zu prüfen ist daher, ob ihm im Zusammenhang mit dem Verpassen der Frist grobe Nachlässigkeit vorzuwerfen ist. Eine solche liegt insbesondere dann vor, wenn eine Partei die Frist freiwillig irrtumsfrei verstreichen lässt (Plüss, a.a.O., § 12 N 45). Auch ein Irrtum über die Geltung der Gerichtsferien bzw. ein Rechtsirrtum im Allgemeinen stellt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung keinen Grund zur Wiederherstellung der Frist dar (Entscheid des Bundesgerichts vom 15. Februar 2006, 2A.70/2006 E. 4; vgl. auch ZR 115/2016 S. 153). Der Gesuchsteller begründet sein Gesuch vorliegend mit dem Umstand, dass er keine Kenntnis über die Anwendbarkeit des Verwaltungsrechtspflegegesetzes auf das vorliegende Verfahren gehabt habe. Er sei der Meinung gewesen, massgebliches Prozessrecht sei die Zivilprozessordnung, in welcher der Grundsatz des Friststillstandes wäh- rend der Gerichtsferien verankert sei (act. 18 S. 1 f.). Gestützt auf diese Ausführungen ist davon auszugehen, dass der Gesuchsteller irrtümlich annahm, die Fristen würden während der Gerichtsferien stillstehen. Der bundesgerichtlichen Rechtsprechung folgend vermag ein solcher Irrtum jedoch ein Fristwiederherstellungsgesuch grundsätzlich nicht zu rechtfertigen.

    5. Zu berücksichtigen ist im konkreten Fall jedoch, dass der Kostenerlass in den Gesetzen nicht näher bzw. ausreichend geregelt wird. In der Lehre wird denn im Rahmen der Kommentierung der Zivilprozessordnung auch festgehalten, bei der massgeblichen Bestimmung zum Kostenerlass in Art. 112 Abs. 1 ZPO handle es sich um eine der wenigen redundanten Bestimmungen der Zivilprozessordnung. So sei beispielsweise das anwendbare Verfahren nicht geregelt (BK ZPO-Sterchi, Art. 112 N 1). Auch die Strafprozessordnung befasst sich in Artikel 425 nicht mit dem massgeblichen Verfahren. Das Verwaltungsrechtspflegegesetz enthält sogar gar keine Bestimmung zum Kostenerlass. Vielmehr wendet das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich § 16 Abs. 1 VRG betreffend die unentgeltliche Rechtspflege für den nachträglichen Erlass der Gerichtskosten entsprechend an, da es sich bei

dieser um einen ursprünglichen Erlass handle (Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich KE.2011.0001, vom 23. August 2011,

E. 2). Selbst die Verfügung vom 8. Juli 2016 enthält weder diesbezügliche Erwägungen noch einen klärenden Hinweis auf das Weiterlaufen der Fristen während der Gerichtsferien. Es stellt sich daher die Frage, ob dem Fristwiederherstellungsgesuch unter diesen Umständen nicht zu entsprechen ist, zumal die gesuchstellerischen Eingaben bei einer Berechnung mit Berücksichtigung der Gerichtsferien rechtzeitig eingegangen wären. Einer abschliessenden Klärung dieser Frage bedarf es indes nicht, da das Gesuch ohnehin - d.h. sowohl im Falle der Berücksichtigung der massgeblichen Eingaben und Unterlagen als auch ohne deren Beachtung - abzuweisen ist, wie im Folgenden zu zeigen sein wird.

III.

  1. Trotz Fristansetzung in der Verfügung vom 8. Juli 2016 ist nicht hinreichend klar, ob der Gesuchsteller im Hauptbegehren um einen Kostenerlass und im Eventualbegehren um eine Stundung ersucht oder nicht (vgl. act. 11 S. 1 und 3, act. 12 S. 1 und 4, act. 18 S. 17 und 20). Gestützt auf seine Ausführungen in der Eingabe vom 10. bis 15. August 2016 (act. 18 S. 20) und den

    Hinweis in der erwähnten Verfügung (act. 13) ist der Kostenerlass daher als Hauptantrag und die Stundung als Eventualbegehren zu prüfen.

  2. Der Gesuchsteller bringt zur Begründung seines Gesuchs sinngemäss vor, er sei nicht in der Lage, die Schulden zu begleichen. Dies werde sich auch in naher Zukunft nicht ändern. Er sei 60 Jahre alt, ohne Vermögen und ohne Erwerbseinkommen (act. 12 S. 2 und 6, vgl. auch act. 4/11 und act. 11). Er werde wohl keine reguläre Anstellung mehr erhalten. Es sei unklar, ob in Zukunft eine Erbschaft anfallen werde (act. 4/11).

    1. Der Erlass einer Kostenforderung setzt dauernde Mittellosigkeit der gesuchstellenden Person voraus. Von Mittellosigkeit ist auszugehen, wenn die betreffende Person nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, um die Prozesskosten selbst zu tragen. Zur Bestimmung der Mittellosigkeit sind die Einkünfte unter Berücksichtigung der Vermögenswerte den notwendigen Lebensaufwandkosten gegenüber zu stellen. Dabei ist vom betreibungsrechtlichen Existenzminimum auszugehen (BSK ZPO-Rüegg, Art. 117 N 7 ff.). Als Lebensaufwandkosten sind grundsätzlich der Grundbetrag für Nahrung und Kleidung etc., die Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, die Transportkosten zum Arbeitsplatz, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden, sowie Steuerschulden zu berücksichtigen (Emmel in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], 3. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2016, Art. 117 N 9). Die finanziellen Verhältnisse sind von der gesuchstellenden Person hinreichend darzulegen. Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., Art. 117 N 4).

    2. Ein Erlass der Kostenforderung führt zum endgültigen Untergang der Forderung. Damit kann diese auch dann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Schuldner in der Folgezeit in günstige finanzielle Verhältnisse gelangt. Aufgrund dieser weitreichenden Bedeutung ist gemäss ständiger Praxis des Obergerichts des Kantons Zürich ein Erlass der geschuldeten Kosten nur in ausgesprochenen Ausnahmefällen bei ausgewiesener dauernder Mittellosigkeit zulässig. Allein die Tatsache, dass ein Schuldner zurzeit mittellos ist oder nur ein minimales Einkommen erzielt, vermag keine dauernde Mittellosigkeit zu begründen. Vielmehr setzt eine solche voraus, dass die gesuchstellende Person selbst unter Berücksichtigung der künftigen Einkommensund Vermögensentwicklung nicht fähig ist, die Schuld zu begleichen (sog. dauernde Mittellosigkeit). Bei der Prüfung der Bedürftigkeit sind somit Einkünfte und Vermögenswerte zu berücksichtigen, die erst innerhalb der nächsten Jahre verfügbar werden oder kapitalisiert werden können (vgl. Jenny in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, SutterSomm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/Genf 2016, Art. 112

      N 5; BSK ZPO-Rüegg, Art. 112 N 1; ZR 83 [1984] Nr. 75). Einem Erlassgesuch ist demnach nicht zu entsprechen, wenn die aktuelle Mittellosigkeit in

      Zukunft durch eigene Anstrengungen wie dem Nachgehen einer Erwerbstä- tigkeit bzw. der Veräusserung von Vermögenswerten oder durch einen absehbaren Vermögenszufluss (bspw. Leistungen aus Erbschaft bzw. Eherecht, Versicherungsleistungen) beseitigt werden kann.

    3. Selbst die dauernde Mittellosigkeit begründet indes keinen Anspruch auf den Erlass der Gerichtskosten. Als Ermessensentscheid ist der Erlass von einer Interessenabwägung abhängig. Abzuwägen sind die schutzwürdigen Interessen des Pflichtigen, die durch ein Weiterbestehen der Forderung betroffen werden, gegenüber den öffentlichen Interessen an einer gleichmässigen und konsequenten Durchsetzung staatlicher Ansprüche. Für einen Kostenerlass spricht, dass die Mittellosigkeit aufgrund längerer Arbeitslosigkeit bzw. Aussteuerung, drückender Familienlasten, Unterhaltspflichten oder hoher Krankheitsbzw. Pflegekosten, welche nicht von Dritten getragen werden, eingetreten ist. Bestehen hingegen Anhaltspunkte, dass die Bedürftigkeit im Hinblick auf den Prozess oder durch andere eigenverantwortliche Handlungen des Schuldners herbeigeführt wurde oder aufrechterhalten wird, kann trotz Mittellosigkeit kein Kostenerlass gewährt werden (vgl. Entscheid der Rekurskommission des Obergerichts des Kantons Zürich KD120010-O vom

21. Dezember 2012, E. 3.3; Entscheid der Rekurskommission des Obergerichts des Kantons Zürich KD150005-O vom 30. April 2015, E. 3.1.3; Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen vom 21. August 2007, VZ.2007.31,

E. III.2.b).

    1. Für den Fall, dass dem Fristwiederherstellungsgesuch nicht entsprochen werden könnte, wäre das Gesuch um Kostenerlass mangels Einreichung von hinreichenden Belegen zu den finanziellen Verhältnissen innert Frist und damit mangels Nachweises der dauernden Bedürftigkeit abzuweisen. Der Gesuchsteller bringt zwar vor, es sei ihm nicht klar gewesen, welche Unterlagen er hätte einreichen müssen (act. 18 S. 5). In der Verfügung vom 8. Juli 2016 (act. 13 S. 3) wurde ihm jedoch hinreichend konkret dargelegt, welche Unterlagen das Gericht benötige.

    2. Auch im Falle der Berücksichtigung der Eingaben vom 9. August 2016, 10. 15. August 2016 bzw. 16. August 2016 sowie der damit eingereichten Unterlagen (act. 17-22) ist das Kostenerlassgesuch abzuweisen. Zu den finanziellen Verhältnissen des Gesuchstellers kann den eingereichten Unterlagen und seinen Ausführungen entnommen werden, dass er zurzeit keiner geregelten Arbeitstätigkeit nachgeht, sondern sporadisch Einnahmen generiert, insbesondere aus Gartenund Wohnungs-/Hausarbeiten. Im Zeitraum Früh- ling bis Sommer 2016 habe er damit rund Fr. 12'000.- verdient (act. 19/2). Gemäss der Steuerrechnung der Gemeinde Kilchberg für die Steuerperiode 2014 - eine neuere Steuerrechnung bzw. Steuererklärung ist nicht aktenkundig - wurde ein steuerbares Einkommen von Fr. 0.- veranlagt. Aus derselben Steuerrechnung geht hervor, dass der Gesuchsteller per

      31. Dezember 2014 über Vermögenswerte von Fr. 57'000.- verfügte (act. 19/10). Den aktuellen Kontoauszügen der Credit Suisse und der Schweizerischen Post können hingegen nur noch Kontoguthaben von Fr. 849.48 entnommen werden (act. 19/6 und act. 19/8). Der Gesuchsteller begründet diesen Rückgang sinngemäss mit dem fehlenden bzw. geringen Einkommen und dem dadurch notwendig gewordenen Vermögensverzehr (act. 4/11). Aufwandmässig sind sodann Mietkosten von Fr. 1'849.70 pro Monat (act. 19/9) und Krankenkassenprämien nach KVG von Fr. 439.90 pro Monat (act. 19/3) ausgewiesen, nicht hingegen die geltend gemachten Nebenkosten von Fr. 245.- pro Monat (vgl. act. 19/9). Ebenso wenig wurden die weiteren geltend gemachten Auslagen und Schulden (act. 19/2) hinreichend belegt. Die überobligatorischen Krankenkassenprämien finden keinen Eingang in die Bedarfsrechnung (vgl. Plüss, a.a.O., § 16 N 36; BK-ZPO Bühler, Art. 117 N 175). Obwohl der Gesuchsteller nur wenige seiner aufgezählten Lebenshaltungskosten (act. 19/2) belegt hat, ist es ihm bei diesen - den nachgewiesenen - finanziellen Verhältnissen zurzeit nicht möglich, die gegenüber der Zentralen Inkassostelle bestehenden Schulden zu begleichen. Ebenso bestehen Zweifel daran, ob er aufgrund seines Alters und seines bisherigen Berufsverlaufs in naher Zukunft eine Arbeitsstelle finden wird. Der Gesuchsteller führt jedoch selbst aus, sein Vater sei bereits gestorben und

      die Teilung des Nachlasses sei noch im Gange. Er verweist diesbezüglich auf ein am Obergericht des Kantons Zürich durchgeführtes Verfahren (Verfahrensnummer LF160035-O), welches in der Zwischenzeit erledigt wurde (act. 12 S. 2 und 5). Als Nachkomme des Vaters ist der Gesuchsteller nicht nur gesetzlicher Erbe, sondern pflichtteilsgeschützt (Art. 471 ZGB). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich seine finanziellen Verhältnisse nach Abschluss der Teilung des besagten Nachlasses erheblich verbessern werden, zumal der Gesuchsteller selbst von einer grossen Erbsache (act. 12 S. 2) spricht. Ein Kostenerlass kommt daher zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund der allfälligen Anwartschaft nicht in Frage.

    3. Zu berücksichtigen ist sodann, dass die Forderungen, deren Erlass der Gesuchsteller beantragt, allesamt auf Entscheiden neueren Datums beruhen (vgl. act. 4/12). Eigentlicher Zweck des Instituts des Kostenerlasses ist es, bei bestehender dauernder Mittellosigkeit eine Gesamtschuldensanierung zu ermöglichen. Nicht bezweckt werden soll damit hingegen, dass neuere Entscheide hinsichtlich ihrer Kostenregelung durch einen Kostenerlass faktisch aufgehoben werden. Zur Aufhebung oder Abänderung rechtskräftiger Entscheide stehen vielmehr nur die von den einschlägigen prozessualen Gesetzen vorgesehenen Rechtsmittel, zu denen ein Gesuch um Kostenerlass nicht zu zählen ist, zur Verfügung. Das öffentliche Interesse an einer gleichmässigen und konsequenten Durchsetzung staatlicher Ansprüche, welche aus neueren Entscheiden resultieren, ist höher zu gewichten als die Interessen der kostenpflichtigen Partei an einem Kostenerlass. Ansonsten würden die gesetzlichen Bestimmungen zur Kostentragungspflicht indirekt umgangen. Ein Kostenerlass rechtfertigt sich damit vorliegend im jetzigen Zeitpunkt aufgrund des neueren Datums der massgeblichen Entscheide (Jahre 2013 bis 2015) nicht, weshalb das entsprechende Gesuch auch aus diesem Grunde abzuweisen ist.

  1. Eventualiter ist von einem Ersuchen des Gesuchstellers um Aussprechung einer Stundung bis Ende 2016 auszugehen (act. 13, act. 12 S. 1). Die aktuelle finanzielle Situation erlaubt es dem Gesuchsteller nicht, die Ausstände

    in nächster Zeit zu begleichen, zumal sein Einkommen zurzeit nicht einmal seine notwendigen Lebenshaltungskosten deckt. Es erscheint daher angemessen, die gegenüber dem Gesuchsteller bestehende Forderung aus den Verfahren GG130001 des Bezirksgerichts Affoltern am Albis und SB140442O sowie RT150071-O des Obergerichts des Kantons Zürich ab dem

    21. März 2016 (act. 4/11), dem Datum des erstmaligen Gesuchs, antragsgemäss bis zum 31. Dezember 2016 zu stunden.

  2. Unklar ist schliesslich, ob der Gesuchsteller im Zusammenhang mit seinen Schilderungen zum angeblichen Mordversuch bei der hiesigen Instanz eine Strafanzeige erstatten möchte, indem er ausführt, er wolle, dass die verantwortlichen Personen öffentlich angeklagt und verurteilt würden (act. 18 S. 14 f.). Selbst wenn dem so wäre, so wäre das Obergericht des Kantons Zürich hierfür unzuständig, da allfällige Strafanzeigen bei den Strafverfolgungsbehörden (Polizei oder Staatsanwaltschaft) einzureichen sind. Das Obergericht des Kantons Zürich kann keine Strafverfahren eröffnen und leitet entsprechende Anzeigen nicht weiter.

IV.

    1. Der Gesuchsteller geht davon aus, das vorliegende Verfahren müsse aufgrund der besonderen Umstände kostenlos sein (act. 18 S. 23). Im Weiteren hält er fest, er verzichte auf eine formelle kostenlose Rechtspflege (act. 18

      S. 23). Ein Armenrechtsgesuch stellt er demnach nicht. Die Ansicht des Gesuchstellers hinsichtlich der Kostenlosigkeit des vorliegenden Verfahrens ist unzutreffend. Vielmehr gilt auch im Anwendungsbereich des Verwaltungsrechtspflegegesetzes der Grundsatz, das derjenige die Kosten zu tragen hat, der unterliegt (vgl. § 13 Abs. 2 VRG). Zwar handelt es sich bei der gesetzlichen Bestimmung um eine kann-Bestimmung, doch ist für Kostenerlassgesuche praxisgemäss keine Ausnahme von der Kostenpflicht vorgesehen. Auf diese wurde der Gesuchsteller denn auch bereits mit Schreiben der

      Zentralen Inkassostelle vom 21. April 2016 hingewiesen (act. 3). Das vorliegende Verfahren ist demnach mit Kosten verbunden.

    2. Dringt eine Partei bloss mit einem Eventualbegehren durch, wie dies vorliegend der Fall ist, so unterliegt sie mit der Differenz zwischen Hauptund Eventualbegehren (Plüss, a.a.O., § 13 N 51). Dementsprechend sind die Gerichtskosten zur Hälfte dem Gesuchsteller aufzuerlegen und zur Hälfte auf die Gerichtskasse zu nehmen.

  1. Parteientschädigungen (vgl. act. 12 S. 5, act. 18 S. 18) sind keine zu entrichten (vgl. auch § 17 Abs. 1 VRG).

  2. Der Beschwerdeführer ersucht um Leistung einer Genugtuung und begrün- det dies mit der Verfahrensverzögerung bzw. -Verweigerung durch die Zentrale Inkassostelle und das Obergericht (act. 12 S. 5, act. 18 S. 18). Eine solche ergibt sich aus den massgeblichen Akten (act. 4) indes nicht. Der erste aktenkundige Antrag auf Kostenerlass bzw. eventualiter Stundung datiert vom 21. März 2016 (act. 4/11). Diesem folgten in den Monaten April und Mai 2016 zahlreiche Schreiben des Gesuchstellers bzw. der Zentralen Inkassostelle (act. 4/12-18). Letztere orientierte den Gesuchsteller am 21. April 2016 ausführlich und detailliert über das Institut des Kostenerlasses und den konkreten Fall (act. 4/16). Zwischen den Parteien erfolgte somit ein reger Schriftenwechsel, und das Verfahren wurde kontinuierlich fortgeführt, bevor das Gesuch am 4. Mai 2016 der Verwaltungskommission überwiesen wurde. Eine Verfahrensverzögerung ist unter diesen Umständen nicht ersichtlich, ebenso wenig eine Verfahrensverweigerung. Auch das Verfahren vor der Verwaltungskommission wird mit dem heutigen Entscheid innert angemessener Frist abgeschlossen. Dem Antrag des Gesuchstellers ist daher nicht zu folgen.

  3. Hinzuweisen bleibt schliesslich auf das Rechtsmittel des Rekurses an die Rekurskommission.

Es wird beschlossen:

  1. Das Gesuch um Kostenerlass wird abgewiesen.

  2. Dem Gesuchsteller wird die noch offene Schuld gegenüber dem Kanton Zü- rich aus den Verfahren GG130001 des Bezirksgerichts Affoltern am Albis und SB140442-O sowie RT150071-O des Obergerichts des Kantons Zürich ab dem 21. März 2016, dem Datum des erstmaligen Gesuchs, bis zum

    31. Dezember 2016 gestundet.

  3. Der Antrag auf Zusprechung einer Genugtuung wird abgewiesen.

  4. Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 200.- festgesetzt.

  5. Die Kosten des Verfahrens werden zur Hälfte dem Gesuchsteller auferlegt und zur Hälfte auf die Gerichtskasse genommen.

  6. Es werden keine Prozessentschädigungen zugesprochen.

  7. Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, an:

    • den Gesuchsteller sowie

    • die Zentrale Inkassostelle der Gerichte.

  8. Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen, von der Zustellung an gerechnet, bei der Rekurskommission des Obergerichts, Hirschengraben 13/15, Postfach 2401, 8021 Zürich, schriftlich Rekurs eingereicht werden.

Die Rekursschrift muss einen Antrag und dessen Begründung enthalten. Der angefochtene Entscheid ist beizulegen. Die angerufenen Beweismittel sind genau zu bezeichnen und soweit möglich beizulegen. Materielle und formelle Entscheide der Rekursinstanz sind kostenpflichtig; die Kosten hat die im Verfahren unterliegende Partei zu tragen.

Zürich, 20. September 2016

Obergericht des Kantons Zürich Verwaltungskommission

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu versandt am:

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