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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:VR140007
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VR140007 vom 06.11.2014 (ZH)
Datum:06.11.2014
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Rekurs gegen den Beschluss der Fachgruppe Dolmetscherwesen (KB140010) vom 25. Juni 2014
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 10 StGB ; Art. 146 StGB ;
Referenz BGE:104 Ia 187;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

Verwaltungskommission

Geschäfts-Nr.: VR140007-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef, Oberrichterin Dr. D. Scherrer und Oberrichter lic. iur. M. Langmeier sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu-Zweifel

Beschluss vom 6. November 2014

in Sachen

A. ,

Rekurrentin

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. oec. X.

gegen

Fachgruppe Dolmetscherwesen,

Rekursgegnerin

betreffend Rekurs gegen den Beschluss der Fachgruppe Dolmetscherwesen (KB140010) vom 25. Juni 2014

Erwägungen:

I.

  1. (nachfolgend: Rekurrentin) ist seit dem Jahre 201x für die Sprachen sowie seit dem Jahre 201x für die Sprache im Kanton Zürich als Dolmetscherin im Dolmetscherverzeichnis eingetragen (act. 8/4 und act. 8/5). Nachdem die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat die Zentralstelle Dolmetscherwesen (nachfolgend: Rekursgegnerin) darüber informiert hatte, dass die Rekurrentin mit Strafbefehl vom 12. März 2014 wegen mehrfachen Betrugs verurteilt worden sei, beschloss die Rekursgegnerin nach weiteren Abklärungen am 25. Juni 2014 die Löschung der Rekurrentin aus dem Dolmetscherverzeichnis (act. 2). Gegen diesen Beschluss liess die Rekurrentin durch ihren Rechtsvertreter mit Eingabe vom 18. August 2014 innert Frist Rekurs bei der Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zü- rich erheben und folgende Anträge stellen (act. 1):

    1. Es sei Dispositiv Ziff. 1 des Beschlusses der Rekursgegnerin vom

    25. Juni 2014 aufzuheben.

    1. Eventualiter sei der Rekurrentin eine Verwarnung, allenfalls samt Ansetzung einer Bewährungsfrist, zu erteilen und ihr anzudrohen, dass sie bei erneuter Straffälligkeit oder anderweitiger Beeinträchtigung des Leumunds aus dem Dolmetscherverzeichnis des Kantons Zürich gelöscht werde.

    2. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Rekursgegnerin bzw. des Staates.

  2. Mit Verfügung vom 20. August 2014 wurde der Rekursgegnerin Frist angesetzt, um zum Rekurs Stellung zu nehmen (act. 6). Eine entsprechende Eingabe vom 29. August 2014 ging am 2. September 2014 ein (act. 7). Diese wurde der Rekurrentin am 1. Oktober 2014 zugestellt (act. 9). In einer unaufgeforderten Eingabe vom 10. Oktober 2014 hielt die Rekurrentin sodann an ihren Anträgen fest (act. 10). Diese wurde der Rekursgegnerin am

20. Oktober 2014 zur Kenntnisnahme zugestellt (act. 12).

II.

Gemäss § 21 der Dolmetscherverordnung (DolmV) ist gegen Entscheide der Fachgruppe Dolmetscherwesen oder deren Ausschuss der Rekurs an die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich zulässig. Dieser richtet sich nach den §§ 19 ff. des Verwaltungsrechtspflegegesetzes. Demzufolge ist die Verwaltungskommission zur Behandlung des Rekurses der Rekurrentin gegen den Beschluss der Rekursgegnerin vom 25. Juni 2014 zuständig.

III.

    1. Gemäss § 9 Abs. 2 der Dolmetscherverordnung vom 26./27. November 2003 (LS 211.17, DolmV) setzt die Aufnahme ins Dolmetscherverzeichnis voraus, dass ein Bedarf für die angebotenen Dolmetscherund Übersetzungsleistungen besteht und dass die Bewerberin oder der Bewerber die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen im Sinne von § 10 besagter Verordnung erfüllt. In persönlicher Hinsicht wird u.a. vorausgesetzt, dass die sich bewerbende Person über einen guten Leumund, insbesondere in strafrechtlicher Hinsicht, verfügt (§ 10 Abs. 2 lit. b DolmV) und gestützt auf die bisherige Tätigkeit eine unabhängige Auftragserfüllung und ein korrektes Verhalten gewährleisten kann (§ 10 Abs. 2 lit. d DolmV). Angehörige von Gerichtsund Verwaltungsbehörden sind ohne Rücksicht auf ihre Pflicht zur Wahrung des Amtsgeheimnisses berechtigt, der Fachgruppe Dolmetscherwesen Sachverhalte zu melden, die erhebliche Zweifel am Vorliegen der fachlichen oder persönlichen Voraussetzungen einer im Dolmetscherverzeichnis eingetragenen oder als Dolmetscher bzw. Übersetzer eingesetzten Person erwecken (§ 11 DolmV).

    2. § 3 Abs. 5 DolmV gibt der Fachgruppe Dolmetscherwesen den Auftrag, insbesondere durch Auswahl, Schulung und Kontrolle für eine hohe Qualität der Dolmetscherund Übersetzungsleistungen zu sorgen. Erfüllt eine im

Verzeichnis eingetragene Person die fachlichen oder persönlichen Voraussetzungen nicht mehr, wird der Eintrag gelöscht (§ 13 Abs. 1 DolmV). Dabei ist die Fachgruppe verpflichtet, vorab die erforderlichen Abklärungen zu veranlassen und allenfalls Experten beizuziehen (§ 13 Abs. 2 DolmV).

    1. Die Rekursgegnerin begründet die Löschung der Rekurrentin aus dem Dolmetscherverzeichnis in ihrem Beschluss vom 25. Juni 2014 (act. 2) zusammengefasst damit, gemäss Strafbefehl der Staatsanwaltschaft ZürichLimmat vom 12. März 2014 sei die Rekurrentin wegen mehrfachen Betrugs verurteilt worden. Aufgrund der ergangenen Verurteilung sei die persönliche Voraussetzung des guten Leumundes nach § 10 Abs. 2 lit. b DolmV nicht mehr erfüllt. Besonders schwer wiege, dass sich die strafbare Handlung gegen die Stadt Zürich (Soziale Dienste) gerichtet habe, zumal die Rekurrentin gleichzeitig für Behörden und Gerichte des Kantons Zürich als Dolmetscherin tätig gewesen und vom Staat dafür entschädigt worden sei. Die Rekurrentin habe durch ihr Verhalten die ausgesprochen wichtige Vertrauenswür- digkeit verloren.

    2. In ihrer Rekursantwort vom 29. August 2014 (act. 7) ergänzte die Rekursgegnerin ihre Ausführungen dahingehend, der Bedarf an Dolmetschenden für die Sprachen und sei zurzeit gedeckt. Die Löschung aus dem Dolmetscherverzeichnis hindere die Rekurrentin nicht daran, bei privaten Auftraggebern oder in anderen Kantonen als Dolmetscherin zu arbeiten.

    1. Die Rekurrentin bestreitet den Verlust der Vertrauenswürdigkeit. Zusammengefasst bringt sie vor, nach langjährigen Auslandaufenthalten sei sie im Jahre 2011 in die Schweiz zurückgekehrt. Mangels fester Anstellung habe sie Sozialhilfe beziehen müssen. Da sich die Arbeitssuche als schwierig erwiesen habe, habe sie ihre Dolmetschertätigkeit wieder aufgenommen. Am

      13. März 2012 sei sie für die Sprachen und und am 28. Februar 2013 für die Sprache ins Dolmetscherverzeichnis aufgenommen worden. In der Folge habe sie bei verschiedensten Behörden zahlreiche Dolmetschereinsätze, zum Teil ausserordentlich grosse Pensen, geleistet. Diese habe sie zur vollen Zufriedenheit der Auftraggeber ausgeübt.

    2. Mit Blick auf das dem massgebenden Strafbefehl zugrunde liegende Verhalten habe die Rekurrentin nie die Absicht gehabt, jemanden zu täuschen bzw. zu betrügen. Dies ergebe sich aus den gesamten Umständen. Anfänglich habe das Sozialamt den Antrag der Rekurrentin auf Leistung von Sozialhilfe wegen ihres Vermögens abgewiesen. Es sei ihr erklärt worden, der erlaubte Vermögensfreibetrag liege bei Fr. 4'000.-. Die Rekurrentin habe daher erst zu einem späteren Zeitpunkt Sozialhilfeleistungen beziehen können. Die Aufnahme ins Dolmetscherverzeichnis habe sie dem Sozialamt gemeldet. Die ersten Einnahmen aus ihrer Dolmetschertätigkeit habe sie dem Sozialamt deshalb nicht angezeigt, weil sie davon ausgegangen sei, dass nur Einkünfte zu melden seien, welche zu einem Vermögen von über Fr. 4'000.- führten. Als ihre Vermögenswerte auf über Fr. 4'000.- angestiegen seien, habe sie sich beim Sozialamt abgemeldet. Das Fehlverhalten habe in einer ganz bestimmten, einmaligen und eher kurzen Zeit dauernden persönlichen Lebenssituation der Rekurrentin stattgefunden. Es handle sich sodann nicht um ein gravierendes Delikt, was sich aus dem Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr, einem Deliktsbetrag von Fr. 16'700.- sowie dem Strafmass ergebe. Zudem sei die Rekurrentin seit dem Strafverfahren vorsichtiger geworden. Seither habe sie sich nichts mehr zu Schulden kommen lassen. Unter diesen Umständen könne keine Rede davon sein, dass sie ihre Vertrauenswürdigkeit verloren habe, zumal hierfür nicht ein einziges bestimmtes Ereignis massgebend sein könne, sondern vielmehr die allgemeine Lebenseinstellung, Aufrichtigkeit und Glaubwürdigkeit einer Person entscheidend sei. In den 61 Jahren habe es kein weiteres gleichartiges Vorkommnis gegeben. Der Vorfall betreffe eine private Angelegenheit der Rekurrentin und stehe nicht in direktem Zusammenhang mit ihrer Dolmetschertätigkeit. Nicht massgeblich sei im Weiteren, dass es der Rekurrentin selbst bei ihrer Lö- schung aus dem Dolmetscherverzeichnis nicht untersagt sei, bei Privaten oder in anderen Kantonen weiterhin als Dolmetscherin tätig zu sein. Die Ausführungen der Rekursgegnerin zum Bedarf an Dolmetschenden seien sodann für die Frage der Löschung der Rekurrentin aus dem Verzeichnis nicht von Bedeutung (act. 1 und 10).

    1. Der Begriff des guten Leumundes und damit zusammenhängend derjenige der Vertrauenswürdigkeit einer Person wird in der Dolmetscherverordnung nicht näher definiert. Vertrauenswürdigkeit kann jedoch nach gängiger Praxis gleichgesetzt werden mit bestehender Integrität, Verlässlichkeit, Gewissenhaftigkeit, einwandfreier Sorgfalt bzw. hochentwickeltem Pflichtbewusstsein bei der Ausübung der Tätigkeit, korrektem Verhalten im Geschäftsverkehr, Beachtung des Grundsatzes von Treu und Glauben sowie mit Ansehen und Achtung. Es muss Gewähr dafür bestehen, dass sich Klienten, Behörden und Dritte auf die dolmetschenden Personen verlassen können und diese den Anforderungen in ihrem eigenen wie auch im geschäftlichen Bereich vernünftig und sachgerecht begegnen. Dolmetschende haben ihre Funktion somit pflichtgemäss auszuüben und alles zu unterlassen, was die Organisation, die Rechtsprechung und das Ansehen des Gerichts beeinträchtigen könnte. Dabei sind sie nicht nur gehalten, die Integrität des Gerichts und der weiteren massgeblichen Behörden im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben zu wahren, sondern sich auch ausser Dienst so zu verhalten, dass die Bürger Vertrauen in ihre Tätigkeit haben und ihnen und den Gerichten bzw. den Behörden die erforderliche Achtung entgegen bringen.

    2. Bei der Frage, ob eine Person mit Rücksicht auf ihren Leumund zum Beruf des Dolmetschers zuzulassen ist, ist zu prüfen, ob die Lebensführung dieser Person mit einem Makel behaftet ist, der sie für die Ausübung dieses Berufs ungeeignet erscheinen lässt. Dies ist namentlich der Fall, wenn sie wegen eines Tatbestandes vorbestraft ist, der ihren Charakter und ihre Vertrauenswürdigkeit in Frage stellt (vgl. BGE 104 Ia 187 E. 2b betr. die Zulassung zur Grundbuchverwalterprüfung). Vertrauenswürdigkeit setzt damit insbesondere voraus, dass keine rechtlich massgebenden Verfehlungen bzw. Verstösse gegen die Rechtsordnung erfolgt sind, welche das Vertrauen in die korrekte Berufsausübung tangieren. Überdies vermag auch anderweitiges Fehlverhalten die Zutrauenswürdigkeit zu erschüttern, sofern deswegen die Glaubwürdigkeit der Dolmetschenden und damit die Funktionsfähigkeit der Behör- den und Gerichte leidet (vgl. auch Hangartner, Treuepflicht und Vertrauenswürdigkeit der Beamten in ZBl 1984, S. 397). Es rechtfertigt sich sodann,

den Massstab bei der Prüfung der Vertrauenswürdigkeit hoch anzusetzen, zumal Dolmetscher einen massgeblichen Einblick in die behördliche Tätigkeit geniessen.

    1. Die Rekurrentin wurde mit Strafbefehl vom 12. März 2014 des mehrfachen Betrugs nach Art. 146 Abs. 1 StGB für schuldig befunden und mit einer bedingt ausgesprochenen Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je Fr. 30.- bestraft. Zudem wurde sie zur Leistung einer Busse von Fr. 500.- verurteilt (act. 8/2/1). Vorgeworfen wurde ihr im Wesentlichen, sie habe in den Jahren 2012 und 2013 unrechtmässig Sozialhilfeleistungen in der Höhe von Fr. 16'694.50 bezogen. Obwohl ihr aufgrund des ausgehändigten Merkblattes zum Antrag auf Sozialhilfe und der Entscheide der Einzelfallkommission bekannt gewesen sei, dass sie gegenüber den Sozialen Diensten der Stadt Zürich allfällige Einkommensund Vermögensveränderungen unverzüglich zu melden habe, habe sie ihre Einkommensund Vermögensverhältnisse falsch deklariert. Namentlich habe sie am 15. August 2011, am 14. Juni 2012 bzw. 17. August 2012 sowie am 20. Juni 2013 bzw. 25. Juli 2013 angegeben, keine Einkünfte zu generieren. Tatsächlich habe sie jedoch in den Jahren 2012 und 2013 als Dolmetscherin gearbeitet und dabei von März bis Dezember 2012 insgesamt Fr. 9'356.- sowie von Januar bis August 2013 insgesamt Fr. 7'338.50 verdient. Zudem habe sie über ein Konto bei der Credit Suisse verfügt, welches per 31. Dezember 2012 einen Saldo von Fr. 2'710.- und per 19. August 2013 einen solchen von Fr. 1'196.90 aufgewiesen habe. Gegen den Strafbefehl erhob die Rekurrentin Einsprache (act. 8/2/2), zog diese jedoch im Einspracheverfahren vor dem Bezirksgericht Zürich wieder zurück (act. 8/2/4).

    2. Die Rekurrentin wurde damit wegen mehrfachen Sozialhilfebetrugs rechtskräftig verurteilt. Entgegen ihrer Darstellung (act. 1 Rz 24) handelt es sich dabei um ein gravierendes Delikt. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass der Tatbestand des Betrugs nach Art. 146 StGB ein Verbrechen im Sinne von Art. 10 Abs. 2 StGB darstellt. Auch die konkreten Gegebenheiten der Straftat vermögen das Delikt nicht zu relativieren. Sowohl die Deliktsdauer von über einem Jahr als auch der Deliktsbetrag von Fr. 16'694.50 können nicht mehr als kurz bzw. gering bezeichnet werden. Erschwerend kommt hinzu, dass die Rekurrentin wegen mehrfacher Tatbegehung verurteilt wurde (act. 8/2/1). Aus der Gewährung des bedingten Strafvollzuges kann sodann nicht auf die Schwere der Straftat geschlossen werden. Namentlich kann daraus nicht gefolgert werden, es handle sich um eine nicht gravierende Straftat, zumal es der Rechtsprechung entspricht, den Strafvollzug bei Ersttätern grundsätzlich aufzuschieben.

    3. Im Strafbefehl wurde es sodann als erwiesen erachtet, dass die Rekurrentin die Sozialen Dienste durch die fehlerhaften Angaben zu ihrem Einkommen und Vermögen arglistig und (eventual-)vorsätzlich in die Irre geführt habe (act. 8/2/1). Ihr Standpunkt, sie habe zu keinem Zeitpunkt jemanden täu- schen wollen und sei fälschlicherweise davon ausgegangen, sie müsse die Sozialen Dienste erst bei Erreichen des maximal erlaubten Vermögensbetrages von Fr. 4'000.- informieren (act. 1 Rz 21, act. 8/7), erscheint unter diesen Umständen wenig überzeugend und steht mit der Verurteilung wegen ([eventual-]vorsätzlichen) Betrugs in direktem Widerspruch. Selbst wenn der Rekurrentin einzig eine pflichtwidrige Unvorsichtigkeit vorgeworfen werden könnte - wie sie dies sinngemäss geltend macht (act. 1 Rz 21) -, so hätte dies auf die Erheblichkeit ihres Fehlverhaltens keinen massgeblichen Einfluss. Die Rekurrentin bestreitet nicht, das Merkblatt der Sozialen Dienste zum Antrag auf Sozialhilfe ausgehändigt erhalten zu haben (act. 1). Darin wurde ausdrücklich auf die Deklarationspflicht von Einkommensund Vermögensveränderungen hingewiesen (act. 8/2/1 S. 3). Die Behörden sind in Bereichen, in denen die Angaben der gesuchstellenden Personen nur beschränkt überprüfbar sind, auf deren korrekte Mitwirkung angewiesen. Pflichtverletzungen in solchen Situationen gelten daher als besonders schwerwiegend und vermögen den guten Leumund zu trüben. Dies gilt insbesondere in Fällen wie dem Vorliegenden. Gerade von einer ausgebildeten Juristin, wie es die Rekurrentin ist, darf erwartet werden, dass sie im Rahmen eines Sozialhilfeverfahrens die ihr ausgehändigten Merkblätter sorgfäl- tig durchsieht, von den darin enthaltenen Mitwirkungspflichten Kenntnis

      nimmt und diesen auch nachkommt. Die Nichterfüllung dieser Pflichten stellt einen erheblichen Integritätsmangel dar.

    4. Der Umstand, dass sich die Rekurrentin in einer schwierigen Lebenssituation befunden habe, als sie die Straftat beging (act. 1 Rz 23), vermag daran nichts zu ändern. Dolmetschende müssen unabhängig von ihrer persönlichen Lebenssituation Gewähr für ihre einwandfreie Integrität und Sorgfalt bieten. Auch in Phasen, in denen sich die privaten Verhältnisse als schwierig erweisen, muss sich der Staat als Auftraggeber auf das Pflichtbewusstsein der Dolmetschenden und ihre Integrität verlassen können. Bereits ein einmaliges Fehlverhalten kann dabei bei hinreichender Schwere ausreichen, um der dolmetschenden Person die Vertrauenswürdigkeit abzusprechen.

    5. Beim vorliegenden mehrfachen Sozialhilfebetrug gegen die Stadt Zürich handelt es sich um einen erheblichen Verstoss gegen die Rechtsordnung. Die Rekurrentin täuschte die Behörden in einem nicht leicht überprüfbaren Bereich während über eines Jahres über ihre finanziellen Verhältnisse und setzte sich dabei über die sich aus § 18 des Sozialhilfegesetzes des Kantons Zürich (LS 851.1) ergebende Pflicht, wahrheitsgemäss Auskunft zu geben, hinweg. Mit diesem Vorgehen trübte die Rekurrentin ihren Leumund in erheblicher Weise und wurde dem besonderen Loyalitätsverhältnis, das Dolmetscher zum Staat aufweisen müssen, nicht gerecht. Dadurch tangierte sie auch das Vertrauen in die korrekte Berufsausübung, weshalb ihr die für die Tätigkeit als Dolmetscherin notwendige Vertrauenswürdigkeit abzusprechen ist.

    1. Zu prüfen bleibt im Folgenden, ob die von der Rekursgegnerin vorgesehene Massnahme der Löschung der Rekurrentin aus dem Dolmetscherverzeichnis dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entspricht. § 13 DolmV sieht zwar bei Nichterfüllung der Voraussetzungen als Massnahme lediglich die Lö- schung aus dem Dolmetscherverzeichnis und keine milderen Massnahmen vor. Das Verhältnismässigkeitsprinzip ist jedoch verfassungsrechtlicher Natur (Art. 5 der Bundesverfassung) und ist daher auch im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen.

    2. Die Rekursgegnerin erwog hierzu im Beschluss vom 25. Juni 2014 (act. 2

      S. 3 f.), mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit erweise sich die Löschung der Rekurrentin aus dem Verzeichnis nicht nur als geeignet, sondern auch als erforderlich, um das öffentliche Interesse in das Vertrauen der Dolmetschenden zu gewährleisten. Eine Verwarnung erscheine hingegen wenig tauglich und zielführend, da sie aufgrund der Tätigkeit bei verschiedensten Behörden und Amtsstellen nur sehr beschränkt überwacht werden könne.

    3. Die Rekurrentin argumentiert diesbezüglich, sie habe ihre Aufträge stets zur vollsten Zufriedenheit der Auftraggeber erfüllt. Zudem bestehe kein öffentliches Interesse daran, eine derart qualifizierte, gefragte und geschätzte Dolmetscherin wie die Rekurrentin für Sprachen, bei denen ein Dolmetschermangel bestehe, aus dem Verzeichnis zu löschen. Unter Berücksichtigung dessen, dass die Rekurrentin lediglich wegen eines nicht besonders schwerwiegenden Delikts zu einer bedingten Strafe verurteilt worden sei, welches infolge des Nichtvertrautseins mit dem Sozialrecht und der damaligen schwierigen persönlichen Situation erklärbar sei, sei die Löschung aus dem Dolmetscherverzeichnis unverhältnismässig. Zu berücksichtigen sei zudem, dass die Rekurrentin mit den Dolmetschereinsätzen für ihren Lebensunterhalt aufkomme. Als Eventualantrag beantrage sie sodann die Anordnung einer Verwarnung mit einer Bewährungsfrist, welche eine ausreichende Sanktion darstelle. Diese sei mittels Verpflichtung zur regelmässigen Vorlage von Strafregisterauszügen bzw. Leumundszeugnissen umsetzbar (act. 1 Rz 26 f.).

    4. Das Verhältnismässigkeitsprinzip verlangt nach Lehre und Praxis, dass eine staatliche Massnahme in Rechtsetzung oder Rechtsanwendung geeignet und erforderlich sein muss und dass die angestrebte Wirkung nicht in einem Missverhältnis zu anderen zu beachtenden Interessen stehen darf (Hangartner in: Die schweizerische Bundesverfassung - Kommentar, Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender [Hrsg.], 2. Auflage, Zürich/St. Gallen 2008, Art. 5 N 36).

    5. Zutreffend ist zwar, dass sich die Rekurrentin seit Beginn ihrer Tätigkeit als Dolmetscherin im Kanton Zürich nachweislich nur eine einzige Verfehlung - die vorliegend Massgebliche - zu Schulden kommen liess. Diese war indes - wie dargelegt - von erheblicher Schwere. Mit dem sich über ein Jahr hinaus erstreckenden mehrfachen, zumindest eventualvorsätzlich begangenen Sozialhilfebetrug hat die Rekurrentin das Vertrauen in ihre Person und ihre Tä- tigkeit als Dolmetscherin in einer Art und Weise beeinträchtigt, welche es nicht zulässt, sie weiterhin als Dolmetscherin im Dolmetscherverzeichnis zu belassen. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass die Dolmetschereinsätze für die Rekurrentin ihre finanzielle Lebensgrundlage darstellen (act. 1 Rz 29). Dieses massgebliche Interesse der Rekurrentin vermag dasjenige der Öffentlichkeit in die Vertrauenswürdigkeit der Dolmetschenden und in das Funktionieren der Justiz nicht aufzuwiegen, zumal es sich beim massgeblichen Vorwurf um ein schwerwiegendes Delikt, mithin um ein Verbrechen im Sinne von Art. 10 Abs. 2 StGB, handelt. Zutreffend ist zwar der Standpunkt der Rekurrentin, die Öffentlichkeit habe ein Interesse an besonders qualifizierten Dolmetschenden (act. 1 Rz 28). Es besteht aber auch ein öffentliches Interesse an Dolmetschenden mit einem guten Leumund, welches dasjenige der guten Qualifikation überwiegt. Trotz der Löschung aus dem Dolmetscherverzeichnis des Kantons Zürich steht es der Rekurrentin sodann frei, in der Privatwirtschaft oder in anderen Kantonen Dolmetscheraufträge anzunehmen (vgl. act. 7), weshalb sie durch ihre Löschung nicht zwingend zur Sozialhilfebezügerin wird (vgl. act. 1 Rz 29). So erhielt sie denn in der Vergangenheit auch bereits Aufträge der , des sowie von Behörden im Kanton (act. 1 Rz 10 f.). Es kann davon ausgegangen werden, dass die Rekurrentin auch weiterhin Aufträge ausserhalb des Kantons Zürich zu generieren vermag, selbst wenn ihre Befürchtung, in Zukunft in einigen Kantonen aus dem Dolmetscherverzeichnis gelöscht zu werden (vgl. act. 10 Rz 8), zutreffen sollte.

    6. Die seitens der Rekurrentin vorgeschlagene Massnahme des Aussprechens einer Verwarnung mit der Verpflichtung zur Einreichung von Strafregisterauszügen bzw. Leumundszeugnissen (act. 1 Rz 30) würde zwar eine milde-

re Massnahme darstellen. Diese erweist sich jedoch als wenig geeignet, da mit ihr nicht gewährleistet werden könnte, dass die Rekursgegnerin über weitere Fehlverhalten der Rekurrentin hinreichend informiert würde. Mit Strafregisterauszügen könnte einzig ein aus strafrechtlicher Sicht einwandfreies Verhalten nachgewiesen werden. Hinsichtlich der Leumundszeugnisse wäre die Rekursgegnerin darauf angewiesen, von der Rekurrentin über die Einzelheiten ihrer Einsätze, namentlich über die Örtlichkeiten und die entsprechenden Behörden, orientiert zu werden. Erst gestützt auf diese Angaben könnte sie Leumundszeugnisse einholen. Eine umfassende und damit zielführende Überprüfung des Verhaltens der Rekurrentin wäre daher von der bedingungslosen Mitwirkung der Rekurrentin abhängig. Die Rekursgegnerin hätte es nicht in der Hand, sich gestützt auf eigene Abklärungen ein umfassendes Bild über die Vertrauenswürdigkeit der Rekurrentin zu verschaffen. Hinzu kommt aber ohnehin, dass es - wie vorstehend erwogen - das von der Rekurrentin begangene Verbrechen nicht zulässt, sie weiterhin (auch mit Auflagen) im Dolmetscherverzeichnis zu belassen. Eine Verwarnung mit Auflagen erweist sich daher als nicht geeignet. Demzufolge stellt die Löschung der Rekurrentin aus dem Dolmetscherverzeichnis des Kantons Zürich die einzige geeignete, erforderliche und verhältnismässige Massnahme dar. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Rekursgegnerin bei der Auslegung des Begriffs der Vertrauenswürdigkeit ein gewisses Ermessen zusteht. In solchen Fällen ist die Rechtsmittelinstanz zwar befugt, eine sog. Ermessenskontrolle vorzunehmen und die vorinstanzliche Ermessenausübung auf ihre Fehlerhaftigkeit hin zu überprüfen, sie greift jedoch nach gängiger Praxis nur mit Zurückhaltung ein. Aus all diesen Gründen erweist sich der Beschluss der Rekursgegnerin vom 25. Juni 2014 als zutreffend, weshalb der Rekurs sowohl im Hauptsachenals auch im Eventualbegehren abzuweisen ist.

IV.

  1. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens der Rekurrentin aufzuerlegen (§ 13 Abs. 1 VRG). Prozessentschädigungen sind keine zuzusprechen.

  2. Hinzuweisen ist sodann auf das Rechtsmittel der Beschwerde ans Bundesgericht.

Es wird beschlossen:

  1. Der Rekurs wird abgewiesen und der Beschluss der Rekursgegnerin vom

    25. Juni 2014 bestätigt.

  2. Die Staatsgebühr wird auf Fr. 1'000.- festgesetzt.

  3. Die Kosten des Rekursverfahrens werden der Rekurrentin auferlegt.

  4. Prozessentschädigungen werden keine zugesprochen.

  5. Dieser Beschluss wird den Parteien des Rekursverfahrens schriftlich gegen Empfangsschein mitgeteilt.

  6. Eine allfällige Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (ordentliche Beschwerde) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Zürich, 6. November 2014

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Verwaltungskommission Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu

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