E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VO150088)

Zusammenfassung des Urteils VO150088: Obergericht des Kantons Zürich

Die Gesuchstellerin A. hat beim Obergericht des Kantons Zürich ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege eingereicht, da sie eine Klage gegen D. betreffend Unterhalt eingereicht hat. Das Obergerichtspräsident entscheidet im summarischen Verfahren über solche Gesuche. Die Gesuchstellerin muss nachweisen, dass sie mittellos ist und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos ist. In diesem Fall wird der Gesuchstellerin die unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren gewährt. Es wird keine unentgeltliche Rechtsbeiständin bestellt, da die Gesuchstellerin bereits durch eine Beiständin vertreten ist. Die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege trägt die Stadt Zürich.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VO150088

Kanton:ZH
Fallnummer:VO150088
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VO150088 vom 28.05.2015 (ZH)
Datum:28.05.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Schlagwörter: Rechtspflege; Gesuch; Schlichtungsverfahren; Obergericht; Unterhalt; Stadt; Beurteilung; Mittellosigkeit; Einkommen; Verhältnisse; Obergerichts; Gericht; Verfahren; Kanton; Friedensrichteramt; Kreise; Gesuchs; Schlichtungsverfahrens; Anspruch; Kindsmutter; Kantons; Obergerichtspräsident; Beiständin; Klage; Bestellung; Rechtsbeiständin; Person; Bedürftigkeit; Unterhaltspflicht
Rechtsnorm: Art. 104 ZPO ;Art. 113 ZPO ;Art. 117 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 122 ZPO ;Art. 145 ZPO ;Art. 207 ZPO ;Art. 276 ZGB ;Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:110 IA 87; 120 Ia 179; 127 I 202; 69 I 160;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VO150088

Obergericht des Kantons Zürich

Präsident

Geschäfts-Nr.: VO150088-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu

Urteil vom 28. Mai 2015

in Sachen

A. ,

Gesuchstellerin

vertreten durch Inhaberin der elterlichen Sorge B. , vertreten durch Beiständin C. ,

substituiert durch Rechtsanwältin lic. iur. X. ,

betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Erwägungen:

  1. Ausgangslage

    1. Mit Eingabe vom 26. Mai 2015 liess A. (nachfolgend: Gesuchstellerin) durch ihre Beiständin bzw. deren Substitutin beim Obergerichtspräsidenten ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nach Art. 117 ZPO stellen. Das Gesuch betrifft eine beim Friedensrichteramt der Stadt Zürich, Kreise 4 & 5, gleichentags anhängig gemachte Klage gegen D. betreffend Unterhalt (act. 1 und act. 3/3). Ein Gesuch um Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsbeiständin liess die Gesuchstellerin nicht stellen (act. 1).

    2. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.

  2. Beurteilung des Gesuchs

    1. Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtsprä- sident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident diese bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.

    2. Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 ZPO).

      Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Über-

      schuss resultiert, welcher es der gesuchstellenden Person nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermögen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist. Als Lebensaufwandkosten sind grundsätzlich zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, SutterSomm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/Genf 2013, Art. 117 N 9). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., Art. 117 N 4).

    3. Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit bei Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen. Die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten sind - anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt und können deshalb bereits bei einem relativ geringen Überschuss des Einkommens und Vermö- gens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden.

    4. Die gesuchstellende Person hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung ihres Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen - es trifft sie bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt sie dieser Mitwirkungspflicht nicht nur ungenügend nach und kann als Folge davon ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).

    5. Dem Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege gehen allfällige gesetzliche Unterhaltspflichten wie bspw. die Unterhaltspflicht der Eltern für ihre Kinder gemäss Art. 276 ff. ZGB vor (vgl. BGE 127 I 202), weshalb vorliegend insbesondere zu prüfen ist, ob die Gesuchstellerin nicht auf der Grundlage solcher Verpflichtungen die nötigen finanziellen Mittel erhältlich machen kann.

      Konkret sind deshalb die finanziellen Verhältnisse der Mutter der Gesuchstellerin in die Beurteilung ihrer Mittellosigkeit einzubeziehen.

    6. Bei der Gesuchstellerin handelt es sich um ein rund eineinhalb Jahre altes Kleinkind. Gemäss den glaubhaften Ausführungen im Gesuch verfügt sie weder über ein Einkommen noch über Vermögen (act. 1 Rz 5). Zu den finanziellen Verhältnissen der Kindsmutter wird im Gesuch festgehalten, sie gehe keiner Erwerbstätigkeit nach und werde für ihren Lebensunterhalt von der Asylorganisation Zürich vollumfänglich unterstützt. Zudem sei sie vermögenslos (act. 1 Rz 6). Als Beleg liess die Gesuchstellerin ein Bestätigungsschreiben der Asylorganisation Zürich einreichen (act. 3/5). Nach der Praxis des Obergerichts reicht es für die Darlegung der Mittellosigkeit grundsätzlich nicht aus, sich lediglich auf einen solchen Beleg zu stützen. Vielmehr müssen die finanziellen Verhältnisse (Einkommen, Vermögenswerte, einzelne Ausgabenpositionen) auch im Falle von Sozialhilfeleistungen einzeln und umfassend dargelegt und belegt werden. Dennoch gilt die vorliegende Unterstützung als starkes Indiz für die Mittellosigkeit der Kindsmutter, zumal die Unterstützung durch die Asylorganisation Zürich auf den SKOS-Richtlinien basiert (act. 3/5). Es ist daher im Folgenden darauf abzustellen. Bei diesen finanziellen Verhältnissen kann die Kindsmutter nicht verpflichtet werden, die Kosten des Schlichtungsverfahrens selbst zu begleichen. Das Erfordernis der Mittellosigkeit der Gesuchstellerin ist damit gegeben.

    7. Für die Beurteilung der fehlenden Aussichtslosigkeit als zweite Voraussetzung der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist eine gewisse Prozessprognose notwendig, wobei auf den Zeitpunkt der Gesuchseinreichung abzustellen ist. Als aussichtslos sind dabei nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können (vgl. z.B. BGE 69 I 160). Zur Vornahme der Prüfung ist auf die vorhandenen Akten abzustellen (vgl. auch BSK ZPO-Rüegg, Art. 117 N 20).

    8. Die rechtshängig gemachte Unterhaltsklage gegen D. kann aus heutiger Perspektive nicht als aussichtslos bezeichnet werden, da er die Gesuchstellerin am tt. September 2014 in SG als sein Kind anerkannt hat (act. 3/4). Folglich kann dem Antrag der Gesuchstellerin entsprochen werden und ist ihr für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt der Stadt Zürich, Kreise 4 & 5, betreffend oberwähnte Unterhaltsklage die unentgeltliche Rechtspflege zu erteilen.

    9. Einen Antrag um Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsbeiständin lässt die Gesuchstellerin nicht stellen. Einem solchen Antrag wäre auch nicht stattzugeben, da gemäss ständiger kantonaler und bundesgerichtlicher Rechtsprechung die Bestellung einer solchen nicht notwendig erscheint, wenn die bedürftige Partei über einen Beistand verfügt, welcher in der Lage ist, die Interessen des Vertretenen zu wahren (ZR 83 [1984] S. 271; BGE 110 IA 87). Dies ist vorliegend der Fall. Die Kindesund Erwachsenenschutzbehörde

      der Stadt Zürich hat C.

      mit Beschluss vom 10. Februar 2015 ausdrücklich zur Beiständin der Gesuchstellerin u.a. mit dem Auftrag ernannt, für eine angemessene Regelung der Unterhaltspflicht zu sorgen, wozu ihr eine Vollmacht mit Substitutionsbefugnis erteilt wurde (act. 3/1). Am

      24. Februar 2015 substituierte C.

      die Vertretung der Interessen der

      Gesuchstellerin an Rechtsanwältin lic. iur. X.

      und MLaw X1.

      (act. 3/2). Damit ist die rechtskundige Vertretung der Gesuchstellerin gewährt.

  3. Kosten der unentgeltliche n Rechtspflege

    Gemäss den einschlägigen Bestimmungen der ZPO werden die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege vom Kanton getragen bzw. wird der unentgeltliche Rechtsbeistand vom Kanton entschädigt (Art. 113 Abs. 1 und Art. 122 ZPO). Der ständigen Praxis des Obergerichts des Kantons Zürich zur Schweizerischen Zivilprozessordnung folgend sowie entsprechend der bisherigen zürcherischen Praxis sind die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege für das Verfahren vor der Schlichtungsbehörde von der zuständigen Gemeinde zu tragen, vorliegend somit von der Stadt Zürich. Zu beachten ist

    indes, dass die Kosten des Schlichtungsverfahrens gemäss Art. 207 Abs. 2 ZPO bei der Einreichung der Klage zur Hauptsache geschlagen werden und das erkennende Gericht somit in der Folge über diese zusammen mit den übrigen Prozesskosten gemäss Art. 104 ff. ZPO zu entscheiden hat. Die Kostenauflage an die Gemeinde erfolgt deshalb unter diesem Vorbehalt.

  4. Kosten und Rechtsmittel

    1. Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.

    2. Die Gegenpartei in der Hauptsache verfügt im vorliegenden Verfahren nicht über Parteistellung. Ihr steht aber gegen den Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO offen, sofern ihr ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht.

Es wird erkannt:

  1. Der Gesuchstellerin wird für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt der Stadt Zürich, Kreise 4 & 5, betreffend Unterhaltsklage gegen D. die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. Eine unentgeltliche Rechtsbeiständin wird nicht bestellt.

  2. Die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege des Schlichtungsverfahrens trägt unter Vorbehalt von Art. 207 Abs. 2 ZPO die Stadt Zürich.

  3. Das obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Vertreterin der Gesuchstellerin, dreifach, für sich, die Gesuchstellerin und die Kindsmutter, an das Friedensrichteramt der Stadt Zürich, Kreise 4 & 5, sowie an die Gegenpartei in der Hauptsache,

    D. , [Adresse], je gegen Empfangsschein.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).

Zürich, 28. Mai 2015

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu

versandt am:

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.