Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VO150084 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | Verwaltungskommission |
Datum: | 24.06.2015 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege |
Zusammenfassung: | Der Gesuchsteller A. hat beim Obergericht des Kantons Zürich ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege eingereicht, um ein Schlichtungsverfahren gegen die B. AG zu führen. Nach Aufforderung zur Einreichung weiterer Unterlagen und Benennung eines Zustellungsdomizils hat der Gesuchsteller nicht alle Anforderungen erfüllt. Das Gericht prüft die finanzielle Situation des Gesuchstellers und kommt zum Schluss, dass er nicht bedürftig ist und daher kein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege besteht. Der Entscheid wird dem Gesuchsteller zugestellt und kann innerhalb von 10 Tagen angefochten werden. |
Schlagwörter: | Gesuch; Recht; Gesuchs; Gesuchsteller; Rechtspflege; Obergericht; Schlichtungsverfahren; Obergerichts; Frist; Gericht; Kanton; Einkommen; Entscheid; Kantons; Obergerichtspräsident; Verfahren; Beilage; Beilagen; Beurteilung; Person; Anspruch; Bedürftigkeit; Notbedarf; Verhältnisse; Eingabe; Gesuche; Schweiz; Bestellung; Vermögens; Umstände |
Rechtsnorm: | Art. 113 ZPO ; Art. 117 ZPO ; Art. 119 ZPO ; Art. 121 ZPO ; Art. 129 ZPO ; Art. 140 ZPO ; Art. 145 ZPO ; Art. 99 ZPO ; |
Referenz BGE: | 120 Ia 179; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
Präsident
Geschäfts-Nr.: VO150084-O/U
Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu
Urteil vom 24. Juni 2015
in Sachen
Gesuchsteller
betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Erwägungen:
Ausgangslage
A.
(nachfolgend: Gesuchsteller) wandte sich mit Eingabe vom 13. Mai
2015 (eingegangen am 18. Mai 2015) an den Präsidenten des Obergerichts des Kantons Zürich betreffend Übernehmen für das Office of Advocacy (act. 1 S. 1). Gestützt auf die italienische Version dieser Eingabe mit dem Betreff domanda per l'ammissione al Patrocinio d'Ufficio (act. 1 S. 3) sowie auf das E-Mail des Friedensrichters der Stadt Zürich, Kreise 1 + 2, vom 8. Mai 2015, worin dem Gesuchsteller mitgeteilt wurde, dass für Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege (patrocinio d'ufficio) der Obergerichtspräsident zuständig sei (act. 2/16 S. 7), ist davon auszugehen, dass der Gesuchsteller ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für ein noch nicht anhängig gemachtes Schlichtungsverfahren (act. 3) gegen die B. AG (act. 2/1) stellen möchte.
Mit Verfügung vom 1. Juni 2015 (act. 4) wurde dem Gesuchsteller eine Frist von zehn Tagen angesetzt, um dem Gericht weitere Unterlagen einzureichen und in der Schweiz ein Zustellungsdomizil zu bezeichnen. Ersterer Aufforderung kam der Gesuchsteller innert Frist nach (act. 7-8/1-4), Letzterer nicht (act. 7).
Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.
Gemäss Art. 129 ZPO i.V.m. Art. 48 der Kantonsverfassung des Kantons Zürich (LS 101) gilt im Kanton Zürich deutsch als Amtssprache. Damit sind Eingaben zuhanden des Gerichts in der deutschen Sprache zu verfassen. Gleiches gilt für allfällige Beilagen (DIKE-Kommentar ZPO-Kaufman, Art. 129 N 18). Auch diese sind ins Deutsche zu übersetzen. Der Gesuchsteller hat seine Beilagen in italienischer Sprache eingereicht, obwohl aus
der beiliegenden Korrespondenz mit dem Bezirksgericht Zürich und dem Friedensrichteramt der Stadt Zürich, Kreise 1 + 2, hervorgeht, dass er auf die deutsche Amtssprache hingewiesen wurde (act. 2/16 S. 5 und S. 7). Von der Ansetzung einer Frist zur Übersetzung der Beilagen kann unter diesen Umständen abgesehen werden. Die Fristansetzung erübrigt sich auch deshalb, weil das Gesuch - wie nachfolgend zu zeigen sein wird - ohne Übersetzung - gestützt auf die gesuchstellerischen Angaben - beurteilt werden kann (vgl. zum Ganzen auch: BSK ZPO-Gschwend/Bornatico, Art. 129 N 6 und 9).
Beurteilung des Gesuchs
Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtsprä- sident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident diese bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.
Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 ZPO). Ein Anspruch auf die gerichtliche Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes setzt sodann zusätzlich voraus, dass dies zur Wahrung der Rechte notwendig ist (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO).
Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es der gesuchstellenden Person nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermögen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art,
soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist. Als Lebensaufwandkosten sind grundsätzlich zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, SutterSomm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/Genf 2013, Art. 117 N 9). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., Art. 117 N 4).
Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit bei Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen: Einerseits sind die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten - anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt und können deshalb bereits bei einem relativ geringen Überschuss des Einkommens und Vermögens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden. Andererseits braucht es ganz besondere Umstände, damit die Bestellung eines Rechtsbeistandes im Schlichtungsverfahren gemäss Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO als notwendig erscheint.
Die gesuchstellende Person hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung ihres Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen - es trifft sie bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt sie dieser Mitwirkungspflicht nicht nur ungenügend nach und kann als Folge davon ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).
Der Gesuchsteller führt zu seinen aktuellen finanziellen Verhältnissen aus, zwar generiere er ein Jahreseinkommen von rund Euro 10'000.-, dieses beziehe er aber aktuell nicht. Den Einkünften stünden notwendige Lebenshaltungskosten von Euro 500.- pro Monat entgegen. Seine Vermögenswerte auf Bankkonten beliefen sich auf rund Euro 13'000.- (act. 7).
Gemäss den eingereichten Beilagen ist der Gesuchsteller nur teilweise arbeitsfähig (act. 8/1). In den Akten befindet sich zwar eine vom Gesuchsteller selbst ausgestellte Bescheinigung, wonach er im Jahre 2014 ein Einkommen von weniger Euro 10'000.- generiert habe (act. 8/3, vgl. auch act. 5
S. 2). Gemäss seinen Angaben im Formular Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Schlichtungsverfahren beziffert er seine Einkünfte indes auf rund Euro 10'000.- pro Jahr (= Fr. 10'443.10 gemäss www.oanda.com am 23. Juni 2015, act. 7 S. 4), was in etwa der eingereichten Steuererklä- rung entspricht (act. 8/3 S. 5-6). Im Weiteren hat der Gesuchsteller Rechnungen für erbrachte eigene Dienstleistungen ins Recht gereicht (act. 8/2). Gestützt auf diese Angaben ist von monatlichen Einkünften von Euro 833.33 (= Fr. 870.25 gemäss www ..com am 23. Juni 2015, Euro 10'000/12) auszugehen. Seine Kontoguthaben belegt der Gesuchsteller zwar ebenfalls nur im Umfang von Euro 3'716.72 (act. 8/4), auch hier ist jedoch auf seine Angaben von Euro 13'000.- abzustellen (= Fr. 13'576.- gemäss www.oanda.com am 23. Juni 2015, act. 7 S. 5). Die notwendigen Lebenshaltungskosten beziffert der Gesuchsteller sodann mit Euro 350.- bis Euro 500.- pro Monat (= Fr. 365.50 bis Fr. 522.15 gemäss www.oanda.com am 23. Juni 2015), ohne diese jedoch verständlich darzulegen und zu belegen (act. 7
S. 4). Die Kosten für Giochi (Spiele, wohl bezogen auf seine Spielsucht, act. 2/17 S. 4) finden keinen Eingang in den Notbedarf. Die übrigen Auslagen wurden - soweit ersichtlich - nicht belegt. Selbst wenn man jedoch darauf abstellte und einen Grundbetrag von Fr. 795.30 hinzurechnete (72,3% von Fr. 1'100.- gemäss der Dokumentation der UBS - Preise und Löhne: Ein Kaufkraftvergleich rund um die Welt, 2012 S. 14, Mailand), so könnte der Gesuchsteller bei diesen finanziellen Verhältnissen (mtl. Einkommen Fr. 870.25, anrechenbares Vermögen Fr. 13'576.-, mtl. Notbedarf Fr. 951.95
- Fr. 1'108.60) angehalten werden, die relativ geringen Kosten des Schlichtungsverfahrens und die damit zusammenhängenden anwaltschaftlichen Aufwendungen aus seinem Vermögen zu begleichen. Damit besteht keine Bedürftigkeit des Gesuchstellers und ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung abzuweisen. Auf eine Prüfung der
weiteren Voraussetzungen der fehlenden Aussichtslosigkeit des Begehrens in der Hauptsache und der Notwendigkeit einer unentgeltlichen Rechtsverbeiständung kann unter diesen Umständen verzichtet werden. Dem Gesuchsteller ist es jedoch unbenommen, bei einem allfälligen Verfahren vor Bezirksgericht erneut um die unentgeltliche Rechtspflege zu ersuchen.
Kosten, Rechtsmittel und Mitteilung des Entscheides
Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.
Wird die unentgeltliche Rechtspflege ganz teilweise abgelehnt entzogen, so kann die gesuchstellende Person den Entscheid mit Beschwerde gemäss Art. 121 ZPO beim Obergericht anfechten. Dass vorliegend der Obergerichtspräsident über das Gesuch befindet, vermag daran nichts zu ändern. Der Obergerichtspräsident fällt in diesem Verfahren einen erstinstanzlichen Entscheid i.S.v. Art. 319 lit. b ZPO und fungiert nicht als obere kantonale Instanz, gegen deren Entscheide lediglich ein Rechtsmittel ans Bundesgericht gegeben wäre.
Obwohl der Gesuchsteller es unterlassen hat, dem Gericht gemäss Art. 140 ZPO ein Zustellungsdomizil in der Schweiz bekannt zu geben (act. 7), ist der vorliegende Endentscheid nicht zu veröffentlichen, sondern dem Gesuchsteller per Rückschein zuzustellen.
Es wird erkannt:
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsverbeiständung wird abgewiesen.
Das obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.
Schriftliche Mitteilung an den Gesuchsteller, gegen Rückschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).
Zürich, 24. Juni 2015
OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. A. Leu
versandt am:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.