E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VO150071)

Zusammenfassung des Urteils VO150071: Obergericht des Kantons Zürich

Der Gesuchsteller A. hat beim Friedensrichteramt Zürich ein Schlichtungsgesuch gegen B. bezüglich Unterhalts eingereicht und daraufhin beim Obergericht des Kantons Zürich um unentgeltliche Prozessführung ersucht. Nach Prüfung der finanziellen Verhältnisse und Erfolgsaussichten des Gesuchstellers wurde die unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren gewährt. Die Kosten dafür trägt die Stadt Zürich. Der Obergerichtspräsident R. Naef sowie die Gerichtsschreiberin A. Leu waren an der Entscheidung beteiligt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VO150071

Kanton:ZH
Fallnummer:VO150071
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VO150071 vom 12.05.2015 (ZH)
Datum:12.05.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Schlagwörter: Gesuch; Gesuchs; Gesuchsteller; Rechtspflege; Unterhalt; Schlichtungsverfahren; Einkommen; Obergericht; Gericht; Kanton; Reichung; Beurteilung; Verfahren; Gesuchstellers; Kantons; Friedensrichteramt; Kreise; Frist; Hauptsache; Obergerichts; Stadt; Obergerichtspräsident; Gewährung; Klage; Schlichtungsverfahrens; Person; Anspruch; Mittellosigkeit; Bedürftigkeit
Rechtsnorm: Art. 104 ZPO ;Art. 113 ZPO ;Art. 117 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 122 ZPO ;Art. 145 ZPO ;Art. 207 ZPO ;Art. 286 ZGB ;Art. 287 ZGB ;Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:120 Ia 179; 69 I 160;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VO150071

Obergericht des Kantons Zürich

Präsident

Geschäfts-Nr.: VO150071-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu

Urteil vom 12. Mai 2015

in Sachen

A. ,

Gesuchsteller

vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X.

betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Erwägungen:

  1. Ausgangslage

    1. Am 2. April 2015 liess A.

      (nachfolgend: Gesuchsteller) durch seine

      Rechtsvertreterin beim Friedensrichteramt Zürich, Kreise 6 & 10, ein

      Schlichtungsgesuch gegen B.

      betreffend Unterhalt einreichen

      (act. 4/1). Mit Eingabe vom 20. April 2015 liess er sodann beim Obergericht des Kantons Zürich ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung stellen (act. 1).

    2. Mit Verfügung vom 27. April 2015 (act. 6) wurde dem Gesuchsteller Frist zur Nachreichung weiterer Unterlagen angesetzt. Dieser Aufforderung kam der Gesuchsteller am 6. Mai 2015 nach (act. 7-9/2-4).

    3. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.

  2. Beurteilung des Gesuchs

    1. Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor der Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtspräsident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident diese bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.

    2. Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 ZPO).

      Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es der gesuchstellenden Person nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermögen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist. Sind ausreichend liquide Mittel wie bspw. Bankkonten Wertpapiere vorhanden, sind diese zur Bezahlung des Prozesses zu verwenden, es sei denn, sie werden mangels ausreichenden Einkommens für den laufenden Lebensunterhalt benötigt (BSK ZPO-Rüegg, Art. 117 N 15). Als Lebensaufwandkosten sind grundsätzlich zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/Genf 2013, Art. 117 N 9). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., Art. 117 N 4).

    3. Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit bei Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen. Die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten sind - anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt und können deshalb bereits bei einem relativ geringen Überschuss des Einkommens und Vermö- gens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden.

    4. Die gesuchstellende Person hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung ihres Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen - es trifft sie bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt sie dieser Mitwirkungspflicht nicht nur ungenügend nach und kann als Folge davon ihre

      Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).

    5. Der Gesuchsteller lässt geltend machen, seit Oktober 2013 arbeite er in ei-

      ner Temporäranstellung für die C.

      AG. Dabei erziele er ein monatliches Nettoeinkommen von rund Fr. 3'200.- (act. 1 Rz 3 f.). Als Belege liess er die Lohnabrechnungen Februar bis April 2015 (act. 4/5) sowie den Lohnausweis 2014 (act. 4/3) und die Leistungsabrechnung der Arbeitslosenversicherung 2014 (act. 4/4) einreichen.

      Seine Vermögensverhältnisse belegt er mittels Auszugs seines Kontos bei der Postfinance, woraus sich per 31. März 2015 ein Saldo von Fr. 437.85 ergibt (act. 4/6).

      Die notwendigen Lebenshaltungskosten beziffert und belegt der Gesuchsteller wie folgt: Mietkosten Fr. 1'341.- pro Monat (act. 4/7), Krankenkassenprä- mien KVG Fr. 198.30 pro Monat (inkl. IPV, vgl. act. 4/9) sowie Abzahlung Schulden Fr. 500.- pro Monat (act. 4/10). Die Kosten für Telefon, Internet und Billag sind bereits im Grundbetrag enthalten und können nicht zusätzlich berücksichtigt werden (DIKE-Kommentar ZPO, Huber, Art. 117 N 49). Ebenso wenig finden die Mietkosten für den Parkplatz von Fr. 50.- Eingang in die Bedarfsrechnung (BSK SchKG I-Vonder Mühll, Art. 93 N 26). Die Aufwendungen für die Arbeitswegkosten, die auswärtige Verpflegung sowie die Steuern wurden nicht belegt und sind daher ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Grundsätzlich wäre dem Gesuchsteller eine Frist zur Nachreichung der massgeblichen Belege anzusetzen. Da er aber selbst ohne Berücksichtigung dieser Positionen einen über dem Einkommen liegenden Bedarf aufweist (mtl. Einkommen Fr. 3'200.-, mtl. Notbedarf Fr. 3'239.30 inkl. Grundbetrag von Fr. 1'200.-) und die Mittellosigkeit des Gesuchstellers ohnehin ausgewiesen ist, kann darauf verzichtet werden.

    6. Für die Beurteilung der fehlenden Aussichtslosigkeit als zweite Voraussetzung der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist eine gewisse Prozessprognose notwendig, wobei auf den Zeitpunkt der Gesuchseinreichung

      abzustellen ist. Als aussichtslos sind dabei nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können (vgl. z.B. BGE 69 I 160). Zur Vornahme der Prüfung ist auf die vorhandenen Akten abzustellen (vgl. auch BSK ZPO-Rüegg, Art. 117 N 20).

    7. Der Gesuchsteller bringt zum Begehren in der Hauptsache vor, er beantrage die Reduktion der Unterhaltsbeiträge, welche zurzeit Fr. 1'000.- pro Monat betrügen. Bei einem Nettoeinkommen von Fr. 3'200.- sei es ihm unmöglich, Unterhaltszahlungen in der betreffenden Höhe zu leisten (act. 1 Rz 7 f.).

      Gemäss Art. 286 Abs. 2 ZGB und Art. 287 Abs. 2 ZGB setzt das Gericht den Unterhaltsbeitrag bei erheblicher Veränderung der Verhältnisse auf Antrag eines Elternteils des Kindes neu fest hebt ihn auf. Die rechtshän- gig gemachte Abänderungsklage des Gesuchstellers gegen seinen Sohn kann aus heutiger Perspektive nicht als aussichtslos bezeichnet werden, zumal sich sein monatliches Einkommen seit dem Abschluss der Unterhaltsvereinbarung vom 5. Dezember 2006 von monatlich brutto Fr. 5'200.- (act. 9/2) auf Fr. 3'200.- reduziert hat und die vom Bezirksgericht Zürich genehmigte Reduktion der Unterhaltszahlungen nur vorübergehender Natur war (act. 9/4).

    8. Folglich kann dem Antrag des Gesuchstellers entsprochen werden und ist ihm für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt Zürich, Kreise 6 & 10, betreffend oberwähnte Abänderungsklage die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.

    9. Der Gesuchsteller lässt um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung ersuchen (act. 1), lässt aber keinen Antrag auf Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsbeiständin stellen. Damit ist darüber nicht zu entscheiden bzw. ein solcher nicht zu bestellen.

  3. Kosten der unentgeltliche n Rechtspflege

    Gemäss den einschlägigen Bestimmungen der Zivilprozessordnung werden die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege vom Kanton getragen bzw. wird der unentgeltliche Rechtsbeistand vom Kanton entschädigt (Art. 113 Abs. 1 und Art. 122 ZPO). Der ständigen Praxis des Obergerichts des Kantons Zürich zur Schweizerischen Zivilprozessordnung folgend sowie entsprechend der bisherigen zürcherischen Praxis sind die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege für das Verfahren vor der Schlichtungsbehörde von der zuständigen Gemeinde zu tragen, vorliegend somit von der Stadt Zürich. Zu beachten ist indes, dass die Kosten des Schlichtungsverfahrens gemäss Art. 207 Abs. 2 ZPO bei der Einreichung der Klage zur Hauptsache geschlagen werden und das erkennende Gericht somit in der Folge über diese zusammen mit den übrigen Prozesskosten gemäss Art. 104 ff. ZPO zu entscheiden hat. Die Kostenauflage an die Gemeinde erfolgt deshalb unter diesem Vorbehalt.

  4. Kosten und Rechtsmittel

    1. Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.

    2. Die Gegenpartei in der Hauptsache verfügt im vorliegenden Verfahren nicht über Parteistellung. Ihr steht aber gegen den Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO offen, sofern ihr ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht.

Es wird erkannt:

  1. Dem Gesuchsteller wird für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt der Stadt Zürich, Kreise 6 & 10, betreffend die Klage auf Abänderung Unterhalt gegen B. die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. Eine unentgeltliche Rechtsverbeiständung wird nicht bestellt.

  2. Die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege des Schlichtungsverfahrens trägt unter Vorbehalt von Art. 207 Abs. 2 ZPO die Stadt Zürich.

  3. Das obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.

  4. Schriftliche Mitteilung an:

    • die Rechtsvertreterin des Gesuchstellers, zweifach, für sich und zuhanden des Gesuchstellers (gegen Empfangsschein),

    • das Friedensrichteramt der Stadt Zürich, Kreise 6 & 10 (gegen Empfangsschein),

    • die Gegenpartei in der Hauptsache, B. , vertreten durch die gesetz liche Vertreterin D. , [Adresse], zweifach (gegen Empfangsschein).

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).

Zürich, 12. Mai 2015

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu

versandt am:

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.