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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:VO150066
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VO150066 vom 17.04.2015 (ZH)
Datum:17.04.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 113 ZPO ; Art. 117 StPO ; Art. 119 ZPO ; Art. 121 ZPO ; Art. 145 ZPO ; Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:120 Ia 179; 69 I 160;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

Präsident

Geschäfts-Nr.: VO150066-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu

Urteil vom 17. April 2015

in Sachen

A. ,

Gesuchsteller

betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Erwägungen:

  1. Ausgangslage

    1. Am 15. April 2015 stellte A.

      (nachfolgend: Gesuchsteller) beim Präsidenten des Obergerichts des Kantons Zürich ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und unentgeltliche Rechtsverbeiständung für ein beim Friedensrichteramt B.

      anhängig gemachtes Schlichtungsverfahren

      (act. 1). Das Schlichtungsverfahren betrifft eine Klage des Gesuchstellers

      gegen die C. act. 1).

      betreffend arbeitsrechtliche Forderung (GV.2015.00004,

    2. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.

  2. Beurteilung des Gesuchs

    1. Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtsprä- sident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident diese bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.

    2. Gemäss Art. 117 StPO hat eine Person Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit oder Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Ein Anspruch auf die gerichtliche Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes setzt sodann zusätzlich voraus, dass dies zur Wahrung der Rechte notwendig ist (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO). Die Bewilligung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege hat u.a. zur

      Folge, dass keine Gerichtskosten erhoben werden. Die Frage der Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne einer Befreiung von den Gerichtskosten stellt sich damit nur bei Verfahren, welche nicht ohnehin kostenlos sind. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 2 lit. d ZPO u.a. dann keine Gerichtskosten gesprochen, wenn es sich um eine Streitigkeit aus einem Arbeitsverhältnis bis zu einem Streitwert von Fr. 30'000.- handelt. Da der Gesuchsteller von der Beklagten in der Hauptsache einen Betrag von Fr. 5'596.36 fordert (act. 2/5 S. 2), ist das Schlichtungsverfahren kostenlos im Sinne von Art. 113 Abs. 2 lit. d ZPO. Damit ist auf das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nicht einzutreten.

    3. Es bleibt im Folgenden über das Gesuch um Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsverbeiständung zu entscheiden. Der Gesuchsteller ersucht um

      Bestellung von Rechtsanwalt lic. iur. X. beistand (act. 1).

      zum unentgeltlichen Rechts Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es der gesuchstellenden Person nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermögen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist. Sind ausreichend liquide Mittel wie bspw. Bankkonten oder Wertpapiere vorhanden, sind diese zur Bezahlung des Prozesses zu verwenden, es sei denn, sie werden mangels ausreichenden Einkommens für den laufenden Lebensunterhalt benötigt (BSK ZPO-Rüegg, Art. 117 N 15). Als Lebensaufwandkosten sind grundsätzlich zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhl-

      er/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/Genf 2013, Art. 117 N 9). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., Art. 117 N 4).

    4. Die gesuchstellende Person hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung ihres Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen - es trifft sie bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Dies gilt auch für die Lebenskostenverhältnisse. Kommt sie ihrer Mitwirkungspflicht nicht oder nur ungenügend nach und kann als Folge davon ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).

    5. Der verheiratete Gesuchsteller lässt ausführen, er generiere zurzeit ein monatliches Erwerbseinkommen von Fr. 59.06 netto. Seine Ehegattin verdiene nichts. Der Antrag auf Fürsorgegelder bzw. Sozialhilfe sei pendent (act. 1

      S. 2). Als Belege reichte er seine Korrespondenz mit der Gemeindeverwaltung D. , Abteilung Soziales, (act. 2/15) sowie mit der Arbeitslosenkasse Unia (act. 2/6) ins Recht. Aus Letzterer geht hervor, dass der Gesuchsteller zurzeit arbeitslos ist.

      Seine Vermögensverhältnisse belegt er mittels aktuellen Kontoauszügen der Zürcher Kantonalbank und der Raiffeisenbank. Daraus ergibt sich ein negativer Saldo von insgesamt Fr. -340.34 (act. 2/7-8). Zudem macht der Gesuchsteller Schulden von Fr. 40'000.- geltend (act. 1 S. 4), welche er jedoch nicht nachweist.

      Die notwendigen Lebenshaltungskosten für sich und seine Familie beziffert und belegt der Gesuchsteller sodann wie folgt: Mietkosten Fr. 2'150.- pro Monat (act. 2/9) sowie Leasingraten Fr. 408.65 pro Monat (act. 2/10). Die Auslagen für die Krankenkassenprämien, die Spielgruppe sowie die Steuern wurden nicht belegt. Von einer Fristansetzung zur Nachreichung der Unterlagen kann jedoch abgesehen werden, da der Gesuchsteller bereits gestützt auf die belegten finanziellen Verhältnisse nicht angehalten werden kann, die

      mit dem Schlichtungsverfahren zusammenhängenden anwaltlichen Aufwendungen selbst zu begleichen. Es ist damit von seiner Mittellosigkeit auszugehen.

    6. Für die Beurteilung der fehlenden Aussichtslosigkeit als zweite Voraussetzung der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist eine gewisse Prozessprognose notwendig, wobei auf den Zeitpunkt der Gesuchseinreichung abzustellen ist. Als aussichtslos sind dabei nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können (vgl. z.B. BGE 69 I 160). Zur Vornahme der Prüfung ist auf die vorhandenen Akten abzustellen (vgl. auch BSK ZPO-Rüegg, Art. 117 N 20).

    7. Zur Klage in der Hauptsache bringt der Gesuchsteller vor, er belange die Beklagte in der Hauptsache für in den Jahren 2009, 2011, 2012 und 2013 geleistete Überstunden bzw. Überzeit. Diese sei ihm ohne den Zuschlag von 25 % ausgerichtet worden (act. 1 S. 4 und act. 2/5). Gemäss den Ausfüh- rungen des Rechtsvertreters in seinem Schreiben an die Beklagte vom

      6. Februar 2015 bezahlte Letztere für die Mehrarbeit zwar den Lohn, nicht

      aber den Zuschlag (act. 2/5 S. 2). Gestützt darauf, auf den eingereichten Arbeitsvertrag vom 23. bzw. 28. Oktober 2008 (act. 2/1) sowie die übrige Korrespondenz zwischen dem Gesuchsteller und der Beklagten (act. 2/2-3) kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass der Gesuchsteller zumindest mit einem Teil seiner Forderungen durchzudringen vermag. Sein Begehren erweist sich damit im jetzigen Zeitpunkt nicht als aussichtslos.

    8. Damit die Bestellung eines Rechtsbeistandes im Schlichtungsverfahren schliesslich als notwendig erscheint, bedarf es ganz besonderer Umstände,

      d.h. es sind hohe Anforderungen an die Notwendigkeit eines unentgeltlichen Rechtsvertreters zu stellen. Allgemein ausgedrückt hat eine Partei dann einen Anspruch auf Verbeiständung, wenn ihre Interessen in schwerwiegender Weise betroffen sind und der Fall in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, die den Beizug eines Rechtsvertreters erforderlich machen (so Emmel, a.a.O., Art. 118 N 5). Dabei sind neben der Komplexität der Rechtsfragen und der Unübersichtlichkeit des Sachverhaltes auch in der Person des Betroffenen liegende Gründe zu berücksichtigen, so das Alter, die soziale Situation, Sprachkenntnisse sowie allgemein die Fä- higkeit, sich im Verfahren zurecht zu finden (Entscheid des Bundesgerichts 1C_339/2008 vom 24. September 2008 E. 2.2.).

    9. Das Erfordernis der Notwendigkeit eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes ist vorliegend zu verneinen. Aufgrund der bekannten Sachlage ist davon auszugehen, dass weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten bestehen. Der Sachverhalt ist überschaubar und es ist nicht ersichtlich, inwiefern sich bei der Geltendmachung der ausstehenden Überstundenansprüche besonders komplizierte Rechtsfragen stellen könnten. Der Gesuchsteller legt denn auch nicht konkret dar, worin die Komplexität bei der Darlegung der geltend gemachten Ansprüche besteht. Vielmehr zeigt die aktenkundige Korrespondenz zwischen ihm und der Beklagten, dass für ihn die vorliegende Streitigkeit überblickbar ist (act. 2/2-3). Es ist dem Gesuchsteller damit zumutbar, den dem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalt vor der Schlichtungsbehörde persönlich darzulegen. Das Gesuch um Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsverbeiständung ist daher abzuweisen.

  3. Kosten und Rechtsmittel

    1. Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.

    2. Wird die unentgeltliche Rechtspflege ganz oder teilweise abgelehnt oder entzogen, so kann die gesuchstellende Person den Entscheid mit Beschwerde gemäss Art. 121 ZPO beim Obergericht anfechten. Dass vorliegend der Obergerichtspräsident über das Gesuch befindet, vermag daran nichts zu ändern. Der Obergerichtspräsident fällt in diesem Verfahren einen erstinstanzlichen Entscheid i.S.v. Art. 319 lit. b ZPO und fungiert nicht als

      obere kantonale Instanz, gegen deren Entscheide lediglich ein Rechtsmittel ans Bundesgericht gegeben wäre.

    3. Die Gegenpartei in der Hauptsache verfügt im vorliegenden Verfahren nicht über Parteistellung. Ihr steht aber gegen den Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO offen, sofern ihr ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht.

Es wird erkannt:

  1. Auf das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt B. in Sachen

    1. gegen die C. betreffend Klage aus Arbeitsrecht

      (GV.2015.00004) wird nicht eingetreten.

  2. Das Gesuch um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt B. in Sachen

    1. gegen die C. betreffend Klage aus Arbeitsrecht (GV.2015.00004) wird abgewiesen.

  3. Das obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.

  4. Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, an:

    • den Gesuchsteller,

    • das Friedensrichteramt B. , ad Verfahren GV.2015.00004,

    • die Gegenpartei in der Hauptsache, C. , [Adresse], B. .

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu

begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen.

Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).

Zürich, 17. April 2015

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu

versandt am:

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