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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VO150051)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:VO150051
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VO150051 vom 23.04.2015 (ZH)
Datum:23.04.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Zusammenfassung:Die Gesuchstellerin A. hat beim Obergericht des Kantons Zürich ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für ein Schlichtungsverfahren gegen B. eingereicht. Das Obergericht entscheidet, dass das Schlichtungsverfahren kostenlos ist und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abgewiesen wird, da die Gesuchstellerin nicht bedürftig genug ist. Es wird festgehalten, dass die unentgeltliche Rechtspflege kostenlos ist und dass gegen diesen Entscheid Beschwerde beim Obergericht eingereicht werden kann.
Schlagwörter: Recht; Rechtspflege; Gesuch; Obergericht; Schlichtungsverfahren; Verfahren; Obergerichts; Gericht; Entscheid; Anspruch; Bestellung; Einkommen; Verhältnisse; Ehegatte; Obergerichtspräsident; Friedensrichteramt; Stadt; Kreise; Beurteilung; Gesuchs; Person; Rechtsbeistand; Ehegatten; Rente; Kantons; Rechtsverbeiständung; Klage; Mittellosigkeit; Bedürftigkeit
Rechtsnorm: Art. 113 ZPO ; Art. 117 StPO ; Art. 119 ZPO ; Art. 121 ZPO ; Art. 145 ZPO ; Art. 163 ZGB ; Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:120 Ia 179; 127 I 202;
Kommentar:
-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

Präsident

Geschäfts-Nr.: VO150051-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu

Urteil vom 23. April 2015

in Sachen

A. ,

Gesuchstellerin

vertreten durch Fürsprecher X.

betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Erwägungen:

  1. Ausgangslage

    1. Am 19. März 2015 liess A.

      (nachfolgend: Gesuchstellerin) durch ihren

      Rechtsvertreter beim Präsidenten des Obergerichts des Kantons Zürich ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für ein beim Friedensrichteramt der Stadt Zürich, Kreise 6 + 10,

      anhängig gemachtes Schlichtungsverfahren gegen B. beitsrechtliche Forderung stellen (act. 1).

      betreffend ar-

    2. Auf Fristansetzung seitens des Gerichts hin (act. 6) liess die Gesuchstellerin weitere Unterlagen ins Recht reichen (act. 10 und act. 11/16-26).

    3. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.

  2. Beurteilung des Gesuchs

    1. Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtsprä- sident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident diese bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.

    2. Gemäss Art. 117 StPO hat eine Person Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Ein Anspruch auf die gerichtliche Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes setzt sodann zusätzlich voraus, dass dies zur Wahrung der Rechte notwendig ist (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO).

      Die Bewilligung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege hat u.a. zur Folge, dass keine Gerichtskosten erhoben werden. Die Frage der Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne einer Befreiung von den Gerichtskosten stellt sich damit nur bei Verfahren, welche nicht ohnehin kostenlos sind. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 2 lit. d ZPO u.a. dann keine Gerichtskosten gesprochen, wenn es sich um eine Streitigkeit aus einem Arbeitsverhältnis bis zu einem Streitwert von Fr. 30'000.- handelt. Der Streitwert der Forderung der Gesuchstellerin beläuft sich gemäss ihrem Rechtsbegehren auf weniger als Fr. 30'000.- (act. 4/1 S. 1-2), weshalb das Schlichtungsverfahren kostenlos ist. Damit ist auf das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nicht einzutreten.

    3. Es bleibt im Folgenden über das Gesuch um Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsverbeiständung zu entscheiden. Die Gesuchstellerin ersucht um

      Bestellung von Fürsprecher X.

      (act. 1).

      als unentgeltlichen Rechtsbeistand

      Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es der gesuchstellenden Person nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermögen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist. Sind ausreichend liquide Mittel wie bspw. Bankkonten Wertpapiere vorhanden, sind diese zur Bezahlung des Prozesses zu verwenden, es sei denn, sie werden mangels ausreichenden Einkommens für den laufenden Lebensunterhalt benötigt (BSK ZPO-Rüegg, Art. 117 N 15). Als Lebensaufwandkosten sind grundsätzlich zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel in: Kommen-

      tar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/Genf 2013, Art. 117 N 9). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., Art. 117 N 4).

    4. Die gesuchstellende Person hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung ihres Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen - es trifft sie bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Dies gilt auch für die Lebenskostenverhältnisse. Kommt sie ihrer Mitwirkungspflicht nicht nur ungenügend nach und kann als Folge davon ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).

    5. Dem Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege gehen allfällige gesetzliche Unterhaltspflichten wie bspw. die Unterstützungspflicht der Ehegatten gemäss Art. 159 und Art. 163 ZGB vor (vgl. BGE 127 I 202; BK ZPO-Bühler, Vorbemerkungen zu Art. 117-123, N 49), weshalb vorliegend insbesondere zu prüfen ist, ob die Gesuchstellerin nicht auf der Grundlage solcher Verpflichtungen die nötigen finanziellen Mittel erhältlich machen kann. Konkret sind deshalb die finanziellen Verhältnisse des Ehegatten der Gesuchstellerin in die Beurteilung ihrer Mittellosigkeit einzubeziehen.

      Zu den finanziellen Verhältnissen lässt die Gesuchstellerin ausführen, seit dem 1. Februar 2015 sei sie arbeitslos. Von ihrem bisherigen durchschnittlichen Erwerbseinkommen werde ihr die Arbeitslosenkasse voraussichtlich 70 % bezahlen, was einen Betrag von Fr. 1'828.40 ergebe (act. 1 S. 2). Belege der Arbeitslosenkasse wurden zwar keine ins Recht gereicht. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Gesuchstellerin noch keine Arbeitslosenunterstützung ausbezahlt erhält (vgl. act. 10 S. 1). Da der Betrag von monatlich Fr. 1'828.40 nachvollziehbar erscheint (vgl. act. 4/1/8, act. 4/1/11, act. 4/1/15-18), ist darauf abzustellen.

      Ihr Ehegatte generierte sodann gemäss Steuerklärung 2013 monatliche Renteneinkünfte von Fr. 4'151.75 (act. 4/3 S. 9, bestehend aus der AHVRente von Fr. 22'116.- pro Jahr, einer Rente von Fr. 22'209.- pro Jahr sowie einer deutschen Rente von Fr. 5'496.- pro Jahr; vgl. auch act. 4/4). Aktuellere Belege wurden trotz Aufforderung (act. 6) nicht ins Recht gereicht, weshalb darauf abzustellen ist (vgl. auch act. 10 S. 1). Die anrechenbaren Einkünfte belaufen sich demnach auf Fr. 5'980.15 pro Monat.

      Ihre Vermögensverhältnisse lässt die Gesuchstellerin sodann mittels verschiedenen Kontoauszügen darlegen. Daraus ergeben sich Vermögenswerte von insgesamt Fr. 223.45 (act. 11/18-20).

      Die notwendigen Lebenshaltungskosten für sich und den Ehegatten lässt die Gesuchstellerin wie folgt beziffern und belegen: Mietkosten Fr. 1'182.- pro Monat (act. 4/5), Hausrat-/Haftpflichtversicherung Fr. 25.90 pro Monat (act. 11/16) sowie Steuern Fr. 431.10 und Fr. 50.35 pro Monat (act. 11/2526). Die Kosten für Telefon, Radio und TV sind bereits im Grundbetrag enthalten und können nicht zusätzlich berücksichtigt werden (DIKE-Kommentar ZPO, Huber, Art. 117 N 49). Obwohl die Gesuchstellerin aufgefordert wurde, einzig die obligatorischen Krankenkassenprämien darzulegen, wies sie diese nicht aus. Vielmehr liess sie einen Beleg der EGK-Gesundheitskasse ins Recht reichen, aus welchem zwar ein Total von Fr. 829.40 hervorgeht (act. 11/17), indes unklar ist, ob auch noch Prämien nach VVG darin enthalten sind. Insoweit ist sie ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Ebenso wenig wurden die Kosten für den öffentlichen Verkehr von Fr. 84.- pro Monat hinreichend ausgewiesen (act. 4/9). Selbst wenn man jedoch diese beiden Positionen in der Bedarfsrechnung berücksichtigt, so ist es der Gesuchstellerin bzw. ihrem Ehegatten bei diesen finanziellen Verhältnissen (mtl. Einkommen Fr. 5'980.15, Vermögen Fr. 223.45, mtl. Notbedarf Fr. 4'302.75) zumutbar, die Kosten des Schlichtungsverfahrens und die damit zusammenhängenden anwaltlichen Aufwendungen selbst tragen. Damit fehlt es an der Bedürftigkeit der Gesuchstellerin, weshalb das Gesuch um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes abzuweisen ist. Auf eine

      Prüfung der weiteren Voraussetzungen der fehlenden Aussichtslosigkeit des Begehrens in der Hauptsache und der Notwendigkeit einer unentgeltlichen Rechtsverbeiständung kann unter diesen Umständen verzichtet werden. Der Gesuchstellerin ist es jedoch unbenommen, bei einem allfälligen Verfahren vor Bezirksgericht erneut um die unentgeltliche Rechtspflege zu ersuchen.

  3. Kosten und Rechtsmittel

    1. Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.

    2. Wird die unentgeltliche Rechtspflege ganz teilweise abgelehnt entzogen, so kann die gesuchstellende Person den Entscheid mit Beschwerde gemäss Art. 121 ZPO beim Obergericht anfechten. Dass vorliegend der Obergerichtspräsident über das Gesuch befindet, vermag daran nichts zu ändern. Der Obergerichtspräsident fällt in diesem Verfahren einen erstinstanzlichen Entscheid i.S.v. Art. 319 lit. b ZPO und fungiert nicht als obere kantonale Instanz, gegen deren Entscheide lediglich ein Rechtsmittel ans Bundesgericht gegeben wäre.

    3. Die Gegenpartei in der Hauptsache verfügt im vorliegenden Verfahren nicht über Parteistellung. Ihr steht aber gegen den Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO offen, sofern ihr ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht.

Es wird erkannt:

  1. Auf das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das beim Friedensrichteramt der Stadt Zürich, Kreise 6 und 10, hängige Schlichtungsverfahren gegen B. betreffend Klage aus Arbeitsrecht wird nicht eingetreten.

  2. Das Gesuch um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes für das beim Friedensrichteramt der Stadt Zürich, Kreise 6 und 10, hängige Schlichtungsverfahren gegen B. betreffend Klage aus Arbeitsrecht wird abgewiesen.

  3. Das obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.

  4. Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, an:

    • den Rechtsvertreter der Gesuchstellerin, zweifach, für sich und die Gesuchstellerin,

    • das Friedensrichteramt der Stadt Zürich, Kreise 6 und 10,

    • die Gegenpartei in der Hauptsache, B. , ... [Adresse].

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).

Zürich, 23. April 2015

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu

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