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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VO150048)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:VO150048
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VO150048 vom 25.03.2015 (ZH)
Datum:25.03.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Zusammenfassung:Die Gesuchstellerin A. beantragte am 16. März 2015 beim Obergericht des Kantons Zürich die unentgeltliche Rechtspflege für ein Schlichtungsverfahren wegen Kündigungsschutz/Erstreckung. Das Bezirksgericht informierte, dass die Beklagte die Kündigung zurückzog. Da das Schlichtungsverfahren keine Parteientschädigungen vorsieht, wird auf das Gesuch nicht eingetreten. Die Gesuchstellerin wurde als mittellos eingestuft und erhielt die unentgeltliche Rechtspflege. Das Verfahren vor dem Obergericht war kostenlos.
Schlagwörter: Recht; Obergericht; Rechtspflege; Gesuch; Schlichtungsverfahren; Obergerichts; Hauptsache; Kündigung; Verfahren; Entscheid; Obergerichtspräsident; Bestellung; Schlichtungsbehörde; Person; Frist; Bülach; Pacht; Gewährung; Pachtsachen; Bezirkes; Klage; Beurteilung; Gesuchs; Miete; Rechtsbeistand; Anspruch; Akten; Erstreckung; Paritätische
Rechtsnorm: Art. 113 ZPO ; Art. 117 ZPO ; Art. 119 ZPO ; Art. 121 ZPO ; Art. 145 ZPO ; Art. 257d OR ; Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:120 Ia 179; 131 I 113; 69 I 160;
Kommentar:
-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

Präsident

Geschäfts-Nr.: VO150048-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu

Urteil vom 25. März 2015

in Sachen

A. ,

Gesuchstellerin

betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Erwägungen:

  1. Ausgangslage

    1. Mit Eingabe vom 16. März 2015 ersuchte A.

      (nachfolgend: Gesuchstellerin) beim Präsidenten des Obergerichts des Kantons Zürich um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes für ein hängiges Schlichtungsverfahren vor der Paritätischen Schlichtungsbehörde in Mietund Pachtsachen des Bezirkes Bülach (MM150022-C). Das Schlichtungsverfahren betrifft eine Klage der

      Gesuchstellerin gegen B. (act. 1 und act. 4).

      betreffend Kündigungsschutz/Erstreckung

    2. Am 20. März 2015 orientierte das Bezirksgericht Bülach den Obergerichtspräsidenten darüber, dass die Beklagte in der Hauptsache die Kündigung zurückgezogen habe (act. 7). Gleichermassen informierte auch die Gesuchstellerin den Obergerichtspräsidenten (act. 5-6/1-2).

    3. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.

  2. Beurteilung des Gesuchs

    1. Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtsprä- sident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident diese bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.

    2. Die Gesuchstellerin ersucht insbesondere um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das besagte Schlichtungsverfahren (act. 1). Da Strei-

      tigkeiten aus Miete und Pacht von Wohnund Geschäftsräumen im Schlichtungsverfahren kostenlos sind (Art. 113 Abs. 2 lit. c ZPO), ist auf diesen Antrag nicht einzutreten.

    3. Ein unentgeltlicher Rechtsbeistand wird sodann bestellt, wenn die gesuchstellende Person nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit Bedürftigkeit), ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 ZPO) und die gerichtliche Bestellung zur Wahrung der Rechte der gesuchstellenden Person notwendig ist (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO).

      Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es der gesuchstellenden Person nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermögen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist. Als Lebensaufwandkosten sind grundsätzlich zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, SutterSomm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/Genf 2013, Art. 117 N 9). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., Art. 117 N 4).

    4. Die gesuchstellende Person hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung ihres Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen - es trifft sie bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt sie dieser Mitwirkungspflicht nicht nur ungenügend nach und kann als Folge davon ihre

      Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).

    5. Zu ihren finanziellen Verhältnissen führt die Gesuchstellerin aus, sie werde vom Sozialamt der Stadt ... unterstützt (act. 1). Als Beleg reichte sie die Abrechnung des Sozialdienstes ... für den Monat Februar 2015 ins Recht. Daraus geht hervor, dass die Gesuchstellerin für die Kosten für Nahrung, Kleider etc., für die Wohnkosten und die Verkehrsauslagen mit einem Betrag von Fr. 2'899.70 unterstützt wurde (act. 2/12). Im Weiteren belegt die Gesuchstellerin ihre Auslagen für eine Mietkautions-Versicherung von 17.20 pro Monat (act. 2/13). Belege zu allfälligen Vermögenswerten hat die Gesuchstellerin zwar keine ins Recht gereicht. Da sie jedoch vom Sozialamt unterstützt wird, ist davon auszugehen, dass allfälliges Vermögen von geringer Höhe wäre und sie dieses zur Deckung der notwendigen Lebenshaltungskosten benötigte. Damit ist von der Mittellosigkeit der Gesuchstellerin auszugehen.

    6. Für die Beurteilung der fehlenden Aussichtslosigkeit als zweite Voraussetzung der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist eine gewisse Prozessprognose notwendig, wobei auf den Zeitpunkt der Gesuchseinreichung abzustellen ist. Als aussichtslos sind dabei nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können (vgl. z.B. BGE 69 I 160). Zu prüfen ist, ob der geltend gemachte Anspruch aus den behaupteten Tatsachen rechtlich begründet ist. Die Prozesschancen sind in vorläufiger und summarischer Prüfung der Sachund Rechtslage aufgrund des jeweiligen Aktenstandes zu beurteilen (BGE 131 I 113 E. 3.7.3). Zur Vornahme der Prüfung ist damit auf die vorhandenen Akten abzustellen (vgl. auch BSK ZPO-Rüegg, Art. 117 N 20).

    7. Zur Begründung des Begehrens in der Hauptsache lässt sich den beigezogenen Akten der Schlichtungsbehörde entnehmen, dass die Gesuchstellerin

      die Kündigung der Wohnung anficht und insbesondere um Erstreckung des Mietverhältnisses ersucht (act. 4/1).

      Ist der Mieter nach der Übernahme der Sache mit der Zahlung fälliger Mietzinse Nebenkosten im Rückstand, so kann die Vermieterschaft dem Mieter nach Art. 257d Abs. 1 OR schriftlich eine Zahlungsfrist setzen und ihm androhen, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist das Mietverhältnis gekündigt werde. Die obgenannte Frist beträgt mindestens zehn Tage, bei Wohnund Geschäftsräumen mindestens 30 Tage. Bezahlt der Mieter innert der gesetzten Frist nicht, so kann der Vermieter fristlos, bei Wohnund Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen (Art. 257d Abs. 2 OR).

      Die Kündigung wurde infolge Zahlungsverzugs gemäss Art. 257d OR ausgesprochen (act. 4/2/1). Die Gesuchstellerin bestreitet nicht, gegenüber der Beklagten in der Hauptsache Mietzinsausstände zu haben. Vielmehr hält sie in ihrer Eingabe an die Schlichtungsbehörde fest, sie schulde der Beklagten die Monatsmiete für September und Dezember 2014 in der Höhe von Fr. 4'140.- (act. 4/1). Gestützt auf das Schreiben der Beklagten in der Hauptsache vom 19. März 2015, sie ziehe die Kündigung aufgrund eines Formfehlers zurück (act. 6/1), ist die Klage in der Hauptsache jedoch nicht als aussichtlos zu bezeichnen.

    8. Damit die Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsverbeiständung im Schlichtungsverfahren als notwendig erscheint, bedarf es ganz besonderer Umstände. Eine Partei hat Anspruch auf die gerichtliche Bestellung eines Rechtsbeistandes, wenn ihre Interessen in schwerwiegender Weise betroffen sind und der Fall in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, die den Beizug eines Rechtsvertreters erforderlich machen (Emmel, a.a.O., Art. 118 N 5). Nebst der Komplexität der Rechtsfragen und der Un- übersichtlichkeit des Sachverhaltes sind auch in der Person des Betroffenen liegende Gründe zu berücksichtigen, so das Alter, die soziale Situation, Sprachkenntnisse sowie allgemein die Fähigkeit, sich im Verfahren zurecht

      zu finden (Entscheid des Bundesgerichts 1C_339/2008 vom 24. September 2008 E. 2.2.).

    9. Solche besonderen Schwierigkeiten sind vorliegend nicht ersichtlich, zumal die Beklagte in der Hauptsache die Kündigung selbst als ungültig erachtete und sie zwischenzeitlich zurückzog (act. 6/1). Mit dieser Klageanerkennung erweist sich das Verfahren nicht mehr als besonders komplex, weshalb sich die Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsvertretung nicht als notwendig erweist. Das entsprechende Gesuch ist deshalb abzuweisen.

  3. Kosten und Rechtsmittel

    1. Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.

    2. Wird die unentgeltliche Rechtspflege ganz teilweise abgelehnt entzogen, so kann die gesuchstellende Person den Entscheid mit Beschwerde gemäss Art. 121 ZPO beim Obergericht anfechten. Dass vorliegend der Obergerichtspräsident über das Gesuch befindet, vermag daran nichts zu ändern. Der Obergerichtspräsident fällt in diesem Verfahren einen erstinstanzlichen Entscheid i.S.v. Art. 319 lit. b ZPO und fungiert nicht als obere kantonale Instanz, gegen deren Entscheide lediglich ein Rechtsmittel ans Bundesgericht gegeben wäre.

    3. Die Gegenpartei in der Hauptsache verfügt im vorliegenden Verfahren nicht über Parteistellung. Ihr steht aber gegen den Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO offen, sofern ihr ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht.

Es wird erkannt:

  1. Auf das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren vor der Paritätischen Schlichtungsbehörde in Miet-

    und Pachtsachen des Bezirkes Bülach betreffend Kündigungsschutz/Erstreckung, MM150022-C, wird nicht eingetreten.

  2. Das Gesuch um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes für das Schlichtungsverfahren vor der Paritätischen Schlichtungsbehörde in Mietund Pachtsachen des Bezirkes Bülach betreffend Kündigungsschutz/Erstreckung, MM150022-C, wird abgewiesen.

  3. Das obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.

  4. Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, an:

    • die Gesuchstellerin,

    • die Paritätische Schlichtungsbehörde in Mietund Pachtsachen des Bezirkes Bülach (Verfahren MM150022-C), unter Rücksendung der Akten,

    • die Gegenpartei in der Hauptsache, B. , [Adresse], vertreten durch C. AG, [Adresse], zweifach.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).

Zürich, 25. März 2015

OBERGERICHT DES KANTONS ZÃœRICH

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu

versandt am:

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