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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VO150042)

Zusammenfassung des Urteils VO150042: Obergericht des Kantons Zürich

Die Gesuchstellerin A. hat beim Obergericht des Kantons Zürich ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsbeistand eingereicht, um vor dem Friedensrichteramt eine Klage betreffend Unterhalt gegen B. durchführen zu können. Das Obergericht hat die finanziellen Verhältnisse der Gesuchstellerin und ihrer Mutter geprüft und festgestellt, dass die Mutter in der Lage ist, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Daher wurde das Gesuch abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt die Gesuchstellerin.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VO150042

Kanton:ZH
Fallnummer:VO150042
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VO150042 vom 23.03.2015 (ZH)
Datum:23.03.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Schlagwörter: Rechtspflege; Gesuch; Mutter; Obergericht; Schlichtungsverfahren; Obergerichtspräsident; Verfahren; Entscheid; Unterhalt; Beleg; Bestellung; Beurteilung; Gericht; Anspruch; Mittellosigkeit; Steuererklärung; Akten; Friedensrichteramt; Stadt; Kreise; Klage; Person; Bedürftigkeit; Rechtsbeistandes; Einkommen; Grundbetrag; Steuern; Verhältnisse; Unterlagen; Krankenkasse
Rechtsnorm: Art. 113 ZPO ;Art. 117 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 121 ZPO ;Art. 145 ZPO ;Art. 276 ZGB ;Art. 277 ZGB ;Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:127 I 202;
Kommentar:
Bühler, Schweizer, Berner Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung Band I, Art. 117 ZPO, 2012

Entscheid des Verwaltungsgerichts VO150042

Obergericht des Kantons Zürich

Präsidium

Geschäfts-Nr.: VO150042-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Gürber

Urteil vom 23. März 2015

in Sachen

A. ,

Gesuchstellerin

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Erwägungen:

  1. Ausgangslage

    1. Mit Eingabe vom 5. März 2015 liess A.

      (nachfolgend: Gesuchstellerin) durch ihren Rechtsvertreter beim Obergerichtspräsidenten ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und um Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsverbeiständung nach Art. 117 ZPO stellen. Das Gesuch betrifft eine vor dem Friedensrichteramt der Stadt Zürich Kreise durchzuführende Klage

      gegen B.

      betreffend Unterhalt. Die Schlichtungsverhandlung findet am 22.

      April 2015 statt (act. 1 und act. 4/5).

    2. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.

  2. Beurteilung des Gesuchs

    1. Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtspräsident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident diese bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.

    2. Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 ZPO). Ein Anspruch auf die gerichtliche Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes setzt sodann zusätzlich voraus, dass dies zur Wahrung der Rechte notwendig ist (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO).

    3. Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es der gesuchstellenden Person nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermögen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist. Als Lebensaufwandkosten sind grundsätzlich zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], 2. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2013, Art. 117 N 9). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., Art. 117 N 4).

    4. Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit bei Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen: Einerseits sind die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten - anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt und können deshalb bereits bei einem relativ geringen Überschuss des Einkommens und Vermögens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden. Andererseits braucht es ganz besondere Umstände, damit die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes im Schlichtungsverfahren gemäss Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO als notwendig erscheint.

    5. Dem Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege gehen allfällige gesetzliche Unterhaltspflichten wie bspw. die Unterhaltspflicht der Eltern für ihre Kinder gemäss Art. 276 ff. ZGB vor (vgl. BGE 127 I 202; Bühler, in: Berner Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung Band I, Bern 2012, Vorbemerkungen zu Art. 117-123 N 56), weshalb vorliegend insbesondere zu prüfen ist, ob die Gesuchstellerin nicht auf der Grundlage solcher Verpflichtungen die nötigen finanziellen Mittel erhältlich machen kann. Konkret sind deshalb die finanziellen Verhält-

      nisse der Mutter der Gesuchstellerin in die Beurteilung ihrer Mittellosigkeit einzubeziehen.

    6. Die Gesuchstellerin macht geltend, sie sei mit ihrem Lohn von brutto Fr. 1'400.- nicht in der Lage, den vorliegenden Prozess aus eigener Kraft zu finanzieren (act. 1 S. 2).

      Dem eingereichten Lehrvertrag ist zu entnehmen, dass die Gesuchstellerin noch bis 12. August 2015 eine Lehre als Fachfrau Betreuung EFZ absolviert und aktuell im 3. Lehrjahr einen Lohn von brutto Fr. 1'400.- pro Monat erzielt (act. 4/2/4

      S. 2 f.). Nach Abzug der Sozialabgaben von geschätzt 7% sowie unter Hinzurechnung des gemäss Lehrvertrag ebenfalls geschuldeten 13. Monatslohnes (act. 4/2/4 S. 3) ergibt dies ein monatliches Nettoeinkommen von rund Fr. 1'400.-.

      Zum Nachweis ihrer Vermögensverhältnisse liess die Gesuchstellerin die Steuererklärung 2013 zu den Akten reichen, aus welcher sich per 31. Dezember 2013 ein Vermögen von Fr. 1'129.- ergibt (act. 4/2/7 S. 4). Mangels aktuellerer Unterlagen ist auf diesen Beleg abzustellen.

      Ihre notwendigen Lebenshaltungskosten liess die Gesuchstellerin nicht beziffern. Gestützt auf die eingereichten Belege ergibt sich unter Berücksichtigung des Grundbetrages gemäss Kreisschreiben von Fr. 1'100.- sowie den ausgewiesenen Steuern von monatlich Fr. 2.- (act. 4/2/8) ein monatlicher Bedarf von Fr. 1'102.-. Weitere monatliche Auslagen wurden von der Gesuchstellerin weder geltend gemacht noch ergeben sich solche aus den eingereichten Unterlagen. Insbesondere wurde die in der Klageschrift an das Bezirksgericht Zürich erwähnte Beilage

      Prämie Krankenkasse A.

      (Klägerin) (vgl. act. 4/2 S. 3) im vorliegenden

      Verfahren nicht zu den Akten gereicht. Es kann jedoch davon abgesehen werden, diesen fehlenden Beleg nachzufordern. Rechnet man eine angemessen erscheinende monatliche Prämie für die Krankenkasse KVG von Fr. 250.- hinzu, erhöht sich der monatliche Bedarf der Gesuchstellerin auf Fr. 1'352.-. Folglich vermag die Gesuchstellerin mit ihren monatlichen Einnahmen ihren monatlichen Bedarf gerade zu decken, weshalb ihre Mittellosigkeit hinreichend belegt bzw. glaubhaft gemacht ist.

    7. Zu prüfen bleiben jedoch die finanziellen Verhältnisse der Mutter der Gesuchstellerin. Als Beleg für die monatlichen Einnahmen ihrer Mutter liess die Gesuchstellerin die Steuererklärung 2013 zu den Akten reichen (act. 4/2/5). Mangels eines aktuelleren Beleges ist vorliegend darauf abzustellen. Aus dieser Steuererklärung ergibt sich ein monatliches Nettoeinkommen der Mutter der Gesuchstellerin von Fr. 6'151.50 (act. 4/2/5 S. 2). Der Steuererklärung kann sodann auch entnommen werden, dass die Mutter der Gesuchstellerin am 31. Dezember 2013 über Vermögen von Fr. 145.- verfügte und Schulden von Fr. 33'289.- hatte (act. 4/2/5 S. 4).

      Gemäss den eingereichten Unterlagen bezahlt die Mutter der Gesuchstellerin für die Miete der Wohnung, welche sie mit der Gesuchstellerin bewohnt (vgl. act. 4/2/5 S. 1), monatlich Fr. 1'497.- (act. 4/2/9). Die Krankenkassenprämien KVG der Mutter der Gesuchstellerin betragen monatlich Fr. 418.95 (act. 4/2/11). Für Steuern wendet sie sodann Fr. 329.65 pro Monat auf (act. 4/2/6). Unter Hinzurechnung des Grundbetrages gemäss Kreisschreiben von Fr. 1'100.- ergibt dies auf Seiten der Mutter der Gesuchstellerin einen monatlichen Bedarf von Fr. 3'345.60. Weitere monatliche Auslagen wurden nicht geltend gemacht und ergeben sich auch nicht aus den vorhandenen Akten. Damit ist auf Seiten der Mutter der Gesuchstellerin von einem monatlichen Freibetrag von rund Fr. 2'800.- auszugehen.

    8. Bei diesen finanziellen Verhältnissen kann die Mutter der Gesuchstellerin angehalten werden, für die relativ geringen Kosten des Schlichtungsverfahrens und die damit zusammenhängenden anwaltlichen Aufwendungen durch die Leistung eines Prozesskostenvorschusses gemäss Art. 277 ZGB aufzukommen. Damit fehlt es an der Bedürftigkeit der Gesuchstellerin. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung ist somit abzuweisen.

  3. Kosten und Rechtsmittel

    1. Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.

    2. Wird die unentgeltliche Rechtspflege ganz teilweise abgelehnt entzogen, so kann die gesuchstellende Person den Entscheid mit Beschwerde gemäss Art. 121 ZPO beim Obergericht anfechten. Dass vorliegend der Obergerichtspräsident über das Gesuch befindet, vermag daran nichts zu ändern. Der Obergerichtspräsident fällt in diesem Verfahren einen erstinstanzlichen Entscheid

      i.S.v. Art. 319 lit. b ZPO und fungiert nicht als obere kantonale Instanz, gegen deren Entscheide lediglich ein Rechtsmittel ans Bundesgericht gegeben wäre.

    3. Die Gegenpartei in der Hauptsache verfügt im vorliegenden Verfahren nicht über Parteistellung. Ihr steht aber gegen den Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO offen, sofern ihr ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht.

Es wird erkannt:

  1. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt der Stadt Zürich Kreise ... betreffend eine Unterhaltsklage gegen B. (GV.2015.00088) wird abgewiesen.

  2. Das obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.

  3. Schriftliche Mitteilung an:

    • den Vertreter der Gesuchstellerin, zweifach für sich und zuhanden der Gesuchstellerin

    • das Friedensrichteramt der Stadt Zürich Kreise ... (GV.2015.00088), [Adresse]

    • die Gegenpartei in der Hauptsache, B. , [Adresse] je gegen Empfangsschein.

  4. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu

begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen.

Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO) . Zürich, 23. März 2015

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Gürber

versandt am:

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