Zusammenfassung des Urteils VO140095: Obergericht des Kantons Zürich
Die Gesuchstellerin A. beantragt beim Obergericht des Kantons Zürich unentgeltliche Rechtspflege und die Bestellung einer Rechtsbeiständin für die Vorbereitung einer Klage zur Abänderung eines Scheidungsurteils. Das Obergerichtspräsidium entscheidet im summarischen Verfahren, dass die unentgeltliche Rechtspflege nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens gewährt wird. Für das mögliche folgende Verfahren vor dem Bezirksgericht wird keine unentgeltliche Rechtspflege gewährt. Die Gesuchstellerin wird jedoch eine unentgeltliche Rechtsverbeiständung für die Prozessvorbereitung gewährt. Das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege ist kostenlos.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VO140095 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | Verwaltungskommission |
Datum: | 12.08.2014 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege |
Schlagwörter: | Recht; Rechtspflege; Verfahren; Obergericht; Gesuch; Klage; Bestellung; Vorbereitung; Abänderung; Scheidungsurteil; Gewährung; Person; Gericht; Bezirksgericht; Rechtsverbeiständung; Kanton; Kantons; Rechtsanwältin; Rechtsvertreterin; Bezug; Prozessvorbereitung; Mittellosigkeit; Prozesses; Obergerichtspräsident; Gerichtsschreiberin; Sachen; Rechtsbeiständin; Vorliegen; Schlichtungsverfahren |
Rechtsnorm: | Art. 117 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 134 ZGB ;Art. 145 ZPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
Präsident
Geschäfts-Nr.: VO140095-O/U
Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu
Urteil vom 12. August 2014
in Sachen
Gesuchstellerin
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X.
betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Erwägungen:
1. Mit Eingabe vom 10. Juli 2014 liess A. (nachfolgend: Gesuchstellerin) durch ihre Rechtsvertreterin beim Obergericht des Kantons Zürich um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsbeiständin in der Person von Rechtsanwältin lic. iur. X. zur Vorbereitung einer Klage betreffend Abänderung Scheidungsurteil ersuchen (act. 1 S. 1 und 2). Am 7. August 2014 liess sie weitere Unterlagen ins Recht reichen (act. 4 und 5/1-3).
Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtsprä- sident im summarischen Verfahren zuständig (Art. 119 Abs. 3 ZPO). Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen. Praxisgemäss - und um nicht in das Verfahren vor Bezirksgericht einzugreifen - bewilligt der Obergerichtspräsident die unentgeltliche Rechtspflege bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens. In einem allfälligen folgenden Verfahren vor dem Bezirksgericht ist ein erneutes Gesuch zu stellen.
Die Gesuchstellerin lässt um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ersuchen. Gemäss Art. 198 lit. c ZPO entfällt das Schlichtungsverfahren - für welches die unentgeltliche Rechtspflege gewährt werden könnte - für streitige Verfahren betreffend Abänderung von rechtskräftigen Scheidungsurteilen (vgl. DIKE Kommentar-ZPO Egli, Art. 198 N 9). Für das möglicherweise bevorstehende Abänderungsverfahren im Sinne von Art. 134 ZGB vor dem Bezirksgericht wird aufgrund der erwähnten Praxis keine unentgeltliche Rechtspflege gewährt. Auf das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist deshalb in Bezug auf die Gerichtskosten (Art. 118 Abs. 1 lit. b ZPO) und die Befreiung von allfälligen Vorschussund Sicherheitsleistungen (Art. 118 Abs. 1 lit. a ZPO) nicht einzutreten.
Anders präsentiert sich die Situation in Bezug auf den Antrag um Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsverbeiständung zur Prozessvorbereitung. Anspruch auf die Bestellung einer solchen hat eine Partei dann, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit Bedürftigkeit), ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 ZPO) und sie für die gehörige Führung des Prozesses eines rechtskundigen Vertreters bedarf. In Anlehnung an § 88 ZPO/ZH und mit Blick auf Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO letzter Satz kann ein unentgeltlicher Rechtsbeistand auch zur Vorbereitung des Prozesses bestellt werden (vgl. auch Botschaft ZPO, S. 7302). Die Bestellung eines solchen rechtfertigt sich jedoch nur bei Vorliegen ganz besonderer Umstände und ist nur für Ausnahmen konzipiert (vgl. Art. 106 Abs. 3 VE-ZPO). Die vorprozessuale Rechtsverbeiständung soll der bedürftigen Partei in erster Linie ermöglichen, die Erfolgsaussichten einer ins Auge gefassten Klage durch eine rechtskundige Person prüfen zu lassen und die dazu vor Klageanhebung nötigen Abklärungen in tatsächlicher und (bei schwierigen Rechtsfragen, ausländischem Recht etc.) rechtlicher Hinsicht zu treffen. Damit soll in erster Linie vermieden werden, dass sich die bedürftige Partei mit einer allenfalls aussichtslosen Klage einem unnötigen Prozessrisiko aussetzt (ZR 97 [1998] Nr. 21). Es muss sich um Vorbereitungsarbeiten handeln, die gegebenenfalls von der vom Prozessgericht zu bewilligenden unentgeltlichen Rechtspflege nicht erfasst wären, wie bspw. die Prüfung der Prozessaussichten.
Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es der gesuchstellenden Person nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermögen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist. Als Lebensaufwandkosten sind zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/Genf 2013, Art. 117 N 9). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., Art. 117 N 4).
Gemäss dem ins Recht gereichten Scheidungsurteil des Bezirksgerichts Meilen vom 11. Juni 2012 generierte die Gesuchstellerin dannzumal ein monatliches Erwerbseinkommen von Fr. 450.- netto und erhielt überdies eine monatliche IV-Rente von Fr. 1'491.-, monatliche Ergänzungsleistungen von Fr. 1'177.- sowie eine monatliche IV-Kinderrente von Fr. 597.-. Vermögen besass sie keines (act. 3/1 S. 15). Die Gesuchstellerin macht geltend, die finanziellen Verhältnisse hätten sich seither nicht massgeblich verändert. Sie erhalte weiterhin eine IV-Rente, Zusatzleistungen sowie eine Entschädigung für ihre Arbeit in der geschützten Werkstatt (act. 1 S. 1), und belegt dies mittels Verfügung betreffend Zusatzleistungen zur AHV/IV vom 8. Mai 2013 (act. 5/1) sowie mittels Budgets 2014 des Mandatszentrums Erwachsenenschutz der Stadt (act. 5/2). Letzterem zufolge stehen den Einnahmen von Fr. 3'075.- Aufwendungen von Fr. 2'980.35 entgegen. Die Vermögenslosigkeit der Gesuchstellerin ist ebenfalls ausgewiesen (act. 5/2). Demzufolge ist von der Mittellosigkeit der Gesuchstellerin auszugehen.
Im Weiteren darf aufgrund der glaubhaften Vorbringen der Rechtsvertreterin (act. 1) davon ausgegangen werden, dass die Vorbereitung der Klage betreffend Abänderung des Scheidungsurteils vom 11. Juni 2012 mit Blick auf die Zuteilung der elterlichen Sorge eine anwaltliche Mitwirkung erfordert. Es ist daher im konkreten Fall sinnvoll, wenn die Gesuchstellerin bereits im Rahmen der Prozessvorbereitung anwaltlich vertreten ist und auf diese Weise ein unnötiges strittiges Verfahren und damit verbundene Kosten vermieden werden können.
Bei dieser Sachlage sind die Voraussetzungen in Bezug auf die Bestellung einer vorprozessualen unentgeltlichen Rechtsverbeiständung erfüllt, weshalb dem Gesuch zu entsprechen ist.
3. Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.
Es wird erkannt:
Auf das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für ein allfälliges erstinstanzliches Verfahren wird nicht eingetreten.
Der Gesuchstellerin wird im Hinblick auf ein noch nicht anhängig gemachtes Verfahren betreffend Abänderung Scheidungsurteil in Sachen A. gegen B. für die Prozessvorbereitung (bis zur Rechtshängigkeit) in der Person von Rechtsanwältin lic. iur. X. , [Adresse], eine unentgeltliche Rechtsbeiständin i.S.v. Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO letzter Satz bestellt. Der bewilligte Aufwand wird einstweilen beschränkt auf eine Entschädigung von maximal Fr. 1'600.-.
Die Kosten der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung zur Vorbereitung des Prozesses trägt der Kanton Zürich.
Das obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.
Schriftliche Mitteilung gegen Empfangsschein an die Rechtsvertreterin der Gesuchstellerin, zweifach, für sich und zuhanden der Gesuchstellerin, sowie zur Kenntnisnahme an die Obergerichtskasse.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).
Zürich, 12. August 2014
OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. A. Leu
versandt am:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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