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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:VO140073
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VO140073 vom 18.06.2014 (ZH)
Datum:18.06.2014
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 113 ZPO ; Art. 117 ZPO ; Art. 119 ZPO ; Art. 121 ZPO ; Art. 145 ZPO ; Art. 643 OR ; Art. 645 OR ; Art. 66 ZPO ; Art. 67 ZPO ; Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:69 I 160;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

Präsident

Geschäfts-Nr.: VO140073-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu

Urteil vom 18. Juni 2014

in Sachen

A. AG,

Gesuchstellerin

betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Erwägungen:

  1. Ausgangslage

    1. Mit Eingabe vom 19. Mai 2014 ersuchte die A.

      AG (nachfolgend:

      Gesuchstellerin) das Obergericht des Kantons Zürich um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes für ein beim Friedensrichteramt Männedorf hängiges Schlichtungsverfahren betreffend Forderung gegen die B. in der Höhe von Fr. 100'303.- (act. 1 und act. 2/2).

    2. Auf Fristansetzung seitens des Gerichts hin (act. 5) liess die Gesuchstellerin ihr Gesuch innert Frist ergänzen und zahlreiche Beilagen ins Recht reichen (act. 6/2 und act. 7/1-7).

    3. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.

  2. Beurteilung des Gesuchs

    1. Nebst dem Begehren um unentgeltliche Rechtspflege ersucht die Gesuchstellerin um Sistierung des Rechtsvorschlages in der Betreibung Nr.

      ... des Betreibungsamtes Pfannenstiel sowie um Gutheissung der im Schlichtungsverfahren gestellten Anträge (act. 1 Anträge 7 und 8). Mangels Zuständigkeit des Obergerichtspräsidenten zur Behandlung dieser Begehren ist darauf nicht einzutreten.

    2. Zuständig ist der Obergerichtspräsident hingegen für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor der Einreichung der Klage bei Gericht (§ 128 GOG). Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der

      Obergerichtspräsident diese bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.

    3. Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit oder Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren in der Hauptsache nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 ZPO). Ein Anspruch auf die gerichtliche Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes setzt sodann zusätzlich voraus, dass dies zur Wahrung der Rechte notwendig ist (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO).

    4. Für die Beurteilung der fehlenden Aussichtslosigkeit als zweite Voraussetzung ist eine gewisse Prozessprognose notwendig, wobei auf den Zeitpunkt der Gesuchseinreichung abzustellen ist. Als aussichtslos sind dabei nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können (vgl. z.B. BGE 69 I 160). Die fehlende Aussichtslosigkeit ist glaubhaft zu machen (Botschaft ZPO, S. 7303). Dabei sind die Rechtsbegehren und der massgebende Sachverhalt in geraffter Form anzugeben. Zudem hat sich die gesuchstellende Partei über ihre Beweismittel hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen von Art. 117 ZPO zu äussern, wobei sie im Hinblick auf ihre Mitwirkungspflicht schon mit dem Gesuch die relevanten Urkunden einzureichen hat (BSK ZPO-Rüegg, Art. 119 N 1).

      Eine allfällige Aussichtslosigkeit kann materieller oder prozessualer Natur sein. Letztere liegt beispielsweise beim Fehlen von Sachentscheidungsvoraussetzungen wie der Zuständigkeit, der Litispendenz oder der res iudicata vor (Emmel in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/Genf 2013, Art. 117 N 13).

    5. Zum Begehren in der Hauptsache lässt die Gesuchstellerin - soweit dies aus ihren Eingaben hervorgeht - sinngemäss vorbringen, die B. habe sich

      der Gehilfenschaft zu Wirtschaftsdelikten von C.

      schuldig gemacht.

      Deshalb stehe ihr, der Gesuchstellerin, gegenüber der besagten Bank obgenannte Forderung zu. Nachdem das Handelsregisteramt St. Gallen am

      28. Februar 2012 gestützt auf von einer Person namens D.

      gestohlene Dokumente C.

      als Verwaltungsrat der E. AG

      eingetragen habe, habe dieser mit dem Tagesregisterauszug und in

      Begleitung von D.

      am 1. März 2012 bei der B.

      das gesamte

      Kapital der E.

      AG von Fr. 99'000.- und einige Tage später den

      Restbetrag von Fr. 750.- abgehoben (act. 6 S. 2). Bei ihr, der Gesuchstellerin, handle es sich um die Rechtsnachfolgerin der E. AG. Am tt. Dezember 2013 sei insbesondere die Umfirmierung beschlossen und diese gleichentags beim Handelsregisteramt Zürich eingereicht worden.

      Daher komme ihr in Zivilsachen der E. S. 2).

      AG Parteistellung zu (act. 6

    6. Die Gesuchstellerin hat davon abgesehen, einen aktuellen Handelsregisterauszug ins Recht zu reichen, aus welchem sich ihre Rechtspersönlichkeit bzw. ihre Existenz und damit auch ihre Berechtigung zur vorliegend massgebenden Forderungsklage ergibt. Vielmehr kann der offiziellen Homepage des eidgenössischen Amtes für das Handelsregister entnommen werden, dass eine Aktiengesellschaft mit der Firma A. AG nicht existiert. Hingegen ist die angeblich umfirmierte E. AG als aktive Firma im Handelsregister des Kantons St. Gallen eingetragen (act. 8). Aktiengesellschaften erlangen erst durch ihre Eintragung ins Handelsregister Rechtspersönlichkeit (sog. konstitutive Wirkung der Handelsregistereintragung, vgl. Art. 643 Abs. 1 OR sowie Arthur MeierHayoz / Peter Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht - mit Einbezug des künftigen Rechnungslegungsrechts und der Aktienrechtsreform, 11. Auflage, Bern 2012, § 6 N 60 und 88a). Bis zu diesem Zeitpunkt fehlt es ihnen mangels Rechtspersönlichkeit an der Parteifähigkeit im Sinne von Art. 66 ZPO sowie an der Postulationsfähigkeit

      als Teil der Prozessfähigkeit im Sinne von Art. 67 ZPO (vgl. DIKE Kommentar ZPO-Hrubesch-Millauer, Art. 66 N 14), mit der Folge, dass sie keine Prozesse führen können.

    7. Da gestützt auf die vorhandenen Akten davon ausgegangen werden muss,

      dass eine Aktiengesellschaft unter der Firma A.

      AG im

      Handelsregister nicht eingetragen ist, muss der Gesuchstellerin die Rechtspersönlichkeit abgesprochen werden. Dies wiederum hat zur Folge, dass die notwendigen Prozessvoraussetzungen der Parteiund Prozessfähigkeit - weder im vorliegenden Verfahren noch im Verfahren vor dem Friedensrichteramt - gegeben sind, weshalb auf die Klage in der Hauptsache nicht einzutreten ist (Art. 59 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c ZPO). Demzufolge erweisen sich die Erfolgsaussichten des vorliegenden Begehrens in der Hauptsache als beträchtlich geringer als die Verlustgefahren. Dass ein Fall von Art. 645 OR (betr. vor der Eintragung im Handelsregister eingegangene Verpflichtungen) vorliege, macht die Gesuchstellerin nicht geltend und ergibt sich auch nicht aus den Akten. Unter diesen Umständen ist das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsverbeiständung sowie um Erlass der Kostenvorschusspflicht nach Art. 118 Abs. 1 lit. a ZPO abzuweisen. Damit kann offen gelassen werden, inwieweit rechtmässig gegründete juristische Personen überhaupt einen Anspruch auf die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege haben. Mit dem heutigen Urteil erübrigt sich sodann ein Entscheid über die Gewährung der aufschiebenden Wirkung.

  3. Kosten und Rechtsmittel

    1. Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.

    2. Wird die unentgeltliche Rechtspflege ganz oder teilweise abgelehnt oder entzogen, so kann die gesuchstellende Person den Entscheid mit Beschwerde gemäss Art. 121 ZPO beim Obergericht anfechten. Dass

      vorliegend der Obergerichtspräsident über das Gesuch befindet, vermag daran nichts zu ändern. Der Obergerichtspräsident fällt in diesem Verfahren einen erstinstanzlichen Entscheid i.S.v. Art. 319 lit. b ZPO und fungiert nicht als obere kantonale Instanz, gegen deren Entscheide lediglich ein Rechtsmittel ans Bundesgericht gegeben wäre.

    3. Die Gegenpartei in der Hauptsache verfügt im vorliegenden Verfahren nicht über Parteistellung. Ihr steht aber gegen den Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO offen, sofern ihr ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht.

Es wird erkannt:

  1. Auf die Anträge der Gesuchstellerin um Sistierung des Rechtsvorschlages in der Betreibung Nr. ... des Betreibungsamtes Pfannenstiel sowie um Gutheissung der im Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt Männedorf, Nr. , gestellten Begehren wird nicht eingetreten.

  2. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt Männedorf, Nr. , wird abgewiesen. Ein unentgeltlicher Rechtsbeistand wird nicht bestellt.

  3. Das obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.

  4. Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, an:

    • die Gesuchstellerin,

    • das Friedensrichteramt Männedorf, ad Verfahren sowie

    • die Gegenpartei in der Hauptsache, B. , [Adresse].

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim

Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen.

Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).

Zürich, 18. Juni 2014

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Die Gerichtschreiberin:

lic. iur. A. Leu

versandt am:

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