E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VO140065)

Zusammenfassung des Urteils VO140065: Obergericht des Kantons Zürich

Die Gesuchstellerin A. hat beim Obergericht des Kantons Zürich um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes für ein Schlichtungsverfahren in Mietsachen ersucht. Das Gericht beurteilt das Gesuch anhand der Mittellosigkeit der Gesuchstellerin und der Erfolgsaussichten ihres Rechtsbegehrens. Da A. nachweislich über geringe finanzielle Mittel verfügt und die Kündigung des Mietvertrages angefochten hat, wird ihr ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt. Die Kosten für diesen werden vom Kanton Zürich getragen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VO140065

Kanton:ZH
Fallnummer:VO140065
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VO140065 vom 15.05.2014 (ZH)
Datum:15.05.2014
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltiche Rechtspflege
Schlagwörter: Recht; Schlichtungsverfahren; Kündigung; Rechtspflege; Kanton; Person; Rechtsbeistand; Hauptsache; Obergericht; Gesuch; Verfahren; Klage; Schlichtungsverfahrens; Kantons; Rechtsanwalt; Bestellung; Schlichtungsbehörde; Bezirkes; Uster; Erstreckung; Mietverhältnisses; Beurteilung; Gesuchs; Gericht; Pacht; Einkommen; Verhältnisse; Zeitpunkt; Mietzins
Rechtsnorm: Art. 104 ZPO ;Art. 113 ZPO ;Art. 117 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 122 ZPO ;Art. 145 ZPO ;Art. 207 ZPO ;Art. 266c OR ;Art. 272 OR ;Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:120 Ia 179; 69 I 160;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VO140065

Obergericht des Kantons Zürich

Präsident

Geschäfts-Nr.: VO140065-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu

Urteil vom 15. Mai 2014

in Sachen

A. ,

Gesuchstellerin

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Erwägungen:

  1. Ausgangslage

    1. Mit Eingabe vom 12. Mai 2014 liess A. (nachfolgend: Gesuchstellerin) durch ihren Rechtsvertreter beim Obergericht des Kantons Zürich um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes in der Person von Rechtsanwalt lic. iur. X.

      für ein bei der Schlichtungsbehörde in Mietsachen

      des Bezirkes Uster hängiges Schlichtungsverfahren ersuchen (act. 1). Das Schlichtungsverfahren betrifft eine Klage der Gesuchstellerin gegen die Erbengemeinschaft B. , bestehend aus C. und D. _, vertreten durch C. , betreffend Anfechtung der Kündigung / Erstreckung des Mietverhältnisses (act. 4/2).

    2. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.

  2. Beurteilung des Gesuchs

    1. Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtsprä- sident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident diese bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.

    2. Die Gesuchstellerin lässt ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege zu Recht auf die Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsverbeiständung beschränken, da Streitigkeiten aus Miete und Pacht von Wohnund Geschäftsräumen im Schlichtungsverfahren kostenlos sind (Art. 113 Abs. 2 lit. c ZPO).

    3. Ein unentgeltlicher Rechtsbeistand wird bestellt, wenn die gesuchstellende Person nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit Bedürftigkeit), ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 ZPO) und die gerichtliche Bestellung zur Wahrung der Rechte der gesuchstellenden Person notwendig ist (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO).

      Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es der gesuchstellenden Person nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermögen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist. Als Lebensaufwandkosten sind grundsätzlich zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, SutterSomm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/Genf 2013, Art. 117 N 9). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., Art. 117 N 4).

    4. Die gesuchstellende Person hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung ihres Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen - es trifft sie bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt sie dieser Mitwirkungspflicht nicht nur ungenügend nach und kann als Folge davon ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).

    5. Zu ihrem Einkommen macht die Gesuchstellerin geltend, sie lebe von Sozialhilfeleistungen. Als Beleg reichte sie eine Bestätigung der Abteilung Soziales der Gemeinde E. ins Recht, woraus hervorgeht, dass die Gesuchstellerin seit März 2014 vollumfänglich mit wirtschaftlicher Hilfe unterstützt wird (act. 4/3). Wie hoch die Sozialhilfe ist und für welche Aufwendungen diese geleistet wird, kann dem Bestätigungsschreiben jedoch nicht entnommen werden. Lediglich aus dem aktenkundigen Kontoauszug der Zürcher Kantonalbank geht hervor, dass die Gesuchstellerin im April 2014 von der

      Gemeinde E.

      mit insgesamt Fr. 2'472.- unterstützt wurde (act. 4/5).

      Mangels Darlegung des konkreten Unterstützungsbeitrages ist auf diesen Betrag abzustellen und davon auszugehen, dass es sich hierbei um die Sozialhilfeleistungen handelt. Gemäss dem Kontoauszug der Zürcher Kantonalbank wies das Konto der Gesuchstellerin am 30. April 2014 sodann einen Vermögenssaldo von Fr. 2'688.78 auf (act. 4/5).

      Die notwendigen Lebenshaltungskosten beziffert und belegt die Gesuchstellerin sodann wie folgt: Mietkosten Fr. 950.- pro Monat (act. 4/2) sowie Krankenkassenprämien KVG Fr. 337.35 pro Monat (act. 4/7). Hinsichtlich der Mietkosten stellt sie sich zwar auf den Standpunkt, seit Juni 2012 sei der Mietzins auf Fr. 500.- reduziert worden (act. 4/2). Die Höhe des Mietzinses ist indes gerade Gegenstand des Schlichtungsverfahrens, weshalb für die Bedarfsrechnung zugunsten der Gesuchstellerin von Fr. 950.- auszugehen ist. Unter Berücksichtigung des Grundbetrags von Fr. 1'200.- kann die Gesuchstellerin bei diesen finanziellen Verhältnissen (Einkünfte: Fr. 2'472.-, Vermögen Fr. 2'688.78, Notbedarf: Fr. 2'487.35) nicht angehalten werden, die Kosten des Schlichtungsverfahrens selbst zu tragen. Ihre Bedürftigkeit ist damit ausgewiesen.

    6. Für die Beurteilung der fehlenden Aussichtslosigkeit als zweite Voraussetzung der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist eine gewisse Prozessprognose notwendig, wobei auf den Zeitpunkt der Gesuchseinreichung abzustellen ist. Als aussichtslos sind dabei nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können (vgl. z.B. BGE 69 I 160). Zur

      Vornahme der Prüfung ist auf die vorhandenen Akten abzustellen (vgl. auch BSK ZPO-Rüegg, Art. 117 N 20).

    7. Zur Begründung des Begehrens in der Hauptsache lässt die Gesuchstellerin vorbringen, die Kündigung des Mietvertrages sei allein aufgrund familiärer Probleme erfolgt. Sie als Mieterin habe zu keinen Klagen Anlass gegeben (act. 1 S. 2). Sämtliche vom Beklagten 1 vorgebrachten Kündigungsgründe seien vorgeschoben und würden bestritten. Es treffe nicht zu, dass sie mit Mietzinszahlungen im Rückstand sei, zumal sie mit dem Beklagten 1 per Juni 2012 mündlich eine Mietzinsreduktion auf Fr. 500.- pro Monat vereinbart habe. Im Weiteren sei weder die Kündigungsfrist von drei Monaten eingehalten noch eine Kündigungsandrohung ausgestellt worden. Im Falle der Gül- tigkeit der Kündigung ersuche sie um maximale Erstreckung des Mietverhältnisses, da es ihr aufgrund ihrer finanziellen Lage nicht ein Leichtes sein werde, eine neue Wohnung zu finden (act. 4/2 S. 3).

      Als Belege für ihr Begehren in der Hauptsache reichte die Gesuchstellerin im hiesigen Verfahren den Mietvertrag vom 1. April 2007 sowie das Kündigungsschreiben des Beklagten 1 in der Hauptsache vom 14. April 2014 (act. 4/2) ins Recht. Gestützt auf diese Unterlagen kann im jetzigen Zeitpunkt nicht davon ausgegangen werden, dass die Gewinnaussichten des klägerischen Begehrens in der Hauptsache beträchtlich geringer seien als die Verlustgefahren; dies insbesondere aufgrund der in Art. 266c OR vorgesehenen ordentlichen Kündigungsfrist von drei Monaten. Zudem ist zu berücksichtigen, dass es der Gesuchstellerin aufgrund ihrer knappen finanziellen Verhältnisse nicht ein Leichtes sein wird, eine neue Wohnung zu finden, weshalb eine Mieterstreckung im Sinne von Art. 272 Abs. 1 OR im jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden kann. Damit ist das Erfordernis der fehlenden Aussichtslosigkeit des Begehrens in der Hauptsache gegeben.

    8. Damit die Bestellung eines Rechtsbeistandes im Schlichtungsverfahren schliesslich als notwendig erscheint, bedarf es ganz besonderer Umstände. Eine Partei hat dann einen Anspruch auf Verbeiständung, wenn ihre Interessen in schwerwiegender Weise betroffen sind und der Fall in tatsächlicher

      und rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, die den Beizug eines Rechtsvertreters erforderlich machen (so Emmel, a.a.O., Art. 118 N 5). Dabei sind neben der Komplexität der Rechtsfragen und der Unübersichtlichkeit des Sachverhaltes auch in der Person des Betroffenen liegende Gründe zu berücksichtigen, so das Alter, die soziale Situation, Sprachkenntnisse sowie allgemein die Fähigkeit, sich im Verfahren zurecht zu finden (Entscheid des Bundesgerichts 1C_339/2008 vom 24. September 2008 E. 2.2.).

    9. Das Erfordernis der Notwendigkeit eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes ist vorliegend zu bejahen. Aufgrund der eingereichten Unterlagen und des geschilderten Sachverhalts ist davon auszugehen, dass die Klage durchaus anspruchsvolle Abklärungen erforderlich machen kann. Insbesondere die Frage, ob die Kündigung unter den konkreten Umständen rechtmässig erfolgte, ist von gewisser Komplexität. Die sachliche Notwendigkeit der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung im Sinne von Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO ist damit zu bejahen. Es ist deshalb dem Antrag der Gesuchstellerin zu entsprechen und ihr für das Schlichtungsverfahren vor der Schlichtungsbehörde in Mietsachen des Bezirkes Uster betreffend Anfechtung der Kündigung / Erstreckung des Mietverhältnisses in der Person von Rechtsanwalt lic. iur. X. ein unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bestellen.

  3. Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege

    Gemäss den einschlägigen Bestimmungen der ZPO wird der unentgeltliche Rechtsbeistand vom Kanton entschädigt (Art. 113 Abs. 1 und Art. 122 ZPO). Die Kosten für den unentgeltlichen Rechtsbeistand für das vorliegende Schlichtungsverfahren in Mietund Pachtsachen sind deshalb dem Kanton Zürich aufzuerlegen. Zu beachten ist indes, dass die Kosten des Schlichtungsverfahrens gemäss Art. 207 Abs. 2 ZPO bei der Einreichung der Klage zur Hauptsache geschlagen werden und das erkennende Gericht somit in der Folge über diese zusammen mit den übrigen Prozesskosten gemäss Art. 104 ff. ZPO zu entscheiden hat. Die Kostenauflage erfolgt deshalb unter diesem Vorbehalt.

  4. Kosten und Rechtsmittel

    1. Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.

    2. Die Gegenpartei in der Hauptsache verfügt im vorliegenden Verfahren nicht über Parteistellung. Ihr steht aber gegen den Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO offen, sofern ihr ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht.

Es wird erkannt:

  1. Der Gesuchstellerin wird für das anhängig gemachte Schlichtungsverfahren vor der Schlichtungsbehörde in Mietund Pachtsachen des Bezirkes Uster betreffend Anfechtung der Kündigung / Erstreckung des Mietverhältnisses in der Person von Rechtsanwalt lic. iur. X. , [Adresse], ein unentgeltlicher Rechtsbeistand i.S.v. Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO bestellt.

  2. Die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege des Schlichtungsverfahrens trägt unter Vorbehalt von Art. 207 Abs. 2 ZPO der Kanton Zürich.

  3. Das obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.

  4. Schriftliche Mitteilung an:

    • den Rechtsvertreter der Gesuchstellerin, zweifach, gegen Empfangsschein,

    • die Schlichtungsbehörde in Mietund Pachtsachen des Bezirkes Uster, gegen Empfangsschein,

    • die Gegenpartei in der Hauptsache, Erbengemeinschaft B. , vertreten durch C. , [Adresse].

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).

Zürich, 15. Mai 2014

Obergericht des Kantons Zürich Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu versandt am:

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.