Zusammenfassung des Urteils VO130090: Obergericht des Kantons Zürich
Der Gesuchsteller stellte beim Obergericht des Kantons Zürich ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für ein Schlichtungsverfahren gegen eine Forderungsklage. Das Gericht lehnte das Gesuch ab, da der Gesuchsteller und seine Ehegattin über ausreichende Einkünfte und Vermögenswerte verfügten, um die Prozesskosten selbst zu tragen. Das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege ist kostenlos. Der Entscheid kann beim Obergericht angefochten werden.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VO130090 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | Verwaltungskommission |
Datum: | 05.06.2013 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege |
Schlagwörter: | Gesuch; Gesuchs; Gesuchsteller; Rechtspflege; Obergericht; Schlichtungsverfahren; Obergerichts; Einkommen; Rechtsbeistand; Obergerichtspräsident; Rechtsbeistandes; Verfahren; Anspruch; Ehegattin; Gesuchstellers; Entscheid; Beurteilung; Gericht; Person; Bedürftigkeit; Vermögens; Kantons; Bestellung; Notbedarf; Einkommens; Verhältnisse; Tochter; Konto; Präsident |
Rechtsnorm: | Art. 113 ZPO ;Art. 117 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 121 ZPO ;Art. 145 ZPO ;Art. 92 KG ;Art. 99 ZPO ; |
Referenz BGE: | 120 Ia 179; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
Präsident
Geschäfts-Nr.: VO130090-O/U
Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu
Urteil vom 5. Juni 2013
in Sachen
Gesuchsteller
vertreten durch Rechtsanwalt M.A. HSG in Law X.
betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Erwägungen:
Ausgangslage
Mit Eingabe vom 31. Mai 2013 liess A.
(nachfolgend: Gesuchsteller)
durch seinen Rechtsvertreter beim Präsidenten des Obergerichts des Kantons Zürich ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für ein noch nicht eingeleitetes Schlichtungsverfahren beim Friedensrichteramt B. stellen. Das Schlichtungsgesuch betrifft eine Forderungsklage aus
Werkvertrag gegen die C.
(nachfolgend: C. ; act. 4/11). Gleichzeitig liess er um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes ersuchen (act. 4/13 S. 4).
Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.
Beurteilung des Gesuchs
Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor der Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtspräsident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident die unentgeltliche Rechtspflege bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.
Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 ZPO). Ein Anspruch auf die gerichtliche Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes setzt sodann zusätzlich voraus, dass dies zur Wahrung der Rechte notwendig ist (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO).
Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es der gesuchstellenden Person nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermögen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist. Sind ausreichend liquide Mittel wie bspw. Bankkonten Wertpapiere vorhanden, sind diese zur Bezahlung des Prozesses zu verwenden, es sei denn, sie werden mangels ausreichenden Einkommens für den laufenden Lebensunterhalt benötigt (BSK ZPO-Rüegg, Art. 117 N 15). Als Lebensaufwandkosten sind grundsätzlich zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/Genf 2010, Art. 117 N 9). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., Art. 117 N 4).
Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit bei Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen: Einerseits sind die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten - anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt und können deshalb bereits bei einem relativ geringen Überschuss des Einkommens und Vermögens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden. Andererseits braucht es ganz besondere Umstände, damit die Bestellung eines Rechtsbeistandes im Schlichtungsverfahren gemäss Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO als notwendig erscheint.
Die gesuchstellende Person hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung ihres Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse
umfassend darzulegen - es trifft sie bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt sie dieser Mitwirkungspflicht nicht nur ungenügend nach und kann als Folge davon ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).
Der verheiratete Gesuchsteller ist unfallbedingt arbeitsunfähig und bezieht ein monatliches Taggeld der Unfallversicherung von insgesamt Fr. 6'904.80, wobei der Fr. 3'660.- übersteigende Betrag gepfändet ist und direkt an das Betreibungsamt überwiesen wird (act. 4/1). Seine Ehegattin verdient gemäss Lohnabrechnung März 2013 sodann netto Fr. 4'920.75 pro Monat (act. 4/2). Die anrechenbaren monatlichen Einkünfte des Gesuchstellers und seiner Ehegattin belaufen sich damit auf Fr. 8'580.75. Ob die 23-jährige, im selben Haushalt lebende Tochter einer Erwerbstätigkeit nachgeht, ergibt sich aus den eingereichten Akten nicht direkt. In der Steuererklärung 2011 gab der Gesuchsteller jedoch an, dass sich die Tochter voraussichtlich nur noch bis 2012 in Schulausbildung befinden würde (act. 4/12), was im Gesuch nicht widerlegt wird. Es ist daher davon auszugehen, dass die mündige Tochter die Schule in der Zwischenzeit beendet hat und nun einer Erwerbstätigkeit nachgeht, weshalb sie in der Bedarfsrechnung nicht mehr zu berücksichtigen ist (DIKE-Kommentar Huber, Art. 117 N 31).
Hinsichtlich der Vermögensverhältnisse kann dem Kontoauszug der D. AG entnommen werden, dass die Ehegattin per 22. Mai 2013 über Vermögen von Fr. 500.52 verfügte (act. 4/7). Das Privatkonto des Gesuchstellers bei der D. AG wies sodann am 25. Mai 2013 einen Saldo von Fr. 969.20 (act. 4/10) und das weitere Konto des Gesuchstellers per 25. Mai 2013 einen Kontostand von Fr. 52.54 auf (act. 4/9). Im Weiteren macht der Gesuchsteller sodann geltend, er sei im Besitze eines Fahrzeuges mit einem Wert von Fr. 1'000.- (act. 4/13 S. 3), welches jedoch als unpfändbar im Sinne von Art. 92 Abs. 2 SchKG qualifiziert wurde (act. 4/6 S. 7). Insgesamt beliefen sich die anrechenbaren Vermögenswerte somit per Ende Mai 2013 auf rund Fr. 1'522.26.
Die notwendigen Lebenshaltungskosten für sich und die Ehegattin lässt der Gesuchsteller wie folgt beziffern und belegen: Mietkosten Fr. 1'790.- pro Monat (act. 4/3, act. 4/7 S. 1 und act. 4/10 S. 2), obligatorische Krankenkassenbeiträge Gesuchsteller Fr. 408.05 pro Monat (act. 4/4), obligatorische Krankenkassenbeiträge Ehegattin Fr. 380.- pro Monat (vgl. Prämienrechner Progrès auf www.progres.ch, vgl. auch act. 4/5), Steuern Fr. 1'627.30 pro Monat (act. 4/8), Schuldzinsen Fr. 815.15 pro Monat (act. 4/7 S. 1) sowie öf- fentlicher Verkehr Fr. 80.- pro Monat (act. 4/6). Die Kosten für die Haushaltversicherung wurden sodann nicht belegt und finden daher keinen Eingang in die Bedarfsrechnung. Bei diesen finanziellen Verhältnissen (anrechenbares Einkommen Fr. 8'580.75, Vermögen Fr. 1'522.26, Notbedarf Fr. 6'800.50) ist es dem Gesuchsteller zumutbar, die Kosten des Schlichtungsverfahrens und die damit zusammenhängenden Kosten eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes selbst zu begleichen. Damit besteht vorliegend keine Bedürftigkeit des Gesuchstellers und ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen.
Auf eine Prüfung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen der fehlenden Aussichtslosigkeit des Begehrens in der Hauptsache sowie der Notwendigkeit eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes kann unter diesen Umständen verzichtet werden. Dem Gesuchsteller ist es jedoch unbenommen, bei einem allfälligen Verfahren vor Bezirksgericht erneut um die unentgeltliche Rechtspflege zu ersuchen.
Kosten und Rechtsmittel
Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.
Wird die unentgeltliche Rechtspflege ganz teilweise abgelehnt entzogen, so kann die gesuchstellende Person den Entscheid mit Beschwerde gemäss Art. 121 ZPO beim Obergericht anfechten. Dass vorliegend der Obergerichtspräsident über das Gesuch befindet, vermag daran nichts zu ändern. Der Obergerichtspräsident fällt in diesem Verfahren einen
erstinstanzlichen Entscheid i.S.v. Art. 319 lit. b ZPO und fungiert nicht als obere kantonale Instanz, gegen deren Entscheide lediglich ein Rechtsmittel ans Bundesgericht gegeben wäre.
Es wird erkannt:
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen. Ein unentgeltlicher Rechtsbeistand wird nicht bestellt.
Das obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.
Schriftliche Mitteilung, gegen Empfangsschein, an den Rechtsvertreter des Gesuchstellers, zweifach, für sich und den Gesuchsteller.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).
Zürich, 5. Juni 2013
OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. A. Leu
versandt am:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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