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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VO120036)

Zusammenfassung des Urteils VO120036: Obergericht des Kantons Zürich

Der Gesuchsteller A. reichte beim Friedensrichteramt B. ein Schlichtungsgesuch gegen seine ehemalige Arbeitgeberin C. GmbH ein, um ausstehenden Lohn und eine Entschädigung zu fordern. Er beantragte auch unentgeltliche Rechtspflege, was jedoch abgelehnt wurde, da er nicht ausreichend darlegen konnte, dass sein Rechtsbegehren nicht aussichtslos ist. Die Kosten des Verfahrens vor dem Obergericht des Kantons Zürich wurden nicht erhoben. Der Richter entschied, dass das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abgewiesen wird und kein unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt wird.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VO120036

Kanton:ZH
Fallnummer:VO120036
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VO120036 vom 18.04.2012 (ZH)
Datum:18.04.2012
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Schlagwörter: Gesuch; Gesuchs; Recht; Gesuchsteller; Rechtspflege; Obergericht; Schlichtungsverfahren; Gericht; Obergerichts; Beurteilung; Einkommen; Obergerichtspräsident; Verfahren; Anspruch; Aussichtslosigkeit; Entscheid; Rechtsbeistand; Gewährung; Rechtsbeistandes; Gerichtskosten; Mitwirkungspflicht; Krankenkasse; Gesuchstellers; Kantons; Urteil; Klage; Forderung; Bestellung; Mittellosigkeit; Sinne
Rechtsnorm: Art. 113 ZPO ;Art. 117 StPO ;Art. 117 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 121 ZPO ;Art. 145 ZPO ;Art. 93 ZPO ;Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:120 Ia 179; 69 I 160;
Kommentar:
Spühler, Schweizer, Basler Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Art. 119 OR, 2010

Entscheid des Verwaltungsgerichts VO120036

Obergericht des Kantons Zürich

Der Präsident

Geschäfts-Nr.: VO120036-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident, Dr. H.A. Müller, sowie die Gerichtsschreiberin, lic. iur. A. Gürber

Urteil vom 18. April 2012

in Sachen

A. ,

Gesuchsteller

vertreten durch Rechtsanwalt X. , substituiert durch lic. iur. Y. ,

betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Erwägungen:

  1. Ausgangslage

    1. Mit Eingabe vom 8. März 2012 liess A.

      (nachfolgend Gesuchsteller)

      beim Friedensrichteramt B.

      das Schlichtungsgesuch einreichen betreffend

      eine Klage gegen seine frühere Arbeitgeberin, die C. GmbH, auf Bezahlung von ausstehendem Lohn und einer Entschädigung wegen ungerechtfertigter fristloser Entlassung sowie auf Feststellung, dass eine Forderung der C. GmbH über Fr. 53'735.99 nicht bestehe (Urk. 3/4).

    2. Mit Eingabe vom 9. März 2012 liess der Gesuchsteller ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Rechtsverbeiständung für das Schlichtungsverfahren beim Präsidenten des Obergerichts des Kantons Zürich einreichen (Urk. 1).

    3. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.

  2. Beurteilung des Gesuchs

    1. Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtspräsident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident die unentgeltliche Rechtspflege bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.

    2. Bei der Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen. Einerseits sind die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten - anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt und können deshalb bereits bei relativ wenig

      Vermögen einem geringen Überschuss des Einkommens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden. Anderseits braucht es ganz besondere Umstände, damit die Bestellung eines Rechtsbeistandes im Schlichtungsverfahren gemäss Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO als notwendig erscheint.

    3. Gemäss Art. 117 StPO hat eine Person Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Die Bewilligung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege hat u.a. zur Folge, dass keine Gerichtskosten erhoben werden. Die Frage der Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne einer Befreiung von den Gerichtskosten stellt sich damit nur bei Verfahren, welche nicht ohnehin kostenlos sind. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 2 lit. d ZPO

      u.a. dann keine Gerichtskosten gesprochen, wenn es sich um eine Streitigkeit aus einem Arbeitsverhältnis bis zu einem Streitwert von Fr. 30'000.- handelt.

    4. Vorliegend beträgt der Streitwert mehr als Fr. 30'000.- (Urk. 3/4 S. 2; vgl. Art. 91 Abs. 1 und Art. 93 Abs. 1 ZPO), weshalb das Schlichtungsverfahren nicht kostenlos im Sinne von Art. 113 Abs. 2 lit. d ZPO sein wird. Es ist daher im Folgenden über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne einer Befreiung von den Gerichtskosten zu befinden.

    5. Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt, bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es dem Gesuchsteller nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermö- gen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist (Emmel, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/ Genf 2010, Art. 117 N 7).

    6. Ein Gesuchsteller hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung seines Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen - es trifft ihn bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt ein Gesuchsteller dieser Mitwirkungspflicht nicht nur ungenügend nach und kann als Folge davon seine Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).

    7. Der Gesuchsteller führte zu seinen finanziellen Verhältnissen aus, er lebe zusammen mit seiner Lebenspartnerin und erziele Einkommen lediglich im Rahmen von Gelegenheitsarbeiten. Eine unbefristete Anstellung habe er nicht. Im Jahr 2011 habe er aus Berufstätigkeit und aus der Arbeitslosenkasse Nettoeinkünfte von insgesamt Fr. 17'690.- bzw. von monatlich Fr. 1'474.15 erzielt. Im Jahr 2010 habe sein Einkommen Fr. 30'462.- betragen. Vermögen habe er keines. Er sei ausgesteuert (Urk. 1 S. 2). Vom monatlichen Bruttomietzins von Fr. 3090.- bezahle er die Hälfte, die Prämie für die obligatorische Krankenkasse betrage monatlich Fr. 443.90, diejenige für seinen Sohn D. Fr. 97.40. Der Kinderunterhaltsbeitrag für seinen Sohn betrage zwischen Fr. 600.- und Fr. 800.-. Der Gesuchsteller sei somit offensichtlich bedürftig (Urk. 1 S. 3). Zu seinen Einnahmen sowie zur Höhe der Miete und der Krankenkassenprämie reichte der Gesuchsteller die entsprechenden Belege ins Recht (Urk. 3/5, 3/7-9), wobei er gemäss der Steuererklärung 2010 in diesem Jahr Fr. 46'332.- verdiente und nicht - wie von ihm geltend gemacht - Fr. 30'462.- (vgl. Urk. 3/7 S. 2). Der Saldo seines Privatkontos bei der E.

      (Konto-Nr. ) betrug per 1. Februar 2012 Fr. 110.60

      (Urk. 3/6). Dem Urteil des Bezirksgerichtes Zürich vom 2. November 2010 betreffend Abänderung des Scheidungsurteils ist zu entnehmen, dass der Gesuchsteller für die Dauer der Arbeitslosigkeit und auch für den Fall der erneuten Arbeitslosigkeit Fr. 600.- und ab Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit Fr. 800.- an Unterhaltsbeiträgen für seinen Sohn bezahlen muss (Urk. 3/10 S. 2). Zurzeit bezahlt er somit Unterhaltsbeiträge in der Höhe von mindestens Fr. 600.-. Die Krankenkassenprämie für seinen Sohn in der Höhe von monatlich Fr. 97.40 ist belegt (Urk. 3/9 S. 2), unklar ist jedoch, weshalb der Gesuchsteller diese Prämien zu bezahlen hat. Dem genannten Urteil vom 2. November 2010 ist diesbezüglich nichts

      zu entnehmen. Das ursprüngliche Scheidungsurteil wurde nicht zu den Akten gereicht. Doch selbst wenn die Krankenkassenprämie für seinen Sohn nicht berücksichtigt wird, beträgt der Bedarf des Gesuchstellers Fr. 3'688.90 monatlich (inkl. Grundbetrag gemäss Kreisschreiben von Fr. 1'100.-). Die im Durchschnitt der letzten beiden Jahre erzielten monatlichen Einnahmen von netto Fr. 2'667.60 reichen zur Deckung dieses Bedarfes nicht aus. Der Gesuchsteller erzielt somit nicht genügend hohe Einnahmen, um neben den Kosten des laufenden Lebensunterhaltes für die Gerichtsund Anwaltskosten aufzukommen. Die Mittellosigkeit des Gesuchstellers ist damit hinreichend dokumentiert bzw. glaubhaft gemacht.

    8. Für die Beurteilung der fehlenden Aussichtslosigkeit als zweite Voraussetzung ist eine gewisse Prozessprognose vonnöten, wobei auf den Zeitpunkt der Gesuchseinreichung abzustellen ist. Als aussichtslos sind dabei nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können (vgl. z.B. BGE 69 I 160). Die fehlende Aussichtslosigkeit ist glaubhaft zu machen (Botschaft ZPO, S. 7303). Dabei sind die Rechtsbegehren und der massgebende Sachverhalt in geraffter Form anzugeben. Zudem hat sich die gesuchstellende Partei über ihre Beweismittel hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen von Art. 117 ZPO zu äussern, wobei sie im Hinblick auf ihre Mitwirkungspflicht schon mit dem Gesuch die relevanten Urkunden einzureichen hat (Rüegg, in Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Basel 2010, N 1 zu Art. 119).

    9. Der Gesuchsteller lässt ausführen, die C.

      GmbH und er hätten einen

      Rahmenvertrag auf unbestimmte Zeit über künftige Aushilfsund Gelegenheitsarbeitsverhältnisse im Sicherheitsbereich abgeschlossen. Da er laufend für Arbeitseinsätze aufgeboten worden sei, sei von unzulässigen Kettenarbeitsverträgen und demzufolge von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis auszugehen. Der zuletzt vereinbarte Einsatz hätte vom 7. bis 11. November 2011 im in F. geleistet werden sollen. Am 7. November 2011 sei der Gesuchsteller jedoch von einem Vorgesetzten grundlos vom Areal verwiesen und danach nicht mehr weiter beschäftigt worden. Die fristlose Kündigung sei ungerechtfertigt gewesen (Urk. 3/4 S. 3).

    10. Diese Ausführungen vermögen den generell und insbesondere im Schlichtungsverfahren nicht allzu strengen Anforderungen an die Begründung der fehlenden Aussichtslosigkeit nicht zu genügen. Der Gesuchsteller unterliess es, für die Beurteilung der fehlenden Aussichtslosigkeit wesentliche Unterlagen wie z.B.

      den zwischen ihm und der C.

      GmbH abgeschlossenen Rahmenvertrag sowie die Rechnung und den Zahlungsbefehl betreffend die gegen ihn geltend gemachte Forderung von Fr. 53'735.99 zu den Akten zu reichen. Damit ist bereits

      das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihm und der C.

      GmbH

      nur behauptet, nicht jedoch glaubhaft gemacht. Ebenso ist lediglich behauptet und

      nicht glaubhaft gemacht, dass die C.

      GmbH gegenüber dem Gesuchsteller

      eine Forderung von Fr. 53'735.00 geltend macht. Schliesslich unterlässt es der Gesuchsteller, die Hintergründe seiner Wegweisung vom Arbeitsplatz am 7. November 2011 darzulegen. Es ist dem Obergerichtspräsidenten unter diesen Umständen nicht möglich zu beurteilen, ob die Voraussetzung der fehlenden Aussichtslosigkeit gegeben ist nicht. Der Gesuchsteller ist damit seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen und das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes ist abzuweisen. Auf die Prüfung der weiteren Anspruchsvoraussetzung der Notwendigkeit eines Rechtsbeistandes kann deshalb verzichtet werden.

    11. Es ist dem Gesuchsteller unbenommen, mit Einreichung der Klage beim zuständigen Gericht erneut um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes zu ersuchen.

  3. Kosten und Rechtsmittel

    1. Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.

    2. Wird die unentgeltliche Rechtspflege ganz teilweise abgelehnt entzogen, so kann der Gesuchsteller den Entscheid mit Beschwerde gemäss

Art. 121 ZPO beim Obergericht anfechten. Dass vorliegend der Obergerichtsprä- sident über das Gesuch befindet, vermag daran nichts zu ändern. Der Obergerichtspräsident fällt in diesem Verfahren einen erstinstanzlichen Entscheid i.S.v. Art. 319 lit. b ZPO und fungiert nicht als obere kantonale Instanz gegen deren Entscheide lediglich ein Rechtsmittel ans Bundesgericht gegeben wäre.

Es wird erkannt:

  1. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen. Ein unentgeltlicher Rechtsbeistand wird nicht bestellt.

  2. Dieses obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.

  3. Schriftliche Mitteilung an

    • den Vertreter des Gesuchstellers, lic. iur. Y. und zuhanden des Gesuchstellers

    • das Friedensrichteramt B.

    • die Gegenpartei in der Hauptsache, C. GmbH je gegen Empfangsschein.

      zweifach für sich

  4. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).

Zürich, 18. April 2012

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Gürber

versandt am:

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