Zusammenfassung des Urteils VO110049: Obergericht des Kantons Zürich
Die Gesuchstellerin A. reichte ein Schlichtungsgesuch betreffend Erbteilungsklage gegen ihre Geschwister ein. Sie beantragte beim Obergericht die unentgeltliche Prozessführung und Befreiung von Gerichtskosten. Das Obergerichtspräsident beurteilte das Gesuch und entschied, dass die Gesuchstellerin keinen Kostenvorschuss leisten muss, da keiner verlangt wurde. Das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege ist kostenlos. Die Gegenpartei hat die Möglichkeit, Beschwerde gegen den Entscheid einzulegen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VO110049 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | Verwaltungskommission |
Datum: | 14.06.2011 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege |
Schlagwörter: | Gesuch; Obergericht; Gericht; Rechtspflege; Verfahren; Kostenvorschuss; Obergerichts; Schlichtungsverfahren; Entscheid; Obergerichtspräsident; Zivilprozessordnung; Befreiung; Vorschuss; Schlichtungsbehörde; Gerichtskosten; Schweiz; Kantons; Schlichtungsgesuch; Pflicht; Leistung; Vorschüssen; Beweiserhebungen; Schweizerische; Abschluss; Instanz; Präsident; Gerichtsschreiberin; Gürber; Friedensrichteramt; Erbteilungsklage |
Rechtsnorm: | Art. 101 ZPO ;Art. 113 ZPO ;Art. 118 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 121 ZPO ;Art. 145 ZPO ;Art. 203 ZPO ;Art. 404 ZPO ;Art. 98 ZPO ;Art. 99 ZPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Sutter-Somm, Hasenböhler, Leuenberger, Schweizer, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Art. 207 OR, 2010 |
Obergericht des Kantons Zürich
Der Präsident
Geschäfts-Nr.: VO110049-O/U
Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident, Dr. H.A. Müller sowie die Gerichtsschreiberin, lic. iur. A. Gürber
Urteil vom 14. Juni 2011
in Sachen
Gesuchstellerin
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.
betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Erwägungen:
Ausgangslage
A. (nachfolgend: Gesuchstellerin) reichte am 3. Mai 2011 beim Friedensrichteramt B. das Schlichtungsgesuch ein betreffend Erbteilungsklage gegen ihre Geschwister C. , D. , E. und F. (vgl. Urk. 3/4).
Mit Eingabe vom 13. Mai 2011 stellte die Gesuchstellerin beim Präsidenten des Obergerichts das Gesuch betreffend unentgeltliche Prozessführung mit folgendem Antrag (Urk. 1 S. 1):
Es sei die Gesuchstellerin für ihre Erbteilungsklage gegen
C.
D.
E.
F.
einschliesslich Schlichtungsverfahren gestützt auf Art. 118 I lit. a ZPO von der Pflicht zur Leistung von Vorschüssen für Gerichtskosten und Beweiserhebungen zu befreien.
Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung im Sinne von Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. C. , D. , E. und F. sind daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.
Anwendbares Prozessrecht
Seit dem 1. Januar 2011 gilt in der Schweiz eine neue, Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO), welche die bis anhin gültigen kantonalen Zivilprozessordnungen ablöst. Bei Verfahren, die bei Inkrafttreten des neuen Gesetzes rechtshängig sind, bleibt das bisherige Verfahrensrecht und damit die Zivilprozessordnung des Kantons Zürich (ZPO/ZH) sowie das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) weiterhin bzw. bis zum Abschluss vor der betroffenen Instanz anwendbar (Art. 404 Abs. 1 ZPO). Für die anderen Verfahren, die - wie das vorliegende - am
1. Januar 2011 noch nicht rechtshängig waren, kommt die Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO) und das kantonale Gerichtsorganisationsgesetz (GOG) zur Anwendung.
Beurteilung des Gesuchs
Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung einer Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtspräsident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident die unentgeltliche Rechtspflege bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.
Gemäss Art. 118 Abs. 1 ZPO umfasst die unentgeltliche Rechtspflege die Befreiung von Vorschussund Sicherheitsleistungen (lit. a), die Befreiung von den Gerichtskosten (lit. b) sowie die Bestellung eines Rechtsbeistandes, wenn dies zur Wahrung der Rechte notwendig ist (lit. c). Die Gesuchstellerin beantragt vorliegend ausdrücklich, einzig von der Pflicht zur Leistung von Vorschüssen für Gerichtskosten und Beweiserhebungen befreit zu werden (Urk. 1 S. 1).
Nach Eingang des Schlichtungsgesuches kann die Schlichtungsbehörde von der klagenden Partei gemäss Art. 98 ZPO einen Vorschuss verlangen. Aus Billigkeitsgründen kann die Schlichtungsbehörde ganz teilweise auf die Einforderung eines Kostenvorschusses verzichten (Honegger, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zü- rich/Basel/Genf 2010, N 3 zu Art. 207). Wird ein Kostenvorschuss verlangt, so setzt die Schlichtungsbehörde eine entsprechende Frist an (Art. 101 Abs. 1 ZPO). Wird der Kostenvorschuss auch innert Nachfrist nicht geleistet, tritt die Schlichtungsbehörde auf das Gesuch nicht ein (Art. 101 Abs. 3 ZPO).
Soweit aus den eingereichten Unterlagen ersichtlich wurde im vorliegenden Schlichtungsverfahren kein Kostenvorschuss verlangt. Das Gesetz sagt zwar nichts darüber aus, in welchem Zeitpunkt ein Kostenvorschuss verlangt werden
soll. Da jedoch bei Nichtleisten des Vorschusses innert einer Nachfrist auf das Schlichtungsgesuch nicht eingetreten wird (Art. 101 Abs. 3 ZPO) und die Schlichtungsverhandlung innert zwei Monaten seit Eingang des Gesuches stattzufinden hat (Art. 203 Abs. 1 ZPO), sollte ein allfälliger Kostenvorschuss spätestens im Zeitpunkt der Vorladung verlangt werden. Die Vorladung für die Schlichtungsverhandlung erfolgte am 5. Mai 2011 und enthält keinen diesbezüglichen Hinweis. Auch die Gesuchstellerin machte in ihrer Eingabe vom 13. Mai 2011 nicht geltend, es sei ein Kostenvorschuss für das Schlichtungsverfahren verlangt worden. Wie bereits ausgeführt bewilligt der Obergerichtspräsident die unentgeltliche Rechtspflege bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens. Da die Schlichtungsbehörde vorliegend keinen Kostenvorschuss verlangt hat, besteht seitens der Gesuchstellerin kein Interesse an einer Befreiung von Vorschusspflichten für das Schlichtungsverfahren. Auf ihr entsprechendes Gesuch ist deshalb nicht einzutreten. Es ist der Gesuchstellerin jedoch unbenommen, mit Einreichung der Klage beim zuständigen Gericht erneut ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege bzw. um Befreiung von Vorschusspflichten zu stellen.
Kosten und Rechtsmittel
Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.
Wird die unentgeltliche Prozessführung ganz teilweise abgelehnt entzogen, so kann der Gesuchsteller den Entscheid mit Beschwerde gemäss Art. 121 ZPO beim Obergericht anfechten. Dass vorliegend der Obergerichtsprä- sident über das Gesuch befindet, vermag daran nichts zu ändern. Der Obergerichtspräsident fällt in diesem Verfahren einen erstinstanzlichen Entscheid i.S.v. Art. 319 lit. b ZPO und fungiert nicht als obere kantonale Instanz, gegen deren Entscheide lediglich ein Rechtsmittel ans Bundesgericht gegeben wäre.
Die Gegenpartei in der Hauptsache verfügt im vorliegenden Verfahren nicht über Parteistellung. Ihr steht aber gegen den Entscheid betreffend unentgeltlicher
Rechtspflege die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO offen, sofern ihr ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil droht.
Es wird erkannt:
Auf das Gesuch um Befreiung von der Pflicht zur Leistung von Vorschüssen für Gerichtskosten und Beweiserhebungen wird nicht eingetreten.
Dieses obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.
Schriftliche Mitteilung an
den Vertreter der Gesuchstellerin
das Friedensrichteramt B.
die Gegenpartei im Hauptverfahren
je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheides beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).
Zürich, 14. Juni 2011
OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. A. Gürber
versandt am:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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