Zusammenfassung des Urteils VO110047: Obergericht des Kantons Zürich
Der Gesuchsteller A. reichte beim Obergericht des Kantons Zürich ein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung ein, nachdem er zuvor ein Schlichtungsgesuch betreffend Schadenersatz und ungerechtfertigter Bereicherung gegen einen Rechtsanwalt eingereicht hatte. Das Gericht wies das Gesuch ab, da A. seine finanziellen Verhältnisse nicht ausreichend darlegte und sein Rechtsbegehren als aussichtslos eingestuft wurde. Die Gerichtskosten betragen CHF 0. Die verlorene Person ist männlich.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VO110047 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | Verwaltungskommission |
Datum: | 21.06.2011 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege |
Schlagwörter: | Gesuch; Recht; Gesuchs; Gesuchsteller; Rechtspflege; Einkommen; Obergericht; Verfahren; Obergerichts; Gericht; Einkommens; Obergerichtspräsident; Schlichtungsverfahren; Entscheid; Kantons; Friedensrichteramt; Hinsicht; Schweiz; Zivilprozessordnung; Beurteilung; Mittellosigkeit; Mitwirkungspflicht; Akten; Prozessführung; Übereinkommen; Instanz; Einreichung; Anspruch; Bedürftigkeit |
Rechtsnorm: | Art. 113 ZPO ;Art. 117 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 121 ZPO ;Art. 145 ZPO ;Art. 404 ZPO ;Art. 62 OR ;Art. 99 ZPO ; |
Referenz BGE: | 120 Ia 179; 69 I 160; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
Verwaltungskommission
Geschäfts-Nr.: VO110047-O/U
Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident Dr. H.A. Müller sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Zweifel
Urteil vom 21. Juni 2011
in Sachen
Gesuchsteller
betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Erwägungen:
Ausgangslage
Mit Eingabe vom 30. April 2011 reichte A. (nachfolgend: Gesuchsteller) beim Friedensrichteramt B. ein Schlichtungsgesuch betreffend eine Schadenersatzforderung sowie eine Forderung aus ungerechtfertigter
Bereicherung nach Art. 62 OR gegen Rechtsanwalt lic. iur. C.
ein.
Gleichzeitig beantragte er in prozessualer Hinsicht die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung (act. 3/1).
Mit Eingabe vom 5. Mai 2011 stellte der Gesuchsteller sodann beim Präsidenten des Obergerichts des Kantons Zürich ein Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Prozessführung für das Verfahren vor dem Friedensrichteramt und ersuchte um die nötigen erforderlichen Unterlagen wie das Lugano- übereinkommen und das Haager Übereinkommen (act. 1).
Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.
Anwendbares Prozessrecht
Seit dem 1. Januar 2011 gilt in der Schweiz die neue Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO), welche die bis anhin gültigen kantonalen Zivilprozessordnungen ablöst. Bei Verfahren, die bei Inkrafttreten des neuen Gesetzes rechtshängig sind, gilt das bisherige Verfahrensrecht und damit die Zivilprozessordnung des Kantons Zürich (ZPO/ZH) sowie das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) weiterhin bzw. bis zum Abschluss des Verfahrens vor der betroffenen Instanz anwendbar (Art. 404 Abs. 1 ZPO). Für die anderen Verfahren, die - wie das Vorliegende - am 1. Januar 2011 noch nicht rechtshängig waren, kommen die Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO) und das kantonale Gerichtsorganisationsgesetz (GOG) zur Anwendung.
Beurteilung des Gesuchs
Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtsprä- sident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident die unentgeltliche Rechtspflege bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.
Bei der Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen. Einerseits sind die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten - anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt und können deshalb bereits bei einem relativ geringen Überschuss des Einkommens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden. Anderseits braucht es ganz besondere Umstände, damit die Bestellung eines Rechtsbeistandes im Schlichtungsverfahren gemäss Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO als notwendig erscheint.
Gemäss Art. 117 ZPO hat eine Person Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt, bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es dem Gesuchsteller nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen.
Ein Gesuchsteller hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung seines Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfas-
send darzulegen - es trifft ihn bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt ein Gesuchsteller dieser Mitwirkungspflicht nicht nur ungenügend nach und kann als Folge davon seine Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179). Zur Prü- fung, ob Bedürftigkeit vorliegt, sind die Umstände im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs zu würdigen, d.h., massgebend ist die wirtschaftliche Situation zur Zeit der Gesuchstellung. Dabei sind sämtliche finanziellen Verpflichtungen sowie die Einkommensund Vermögenssituation des Gesuchstellers zu berücksichtigen (BGE 120 Ia 179; BGE 118 Ia Regeste).
Hinsichtlich seiner Einkommensund Vermögensverhältnisse hat der Gesuchsteller vorliegend im zu den Akten gereichten Antragsformular Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Prozessführung angegeben, er erhalte AHV-Beiträge in der Höhe von (monatlich) Fr. 1'819.- sowie Zusatzleistungen in der Höhe von (monatlich) Fr. 1'835.-, verfüge ansonsten über kein Einkommen und sei vermögenslos (act. 2). Zudem hat er einen Steuerausweis des Jahres 2008 ins Recht gelegt, worin für das betreffende Jahr ein satzbestimmendes Einkommen von Fr. 11'800.- angegeben ist (act. 3/2). Hinsichtlich seiner Verpflichtungen hat der Gesuchsteller in besagtem Antragsformular den monatlichen Mietzins mit Fr. 1'161.- beziffert (act. 2). Überdies hat er Betreibungsregisterauszüge sowie einen Verlustschein ins Recht gereicht (act. 3/3, 3/5, 3/6). Ersteren ist zu entnehmen, dass der Gesuchsteller seit Jahren betrieben wird.
Trotz der Einreichung dieser Belege sind die Einkommensund Vermögensverhältnisse des Gesuchstellers nicht ausreichend klar, um über eine Mittellosigkeit entscheiden zu können. Der Steuerausweis (act. 3/2) beziffert das Einkommen für die Steuerperiode 2008 zwar mit Fr. 11'800.-. Hierbei handelt es sich jedoch um das steuerbare Einkommen, nicht aber um das Nettoerwerbseinkommen, welches für die Frage der Mittellosigkeit von Bedeutung wäre. Hinzu kommt, dass der Gesuchsteller im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht die aktuelle finanzielle Situation darzustellen hat. Der Steuerausweis gibt die Einkommensverhältnisse vor drei Jahren wieder und kann damit nicht mehr als aktuell bezeichnet werden. Hinsichtlich der Angaben des Gesuchstellers im ausgefüllten Antragsformular (act. 2) fehlt es sodann an den notwendigen Unterlagen, welche diese belegen könnten. Folglich hat der Gesuchsteller seine finanziellen Verhältnisse unzureichend dargelegt und ist er somit seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Bereits deshalb ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen.
Auch die weitere Voraussetzung der fehlenden Aussichtslosigkeit ist vorliegend nicht erfüllt. Als aussichtslos sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können (vgl. z.B. BGE 69 I 160). Zur Vornahme der Prüfung ist auf die vorhandenen Akten abzustellen (vgl. auch BSK ZPORüegg, Art. 117 N 20).
Der Gesuchsteller hat zwar die beim Friedensrichteramt eingereichte Klageschrift zu den Akten gereicht (act. 3/1), woraus hervorgeht, dass er seinem damaligen Rechtsvertreter ungenügende Mandatsführung sowie absichtliche Rechtsverweigerung vorwirft und eine Rückforderung von ungerechtfertigt bezahltem Honorar sowie eine Forderung aus Schadenersatz geltend macht. Er unterlässt es jedoch aufzuzeigen, weshalb bzw. inwiefern der damalige Rechtsvertreter das Mandat fehlerhaft geführt haben soll. Weder sind die Vorwürfe ausreichend belegt noch geht aus den vorhandenen Akten hervor, um was es in der Sache konkret geht. Damit muss das Begehren als aussichtslos bezeichnet werden und ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege auch aus diesem Grund abzuweisen.
Der Gesuchsteller ist schliesslich darauf hinzuweisen, dass die schweizerischen Gesetze und die die Schweiz betreffenden internationalen Übereinkommen, namentlich das von ihm genannte Lugano Übereinkommen, auf
dem Internet kostenlos bezogen werden können (www.admin.ch bzw. www.admin.ch/dokumentation/gesetz/index.html?lang=de ).
Kosten und Rechtsmittel
Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.
Wird die unentgeltliche Rechtspflege ganz teilweise abgelehnt entzogen, so kann der Gesuchsteller den Entscheid mit Beschwerde gemäss Art. 121 ZPO beim Obergericht anfechten. Dass vorliegend der Obergerichtspräsident über das Gesuch befindet, vermag daran nichts zu ändern. Der Obergerichtspräsident fällt in diesem Verfahren einen erstinstanzlichen Entscheid i.S.v. Art. 319 lit. b ZPO und fungiert nicht als obere kantonale Instanz, gegen deren Entscheide lediglich ein Rechtsmittel ans Bundesgericht gegeben wäre.
Es wird erkannt:
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen.
Dieses obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.
Schriftliche Mitteilung an den Gesuchsteller und an das Friedensrichteramt B. , je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).
Zürich, 21. Juni 2011
OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH
Der Obergerichtspräsident: Die Gerichtsschreiberin:
Dr. H.A. Müller lic. iur. A. Zweifel
versandt am:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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