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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VB170005)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:VB170005
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VB170005 vom 31.05.2017 (ZH)
Datum:31.05.2017
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 1C_483/2017
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um Gerichtsstandsverlegung
Zusammenfassung:Die Gesuchstellerin hat beim Obergericht des Kantons Zürich eine Aufsichtsbeschwerde eingereicht, um sämtliche Prozesse am Bezirksgericht Meilen, an denen sie und ihr Ehemann beteiligt sind, an ein anderes Gericht zu verweisen. Das Gesuch wird als unbegründet abgewiesen, da keine Aussicht auf Erfolg besteht. Die Verwaltungskommission des Obergerichts ist für die Behandlung des Gesuchs zuständig. Es wird festgestellt, dass die Gesuchstellerin nicht spezifiziert hat, welche Verfahren überwiesen werden sollen, und daher auf das Gesuch nicht eingetreten wird. Die Kosten werden der Gesuchstellerin auferlegt.
Schlagwörter: Gericht; Bezirksgericht; Meilen; Gesuch; Verfahren; Obergericht; Verwaltungskommission; Prozesse; Verfahren; Ausstand; Ehemann; Beschluss; Obergerichts; Bezirksgerichts; Kantons; Gesuchs; Rekurs; Richter; Ausstands; Oberrichterin; Parteien; Eingabe; Aufsicht; Ehemannes
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 49 ZPO ; Art. 68 ZPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

Verwaltungskommission

Geschäfts-Nr. VB170005-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. M. Burger, Vizepräsident lic. iur.

M. Langmeier, Oberrichterin Dr. D. Scherrer, Oberrichterin lic. iur.

F. Schorta und Oberrichterin Dr. L. Hunziker sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. C. Heuberger Golta

Beschluss vom 31. Mai 2017

in Sachen

A. ,

Gesuchstellerin

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

Bezirksgericht Meilen,

Gesuchsgegner

betreffend Gesuch um Gerichtsstandsverlegung in Sachen der Parteien A. und B.

Erwägungen:

  1. Verfahrensgang

    1. Am 6. März 2017 liess die Gesuchstellerin bei der Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich eine als Aufsichtsbeschwerde überschriebene Eingabe mit dem Antrag einreichen, dass sämtliche am Bezirksgericht Meilen anhängigen und zukünftigen Prozesse im Zusammenhang mit ihr ihrem Ehemann B. einem anderen, unvoreingenommenen Gericht zuzuweisen seien (act. 1; 2; 3/1-3).

    2. Die notwendigen Akten wurden beigezogen. Das Gesuch erweist sich sogleich als unbegründet, weshalb auf die Einholung einer Gesuchsantwort beim Bezirksgericht Meilen verzichtet werden kann.

  2. Prozessuales

    1. Gemäss § 80 Abs. 1 lit. b GOG i.V.m. § 18 Abs. 1 lit. k Ziff. 1 der Verordnung über die Organisation des Obergerichts (LS 212.51) übt die Verwaltungskommission die Aufsicht über die dem Obergericht unterstellten Gerichte aus. Die Verwaltungskommission ist daher zur Behandlung des vorliegenden Gesuchs zuständig.

    2. Die Gesuchstellerin lässt ihr Gesuch auch für Prozesse ihres Ehemanns stellen. Jede prozessfähige Partei kann sich im Prozess vertreten lassen. Die Vertreterin der Vertreter hat sich durch eine Vollmacht auszuweisen (Art. 68 Abs. 1 und 3 ZPO). Die Gesuchstellerin hat keine Vollmacht ihres Ehemannes eingereicht. Auf die Ansetzung einer Frist zur Nachreichung kann angesichts der Aussichtslosigkeit des Gesuchs verzichtet werden. Auf das Gesuch ist somit vorab nicht einzutreten, soweit es im Namen von B. gestellt worden sein sollte.

  3. Zur Sache

    1. a) Zum besseren Verständnis ist zunächst die Vorgeschichte darzulegen. Die Gesuchstellerin und ihr Ehemann, B. , geb. 1943, sind am Bezirksgericht Meilen nach eigenen Angaben seit vielen Jahren in zahlreiche Prozesse involviert, welche in der Regel durch sie selber angehoben worden sind (act. 1 S. 2 und 4). Bei diesen Prozessen sei es meistens um Auseinandersetzungen mit dem Ehepaar C. gegangen (act. 1 S. 2). B. war in vielen Prozessen, u.a. auch in einem Verfahren betreffend Fürsorgerische Unterbringung (fortan: FU), von Rechtsanwalt Dr. iur. Y. vertreten worden. Nachdem B. mittels einer FU in eine psychiatrische Klinik eingewiesen worden war, erhob die Gesuchstellerin im Rahmen des Verfahrens betreffend Entlassung aus der FU diverse Vorwürfe gegenüber RA Y. . Sie behauptete etwa, RA Y. sei seit dem Jahre 2006 verantwortlich für die drakonische Bestrafung und Verurteilung ihres Ehemannes, nachdem ihm alle Gerichtsprozesse, die er für ihren Mann geführt habe, keinen Erfolg gebracht hätten (vgl. act. 3/1 S. 1), RA Y. habe ihren Mann gedrängt, gegen einen gewissen C. aussichtslos und selbstschädigend zu prozessieren (vgl. act. 4/5 S. 3). Es kam in der Folge zu einem Strafverfahren betreffend Ehrverletzungsdelikte (mehrfache Verleumdung etc.) gegen die Gesuchstellerin mit RA Y. als Privatkläger. Nach Anklageerhebung am Bezirksgericht Meilen (vgl. act. 4/5) trat zunächst die zuständige Einzelrichterin in den Ausstand (act. 3/2), hernach stellte die Gerichtsleitung des Bezirksgerichts Meilen dem Obergericht mit Schreiben vom 10. September 2015 einen Antrag betreffend Umteilung des Strafverfahrens an ein anderes Bezirksgericht (act. 3/1). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass voraussichtlich die Frage,

      wie gut die Prozesse von RA Y.

      für B. geführt worden seien, Thema

      des Strafverfahrens sein werde. Am Bezirksgericht Meilen seien aber die meisten Richter bereits in Verfahren, die Gegenstand des Strafverfahrens werden könnten, involviert gewesen. Es könne somit nicht ausgeschlossen werden, dass ihre Erinnerungen Einfluss auf das Strafurteil haben könnten (act. 3/1 und 3/2). Mit Beschluss der Verwaltungskommission vom 14. Oktober 2015 wurde das Strafverfahren ans Bezirksgericht Zürich überwiesen (act. 3/3).

      1. Zehn Monate später, mit Eingabe vom 5. August 2016, ersuchte die Gesuchstellerin beim Bezirksgericht Meilen um Kraftloserklärung eines auf ihrem Grundstück lastenden Papier-Inhaberschuldbriefs. Es wurde ihr in der Folge Frist angesetzt, um eine Erklärung des allfälligen Gläubigers - C. - einzureichen, in

        welcher dieser bestätigen sollte, dass er weder im Besitz des kraftlos zu erklärenden Schuldbriefes sei, noch an diesem irgendwelche Ansprüche geltend mache. Daraufhin beantragte die Gesuchstellerin den Ausstand der zuständigen Bezirksrichterin lic. iur. D. . Zur Begründung liess sie vorbringen, dass die Richterin ihr trotz Kenntnis des nachhaltig gestörten Verhältnisses Frist ansetze, um eine Bestätigung von C. beizubringen. Dies könne ihr nicht zugemutet werden und sei von vornherein zum Scheitern verurteilt (act. 5/15 S. 3). Auf ihr Gesuch wurde mit Verfügung des Gerichtspräsidenten des Bezirksgerichts Meilen vom

        24. November 2016 nicht eingetreten (act. 5/15). Auf eine dagegen erhobene Be-

        schwerde, in welcher neu grundsätzliche Fragen gestellt wurden (vgl. act. 5/16

        S. 3), trat die II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich mit Beschluss vom 26. Januar 2017 nicht ein (act. 5/19). Dieser Beschluss ist in Rechtskraft erwachsen.

      2. Daraufhin hat die Gesuchstellerin mit Eingabe vom 6. März 2017 bei der Verwaltungskommission nunmehr das vorliegende Gesuch stellen lassen. Zur Begründung lässt sie im Wesentlichen vorbringen, dass sie und ihr Mann bei den Mitgliedern des Bezirksgerichts Meilen offenbar einen bleibenden Eindruck hinterlassen hätten. Sie lässt auf das Umteilungsgesuch der Gerichtsleitung des Bezirksgerichts Meilen vom 10. September 2015 verweisen und ausführen, dass vor wie auch nach dem 10. September 2015 am Bezirksgericht Meilen diverse zivilund strafrechtliche Verfahren angehoben worden seien, bei denen sie und ihr Ehemann und Exponenten der Familie C. als Parteien aufgetreten seien. Bei dieser Ausgangslage stellten sich die grundsätzlichen Fragen, ob die am Bezirksgericht Meilen tätigen Richterinnen und Richter solche Verfahren objektiv und subjektiv neutral und unvoreingenommen beurteilen könnten. Dies sei ihres Erachtens nicht der Fall: Es könne in keiner Weise sichergestellt werden, dass in Verfahren, bei denen sie und ihr Mann involviert seien, nicht zumindest der starke Anschein von Befangenheit bestehe. Es sei diesbezüglich von einer systematischen Befangenheit der Mitglieder des Bezirksgerichts Meilen auszugehen. Folgerichtig sei auch für allfällige zukünftige Verfahren mit ihrer Beteiligung derjenigen ihres Ehemannes ein anderes, unvoreingenommenes Gericht als zustän- dig zu bezeichnen (act. 1 S. 2 f.).

    2. a) Eine Gerichtsperson tritt in den Ausstand, wenn sie aus den in Art. 47 Abs. 1 lit. a-e ZPO genannten aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft Feindschaft mit einer Partei ihrer Vertretung, befangen sein könnte (Art. 47 Abs. 1 lit. f ZPO). Eine Partei, die eine Gerichtsperson ablehnen will, hat dem Gericht unverzüglich ein entsprechendes Gesuch zu stellen, sobald sie vom Ausstandsgrund Kenntnis erhalten hat (Art. 49 Abs. 1 ZPO). Kann ein Gericht infolge Ausstands nicht mehr durch den Beizug von Ersatzmitgliedern besetzt werden ist der Beizug von solchen nicht angebracht, so überweist die Aufsichtsbehörde die Streitsache einem anderen Gericht gleicher sachlicher und funktionaler Zuständigkeit (§ 117 GOG).

  1. Voraussetzung einer Überweisung an ein anderes Gericht ist somit zunächst das Vorliegen einer bestimmten Streitsache. Nicht möglich ist die generelle Zuweisung eines von den gesetzlichen Bestimmungen abweichenden Gerichtsstandes im Hinblick auf bloss mögliche zukünftige Gerichtsverfahren (vgl. Beschluss der Verwaltungskommission vom 1. Oktober 2010, Prozess-Nr. VV100039-O,

    S. 2). Es fehlt dabei an einem Rechtsschutzinteresse und damit einer Prozessvoraussetzung (Art. 59 Abs. 1 und 2 lit. a ZPO). Insoweit ist auf das Gesuch nicht einzutreten.

  2. Die Gesuchstellerin lässt auch nicht bezeichnen, welches bestimmte welche bestimmten Verfahren sie überwiesen haben möchte. Eine Überweisung wä- re zudem nur dann zu prüfen, wenn sämtliche Gerichtsmitglieder bezüglich des der betreffenden Verfahren ihren Ausstand erklärt hätten und die Besetzung auch nicht mehr mit Ersatzmitgliedern möglich angebracht wäre. Es liegen aber keinerlei Ausstandserklärungen vor; im Gegenteil hat die am Bezirksgericht Meilen soweit ersichtlich zuletzt mit einem Prozess der Gesuchstellerin befasste Bezirksrichterin lic. iur. D. erklärt, dass ein Ausstandsgrund nicht auszumachen sei (act. 5/15 S. 5). Das Gesuch ist deshalb abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

  3. Sollte die Gesuchstellerin mit ihrem Gesuch in allen am Bezirksgericht Meilen pendenten Verfahren Ablehnungsgesuche gegen alle Gerichtspersonen stellen wollen, so hätte sie dies nicht bei der Verwaltungskommission, sondern beim Be-

zirksgericht Meilen beantragen müssen (Art. 49 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 127 lit. c GOG), wie sie dies zuletzt auch korrekt getan hat (vgl. act. 5/15 S. 2). Auf eine Überweisung dieses Gesuchs ans Bezirksgericht Meilen kann indes zufolge Aussichtslosigkeit verzichtet werden. Falls überhaupt von einem rechtzeitig - nämlich unverzüglich - gestellten Gesuch auszugehen wäre, wäre es auch materiell abzuweisen. Wie bereits ausgeführt, ging es im umgeteilten Strafverfahren voraussichtlich um die Art und Weise der Mandatsausübung von RA Y. von am Bezirksgericht Meilen auftrags B. durchgeführten Verfahren (vgl. act. 3/2

S. 2; act. 3/3 S. 4). Nur betreffend diese Frage erschienen diejenigen Gerichtsmitglieder, welche in entsprechenden Verfahren mitgewirkt allenfalls davon gehört hatten, befangen, wie die Verwaltungskommission mit Beschluss vom

14. Oktober 2015 festhielt (act. 3/3 S. 4). Für spätere pendente Gerichtsverfahren unter Beteiligung der Gesuchstellerin gilt nicht das gleiche. Solange solche Prozesse nicht Thema eines anderen (Straf-)Verfahrens am Bezirksgericht Meilen sind, ist a priori kein Anschein der Befangenheit der Mitglieder des Bezirksgerichts Meilen ersichtlich.

  1. Kostenfolgen

    1. Die Kosten sind ausgangsgemäss der Gesuchstellerin aufzuerlegen (§ 83 Abs. 3 GOG i.V.m. Art. 106 ZPO; § 20 GebV OG). Entschädigungen sind keine zu entrichten.

    2. Hinzuweisen ist sodann auf das Rechtsmittel des Rekurses an die Rekurskommission des Obergerichts des Kantons Zürich.

Es wird beschlossen:

  1. Das Gesuch wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

  2. Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 800.- festgesetzt und der Gesuchstellerin auferlegt.

  3. Es werden keine Prozessentschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, je gegen Empfangsschein.

  5. Rechtsmittel :

Ein Rekurs gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids bei der Rekurskommission des Obergerichts, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Rekursschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen.

Zürich, 31. Mai 2017

Obergericht des Kantons Zürich Verwaltungskommission

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. C. Heuberger Golta versandt am:

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