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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VB170004)

Zusammenfassung des Urteils VB170004: Obergericht des Kantons Zürich

Der Anzeigeerstatter hat eine Aufsichtsbeschwerde gegen den Bezirksrichter B. eingereicht, da er dessen Handlungen als irrational und willkürlich ansieht. Er fordert auch eine Prüfung einer Strafanzeige wegen Irreführung der Rechtspflege. Die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich behandelt die Beschwerde. Es wird festgestellt, dass die Beschwerde bezüglich des Vorwurfs des Plagiats nicht innerhalb der gesetzlichen Frist eingereicht wurde und daher abgewiesen wird. Die Beschwerde bezüglich des falsch datierten Schreibens wird ebenfalls abgewiesen, da kein grobes Versäumnis des Beschwerdegegners vorliegt. Die Kosten des Verfahrens werden nicht erhoben, und es wird entschieden, dass keine Prozessentschädigungen zu zahlen sind.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VB170004

Kanton:ZH
Fallnummer:VB170004
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VB170004 vom 22.03.2017 (ZH)
Datum:22.03.2017
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Aufsichtsbeschwerde
Schlagwörter: Aufsicht; Anzeige; Aufsichts; Anzeigeerstatter; Beschwerdegegner; Verfahren; Aufsichtsbeschwerde; Obergericht; Verwaltungskommission; Obergerichts; Verfahrens; Kantons; Aufsichtsbehörde; Kopie; Frist; Recht; Beschwerdegegners; Amtsenthebung; Urteil; Bezirksgericht; Akten; Hauser/Schweri/Lieber; Antrag; Oberrichterin; Bülach; Datum; Kammer; Verhalten; Empfang
Rechtsnorm: Art. 108 ZPO ;Art. 31 StGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Hauser, Schweri, Lieber, GOG- Zürich, Basel, Genf, 2012

Entscheid des Verwaltungsgerichts VB170004

Obergericht des Kantons Zürich

Verwaltungskommission

Geschäfts-Nr. VB170004-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. M. Burger, Vizepräsident lic. iur.

M. Langmeier, Oberrichterin Dr. D. Scherrer, Oberrichterin lic. iur.

E. Lichti Aschwanden und Oberrichterin lic. iur. F. Schorta sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu

Beschluss vom 22. März 2017

sowie

  1. ,

    Anzeigeerstatter

    gegen

  2. ,

Beschwerdegegner

betreffend Aufsichtsbeschwerde gegen Bezirksrichter lic. iur. B.

Erwägungen:

I.

    1. Mit Eingabe vom 10. Februar 2017 gelangte A. (fortan: Anzeigeerstatter) an die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich und erhob eine Aufsichtsbeschwerde gegen Bezirksrichter lic. iur. B. (fortan: Beschwerdegegner) des Bezirksgerichts Bülach (act. 1). Zur Begründung brachte er vor, am 10. Februar 2017 habe er ein vom 26. Januar 2017 datiertes Schreiben des Beschwerdegegners erhalten, welches sich auf eine Petition vom 8. Februar 2017 bezogen habe. Dieses Schreiben zeige, dass der Beschwerdegegner irrational und willkürlich handle, weshalb er seines Amtes zu entheben sei. Zudem sei eine Strafanzeige gegen ihn zu prüfen, da der Tatbestand der Irreführung der Rechtspflege erfüllt sei.

    2. Mit Schreiben vom 25. Februar 2017 (act. 8) gab der Anzeigeerstatter seinen Begehren Nachdruck. Zwei weitere Eingaben gingen sodann am

      1. März 2017 ein (act. 9 - 11). Darin brachte der Anzeigeerstatter vor, eine

Amtsenthebung rechtfertige sich auch deshalb, weil es sich beim im Verfahren GG160068-C gefällten Urteil vom 25. Oktober 2016 um ein Plagiat handle (act. 9 und act. 11).

    1. Bereits am 17. Februar 2017 ersuchte die Verwaltungskommission das Bezirksgericht Bülach um Zustellung des massgeblichen Schreibens vom

      26. Januar 2017. Anlässlich eines Telefonats mit dem Beschwerdegegner stellte dieser eine Kopie des nicht unterzeichneten Dokuments in Aussicht, mit der Anmerkung, dass das Datum des Schreibens inzwischen auf den

      9. Februar 2017 geändert worden sei. Das unterzeichnete Exemplar sei dem Anzeigeerstatter zugestellt worden, über eine Kopie davon verfüge er nicht (act. 2).

    2. Im Weiteren zog die Verwaltungskommission die Akten, Verfahrensnummer GG160068-C, bei (act. 7), welche sich bei der I. Strafkammer des Oberge-

richts des Kantons Zürich befanden. Das massgebliche Schreiben vom

26. Januar 2017 bzw. 9. Februar 2017 war darin nicht enthalten.

3. Nach § 83 Abs. 2 GOG stellt die Aufsichtsbehörde die Aufsichtsbeschwerde den Betroffenen zur schriftlichen Vernehmlassung zu, wenn sie sich nicht sofort als unbegründet erweist. Da dies - wie im Folgenden zu zeigen sein wird - der Fall ist, kann auf eine Vernehmlassung verzichtet werden.

II.

Gemäss § 80 Abs. 1 lit. b GOG i.V.m. § 18 Abs. 1 lit. k der Verordnung über die Organisation des Obergerichts (LS 212.51) übt die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich die Aufsicht über die dem Obergericht unterstellten Gerichte und nach § 80 Abs. 2 GOG die mittelbare Aufsicht über die den Bezirksgerichten unterstellten Behörden aus (vgl. auch Hauser/Schweri/Lieber, GOG-Kommentar, Zürich/Basel/Genf 2012, § 80 N 1 und § 84 N 1). Die Verwaltungskommission ist daher zur Behandlung der Beschwerde zuständig.

III.

    1. Verletzen Mitglieder von Gerichtsbehörden Amtspflichten, kann bei der unmittelbaren Aufsichtsbehörde innert zehn Tagen seit Kenntnisnahme der Amtspflichtverletzung schriftlich Aufsichtsbeschwerde erhoben werden. Die Aufsichtsbehörde ordnet die notwendigen Massnahmen an (§ 82 Abs. 1 und 2 GOG, 83 Abs. 1 GOG). Aufgabe der Aufsichtsbehörde ist es somit, durch Gebrauch ihrer Aufsichtsund Disziplinargewalt auf entsprechende Anzeige hin ein ordnungsund rechtswidriges Verhalten einer Justizperson zu ahnden (sog. administrative Beschwerde) eine unrechtmässige unzweckmässige Anordnung aufzuheben bzw. abzuändern (sog. sachliche Beschwerde).

    2. Als Anzeige kann eine administrative Aufsichtsbeschwerde grundsätzlich von jedermann erhoben werden. Der Anzeigeerstatter gilt im Verfahren jedoch nicht als Verfahrenspartei, denn dieses betrifft nur eine Angelegenheit zwischen der Aufsichtsbehörde und dem Beaufsichtigten. Es ist der anzeigeerstattenden Person daher weder vom Ausgang des Verfahrens Mitteilung zu machen noch steht ihr die Legitimation zur Ergreifung eines Rechtsmittels zu (Hauser/Schweri/Lieber, a.a.O., § 82 N 44 f.). Eine administrative Aufsichtsbeschwerde verpflichtet die Aufsichtsbehörde sodann nicht zur Anhandnahme eines Verfahrens. Weitere Abklärungen sind jedoch dann angezeigt, wenn offensichtlich objektiv begründete Hinweise auf eine Verfehlung und damit ein öffentliches Interesse an der Aufklärung des Fehlverhaltens bestehen, sich weitere Abklärungen somit geradezu aufdrängen (vgl. Hauser/Schweri/Lieber, a.a.O., § 82 N 36 und N 43 ff.).

    3. Der Anzeigeerstatter beantragt die Amtsenthebung des Beschwerdegegners, weshalb die vorliegende Beschwerde administrativer Natur ist.

  1. Was den Vorwurf des Plagiarismus in Bezug auf das im Verfahren GG160068-C gefällte Urteil vom 25. Oktober 2016 anbelangt, so ist die Rü- ge vom 27. Februar 2017 (act. 9) nicht innert der gesetzlich vorgesehenen Frist von zehn Tagen seit Kenntnisnahme der geltend gemachten Amtspflichtverletzung vorgebracht worden. Gemäss dem aktenkundigen Empfangsschein konnte das erwähnte Urteil dem Anzeigeerstatter am

    28. Oktober 2016 zugestellt werden (act. 7/131). Aus der nachfolgenden Korrespondenz mit dem Bezirksgericht Bülach ergibt sich, dass der Anzeigeerstatter unmittelbar nach dessen Empfang Kenntnis vom Inhalt des Urteils erlangt haben musste (act. 7/132-151). Den Vorwurf des Plagiarismus brachte er im Rahmen des vorliegenden Verfahrens erstmals am

    27. Februar 2017 vor (act. 9). Damit hat er die gesetzliche Frist von zehn Tagen im Sinne von § 83 Abs. 1 GOG nicht eingehalten, weshalb auf die Aufsichtsbeschwerde insoweit nicht einzutreten ist.

  2. Hinsichtlich der Beanstandung betreffend das Schreiben vom 26. Januar 2017 liegt der Verwaltungskommission lediglich eine nicht unterzeichnete

    Version mit abgeändertem Datum - dem 9. Februar 2017 statt dem ursprünglichen 26. Januar 2017 - vor. Darin teilte der Beschwerdegegner dem Anzeigeerstatter mit, dass er gegen ihn am 25. Januar 2017 zwecks Fristenwahrung einen Strafantrag gestellt habe, weshalb er unmittelbar nach Wiedereingang der sich aktuell bei der I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich befindenden Akten des Verfahrens GG160068-C in den Ausstand treten werde. Bis dahin würden im erwähnten Verfahren keine Amtshandlungen getroffen (act. 3). Zwar könnte die Verwaltungskommission den Anzeigeerstatter anhalten, eine Kopie des ihm zugestellten Schreibens ins Recht zu reichen, um über eine Kopie des Originalexemplars zu verfü- gen. Dies erweist sich jedoch nicht als notwendig, da dies am Ausgang des Verfahrens ohnehin nichts ändern würde. Denn selbst wenn mit dem Anzeigeerstatter davon ausgegangen würde, der Beschwerdegegner habe das massgebliche Schreiben falsch datiert, so würde dies eine Amtsenthebung keinesfalls rechtfertigen. Bereits der Umstand, dass der Beschwerdegegner das Datum nachträglich korrigiert hat, lässt darauf schliessen, dass es sich bei der Falschdatierung um ein blosses Versehen und nicht um ein absichtliches Vorgehen handelte. Gründe, welche für eine bewusste Falschdatierung sprächen, bringt denn auch der Anzeigeerstatter nicht vor. Ein grobes Versehen, welches die Amtsenthebung des Beschwerdegegners die Anordnung anderweitiger aufsichtsrechtlicher Massnahmen rechtfertigen wür- de, liegt somit nicht vor. Hinzuweisen bleibt der Beschwerdegegner jedoch darauf, dass es in Fällen von fehlerhaft datierten Schreiben angebrachter erschiene, diese in Form einer Kopie so zu den Akten zu nehmen, wie sie versandt wurden, und in einer Aktennotiz auf das Versehen aufmerksam zu machen.

  3. Was sodann die Rüge des Anzeigeerstatters betrifft, allein zur Fristwahrung reiche man keinen Strafantrag ein, weshalb wohl der Tatbestand der Irrefüh- rung der Rechtspflege erfüllt sei (act. 1), so ist davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner in seinem Schreiben vom 9. Februar 2017 bzw.

    26. Januar 2017 wohl auf die dreimonatige Strafantragsfrist im Sinne von

    Art. 31 StGB Bezug nahm, während der Anzeigeerstatter von einer anderen,

    möglicherweise im hängigen Prozess laufenden Frist ausging. Da nicht bekannt ist, aufgrund welches strafbaren Verhaltens des Anzeigeerstatters der Beschwerdegegner den Strafantrag gestellt hat, kann dies indes nicht abschliessend beurteilt werden. Jedenfalls ist ein aufsichtsrechtlich relevantes Verhalten des Beschwerdegegners aber nicht ersichtlich.

  4. Abschliessend ist damit festzuhalten, dass die Aufsichtsbeschwerde abzuweisen ist, soweit darauf einzutreten ist.

  5. Im Weiteren besteht unter diesen Umständen keine Veranlassung, gestützt auf § 167 GOG eine Strafanzeige einzureichen.

IV.

  1. Im Verfahren betreffend administrative Aufsichtsbeschwerde sind gemäss gängiger Praxis des Obergerichts keine Kosten zu erheben, sofern diese nicht mutwillig erhoben wurde (§ 83 Abs. 3 GOG i.V.m. Art. 108 ZPO, § 20 GebV OG). Die Kosten fallen daher ausser Ansatz. Prozessentschädigungen sind keine zu entrichten.

  2. In Änderung der bisherigen Praxis steht dem betroffenen Beschwerdegegner gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel zur Verfügung (Hauser/Schweri/Lieber, a.a.O., § 83 N 7).

Es wird beschlossen:

  1. Die Aufsichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

  2. Die Kosten fallen ausser Ansatz.

  3. Es werden keine Prozessentschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung, gegen Empfangsschein, an den Beschwerdegegner.

Act. 7 wird an die I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich retourniert.

Zürich, 22. März 2017

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Verwaltungskommission Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu

versandt am:

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