Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VB160025 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | Verwaltungskommission |
Datum: | 22.11.2017 |
Rechtskraft: | Weiterzug an die Rekurskommission, KD170008 |
Leitsatz/Stichwort: | Aufsichtsbeschwerde gegen die Verfügung vom 13. Dezember 2016 (EK162082-.../Z1) |
Zusammenfassung: | Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Fall betreffend die A1 AG in Liquidation eine Aufsichtsbeschwerde behandelt. Die Beschwerdeführerin beanstandete, dass das Konkursgericht ohne rechtliche Grundlage ein Verfahren eröffnet habe. Das Obergericht stellte fest, dass die Beschwerdegegner ihre Amtspflichten verletzt haben und die Verfügung vom 13. Dezember 2016 als nichtig qualifizierte. Die Beschwerdeführerin obsiegte mit ihrem Antrag 1, während Antrag 2 abgewiesen wurde. Die Gerichtskosten wurden auf Fr. 1'000.- festgesetzt, wobei die Kosten des Verfahrens auf die Gerichtskasse genommen wurden. Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin erhält eine reduzierte Entschädigung. Der Beschluss wurde am 22. November 2017 vom Obergericht des Kantons Zürich gefällt. |
Schlagwörter: | Verfahren; Aufsicht; Aufsichts; Beschwer; Konkurs; Gericht; Beschwerdegegner; Verfahrens; Aufsichtsbeschwerde; Verfügung; Über; Überschuldung; Antrag; Rechtsmittel; Konkursgericht; Aufsichtsbehörde; Akten; Obergericht; Überschuldungsanzeige; Entscheid; Geschäft; Revisionsstelle; Konkurseröffnung; Frist; Amtspflicht; Pflicht |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ; Art. 116 ZPO ; Art. 145 ZPO ; Art. 319 ZPO ; Art. 66 ZPO ; Art. 725 OR ; Art. 728 OR ; Art. 728c OR ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Hauser, Schweri, Lieber, GOG- Zürich, Basel, Genf , 2012 |
Obergericht des Kantons Zürich
Verwaltungskommission
Geschäfts-Nr. VB160025-O/U
Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. M. Burger, Vizepräsident lic. iur.
M. Langmeier, Oberrichterin Dr. D. Scherrer, Oberrichterin lic. iur.
E. Lichti Aschwanden und Oberrichterin lic. iur. F. Schorta sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu
Beschluss vom 22. November 2017
in Sachen
Anzeigeerstatterin und Beschwerdeführerin
handelnd durch den Verwaltungsrat
vertreten durch Fürsprecher und Notar X.
gegen
2 vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. Y. Beschwerdegegner
betreffend Aufsichtsbeschwerde gegen die Verfügung vom 13. Dezember 2016 (EK162082- /Z1)
Erwägungen:
Mit Urteil vom 27. September 2016 widerrief das Nachlassgericht des Bezirksgerichts D. im Verfahren EC150025- die der A1. AG am
11. März 2016 bewilligte definitive Nachlassstundung und eröffnete über diese den Konkurs (act. 15/147). Ein dagegen erhobenes Rechtsmittel wies das Obergericht des Kantons Zürich im Verfahren PS mit Beschluss und Urteil vom 31. Oktober 2016 ab und erklärte die Konkurseröffnung über die
A1.
AG in Nachlassstundung auf denselben Tag (act. 15/163). In der
Folge eröffnete das Konkursgericht D. unter der Verfahrensleitung von
Ersatzrichter lic. iur. B.
(fortan: Beschwerdegegner 1) das Verfahren
EK162082- betreffend Überschuldungsanzeige in Sachen der A. AG
(vor der Löschung: A.
AG in Liquidation; fortan: Beschwerdeführerin)
und erliess am 13. Dezember 2016 eine Verfügung, in welcher der Revisionsstelle der A.
AG eine Frist angesetzt wurde, um zur gerichtlichen
Feststellung, dass es ihre Pflicht sei, im Falle der Überschuldung der obgenannten Aktiengesellschaft das Gericht zu benachrichtigen (Art. 728 Abs. 3 OR), Stellung zu nehmen. Die Verfügung wurde von der Gerichtsschreiberin
MLaw C.
(fortan: Beschwerdegegnerin 2) unterzeichnet (act. 3/1 =
13/2). Das Konkursgericht begründete seine Vorgehensweise zusammengefasst damit, aufgrund der Konkurseröffnung über die A1.
AG werde
die Beschwerdeführerin als Aktionärin der besagten Aktiengesellschaft ihre Beteiligungen abschreiben müssen. Zudem bestünden wegen der erwähnten Konkurseröffnung erhebliche Zweifel an der Werthaltigkeit der Immaterialgüterrechte der Beschwerdeführerin. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass bei ihr grössere Korrekturen gemacht werden müssten und daher eine Überschuldung vorliege.
Gegen diese Verfügung liess die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom
27. Dezember 2016 beim Obergericht des Kantons Zürich eine Aufsichtsbeschwerde im Sinne von § 82 des Gerichtsorganisationsgesetzes einreichen und folgende Anträge stellen (act. 1 S. 2):
1. Es sei festzustellen, dass die Beschwerdegegner mit Eröffnung des Verfahrens Geschäfts-Nr. EK162082- /Z1 und Erlass der Verfügung vom 13. Dezember 2016 ihre Amtspflicht verletzt haben.
Die Beschwerdegegner seien anzuweisen, das Verfahren Geschäfts-Nr. EK162082- /Z1 unverzüglich einzustellen und die Akten zu vernichten resp. die dafür erstellten elektronischen Dateien unwiderruflich zu löschen, unter Auferlegung der Kosten an den Kanton Zü- rich.
Mit Verfügung vom 1. März 2017 (act. 5) stellte die Aufsichtsbehörde die Aufsichtsbeschwerde den Beschwerdegegnern zur schriftlichen Vernehmlassung zu (§ 83 Abs. 2 GOG). Die Frist wurde auf entsprechendes Gesuch hin bis zum 22. März 2017 erstreckt (act. 7). Mit Schreiben vom 15. März 2017 wiesen die Beschwerdegegner darauf hin, dass sie im Rahmen ihrer Stellungnahme auf verschiedene Verfahren Bezug nehmen wollten, in wel-
chen die Beschwerdeführerin und die A1.
AG Partei gewesen seien,
weshalb sie das Gericht darum ersuchten, ihre Entbindung vom Amtsgeheimnis zu prüfen (act. 8). In der Folge wurde den Beschwerdegegnern die Frist gemäss der erwähnten Verfügung am 21. März 2017 abgenommen (act. 9). Nachdem sie mit Beschlüssen vom 4. April 2017, Verfahrensnummern VP170063-O und VP170064-O, insoweit vom Amtsgeheimnis entbunden worden waren, als sie ermächtigt worden waren, im Rahmen ihrer Stellungnahme im hiesigen Verfahren und in allfälligen Rechtsmittelverfahren
auf andere am Bezirksgericht D.
durchgeführte Verfahren Bezug zu
nehmen (act. 10/1-2), wurde den Beschwerdegegnern mit Verfügung vom
10. April 2017 eine neue Frist zur Stellungnahme angesetzt (act. 11). Innert Frist gingen die folgenden Anträge ein (act. 12):
1. Auf die Aufsichtsbeschwerde vom 27. Dezember 2016 sei nicht einzutreten.
Eventualiter sei der Antrag 1 abzuweisen und der Antrag 2 als gegenstandslos erledigt abzuschreiben.
Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdeführerin.
Am 17. April 2017 zeigte die Beschwerdegegnerin 2 an, dass sie neu durch
Rechtsanwältin Dr. iur. Y.
vertreten werde (act. 16). Mit Verfügung
vom 10. Juli 2017 wurde der Beschwerdeführerin eine Kopie der Beschwerdeantwort zur Kenntnisnahme zugestellt (act. 19).
Die Akten des Verfahrens des Konkursgerichts D. , Verfahrensnummer EK162082- , wurden beigezogen (act. 13/1-10).
Gemäss ebenfalls beigezogenem Handelsregisterauszug wurde die A. AG in Liquidation inzwischen gelöscht (SHAB-Datum: tt.mm.2017, act. 20).
1. Gemäss § 80 Abs. 1 lit. b GOG i.V.m. § 18 Abs. 1 lit. k der Verordnung über die Organisation des Obergerichts (LS 212.51) übt die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich die Aufsicht über die dem Obergericht unterstellten Gerichte und nach § 80 Abs. 2 GOG die mittelbare Aufsicht über die den Bezirksgerichten unterstellten Behörden aus (vgl. auch Hauser/Schweri/Lieber, GOG-Kommentar, Zürich/Basel/Genf 2012, § 80 N 1). Die Verwaltungskommission ist daher zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde zuständig.
Verletzen Mitglieder von Gerichtsbehörden Amtspflichten, kann bei der unmittelbaren Aufsichtsbehörde Aufsichtsbeschwerde erhoben werden. Diese ordnet die notwendigen Massnahmen an (§ 82 Abs. 1 und 2 GOG). Aufgabe der Aufsichtsbehörde ist es, durch Gebrauch ihrer Aufsichtsund Disziplinargewalt auf entsprechende Anzeige hin ein ordnungsund rechtswidriges Verhalten einer Justizperson zu ahnden (sog. administrative Beschwerde) eine unrechtmässige unzweckmässige Anordnung aufzuheben bzw. abzuändern (sog. sachliche Beschwerde).
Die sachliche Aufsichtsbeschwerde ist subsidiär zu allfälligen Rechtsmitteln. Ist gegen den fraglichen Entscheid ein Rechtsmittel ein anderweitiger Rechtsbehelf gegeben, so ist dessen Überprüfung durch die Aufsichtsbehörde demnach nicht möglich (vgl. dazu Näheres unter Ziffer II.6.1). Steht jedoch kein Rechtsmittel zur Verfügung und ist auf die sachliche Aufsichtsbeschwerde einzutreten, prüft die Aufsichtsbehörde nicht die materielle Richtigkeit des angefochtenen Entscheides, sondern einzig die Frage, ob sich die Auffassung der Vorinstanz als offensichtlich haltlos mutwillig erweise bzw. ob sie qualifiziert falsch sei. Die Aufsichtsbehörde nimmt damit nicht eine rechtsmittelartige materielle Prüfung des Entscheides vor, sondern schreitet nur dann ein, wenn sich der angefochtene Entscheid geradezu als Amtspflichtverletzung erweist, vergleichbar mit einem sonstigen Verhalten eines Richters, welches die Aufsichtsbehörde im Falle einer administrativen Beschwerde diesem gegenüber zur Vornahme aufsichtsrechtlicher Massnahmen veranlassen würde (vgl. zum Ganzen Hauser/Schweri/Lieber, a.a.O., § 82 N 11, 23 und 30 f.).
Eine administrative Aufsichtsbeschwerde kann als Anzeige grundsätzlich von jedermann erhoben werden. Der Anzeigeerstatter gilt im Verfahren jedoch nicht als Verfahrenspartei, denn dieses betrifft nur eine Angelegenheit zwischen der Aufsichtsbehörde und dem Beaufsichtigten. Es ist der anzeigeerstattenden Person daher weder vom Ausgang des Verfahrens Mitteilung zu machen noch steht ihr die Legitimation zur Ergreifung eines Rechtsmittels zu (Hauser/Schweri/Lieber, a.a.O., § 82 N 44 f.). Eine administrative Aufsichtsbeschwerde verpflichtet die Aufsichtsbehörde nicht zur Anhandnahme eines Verfahrens. Weitere Abklärungen sind jedoch dann angezeigt, wenn offensichtlich objektiv begründete Hinweise auf eine Verfehlung und damit ein öffentliches Interesse an der Aufklärung des Fehlverhaltens bestehen, sich weitere Abklärungen somit geradezu aufdrängen (vgl. Hauser/Schweri/Lieber, a.a.O., § 82 N 36 und N 43 ff.).
Die Beschwerdeführerin richtet ihre Aufsichtsbeschwerde gegen die Verfügung des Konkursgerichts D.
vom 13. Dezember 2016 (act. 1 S. 2).
Die vorliegende Beschwerde ist demzufolge sachlicher Natur.
Die Beschwerdeführerin begründet ihre Anträge zusammengefasst damit, die Beschwerdegegner hätten das Verfahren EK162082- ohne Überschuldungsanzeige der Beschwerdeführerin von sich aus eröffnet. Hierbei handle es sich um ein gesetzeswidriges Vorgehen. Indem die Beschwerdegegner namens einer angeblichen Gesuchstellerin ein Verfahren eröffnet hätten und Verfügungen an Dritte versenden würden, verletzten sie eindeutig ihre Kompetenzen und Amtspflichten. Es könne für die Beschwerdeführerin sehr stark geschäftsschädigend sein, wenn das angebliche Verfahren betreffend Überschuldungsanzeige publik werde. Das Verfahren müsse daher unverzüglich eingestellt werden, wobei sämtliche Dokumente zu vernichten seien.
Die Beschwerdegegner führen zur Begründung ihrer Anträge aus (act. 12), die Verfügung vom 13. Dezember 2016 hätte mittels ordentlicher Beschwerde angefochten werden können, weshalb auf die Aufsichtsbeschwerde aufgrund ihrer Subsidiarität nicht einzutreten sei. Eventualiter sei die Aufsichtsbeschwerde abzuweisen. Vorab sei darauf hinzuweisen, dass die Revisionsstelle der Beschwerdeführerin am 13. März 2017 eine Überschuldungsanzeige eingereicht habe. Am tt.mm.2017 sei über die Beschwerdeführerin der Konkurs eröffnet worden. Antrag 2 sei damit gegenstandslos geworden. Grund für die Eröffnung des Verfahrens EK162082- sei die Konkurseröffnung über die Tochtergesellschaft der Beschwerdeführerin durch das Obergericht des Kantons Zürich gewesen. Trotz der bilanzierten Aktiven von über Fr. 87 Mio. per Ende 2015 habe das Konkursverfahren mangels Aktiven eingestellt werden müssen. Entsprechend sei davon auszugehen, dass die Revisionsstelle die Bilanz nicht genügend genau geprüft habe. Die Mutterund die Tochtergesellschaft hätten dieselbe Revisionsstelle mandatiert. Die Organe der Tochtergesellschaft hätten sodann im Verfahren betreffend Nachlassstundung widersprüchliche und unzutreffende Angaben gemacht und die Weisung des Sachwalters missachtet. Trotz Verfü- gungsbeschränkung hätten sie sodann ohne schriftliche Zustimmung des Sachwalters Verfügungen über das Vermögen vorgenommen. Im Weiteren sei unbefugterweise eine Zahlung an die Beschwerdeführerin getätigt worden, wobei man versucht habe, dies zu verbergen. Zudem hätten Tochter-
gesellschaften während der Nachlassstundung der A1.
AG hohe Management Fees und Lizenzgebühren an die Beschwerdeführerin bezahlt,
obwohl sie gegenüber der A1. AG viel ältere Forderungen gehabt hät- ten. Aufgrund dieser Sachlage hätten sie, die Beschwerdegegner, mit der Eröffnung des Verfahrens EK162082- keine Pflichtverletzung begangen. Vielmehr sei die Verfahrenseröffnung zum Schutze der Gläubiger notwendig gewesen.
Vorab stellt sich die Frage, ob die Beschwerdeführerin ihre Vorbringen auf dem ordentlichen Rechtsmittelweg hätte geltend machen müssen, wovon insbesondere die Beschwerdegegner ausgehen (act. 12).
Wie dargelegt ist die sachliche Aufsichtsbeschwerde subsidiär zu allfälligen Rechtsmitteln. Ist gegen den fraglichen Entscheid ein Rechtsmittel gegeben, so ist dessen Überprüfung durch die Aufsichtsbehörde grundsätzlich nicht möglich, da Rechtsprechungsakte nur durch die rechtsprechende Gewalt im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens überprüft werden dürfen. Der Aufsichtsbehörde steht es demnach nicht zu, die Gesetzesmässigkeit der Rechtsprechung durchzusetzen (Hauser/Schweri/Lieber, a.a.O., § 82 N 11).
Den Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin zufolge beantragt diese die Einstellung des Verfahrens mit der Prozessnummer EK162082- sowie die Vernichtung der Akten bzw. die unwiderrufliche Löschung der elektronischen Dateien (act. 1 S. 2). Die Löschung eines Verfahrens als solches bzw. die Vernichtung der Akten und der elektronischen Daten können nicht Gegenstand eines ordentlichen Rechtsmittels im Sinne der ZPO sein. Vielmehr werden mit diesen einzig die betreffenden Entscheide, gegen welche sich die Beschwerde richtet, angefochten und im Falle einer Gutheissung aufgehoben (vgl. die Wortlaute in Art. 308 und 319 ZPO, wonach sich die Berufung bzw. Beschwerde gegen Entscheide richtet). Hingegen kann selbst im Falle der Gutheissung einer Beschwerde keine Annullation des Verfahrens samt Vernichtung der physischen und elektronischen Daten bewirkt werden. Damit aber fällt vorliegend eine Beschwerde im Sinne von Art. 319 ZPO, wie dies die Beschwerdegegner geltend machen, ausser Betracht, weshalb auf die Aufsichtsbeschwerde insoweit einzutreten ist.
Legitimiert zur Einreichung einer Aufsichtsbeschwerde im Sinne von § 82 GOG sind in erster Linie die Parteien selbst, wenn sie eine Beschwer bzw. ein rechtlich geschütztes Interesse an der Beschwerdeführung aufweisen. Die Beschwerdelegitimation steht indes auch Dritten zu, welche am Prozess zwar nicht als Partei teilnehmen, welche in diesem aber involviert sind und durch die Amtshandlung des Richters in ihren Rechten verletzt werden (Hauser/Schweri/Lieber, a.a.O., § 83 N 6).
In der Verfügung vom 13. Dezember 2016 (act. 13/2) setzte das Konkursgericht D. zwar der Revisionsstelle der Beschwerdeführerin eine Frist zur Stellungnahme an, als Partei im Verfahren führte es jedoch als Gesuchstellerin die Beschwerdeführerin selbst auf. Als direkte Verfahrensbeteiligte war diese zur Erhebung der vorliegenden Aufsichtsbeschwerde legitimiert.
Die Möglichkeit, als Partei einen Prozess vor einem schweizerischen Gericht zu führen, setzt - auch im aufsichtsrechtlichen Beschwerdeverfahren nach
§ 82 ff. GOG - deren Parteifähigkeit im Sinne von Art. 66 ZPO i.V.m. § 83 Abs. 3 GOG voraus. Über die Beschwerdeführerin wurde zwar am tt.mm.2017 der Konkurs eröffnet, und im Oktober 2017 wurde sie im Handelsregister gelöscht. Letzterer Umstand ändert indes nichts daran, dass ihre Vorbringen, welche teilweise begründet sind (vgl. dazu nachfolgend), in der Folge zu prüfen sind, zumal die Aufsichtsbehörde auch befugt ist, von Amtes wegen tätig zu werden.
Die Beschwerdeführerin beanstandet das eigenmächtige Vorgehen des Konkursgerichts, ohne dass diesem eine Überschuldungsanzeige durch die zuständigen Organe vorausgegangen sei. Das Konkursgericht habe sie, ohne dass sie je ein entsprechendes Gesuch gestellt hätten, im Verfahren als Gesuchstellerin des Verfahrens EK162082- aufgenommen (act. 1 S. 3).
Der angefochtenen Verfügung des Konkursgerichts D.
zufolge wurde
die Beschwerdeführerin zwar als Gesuchstellerin ins Rubrum eingetragen. Weder aus den Erwägungen des Konkursgerichts D. in der besagten Verfügung, noch aus der Stellungnahme der Beschwerdegegner vom
12. April 2017, noch aus den beigezogenen Akten EK162082- ergibt sich jedoch, dass die Beschwerdeführerin als Gesuchstellerin eine entsprechende Überschuldungsanzeige eingereicht hat. Es ist davon auszugehen, dass
das Konkursgericht D.
gestützt auf die ihm bekannte Tatsache, dass
über die A1.
AG als Tochtergesellschaft der Beschwerdeführerin der
Konkurs eröffnet worden war, auf eine allfällige Überschuldung der Beschwerdeführerin schloss, daher ein entsprechendes Verfahren eröffnete und deren Revisionsstelle anhielt, sich zu dieser Vermutung zu äussern (vgl. dazu act. 12 S. 5).
Besteht begründete Besorgnis für eine Überschuldung, muss nach Art. 725 Abs. 2 OR eine Zwischenbilanz erstellt und diese einem zugelassenen Revisor zur Prüfung vorgelegt werden. Ergibt sich aus der Zwischenbilanz, dass die Forderung der Gesellschaftsgläubiger weder zu Fortführungsnoch zu Veräusserungswerten gedeckt sind, hat der Verwaltungsrat den Richter zu benachrichtigen, sofern nicht Gesellschaftsgläubiger im Ausmass dieser Unterdeckung im Rang hinter allen anderen Gesellschaftsgläubigern zurücktreten. Ist die Gesellschaft offensichtlich überschuldet und unterlässt der Verwaltungsrat die Anzeige, so ist diese durch die Revisionsstelle vorzunehmen (Art. 728c Abs. 3 OR). Die Pflicht zur Anzeige einer Überschuldung obliegt damit in erster Linie dem Verwaltungsrat. Es handelt sich um eine unübertragbare und unentziehbare Aufgabe des Gesamtverwaltungsrates im Sinne von Art. 716a Ziff. 7 OR. Subsidiär, bei Untätigbleiben des Verwaltungsrates, obliegt die Pflicht der Revisionsstelle. Nicht zur Überschuldungsanzeige legitimiert sind hingegen die Generalversammlung, einzelne Aktionäre, Gläubiger, Dritte wie Willensvollstrecker sowie Behörden, einschliesslich Gerichtsbehörden. Formelle Voraussetzung für die Aussprechung des Konkurses durch das Gericht ist demnach eine Überschuldungsanzeige durch das zuständige Gesellschaftsorgan. Ohne diese ist ein Eingreifen des Gerichts nicht zulässig, selbst im Falle einer notorischen Überschuldung nicht (Plüss/Facincani-Kunz, Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Art. 725 N 17; BSK OR II-Wüstiner, Art. 725 N 40c; Böckli, Schweizer Aktienrecht, 4. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2009, § 13 N 820 mit weiteren Verweisen; ZK OR Homburger/Hardmeier, Art. 725 N 1254; BGE 99 Ia 10
E. 3b).
Der herrschenden Lehre und Rechtsprechung zufolge darf das Gericht demnach selbst bei offensichtlicher Überschuldung nicht von Amtes wegen tätig werden und die notwendigen Massnahmen, beispielsweise die Konkurseröffnung, anordnen. Die Beschwerdegegner eröffneten vorliegend das Verfahren EK162082- , um die Interessen der Gläubiger zu schützen (act. 12 S. 5). Insoweit sind der Beweggrund und die Motivation zur Geschäftseröffnung zwar nachvollziehbar. Dennoch verletzten sie mit ihrem wohlgemeinten Vorgehen ihre Amtspflichten. Die Beschwerdegegner eröffneten mit dem Geschäft Nr. EK162082- von sich aus und ohne ein entsprechendes Begehren seitens der zuständigen Organe ein Verfahren. Im Rubrum führten sie sodann eine Gesuchstellerin auf, welche zu keinem Zeitpunkt ein Gesuch gestellt hatte und auch sonst in keiner Weise auf die Einleitung eines Verfahrens hingewirkt hatte. Im Betreff gaben sie schliesslich den Begriff Überschuldungsanzeige an, obwohl eine solche von niemandem eingereicht wurde. Beim angelegten Geschäft Nr. EK162082- handelte es sich somit um ein Geschäft, dem jede Grundlage fehlt und nicht hätte eröffnet werden dürfen. Ebenso wenig, wie die abschliessende Prü- fung der Notwendigkeit einer Konkurseröffnung über die Beschwerdeführerin bzw. die Anordnung von anderen Sicherungsmassnahmen Aufgabe der Beschwerdegegner war, waren sie für die Sicherstellung dessen, dass sich die Revisorin der Beschwerdeführerin über ihre Pflichten bewusst war (vgl. act. 13/8), zuständig.
In Gutheissung des Antrags 1 ist damit festzustellen, dass die Beschwerdegegner das Verfahren Geschäfts-Nr. EK162082- ohne rechtliche Grundlage und unter Verletzung ihrer Amtspflichten eröffnet haben. Demzufolge ist die Verfügung vom 13. Dezember 2016 als nichtig zu qualifizieren, was ebenfalls festzustellen ist. Sanktionen sind hingegen keine anzuordnen, zumal solche auch nicht beantragt wurden und nicht als notwendig erscheinen (act. 1).
Die Beschwerdeführerin ersucht sodann darum, das Konkursgericht
D.
sei anzuweisen, das Verfahren EK162082- einzustellen, die dazugehörenden Akten zu vernichten und die elektronischen Daten zu löschen (act. 1).
Das Verfahren EK162082- wurde mit Urteil vom 4. Januar 2017 als erledigt abgeschrieben (act. 13/8). Der Antrag der Beschwerdeführerin um Einstellung des Verfahrens ist daher als gegenstandslos geworden abzuschreiben (Antrag 2 Teilsatz 1). Zu prüfen bleibt indes das Begehren um Vernichtung der Akten bzw. um Löschung der elektronischen Daten, zumal die zwischenzeitlich erfolgte Konkurseröffnung durch das Gericht in einem anderen Verfahren dieses nicht tangiert (vgl. dazu act. 12 S. 4). Dem besagten Antrag kann nicht entsprochen werden. Zum einen unterliegen Gerichte einer Dokumentationsbzw. Aktenführungspflicht, welche es ihnen generell nicht erlaubt, Akten, auch solche von vollkommen unbegründet eröffneten Verfahren, zu vernichten (vgl. § 130 GOG). Zum anderen dürfen Gerichtsdaten aufgrund der bestehenden Pflicht der Gerichtsmitarbeitenden zur Wahrung des Amtsgeheimnisses ohnehin nicht ohne Weiteres nach aussen bekannt gegeben werden und unterstehen allfällige Akteneinsichtsgesuche von Dritten den strengen Anforderungen von § 131 Abs. 3 GOG, weshalb eine Schädigung des Rufes der Beschwerdeführerin wenig wahrscheinlich ist. Eine Vernichtung der Akten sowie eine Löschung der elektronisch gespeicherten Daten kommt damit nicht in Frage. Der Antrag 2, 2. Teilsatz, ist demnach abzuweisen.
Die Gerichtsgebühr für das vorliegende Verfahren ist auf Fr. 1'000.- festzusetzen. Die Beschwerdeführerin obsiegt mit ihrem Antrag 1. Hingegen unterliegt sie mit ihrem Antrag 2, 2. Teilsatz. In Bezug auf Antrag 2, 1. Teilsatz, hat sie weder das Verfahren EK162082- noch dessen Gegenstandslosigkeit veranlasst (DIKE Kommentar ZPO-Urwyler, Art. 107 N 8). Es rechtfertigt
sich daher, die Kosten diesbezüglich auf die Gerichtskasse zu nehmen. Damit sind die Kosten für das vorliegende Verfahren zu zwei Dritteln auf die Gerichtskasse zu nehmen. Zu einem Drittel wären sie der Beschwerdeführerin aufzuerlegen. Infolge der zwischenzeitlichen Löschung der Beschwerdeführerin sind jedoch auch diese Kosten auf die Gerichtskasse zu nehmen (§ 83 Abs. 3 GOG i.V.m. Art. 106 f. ZPO, § 20 GebV OG; vgl. auch Art. 116 ZPO i.V.m. § 200 lit. b GOG).
Fürsprecher und Notar X.
ist für seine im vorliegenden Verfahren getätigten Aufwendungen mit einer auf zwei Drittel reduzierten Entschädigung von Fr. 400.- zzgl. 8 % MwSt. aus der Gerichtskasse zu entschädigen (§ 21 AnwGebV [LS 215.3]).
Hinzuweisen ist sodann auf das Rechtsmittel des Rekurses an die Rekurskommission.
Es wird beschlossen:
Der Antrag auf Einstellung des Verfahrens EK162082- (Antrag 2, 1. Teilsatz) wird als gegenstandslos geworden abgeschrieben.
In teilweiser Gutheissung der Aufsichtsbeschwerde wird festgestellt, dass die Beschwerdegegner das Verfahren Geschäfts-Nr. EK162082- in Verletzung ihrer Amtspflichten ohne rechtliche Grundlage eröffnet haben und die Verfügung vom 13. Dezember 2016 damit nichtig ist (Antrag 1).
Im Übrigen (Antrag 2, 2. Teilsatz) wird die Aufsichtsbeschwerde abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr für die Aufsichtsbeschwerde beträgt Fr. 1'000.-.
Die Kosten des vorliegenden Verfahrens werden auf die Gerichtskasse genommen.
Fürsprecher und Notar X. wird für seine Aufwendungen eine reduzierte Entschädigung von Fr. 432.- (inkl. 8 % MwSt.) aus der Gerichtskasse entrichtet.
Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, an:
den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin, zweifach,
den Beschwerdegegner 1,
die Rechtsvertreterin der Beschwerdegegnerin 2, zweifach, für sich und die Beschwerdegegnerin 2,
das Konkursgericht D. zuhanden des Verfahrens EK162082- .
Rechtsmittel :
Ein Rekurs gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids bei der Rekurskommission des Obergerichts, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Rekursschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen.
Zürich, 22. November 2017
OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH
Verwaltungskommission Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. A. Leu
versandt am:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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