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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VB150009)

Zusammenfassung des Urteils VB150009: Obergericht des Kantons Zürich

Der Beschwerdeführer A. verlangte Einsicht in Strafakten, die beim Beschuldigten beschlagnahmt worden waren. Das Bezirksgericht Winterthur wies das Gesuch ab, worauf A. Beschwerde einreichte. Die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich behandelte die Beschwerde und wies sie ab, da A. kein schutzwürdiges Interesse an der Akteneinsicht nachweisen konnte. Die Gerichtskosten von CHF 500 werden A. auferlegt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VB150009

Kanton:ZH
Fallnummer:VB150009
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VB150009 vom 04.12.2015 (ZH)
Datum:04.12.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Aufsichtsbeschwerde gegen die Verfügung des Bezirksgerichts Winterthur vom 8. April 2015 (DG070102-K)
Schlagwörter: Konkurs; Akten; Bezirksgericht; Interesse; Akteneinsicht; Recht; Winterthur; Verfahren; Verfahren; Gläubiger; Verwertung; Obergericht; Bezirksgerichts; Stellung; Aufsichtsbeschwerde; Motorboot; Beschuldigten; Obergerichts; Anspruch; Liquidation; Kantons; Verwaltungskommission; Parteistellung; Konkursmasse; Konkursamt; Wohnung; Erlös; Verfahrens
Rechtsnorm: Art. 101 StPO ;Art. 106 ZPO ;Art. 260 KG ;Art. 322 ZPO ;
Referenz BGE:110 Ia 85;
Kommentar:
Donatsch, Hans, Schmid, Schweizer, Hansjakob, Lieber, Praxis, Zürich, St. Gallen , Art. 102 StPO, 2013

Entscheid des Verwaltungsgerichts VB150009

Obergericht des Kantons Zürich

Verwaltungskommission

Geschäfts-Nr.: VB150009-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef, Vizepräsident lic. iur.

M. Burger, Oberrichterin Dr. D. Scherrer, Oberrichter lic. iur. M. Langmeier und Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu

Beschluss vom 4. Dezember 2015

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführer

betreffend Aufsichtsbeschwerde gegen die Verfügung des Bezirksgerichts Winterthur vom 8. April 2015 (DG070102-K)

Erwägungen:

I.

  1. Am 27. März 2015 verlangte A.

    (nachfolgend: Beschwerdeführer)

    beim Bezirksgericht Winterthur Einsicht in die Strafakten DG070102-K, namentlich in die Akten betreffend die Verwertung von bestimmten Vermö- genswerten (Motorboot ... und Eigentumswohnung in B. /TI), die beim

    Beschuldigten +C.

    seinerzeit beschlagnahmt worden waren. Mit Verfügung vom 8. April 2015 wies das Bezirksgericht Winterthur das Akteneinsichtsgesuch unter Hinweis auf die fehlende Parteistellung bzw. das fehlende schützenswerte Interesse ab (act. 3). Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde bei der III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich, welche die Eingabe zuständigkeitshalber der Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich zur weiteren Behandlung überwies (act. 1).

  2. Beruft sich eine an einem Gerichtsverfahren nicht beteiligte Drittperson auf einen Anspruch auf Akteneinsicht und wird dieser abgewiesen, so kann sie gegen den negativen Entscheid Aufsichtsbeschwerde erheben (vgl. Hauser/Schweri/Lieber, Kommentar zum zürcherischen Gesetz über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess, Zü- rich/Basel/Genf 2012, § 131 N 12 sowie § 73 N 13; vgl. zum alten Recht auch Hauser/Schweri, Kommentar zum zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetz, Zürich 2002, § 108 N 23). Zuständig zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde ist damit die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich als Aufsichtsbehörde über das Bezirksgericht Winterthur (§ 80 Abs. 1 lit. b GOG i.V.m. § 82 GOG [LS 211.1] sowie § 18 Abs. 1 lit. k der Verordnung über die Organisation des Obergerichts [LS 212.51]).

  3. Gemäss § 84 GOG i.V.m. Art. 322 Abs. 1 ZPO stellt die Rechtsmittelinstanz die Aufsichtsbeschwerde der Gegenpartei zur schriftlichen Stellungnahme zu, es sei denn, die Beschwerde sei offensichtlich unzulässig offensichtlich unbegründet. Da dies - wie im Folgenden zu zeigen sein wird - der Fall ist, kann auf das Einholen einer Stellungnahme verzichtet werden.

  4. Die massgeblichen Akten des Bezirksgerichts Winterthur, DG070102-K, wurden beigezogen (act. 7).

II.

1. Der Beschwerdeführer begründet sein Gesuch um Akteneinsicht ins Verfahren DG070102-K des Bezirksgerichts Winterthur zusammengefasst damit, es sei ihm zwar im besagten Verfahren keine Parteistellung zugekommen, er habe aber an sämtlichen Gerichtsverhandlungen teilgenommen. Er weise ein persönliches Interesse an der Verurteilung der damals Beschuldigten

auf, da er Geschädigter sei. Die D.

in Liquidation habe im besagten

Strafverfahren Parteistellung inne gehabt. Die Beschuldigten schuldeten der Konkursmasse einen Betrag von Fr. 5,3 Mio. Er sei der Ansicht, dass im Strafverfahren alle Gläubiger und das Konkursamt zusammen Partei gewesen seien, weshalb ihm als Gläubiger ein Recht auf Akteneinsicht zustünde. Entgegen der Vorinstanz weise er sodann ein schutzwürdiges Interesse an der Akteneinsicht auf. Er befasse sich schon seit mehreren Jahren mit dem

Konkurs der D.

in Liquidation und habe sehr viel Zeit und Vermögen

investiert. Er habe dem Konkursamt den Auftrag erteilt, beim Beschuldigten

E.

das Vermögen, namentlich sein Haus, zu verarrestieren. Im Rahmen des Verkaufs des Motorbootes und der in B. /TI liegenden

Wohnung des Beschuldigten +C.

sei seitens des vom Bezirksgericht

mit deren Verwertung Beauftragten Vetternwirtschaft betrieben worden. Die

Wohnung von +C.

sei zu sehr guten Konditionen an einen Strohmann

verkauft worden. Die Ehegattin von +C.

wohne noch heute dort. Er,

der Beschwerdeführer, habe dem Konkursamt sein Interesse an der Wohnung und am Boot bekundet, diese aber nie zum Kauf angeboten erhalten. Die Behauptung des Bezirksgerichts Winterthur, die beschlagnahmten Vermögenswerte tangierten in keiner Weise das Konkursverfahren, gehe fehl.

Der Erlös habe sehr wohl einen Einfluss auf den Konkurs, namentlich auf die Konkursdividende. Damit sei ein finanzielles und ideelles Interesse an der Akteneinsicht nachgewiesen (act. 2).

    1. Nach Art. 101 Abs. 3 StPO, welche Bestimmung auch für rechtskräftig abgeschlossene Verfahren zur Anwendung gelangt (Schmid, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, Zürich/St. Gallen 2013, Art. 102 N 11; Brüschweiler in Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Zürich/Basel/Genf 2010, Art. 102 N 1), können Dritte Gerichtsakten in Strafverfahren einsehen, wenn sie ein wissenschaftliches ein anderes schützenswertes Interesse geltend machen und der Einsichtnahme keine überwiegenden öffentlichen privaten Interessen entgegenstehen. Als Dritte gelten Personen, die am Verfahren weder als Partei noch als Parteioder Behördenvertreter beteiligt waren und welchen auch keine Stellung als Rechtsnachfolger zukommt (Hauser/Schweri/Lieber, a.a.O., Art. 131 N 16; BGE 110 Ia 85).

    2. Der Beschwerdeführer macht sinngemäss geltend, als Gläubiger der

      D.

      in Liquidation gelte er im Strafverfahren zusammen mit dem Konkursamt als Partei (act. 2 S. 3). Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Vorab ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer davon abgesehen hat, seine Gläubigerstellung im Konkurs hinreichend darzulegen. Selbst wenn indes eine solche angenommen würde, würde dies an der fehlenden Parteistellung im Strafverfahren nichts ändern. Insbesondere könnte der Beschwerdeführer aus einer allfälligen Stellung der D.

      in Liquidation im

      Strafverfahren als geschädigte Partei nichts zu seinen Gunsten ableiten, da es sich bei ihm um eine von der Konkursitin unabhängige natürliche Person,

      d.h. eine andere Persönlichkeit mit eigenen Rechten und Pflichten, handelt.

      Lediglich in den Fällen von Art. 260 SchKG, wonach jeder Gläubiger berechtigt ist, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet, erfolgt eine Art Eintreten des Gläubigers in die Stellung der Konkursmasse, in dem ihm das Prozessführungsrecht für den abgetretenen Anspruch übertragen

      wird. Die Konkursmasse bleibt jedoch Rechtsträgerin des materiellen Anspruchs (ZR 104 [2005] Nr. 6, E. 4c)bb); Amonn/Walther, Grundriss des Schuldbetreibungsund Konkursrechts, 9. Auflage, Bern 2013, § 47 N 34). Einzig in solchen Fällen überträgt die Konkursmasse dem Abtretungsgläubiger das Prozessführungsrecht für den abgetretenen Anspruch und ermächtigt ihn, anstelle der Masse einen allfälligen Prozess um den Anspruch zu führen. Insoweit stehen dem Abtretungsgläubiger Verfahrensrechte und damit auch das Recht zur Akteneinsicht zu. Ein solcher Fall ist vorliegend mit Blick auf das massgebliche Strafverfahren aber nicht gegeben.

    3. Zu prüfen bleibt damit, ob der Beschwerdeführer aus seiner Stellung als Drittperson ein Recht auf Akteneinsicht ableiten kann. Der Beschwerdefüh- rer begründet sein schutzwürdiges Interesse an der Akteneinsicht damit, die zur Verwertung freigegebenen Objekte, namentlich das Motorboot sowie die Zweizimmerwohnung in B. , seien unter ihrem Wert verkauft worden, wodurch die Konkursdividende zu tief ausgefallen sei. Damit zusammenhängend wirft er dem für die Verwertung zuständigen Beauftragten Vetternwirtschaft vor (act. 2 S. 5 f.).

Wie erwogen, bedarf eine nicht am Verfahren beteiligte Drittperson eines hinreichend schützenswerten Interesses, um Akteneinsicht zu erhalten. Allein aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer Gläubiger im Konkurs der D. in Liquidation ist, kann er kein solches Interesse ableiten. Dem massgeblichen Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom 17. Oktober 2008, DG070102-K, kann entnommen werden, dass das beschlagnahmte Motorboot [ ] sowie die beschlagnahmte Zweizimmerwohnung in B.

durch

die Kasse des Bezirksgerichts Winterthur zu verwerten waren und der Erlös zur Deckung der Verfahrenskosten und der Aufwendungen der amtlichen Verteidigung eingesetzt wurde (act. 7/86 S. 278 f.). Im Strafverfahren wurde demnach die Verwertung der besagten Objekte angeordnet, darüber hinausgehende relevante Angaben zum konkreten Vorgehen bei der Verwertung bzw. zu deren Erlös enthalten die Akten indes nicht. So fehlt es namentlich an Hinweisen, wie die Verwertung im Konkreten ablief und wie

hoch die daraus resultierenden Erlöse für das Motorboot und die Wohnung ausfielen. Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, inwiefern der Beschwerdeführer mit Blick auf den Vorwurf der Vetternwirtschaft aus den Strafakten etwas Relevantes ableiten könnte. Demzufolge ist ihm - entsprechend der Verfügung der Vorinstanz - das schützenswerte Interesse an der Akteneinsicht abzusprechen und ist die Aufsichtsbeschwerde abzuweisen.

III.

  1. Ausgangsgemäss sind Kosten des Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (§ 83 Abs. 3 GOG i.V.m. Art. 106 ZPO, § 20 GebV OG). Prozessentschädigungen sind keine zu entrichten.

  2. Hinzuweisen ist sodann auf das Rechtsmittel der Beschwerde ans Bundesgericht.

Es wird beschlossen:

  1. Die Aufsichtsbeschwerde wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 500.- festgesetzt. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

  3. Es werden keine Prozessentschädigungen entrichtet.

  4. Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, an:

    • den Beschwerdeführer und

    • das Bezirksgericht Winterthur, unter Rücksendung der beigezogenen Akten, DG070102-K.

  5. Rechtsmittel :

Eine allfällige Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (ordentliche Beschwerde) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Zürich, 4. Dezember 2015

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Verwaltungskommission Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu

versandt am:

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