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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:VB120016
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VB120016 vom 05.12.2012 (ZH)
Datum:05.12.2012
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Aufsichtsbeschwerde gegen aufsichtsrechtlichen Beschwerdeentscheid
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 108 ZPO ; Art. 145 ZPO ; Art. 222 ZPO ; Art. 251 ZPO ; Art. 292 StGB ; Art. 326 ZPO ; Art. 405 ZPO ; Art. 656 ZGB ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

Verwaltungskommission

Geschäfts-Nr.: VB120016-O/U

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. R. Naef, Präsident, lic. iur. M. Burger, Vizepräsident, Oberrichterin Dr. D. Scherrer, Oberrichter lic. iur. P. Helm und Oberrichter lic. iur. M. Langmeier sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu

Beschluss vom 5. Dezember 2012

in Sachen

  1. A. ,

  2. B. ,

Beschwerdeführer

1, 2 vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

betreffend Aufsichtsbeschwerde gegen aufsichtsrechtlichen Beschwerdeentscheid des Bezirksgerichts Horgen vom 31. August 2012 (CB120010-F)

Erwägungen:

I.

  1. Die Parteien schlossen am 27. März 2008 einen Pachtvertrag betreffend den

    Bauernhof C.

    mit Land, Wald, dem Wohnhaus Assek.-Nr. , der

    Scheune Assek.-Nr. und dem weiteren Gebäude D. Assek.-Nr. ab. Verpächter waren A. und B. , Pächter E. und F. . Ausserhalb des schriftlichen Pachtvertrages vereinbarten die Parteien, dass die Verpächter so lange im Wohnhaus wohnen bleiben dürften, bis der von ihnen geplante Stöcklibau abgeschlossen sei (vgl. act. 4/2/4 S. 2 f.; vgl. auch act. 2 S. 4 mit Verweis auf act. 3 S. 2 f.). In der Folge zerstritten sich die Parteien und es kam zu einem ersten gerichtlichen Verfahren. Mit Urteil vom 23. September 2010 (Verfahren MB090005) hatte das Mietgericht des Bezirkes Horgen über Kündigungen der Verpächter und widerklageweise über den Antrag der Pächter, die Verpächter zu verpflichten, das Wohnhaus zu verlassen, zu entscheiden. Das Mietgericht wies die Klage der Verpächter ab und verpflichtete diese in Gutheissung der Widerklage, das Wohnhaus an der D. -Strasse ... in G. bis spätestens 31. Mai 2011 zu räumen und zu verlassen. Die dagegen erhobene Berufung ans Obergericht wurde ebenso abgewiesen wie die darauffolgende Beschwerde ans Bundesgericht (act. 4/2/4 S. 3).

  2. Mit Urteil vom 29. November 2011 hatte das Mietgericht des Bezirkes Horgen sodann im Rahmen eines vorsorglichen Massnahmeverfahrens (MB110001) über die Gültigkeit einer erneuten Kündigung des Pachtvertrages durch die Verpächter zu befinden. In Gutheissung des Begehrens ordnete es an, die Verpächter hätten das Wohnhaus Assek.-Nr. , D. - Strasse ..., G. , für die Dauer des Verfahrens nicht zu räumen und zu verlassen (act. 4/6). Am 25. April 2012 entschied das Mietgericht definitiv, die massgebende Kündigung sei ungültig (act. 4/14). Die dagegen erhobene Berufung wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 14. September 2012 ab (act. 4/23). Die erhobene Beschwerde ans Bundesgericht ist

    - soweit dies aus den Akten ergeht - zurzeit noch hängig (act. 4/23).

  3. Bereits mit Verfügung und Urteil vom 15. Dezember 2011 entschied das Einzelgericht im summarischen Verfahren des Bezirkes Horgen sodann, den Verpächtern würde unter Androhung von Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfall befohlen, das von ihnen verpachtete Wohnhaus Assek.-Nr. an der D. -Strasse ... in G. bis spätestens 31. Januar 2012 zu räu- men und zu verlassen. Gleichermassen wurde ihnen befohlen, die Gebäude

    Assek.-Nrn. (Scheune) und (D. ) in G.

    bis spätestens

    31. Januar 2012 zu räumen und zu verlassen und ab sofort nicht mehr zu benutzen und ohne Einverständnis der Pächter zu betreten (act. 4/2/3). Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 20. Januar 2012 ab (act. 4/2/4).

  4. In der Folge verlangten die Pächter gestützt auf besagten Entscheid mit Vollstreckungsbegehren vom 13. März 2012 (act. 4/2/2) beim Gemeindeammannamt die Ausweisung der hiesigen Beschwerdeführer (Verpächter), insbesondere aus dem Wohnhaus Assek. Nr. an der D. -Strasse ..., G. . Diesem Vollstreckungsbegehren entsprach das Gemeindeammannamt G. mit Verfügung vom 23. März 2012 nicht (act. 4/2/1). Der Gemeindeammann kam zum Schluss, der Vollstreckungsanordnung der Ausweisung gegen die Beschwerdeführer gemäss Urteil des Einzelgerichtes des Bezirksgerichtes Horgen vom 15. Dezember 2011 (act. 4/2/3), bestätigt durch das Urteil der II. Zivilkammer des Obergerichts vom 20. Januar 2012 (act. 4/2/4), keine Folge zu leisten. Dies mit der Begründung, den genannten Entscheiden stehe das Urteil des Mietgerichts des Bezirksgerichts Horgen vom 29. November 2011 (act. 4/2/5) betreffend vorsorgliche Massnahmen entgegen und eine Ausweisung im jetzigen Zeitpunkt bewirke für die Beschwerdeführer einen nicht leicht wieder gutzumachenden Nachteil, zumal es den Pächtern zumutbar sei, auf die Bewohnung des Wohnhauses für die Dauer des (damals am Mietgericht des Bezirksgerichtes Horgen noch pendenten) mietgerichtlichen Verfahrens zu verzichten (vgl. act. 4/2/1).

  5. Gegen den Entscheid des Gemeindeammanns erhoben die Pächter mit Eingabe vom 18. April 2012 Aufsichtsbeschwerde bei der Vorinstanz als untere Aufsichtsbehörde gemäss § 81 ff. GOG und beantragten die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Anweisung des Gemeindeammannund Betreibungsamtes G. , den Exmissions-Auftrag vom 13. März 2012 unverzüglich an Hand zu nehmen und zu vollstrecken (act. 4/1 S. 1). Mit Urteil vom 31. August 2012 hiess die Vorinstanz die Beschwerde gut und wies

    das Gemeindeammannamt G.

    an, den Entscheid des Einzelgerichts

    Horgen vom 15. Dezember 2011 zu vollstrecken (act. 3). Dagegen liessen die Beschwerdeführer mit Eingabe vom 14. September 2012 (act. 2) durch ihren Rechtsvertreter rechtzeitig Beschwerde bei der Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich erheben und folgende Anträge stellen (act. 2 S. 2):

    1. Die Vollstreckung sei aufzuschieben.

    1. In Gutheissung der Beschwerde sei die Beschwerde gegen das Gemeindeammannamt G. abzuweisen.

    2. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens seien den Beschwerdeführern und Beschwerdegegnern (in der Folge Beschwerdeführer) aufzuerlegen und sie seien zu verpflichten, die Beschwerdegegner und Beschwerdeführer (in der Folge Beschwerdegegner) prozessual zu entschädigen.

      Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren.

      Mit Eingabe vom 2. Oktober 2012 reichten die Beschwerdeführer einen Kaufvertrag betreffend den fraglichen Landwirtschaftsbetrieb ins Recht (act. 4/21-22).

  6. Mit Beschluss vom 29. Oktober überwies die II. Zivilkammer das Verfahren infolge fehlender Zuständigkeit an die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich zur Behandlung (act. 1).

  7. Auf das Einholen einer Beschwerdeantwort kann in Anwendung von § 83 Abs. 2 GOG verzichtet werden.

II.

  1. Seit dem 1. Januar 2011 gilt in der Schweiz die neue Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO), welche die bis anhin gültigen kantonalen Zivilprozessordnungen ablöst. Nach Art. 405 Abs. 1 ZPO gilt für Rechtsmittel das Recht, das bei der Eröffnung des anzufechtenden Entscheides in Kraft ist. Dies gilt auch für eine Aufsichtsbeschwerde an die obere Aufsichtsbehörde (vgl. § 84 GOG). Das Urteil des Bezirksgerichts Horgen CB120010 datiert vom 31. August 2012, weshalb vorliegend die Schweizerische Zivilprozessordnung sowie das kantonale Gerichtsorganisationsgesetz (GOG) massgebend sind.

  2. Die Beschwerde an die Verwaltungskommission richtet sich gegen ein Urteil des Bezirksgerichts Horgen als untere Aufsichtsbehörde, worin dieses das

    Gemeindeammannamt G.

    anwies, den Entscheid des Einzelgerichts

    Horgen vom 15. Dezember 2011 zu vollstrecken (act. 3 S. 9). Gemäss § 80 lit. b i.V.m. § 84 GOG i.V.m. § 18 lit. k der Verordnung über die Organisation des Obergerichts (LS 212.51) übt die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich die Aufsicht über die dem Obergericht unterstellten Gerichte und nach § 80 Abs. 2 GOG die mittelbare Aufsicht über die den Bezirksgerichten unterstellten Behörden aus (vgl. auch Hauser/Schweri/Lieber, GOG-Kommentar, Zürich/Basel/Genf 2012, § 80 N 1 und § 84 N 1). Die Verwaltungskommission ist daher zur Behandlung der Beschwerde zustän- dig.

  3. Die Beschwerdeführer beantragen die Gewährung der aufschiebenden Wirkung (act. 2 S. 2). Mit der Ausfällung des heutigen Endentscheides erübrigt sich ein Entscheid darüber. Auf die Ausführungen der Beschwerdeführer ist in der Folge - soweit entscheidrelevant - einzugehen.

III.

Zusammengefasst bringen die Beschwerdeführer zur Begründung vor, der Massnahmeentscheid des Mietgerichtes Horgen vom 29. November 2011 betreffend die Nichtausweisung während des mietgerichtlichen Hauptverfahrens sei in Rechtskraft erwachsen, weshalb der Gemeindeammann die Ausweisung zu Recht und in Übereinstimmung mit Art. 73 Abs. 2 Satz 2 der Zürcher Kantonsverfassung (KV/ZH) nicht vorgenommen habe. Weder das Obergericht noch eine Aufsichtsbehörde dürfe sich in die rechtsprechende Tätigkeit eines unteren Gerichts einmischen. Ein rechtskräftiger Entscheid - wie das Urteil des Mietgerichts Horgen vom 29. November 2011 - dürfe sodann von keiner anderen Staatsgewalt, auch nicht vom Gemeindeammannamt G. , aufgehoben werden. Die Vorinstanz habe sich mit dieser verfassungsrechtlichen Problematik nicht auseinandergesetzt. Weiter habe sie sich auch nicht dazu geäussert, dass selbst das Obergericht davon ausgehe, dass bei Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils des Mietgerichts der Ausweisungsrichter dieses Urteil übernehmen müsse. Die Aufsichtsbeschwerde der Pächter sei vor Vorinstanz sodann verspätet eingereicht worden und das Ausweisungsbegehren der Pächter sei zudem rechtsmissbräuchlich, da die Beschwerdeführer den Landwirtschaftsbetrieb an einen Selbstbewirtschafter zu verkaufen gedenken würden, der den Pachtvertrag gestützt auf Art. 15 Abs. 1 und 2 LPG unter Einhaltung einer Frist von einem Jahr auflösen werde (act. 2 S. 4 ff.).

IV.

    1. Die Beschwerdeführer rügen - wie dargelegt - die Beschwerdeanhebung vor Vorinstanz sei nicht rechtzeitig erfolgt (act. 2 S. 5). Gemäss § 81 ff. GOG ist eine Aufsichtsbeschwerde betreffend die Amtsführung eines Gemeindeammanns schriftlich und begründet innert zehn Tagen ab Kenntnisnahme der Amtspflichtverletzung beim örtlich zuständigen Bezirksgericht als Aufsichtsbehörde zu erheben. Ob die Fristen im Beschwerdeverfahren gemäss

      Art. 145 ZPO stillstehen oder nicht, geht aus dem GOG nicht ausdrücklich hervor. § 83 Abs. 3 GOG sieht lediglich die sinngemässe Anwendbarkeit der ZPO vor. Die Aufsichtsbeschwerde nach § 82 ff. GOG, für welche das Gesetz keine bestimmte Verfahrensart normiert, ist mindestens in der Nähe des summarischen Verfahrens einzuordnen: Das GOG nennt - im Unterschied zum ordentlichen und vereinfachten Verfahren der ZPO (dazu Art. 222 f. ZPO respektive Art. 245 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO) - ausser einer schriftlichen Beschwerdeschrift keine weiteren obligatorischen Parteivorträge. Insbesondere eine Beschwerdeantwort (in erster wie zweiter Instanz) ist nur einzuholen, wenn sich die Aufsichtsbeschwerde bzw. das Rechtsmittel nicht sofort als unbegründet erweist (§ 83 Abs. 2 GOG). Wie in § 83 Abs. 3 GOG statuiert, kennt das summarische Verfahren auch den Grundsatz der Untersuchungsmaxime (etwa im so genannten nichtstreitigen Verfahren, vgl. dazu KuKo ZPO-Jent-Sørensen, Art. 248 N 27) und nicht nur die Glaubhaftmachung, sondern auch strengere Beweismassstäbe (etwa bei der definitiven Rechtsöffnung oder beim Konkurs, Art. 251 ZPO i.V.m. Art. 81 bzw. Art. 172 Ziff. 3 SchKG). Auch die kurze erstwie zweitinstanzliche Beschwerdebzw. Rechtsmittelfrist von nur zehn Tagen und die damit offenkundig bezweckte Beschleunigung des Verfahrens ist eine Analogie zum Summarverfahren der ZPO. Entsprechend verneinte das Obergericht für die betreibungsrechtliche Beschwerde (OGer ZH PS110127-O vom 2. August 2011, PS110142-O vom

      8. August 2011), das Verfahren des fürsorgerischen Freiheitsentzuges (OGer ZH NQ110028-O vom 30. Juni 2011) und die Aufsichtsbeschwerde in erbrechtlichen Angelegenheiten (OGer ZH LF110100 vom 24. November 2011) die Geltung der Gerichtsferien. Dies muss auch für Aufsichtsbeschwerden betreffend Gemeindeammannämter gelten (vgl. auch Hauser/Schweri/Lieber, Kommentar zum zürcherischen Gesetz über die Gerichtsund Behördenorganisation im Zivilund Strafprozess, Zü- rich/Basel/Genf 2012, § 83 N 20).

    2. Das Gemeindeammannamt G. nannte zwar in seiner Verfügung vom

23. März 2012 die 10-tägige Beschwerdefrist (act. 4/2/1), ohne jedoch auf das Nichtgelten der Gerichtsferien nach Art. 145 ZPO hinzuweisen (Art. 145

Abs. 3 ZPO). Der fehlende Hinweis muss aufgrund des klaren Wortlauts von Art. 145 Abs. 3 ZPO und infolge der (mindestens bisher) nicht eindeutigen Rechtslage bezüglich der anwendbaren Verfahrensart dazu führen, dass die Beschwerdefrist durch die Gerichtsferien unterbrochen wurde (vgl. auch Merz, DIKE-Komm-ZPO, Art. 145 N 22 ff.). Die Pächter weisen auf act. 4/2/1 den Eingang der angefochtenen Verfügung vom 23. März 2012 am 26. März 2012 aus. Die Beschwerdeschrift vom 18. April 2012 ging am 19. April 2012 bei der Vorinstanz ein (act. 4/1). Die Beschwerdefrist lief nach dem Gesagten am 20. April 2012 ab. Die Vorinstanz ist daher zutreffend von der Rechtzeitigkeit der Beschwerde ausgegangen.

    1. Die Beschwerdeführer verweisen sodann auf die Rechtskraft des Massnahmeentscheids des Mietgerichtes Horgen vom 29. November 2011 (act. 4/2/5) und auf Art. 73 Abs. 2 Satz 2 KV/ZH, welcher festhält, dass ein rechtskräftiger Entscheid einer Gerichtsinstanz von keiner der anderen Gewalten aufgehoben oder geändert werden kann. Art. 73 KV/ZH folgend habe der Gemeindeammann auf einen Vollzug der Ausweisung zu Recht verzichtet (act. 2 S. 4 ff.).

    2. Zum Zusammenspiel des mietrechtlichen Verfahrens über die Gültigkeit der Kündigung vom 31. Oktober 2011 und der gleichzeitig beim Einzelgericht beantragten Ausweisung der Beschwerdeführer kann auf das Urteil der II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 20. Januar 2012 verwiesen werden (act. 4/2/4 S. 10 ff. und 15 f.), worin ausdrücklich und überzeugend dargelegt wurde, dass die Rechtshängigkeit des mietgerichtlichen Verfahrens das mit der Ausweisung befasste Einzelgericht nicht daran hindere, unter Prüfung der Vorfrage der Rechtsgültigkeit der Kündigung des Pachtvertrags per 31. Oktober 2011 über die Ausweisung zu entscheiden. Das Mietgericht des Bezirkes Horgen hielt in seinem Urteil vom

      29. November 2011 das Begehren der hiesigen Beschwerdeführer für nicht völlig aussichtslos und ordnete daher massnahmehalber an, dass die Beschwerdeführer das Wohnhaus Assek.-Nr. für die Dauer des mietgerichtlichen Verfahrens nicht zu räumen und zu verlassen hätten (act. 4/6). Beim

      Erlass vorsorglicher Massnahmen prüft das Gericht nur, ob sich der geltend gemachte Anspruch nach summarischer Prüfung der Rechtsfragen nicht als aussichtslos erweist. Der Entscheid hat in diesem Sinne provisorischen Charakter, da er keine Gewähr für materielle Richtigkeit bietet. Er ist daher von den strengen Wirkungen der materiellen Rechtskraft ausgenommen (vgl. Sutter-Somm/Lötscher in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, ZPO Komm., Art. 257 N 56 f.; Zürcher, DIKE-Komm-ZPO, Art. 261 N 1, 6, Art. 268 N 1; BSK ZPO-Sprecher, Art. 268 N 3 ff.; Spühler/Dolge/Gehri, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 9. Auflage, Bern 2010, § 36 N 204; BSK ZPOOberhammer, Vor Art. 236-242 N 31). Dagegen trifft das Gericht im Verfahren betreffend Rechtsschutz in klaren Fällen unter den Eintretensvoraussetzungen des Vorliegens klaren Rechts und eines unbestrittenen oder sofort beweisbaren, mithin liquiden Sachverhalts in einem abgekürzten Erkenntnisverfahren einen materiellen Entscheid, der volle Rechtskraft erlangt (BSK ZPO-Sprecher, Vor Art. 261-269 N 57; Spühler/Dolge/Gehri, a.a.O., § 36 N 202 f.). Da die Bindungswirkung von Entscheiden in sachverwandten Folgeprozessen nur dann eintritt, wenn die dabei zu behandelnde Vorfrage im Hauptprozess materiell rechtskräftig entschieden wurde (BSK ZPOOberhammer, Vor Art. 236-242 N 36 f.) und dem vorsorglichen Massnahmeentscheid vom 29. November 2011 keine bzw. keine volle materielle Rechtskraft zukommt (BSK ZPO-Sprecher, Art. 268 N 3), war das Einzelgericht im Summarverfahren im Rahmen seiner Entscheidfindung nicht daran gebunden. Soweit die Beschwerdeführer in vorliegender Beschwerde sodann den Entscheid der II. Zivilkammer des Obergerichts vom 20. Januar 2012 kritisieren (act. 2 S. 6), sind sie (mit der Vorinstanz) darauf hinzuweisen, dass dieser - mangels Anfechtung - in Rechtskraft erwachsen ist. Da die Vorinstanz damit zu Recht auf den Entschied der II. Zivilkammer vom

      20. Januar 2012 verweist und diesen überdies zutreffend wiedergibt, sind diesbezüglich keine Weiterungen angezeigt. Im Gegenteil folgt aus Art. 73 Abs. 2 Satz 2 KV/ZH, dass rechtskräftige Gerichtsurteile grundsätzlich von anderen Staatsorganen zu beachten sind (Schmid, in: Häner/Rüssli/Schwarzenbach, Kommentar zur Zürcher Kantonsverfassung, Art. 73 N. 9). Dies gilt

      auch mit Blick auf die Anweisung an das Gemeindeammannamt im rechtskräftigen Ausweisungsentscheid vom 15. Dezember 2011.

    3. Die von den Beschwerdeführern zur Begründung dieses Standpunktes angeführte Dispositivziffer des Massnahmeentscheides vom 29. November 2011 lautet wie folgt (act. 4/6 S. 8):

In Gutheissung des Begehrens der Kläger [heutige Beschwerdeführer] um Erlass vorsorglicher Massnahmen vom 11. August 2011 wird angeordnet, dass die Klä- ger [heutige Beschwerdeführer] das Wohnhaus Assek.-Nr. , D. -Strasse

, G. für die Dauer dieses Verfahrens nicht zu räumen und zu verlassen haben.

Das mit der Ausweisung befasste Einzelgericht gelangte am 15. Dezember 2011 hingegen zu folgendem, durch das Obergericht mit Urteil vom

  1. anuar 2012 bestätigten und in Rechtskraft erwachsenen Entscheid (act. 4/2/3 S. 16 f.):

    1. Den Beklagten [heutige Beschwerdeführer] wird unter Androhung von Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfall befohlen, die von ihnen verpachtete Wohnhaus Assek.-Nr. an der D. -Strasse ... in G. bis spätestens 31. Januar 2012 zu räumen und zu verlassen.

    1. Den Beklagten [heutige Beschwerdeführer] wird unter Androhung von Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfall, insbesondere die Bestrafung nach Art. 292 StGB, befohlen, die Gebäude Assek.-Nrn. (Scheune) und

      (D. ) in G. bis spätestens 31. Januar 2012 zu räumen und zu verlassen und ab sofort nicht mehr zu benutzen und ohne Einverständnis der Kläger [heutige Beschwerdegegner] zu betreten.

    2. Den Beklagten [heutige Beschwerdeführer] wird unter Androhung von Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfall, insbesondere die Bestrafung nach Art. 292 StGB, befohlen, den alten Pferdestall und die vom Vordach des Gebäudes Assek.-Nr. geschützte Fläche bis spätestens 31. Januar 2012 zu räumen und zu verlassen.

    3. Den Beklagten [heutige Beschwerdeführer] wird unter Androhung von Zwangsmassnahmen im Unterlassungsfalle, insbesondere die Bestrafung nach Art. 292 StGB, befohlen, das Füttern der Schafe und des Rindviehs der Kläger [heutige Beschwerdegegner] zu unterlassen.

    4. Das Gemeindeammannamt G. wird angewiesen, diesen Befehl nach Eintritt der Rechtskraft auf Verlangen der Kläger [heutige Beschwerdegegner] zu vollstrecken. Die Kosten für die Vollstreckung sind von den Klägern [heutige Beschwerdegegner] vorzuschiessen, sind ihr aber von den Beklagten [heutige Beschwerdeführer] zu ersetzen.

[ ]

9. Dieser Entscheid ist rechtskräftig. [ ]

Allein der Wortlaut zeigt klar, dass nur Dispositivziffer 5 des Ausweisungsentscheides vom 15. Dezember 2011 überhaupt eine konkrete Anweisung an das Gemeindeammannamt enthält. Das Gemeindeammannamt ist an den gerichtlichen Vollstreckungsbefehl gebunden und es steht ihm nicht zu, die Anweisung des Gerichts hinsichtlich ihrer formellen oder materiellen Voraussetzung zu prüfen (Hauser/Schweri/Lieber, a.a.O., § 81 N 11). Es liegt daher auch nicht in der Befugnis des Gemeindeammannamts, allfällige Widersprüche der Rechtsprechung in sachverwandten Verfahren zu prüfen. Das Gemeindeammannamt wird von den Gerichten jeweils als Hilfsperson mit der Vollstreckung von genau bestimmten Entscheiden beauftragt (§ 147 Abs. 1 lit. b GOG). Somit sind für dieses nur die konkreten Anweisungen des betreffenden Gerichtes bindend. Räumt ihm ein Gericht allenfalls - z.B. in zeitlicher Hinsicht - einen Ermessensspielraum ein oder ergehen unverständliche oder sich widersprechende Anweisungen, hat es im vom Gericht eingeräumten Ermessensrahmen zu vollstrecken bzw. in Fällen unklarer Anweisungen schlimmstenfalls von einer Vollstreckung abzusehen. Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor. Es erging lediglich eine unzweideutige Anweisung, nämlich, dass es den eindeutigen Ausweisungsbefehl des Einzelgerichtes nach Eintritt der Rechtskraft auf Verlangen der Pächter zu vollstrecken habe. Bezüglich des Eintritts der Rechtskraft des Ausweisungsentscheids bzw. des Antrags auf Vollstreckung durch die Pächter ist nichts behauptet oder ersichtlich, was einem anweisungsgemässen Tätigwerden des Gemeindeammannamts entgegenstünde oder diesem im Sinne eines Ermessensentscheides die Möglichkeit einräumen würde, von der Vollstreckung abzusehen. Damit ist das Gemeindeammannamt - wie die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat - zu Unrecht nicht tätig geworden.

  1. Zum behaupteten anstehenden Verkauf reichten die Beschwerdeführer mit Eingabe vom 2. Oktober 2012, und damit nach Ablauf der Beschwerdefrist, einen öffentlich beurkundeten Kaufvertrag mit Begründung eines Wohnrechtes und eines Rückkaufsrechtes vom 1. Oktober 2012 ein (act. 4/2122).

    Im Beschwerdeverfahren gilt (mit wenigen, hier nicht einschlägigen Ausnahmen) ein Novenverbot (Art. 326 ZPO i.V.m. § 83 Abs. 3 GOG). Damit können die nachgereichten Dokumente nicht berücksichtigt werden. Selbst wenn auf den öffentlich beurkundeten Kaufvertrag und die darin enthaltene Erklärung des Erwerbers abzustellen wäre, so könnten die Beschwerdefüh- rer daraus zum jetzigen Zeitpunkt nichts zu ihren Gunsten ableiten. Insbesondere könnten sie sich nicht auf die darin enthaltene Erklärung berufen, die bestehenden Pachtverhältnisse würden nicht übernommen (act. 4/22

    S. 39 f.), zumal die Formgültigkeit eines Grundstückverkaufes nebst der öf- fentlichen Beurkundung des Kaufvertrages eine Grundbucheintragung voraussetzt (Art. 656 ZGB), welche, soweit dies aus den Akten ergeht, noch nicht erfolgt ist; offen ist sodann auch, ob und wann diese stattfinden wird. Damit überzeugen die von den Beschwerdeführern vorgebrachten Ausfüh- rungen zum Rechtsmissbrauch nicht. Im Weiteren steht im Falle eines beabsichtigten Verkaufs eines verpachteten Landwirtschaftsbetriebs ein Auszug der Pächter nicht unmittelbar bevor: Zum einen bedarf die Übertragung einer Bewilligung durch den Kanton (Art. 61 i.V.m. Art. 80 BGBB) und zum anderen müssen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Auflösung eines Pachtvertrags erfüllt sein und die mindestens einjährige Kündigungsfrist sowie eine allfällige Erstreckung von maximal zwei Jahren abgewartet werden (Art. 15 LPG). Abgesehen davon ist vor dem Hintergrund der Ereignisse der letzten Jahre nicht ersichtlich, inwiefern es rechtsmissbräuchlich sein soll, dass die Pächter die Räumung der ihnen rechtskräftig zur alleinigen Benüt- zung zugesprochenen Liegenschaft einverlangen, zumal die Beschwerdeführer bisher selber wider die Anordnungen diverser gerichtlicher Instanzen in der Liegenschaft verbleiben. Diese haben sie bereits vor Jahren an die Pächter verpachtet, womit sie aus eigenem Antrieb das Anrecht der Pächter, in besagtem Wohnhaus selber wohnen zu können, begründet haben.

  2. Abschliessend hat damit die Vorinstanz zutreffend entschieden, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist. Anzumerken bleibt, dass im heutigen Zeitpunkt obergerichtlich feststeht, dass auch die zweite Kündigung des Pachtvertrages durch die Beschwerdeführer in den betreffenden Gerichtsverfahren keinen Bestand hatte (Urteil des Mietgerichts des Bezirksgerichts Horgen vom

25. April 2012 [act. 4/14] und Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 14. September 2012 [act. 4/23]). Das Gemeindeammannamt ist daher entsprechend dem vorinstanzlichen Entscheid verpflichtet, die von den Pächtern beantragte Vollstreckung des Entscheids des Einzelgerichts Horgen vom 15. Dezember 2011 umgehend anhand zu nehmen und die Beschwerdeführer aus besagtem Wohnhaus auszuweisen.

V.

  1. Ausgangsgemäss sind die Kosten des vorliegenden Verfahrens den Beschwerdeführern aufzuerlegen (§ 83 Abs. 3 GOG i.V.m. Art. 108 ZPO, § 20 GebV OG). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen.

  2. Die Verwaltungskommission entscheidet als zweite Aufsichtsbehörde letztinstanzlich über Aufsichtsbeschwerden. Ein kantonales Rechtsmittel dagegen besteht in aller Regel nicht (Hauser/Schweri/Lieber, a.a.O., § 84 N 1 und 3). Vorbehalten bleibt das Rechtsmittel der Beschwerde ans Bundesgericht.

Es wird beschlossen:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird auf Fr. 1'500.- festgesetzt.

  3. Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden den Beschwerdefüh- rern auferlegt.

  4. Für das zweitinstanzliche Verfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, an:

    • den Rechtsvertreter der Beschwerdeführer, dreifach, für sich und die Beschwerdeführer,

    • das Bezirksgericht Horgen,

    • das Gemeindeammannund Betreibungsamt G. ,

      - E. , C. , D. -Strasse ..., G. und F. , C. , D. -Strasse ..., G. sowie

    • die II. Zivilkammer, unter Rücksendung der Akten PS120164.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder

Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Zürich, 5. Dezember 2012

Obergericht des Kantons Zürich Verwaltungskommission

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu versandt am:

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