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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VB120002)

Zusammenfassung des Urteils VB120002: Obergericht des Kantons Zürich

Das Bezirksgericht Meilen verhängte gegen den Beschwerdeführer, einen Gemeindeammann und Betreibungsbeamten, eine disziplinarische Massnahme wegen Datenmanipulationen in der EDV-Datenbank. Der Beschwerdeführer legte Beschwerde ein, um eine aufschiebende Wirkung zu erwirken und die Strafe zu mildern. Die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich übernahm den Fall und gewährte die aufschiebende Wirkung. Nach Prüfung der Pflichtverletzungen und des Verschuldens wurde die Amtseinstellung des Beschwerdeführers auf drei Monate reduziert. Die Gerichtskosten trägt der Beschwerdeführer, der eine reduzierte Prozessentschädigung erhält.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VB120002

Kanton:ZH
Fallnummer:VB120002
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VB120002 vom 23.05.2012 (ZH)
Datum:23.05.2012
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Beschwerde
Schlagwörter: Betreibungs; Pflichtverletzung; SchKG; Sanktion; Vorinstanz; Pflichtverletzungen; Betreibungsbeamte; Beschwerdeführers; Verfehlung; Schuldner; Verfehlungen; Amtseinstellung; Vertrauen; Massnahme; Anordnung; Schwere; Recht; Inspektion; Entscheid; Verwaltung; Gemeinde; Obergericht; Daten; Verfahren; Verfahren; Betreibungsinspektor
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ;Art. 13 KG ;Art. 14 KG ;Art. 325 ZPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Hauser, Schweri, Lieber, Kommentar zum zürcherischen Gesetz über die Gerichtsund Behördenorganisation Zivilund Strafprozess, 2012

Entscheid des Verwaltungsgerichts VB120002

Obergericht des Kantons Zürich

Verwaltungskommission

Geschäfts-Nr.: VB120002-O/U

Mitwirkend: Obergerichtspräsident Dr. H.A. Müller, Oberrichterin D. D. Scherrer, Oberrichter lic. iur. M. Burger, Oberrichter Dr. J. Zürcher und Oberrichter lic. iur. Th. Meyer sowie die Gerichtsschreiberin

lic. iur. A. Leu-Zweifel

Beschluss vom 23. Mai 2012

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführer

vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X.

betreffend Beschwerde gegen ein Urteil des Bezirksgerichts Meilen vom

22. Februar 2012 (BV110018-G) betr. disziplinarische Massnahme. Gesuch um aufschiebende Wirkung.

Erwägungen:

I.

  1. Am 2. November 2011 erstattete das Betreibungsinspektorat gegen den Gemeindeammann und Betreibungsbeamten des Betreibungskreises

    B. , A.

    (nachfolgend: Beschwerdeführer), beim Bezirksgericht

    Meilen einen Antrag auf Anordnung von disziplinarischen Massnahmen (act. 7/1). Zur Begründung brachte es vor, anlässlich der Inspektionen vom

    23. und 28. September 2011 sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer am 22. September 2011 diverse Daten in der EDV-Datenbank mutiert habe, so dass verschiedene Geschäfte auf entsprechenden ControllingListen einen abgeschlossenen und/oder vollzogenen Sachstand aufgewiesen hätten. Die eingetragenen Sachstände hätten aber nicht den tatsächlichen Verfahrensstatus wiedergegeben. Es seien Manipulationen vorgenommen worden.

  2. Mit Urteil vom 22. Februar 2012 erkannte das Bezirksgericht Meilen als untere kantonale Aufsichtsbehörde, der Beschwerdeführer werde mit Wirkung ab 1. März 2012 für die Dauer von sechs Monaten in seinem Amt als Betreibungsbeamter des Betreibungskreises B.

    eingestellt (act. 4 S. 32).

    Dagegen liess der Beschwerdeführer innert Frist eine Aufsichtsbeschwerde an die Zivilkammern des Obergerichts des Kantons Zürich erheben und folgende Anträge stellen (act. 1 S. 2):

    Der Beschwerde sei unverzüglich die aufschiebende Wirkung zu erteilen;

    Der Beschwerdeführer sei mit einer Busse von Fr. 4'000.-, eventualiter mit einer Einstellung im Amt von 10 Tagen zu bestrafen;

    Dem Beschwerdeführer sei für das obergerichtliche Verfahren eine Prozessentschädigung (zzgl. Mehrwertsteuer) zuzusprechen und von einer Kostenauflage sei abzusehen.

  3. Am 7. März 2012 liess der Beschwerdeführer sodann weitere Unterlagen ins Recht reichen (act. 2). Mit Verfügung vom 9. März 2012 überwies die II. Zivilkammer das Verfahren an die Verwaltungskommission des Obergerichts

des Kantons Zürich zur weiteren Behandlung (act. 6). Diese schob die Vollstreckung des Urteils des Bezirksgerichts Meilen vom 22. Februar 2012 im Sinne von Art. 325 Abs. 2 ZPO mit Verfügung vom 13. März 2012 auf und setzte der Vorinstanz Frist zur schriftlichen Stellungnahme an (act. 8). Am

15. März 2012 verzichtete die Vorinstanz auf eine Vernehmlassung (act. 9).

II.

  1. Auf das vorliegende Verfahren gelangen das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, das Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (EG SchKG) vom 26. November 2007 (LS

    281) sowie das Gerichtsorganisationsgesetz (GOG) vom 10. Mai 2010 (LS 211.1) zur Anwendung (vgl. § 17 Abs. 2 EG SchKG).

  2. Die Verwaltungskommission entscheidet als obere kantonale Aufsichtsbehörde über die Anordnung einer disziplinarischen Massnahme gestützt auf Art. 13 SchKG i.V.m. § 17 Abs. 1 EG SchKG i.V.m. § 80 GOG i.V.m. § 18 lit. k der Verordnung über die Organisation des Obergerichts vom 3. November 2010 (LS 212.51).

III.

  1. Dem Antrag auf aufschiebende Wirkung des vorinstanzlichen Entscheids (act. 1 S. 2) wurde mit Verfügung vom 13. März 2012 stattgegeben (act. 8).

  2. Der Beschwerdeführer beanstandet einzig die Art der angeordneten Sanktion, nicht hingegen die dieser zugrunde liegenden Pflichtverletzungen (act. 1 Rz 12 ff.). Damit ist vorliegend einzig darüber zu entscheiden (vgl. Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2 und 3 SchKG). Zur Sanktion der sechsmonatigen Amtseinstellung bringt der Beschwerdeführer vor, deren Festsetzung müsse sich am Grundsatz der Verhältnismässigkeit orientieren. Die bisherigen Inspektionen hätten nie zu Beanstandungen geführt. Die unangekündigte Mitnahme der Buchhaltungsunterlagen durch das Betreibungsinspektorat im Jahre 2010

hätten den Beschwerdeführer stark verunsichert, obwohl die Buchhaltung nicht bemängelt worden sei. Diese Verunsicherung und die übermässige Arbeitsbelastung hätten dazu geführt, dass der Beschwerdeführer die Einträge im Register des Ehepaars C. vor der Inspektion im Jahre 2011 verän- dert habe. Die hier massgebenden Vorfälle beträfen nur ein Ehepaar, in einem Jahr würden aber rund 4'000 Betreibungen eingeleitet. Im Weiteren habe das Bundesgericht in einem Entscheid festgehalten, dass die schwerste Massnahme der Amtsenthebung nur dann zu ergreifen sei, wenn der Betreibungsbeamte unfähig sei, seine Aufgabe zu erfüllen. Die von der unteren Aufsichtsbehörde angeordnete zweitschärfste Sanktion sei nicht verhältnismässig, da sie eine Lohneinbusse des Beschwerdeführers von Fr. 24'000.- zur Folge habe, der Beschwerdeführer einsichtig sei und Reue zeige und zurzeit ein Strafverfahren hängig sei. Die Disziplinarstrafe bezwecke, den Fehlbaren anzuhalten, inskünftig seiner Arbeit wieder korrekt nachzugehen und keine Pflichtverletzungen mehr zu begehen. Die Vorinstanz habe im Rahmen ihrer Entscheidfindung einzig auf die Schwere des Verschuldens abgestellt. Sodann fehle es an einem öffentlichen Interesse, den Beschwerdeführer aus dem Amt zu suspendieren. Schliesslich sei auch der Betreibungsinspektor D. von der Härte des Entscheids überrascht gewesen (act. 1 S. 12 ff.).

    1. Die Vorinstanz begründete die Sanktion zusammengefasst damit, der Beschwerdeführer habe sich durch die langen, nicht vertretbaren Verzögerungen im Rahmen von Betreibungsbzw. Pfändungsverfahren schwerer Pflichtverletzungen schuldig gemacht. Er habe die ihm vorgeschriebenen Handlungen stets zu Lasten der Gläubiger verzögert. Auch die Eintragung falscher Daten sowie die Suggerierung der Unterzeichnung von Pfändungsprotokollen durch den Schuldner stellten schwere Verfehlungen dar, da Protokollen und Registern des Betreibungsamtes der Charakter öffentlicher Urkunden zukäme. Im Weiteren wiege das Verschulden des Beschwerdefüh- rers schwer, da er die Handlungen in voller Kenntnis seiner Pflichten vorgenommen habe. Er sei leichtgläubig gewesen und habe den Zahlungsversprechen des Schuldners geglaubt. Ein Ermessensspielraum bezüglich der

      Vorgehensweise bei einer Zwangsvollstreckung bestehe nicht. Bediene sich der Gläubiger der entsprechenden Mittel, so müsse der Betreibungsbeamte diese umsetzen. Ein gutes Abschneiden bei den Inspektionen müsse sodann durch korrekte Amtsführung und nicht durch Vertuschung von Verfehlungen geschehen. Der Beschwerdeführer habe die Register bewusst mit falschen Angaben versehen und auf den Pfändungsprotokollen falsche Unterschriften angebracht. Zudem nehme er als Leiter des Amtes eine hohe Stellung ein.

    2. Zur Sanktionsart führte die Vorinstanz sodann aus, eine Rüge bzw. Geldstrafe setzten eine nicht schwerwiegende Pflichtverletzung voraus. Eine solche läge nicht vor. Eine Busse von maximal Fr. 1'000.- stelle einen Bruchteil des monatlichen Erwerbs dar und erscheine nicht geeignet, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen und die notwendige Besserung in der Amtsfüh- rung sicherzustellen. Aufgrund der Schwere der Pflichtverletzungen, der weiteren Pflichtverletzung nach der Inspektion, des Vertuschungsversuchs sowie seiner Vorbildfunktion rechtfertige sich eine Amtseinstellung von sechs Monaten (act. 4 S. 23 ff.).

IV.

    1. Der Sinn und Zweck des Disziplinarrechts besteht in der Gewährleistung einer ordnungsgemässen Verwaltungstätigkeit und dient dem einwandfreien Funktionieren der Vollstreckungsbehörden. Disziplinarmassnahmen sollen die Adressaten von der Begehung von Pflichtverletzungen bzw. im Falle von solchen den betreffenden Beamten Angestellten vor weiteren Pflichtverletzungen abhalten. Durch das Sanktionensystem von Art. 14 Abs. 2 SchKG sollen die Integrität und Leistungsfähigkeit der im entsprechenden Sonderstatusbeziehungsweise Dienstverhältnis stehenden Personen sichergestellt und das Vertrauen des Bürgers in eine nach den Grundsätzen der Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Leistungsfähigkeit zuverlässig ablaufende Staatstätigkeit hergestellt werden. Durch die Bedrohung mit

      Sanktionen will das Gesetz abschrecken. Mit einer Sanktion soll damit - primär spezialpräventiv - erreicht werden, dass ein konkret fehlbarer Amtsträ- ger sein Verhalten ändert und sich inskünftig ordnungsgemäss verhält. Disziplinarsanktionen beinhalten jedoch auch eine generalpräventive Wirkung, indem sie Staatsbedienstete abhalten sollen, Disziplinarfehler zu begehen (BlSchK 2006 S. 67 mit weiteren Verweisen).

    2. Die Anordnung von Disziplinarmassnahmen im Sinne von Art. 14 SchKG setzt voraus, dass sich die der Disziplinargewalt unterstehende Person schuldhaft einer schweren Pflichtverletzung schuldig gemacht hat. Bei der Ausfällung der Massnahme ist dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit Rechnung zu tragen. Sie muss geeignet sein, die Erfüllung der Dienstpflicht sowie das gute Funktionieren und die Vertrauenswürdigkeit der Verwaltung sicherzustellen. Ebenso darf sie kein Missverhältnis zwischen Vergehen und Sanktion begründen. Massgebendes Kriterium ist die Schwere der Pflichtverletzung, welche objektiv durch die Bedeutung der verletzten administrativen Interessen und subjektiv durch das Mass des Verschuldens bestimmt wird (Lorandi, Betreibungsrechtliche Beschwerde und Nichtigkeit, Kommentar zu den Artikeln 13-30 SchKG, Basel/Genf/München 2000, Art. 14 N 40; BSK SchKG I-Emmel, Art. 14 N 8). Die Aufsichtsbehörde hat sich mit den Beweggründen der Dienstpflichtverletzung auseinanderzusetzen sowie die Vorgeschichte bzw. das vorausgegangene Verhalten in die Würdigung miteinzubeziehen. Ebenso ist die Stellung des Betroffenen sowie das öffentliche Interesse bezüglich des guten Funktionierens der Verwaltung zu berücksichtigen (BSK SchKG I-Emmel, Art. 14 N 11). Bei der Anordnung der konkreten Massnahme kommt der Aufsichtsbehörde ein weites Ermessen zu. Als mögliche Sanktionen kommen die Rüge, eine Geldbusse bis zu Fr. 1'000.-, die Amtseinstellung für maximal sechs Monate sowie als ultima ratio die Amtsentsetzung in Betracht (Art. 14 Abs. 2 SchKG).

  1. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, setzt die Anordnung einer Disziplinarmassnahme eine schuldhafte Pflichtverletzung voraus (act. 4 S. 18 ff.). Dass sich der Beschwerdeführer einer solchen schuldig gemacht hat,

    bestreitet dieser nicht (act. 1). Gestützt auf die Akten ist damit erstellt, dass sich der Beschwerdeführer nebst zahlreichen Verzögerungen bei der Zustellung von Zahlungsbefehlen, Pfändungsvollzügen sowie in der Ausstellung von Pfändungsurkunden bzw. im Versand von Verlustscheinen der Eingabe von falschen Angaben in Pfändungsurkunden bzw. von falschen Daten im EDV-System sowie der Suggerierung der Unterzeichnung von Pfändungsprotokollen durch Anbringung eines Schriftzeichens anstelle des Schuldners schuldig gemacht hat. Die Vorinstanz bewertete die Pflichtverletzungen des Beschwerdeführers als schwer (act. 4 S. 23 ff.), was vom Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 5. März 2012 nicht bestritten wird (act. 1). Die Qualifikation der Verfehlungen als schwer erscheint denn auch schlüssig. So stellt insbesondere das Anbringen eines als Unterschrift erscheinenden Schriftzeichens auf dem Pfändungsprotokoll der Betreibungen , sowie eine äusserst schwere Pflichtverletzung dar. Der Beschwerdeführer hätte erkennen müssen, dass ein solches Schriftzeichen nicht über dem Hinweis Unterschrift des Schuldners hätte angebracht werden dürfen, hätte es nicht den Eindruck einer Unterschrift erwecken sollen, wie er geltend macht (act. 7/8 S. 2). Aufgrund desselben Schriftbildes der Schriftzeichen auf allen drei Pfändungsprotokollen (vgl. act. 7/2/4/1-3) erscheint diese Erklärung des Beschwerdeführers aber ohnehin wenig glaubhaft. Auch die Verzögerungen bei der Ausstellung von zahlreichen betreibungsrechtlichen Urkunden wie dem Zahlungsbefehl der Pfändungsurkunde stellen aufgrund ihrer Anzahl (act. 4 S. 18 f.) und ihrem zeitlichen Ausmass beträchtliche Verfehlungen dar. Verzögerungen von bis zu elf Monaten sind erheblich, zumal das Gesetz klare Zeitvorgaben bzw. Fristen enthält, die auch für einen Betreibungsbeamten verbindlich sind.

  2. Der Beschwerdeführer lässt sodann vorbringen, er habe die Mutationen betreffend die Schuldner C.

    aus Angst und Verunsicherung vorgenommen. Zudem sei er überlastet gewesen (act. 1 S. 7). Im Falle einer Überlastung hätte der Beschwerdeführer die Möglichkeit gehabt, sich an das Betreibungsinspektorat als vorgesetzte Stelle zu wenden. § 72 und 81 der Verordnung über die Gemeindeammannund Betreibungsämter vom 9. Dezember

    1998 [LS 281.1] sehen explizit vor, dass das Betreibungsinspektorat bei Bedarf zur Hilfe in der Erledigung von Amtsgeschäften angerufen werden kön- ne. Unklar ist sodann auch, weshalb der Beschwerdeführer aufgrund der Kontrolle der Buchhaltung durch den Inspektor im Jahre 2010 derart verunsichert war (act. 1 S. 7), dass er in der Folge Datenmanipulationen vornahm, wurden doch damals keine Ungereimtheiten festgestellt. Dass der Beschwerdeführer die Änderungen im EDV-System bzw. das Anbringen von Schriftzeichen auf den Pfändungsprotokollen daher aufgrund seiner Verunsicherung bzw. Angst vorgenommen hat, erscheint wenig überzeugend. Selbst Arbeitsüberlastung und Verunsicherung vor einer Inspektion hätten jedoch keinen Einfluss auf die Schwere der Pflichtverletzungen gehabt, zumal sich der Beschwerdeführer aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit über seine Pflichten bewusst und sich über die Konsequenzen im Falle der Verletzung im Klaren sein musste. Gleiches gilt hinsichtlich der für die langen Verzögerungen angefügten Erklärung des Beschwerdeführers, der Schuldner habe ihm immer wieder glaubhaft zugesichert, er könne den geschuldeten Betrag auftreiben (act. 7/12 S. 3). Dass Schuldner versuchen, Betreibungsverfahren mittels Zusicherungen von ausstehenden Zahlungen in die Länge zu ziehen, kommt immer wieder vor und muss einem langjährigen Betreibungsbeamten bekannt sein. Spätestens nach einem wiederholten solchen Vorgehen seitens der hier massgebenden Schuldner hätte der Beschwerdeführer erkennen müssen, dass es sich um leere Versprechen handelt und keine Zahlungen geleistet würden. Wenn die Vorinstanz das lange Zuwarten des Beschwerdeführers unter diesen Umständen als leichtgläubig bezeichnete (act. 4 S. 25), so ist dies nicht zu beanstanden. Es ist sodann nicht ersichtlich, weshalb der Beschwerdeführer aus der Tatsache, dass die Schuldner C. ein Einfamilienhaus an sehr guter Lage besitzen, folgerte, sie könnten ihre Schulden in angemessener Zeit begleichen (act. 1 S. 8), waren sie doch gerade nicht liquide und vermochte der Besitz eines Hauses daran - zumindest kurzfristig - nichts zu ändern. Dies musste der Beschwerdeführer erkennen. Damit ist festzuhalten, dass die Pflichtverletzungen und das Verschulden des Beschwerdeführers als schwer zu qualifizieren sind.

  3. Entgegen der Darstellung des Beschwerdeführers (Urk. 1 S. 9) hat die Vorinstanz ihrem Entscheid sodann nebst den Pflichtverletzungen auch seine berufliche Funktion sowie spezialund generalpräventive Überlegungen zugrunde gelegt (act. 4 S. 24 ff.). Zutreffend hat sie erwogen, dass sich die Stellung des Beschwerdeführers mit Blick auf die anzuordnende Sanktion erschwerend auswirke. Der Beschwerdeführer war als Amtsleiter des Betreibungsund Gemeindeammannamtes B. tätig und es oblag ihm die Führung von zahlreichen Mitarbeitern. Nebst der von der Vorinstanz erwähnten Vorbildfunktion stehen einer Person in einer solchen Position zahlreiche wesentliche Kompetenzen mit hoher Verantwortung zu. Aufgrund dieser erheblichen Verantwortung und des grossen entgegen gebrachten Vertrauens setzt die Zulassung als Betreibungsbeamter nebst weiteren (fachlichen) Voraussetzungen in persönlicher Hinsicht denn auch Vertrauenswürdigkeit,

    d.h. Integrität, Verlässlichkeit, Gewissenhaftigkeit, hochentwickeltes Pflichtbewusstsein bei der Ausübung der Tätigkeit bzw. Beachtung des Grundsatzes von Treu und Glauben voraus (§ 11 und § 12 EG SchKG; vgl. auch Verordnung des Obergerichts über den Wahlfähigkeitsausweis für Betreibungsbeamtinnen und Betreibungsbeamte vom 18. Juni 2008, LS 281.51; fehlende Vertrauenswürdigkeit vermag sodann einen Grund für den Entzug des Wahlfähigkeitsausweises darzustellen [§ 11 Abs. 3 EG SchKG]). Mit den über einen Zeitraum von mehreren Monaten hinweg bewusst erfolgten Verzögerungen bei anstehenden betreibungsrechtlichen Schritten sowie den getätigten unbefugten Änderungen von Daten und Angaben im Computersystem bzw. in Urkunden hat der Beschwerdeführer weder die notwendige Verlässlichkeit noch die erforderliche Integrität an den Tag gelegt, wie sie von einem Leiter eines Betreibungsamtes erwartet werden kann und von der Öffentlichkeit erwartet wird. Betreibungsbeamte erhalten ihre Position in aller Regel aufgrund ihrer Vertrauenswürdigkeit und ihres guten Leumundes. Das Vertrauen der Bürger in die Rechtmässigkeit und Zuverlässigkeit der Staatstätigkeit würde erheblich eingeschränkt, würden solche Verfehlungen wie die vorliegenden nicht hinreichend geahndet. Insbesondere das Vertrauen (potentieller) Gläubiger in das Funktionieren des Verfahrens zur Einforderung von Geldforderungen wird durch solche Handlungen erheblich geschädigt.

  4. Wie der Beschwerdeführer sodann zutreffend geltend machte (act. 1 S. 7), führte die Tätigkeit des Beschwerdeführers in der Vergangenheit weder zu Beanstandungen noch gab sie Anlass für die Prüfung der Anordnung disziplinarischer Massnahmen. Daraus kann der Beschwerdeführer jedoch nichts zu seinen Gunsten ableiten, darf doch ein solches Verhalten von einer Person, die den Beruf des Betreibungsbeamten ausüben möchte, grundsätzlich erwartet werden. Im Weiteren gilt zu beachten, dass sich die Verfehlungen auf zwei Schuldner beziehen, hinsichtlich der übrigen hängigen Betreibungen hingegen keine Hinweise auf Verfehlungen vorliegen.

    1. In Würdigung all dieser Umstände kommt eine Rüge gemäss Art. 14 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG nicht in Betracht. Der Beschwerdeführer beantragt denn auch keine solche. Hingegen begehrt er die Anordnung einer Geldbusse in der Höhe von Fr. 4'000.- (act. 1 S. 11). Die Vorinstanz verneinte die Aussprechung einer Busse wegen der Schwere der Verfehlung. Die vom Beschwerdeführer beantragte Geldbusse von Fr. 4'000.- ist bereits deshalb nicht mög- lich, weil das Gesetz die Geldbusse auf maximal Fr. 1'000.- begrenzt (Art. 14 Abs. 2 Ziff. 2 SchKG). Entsprechend den Ausführungen der Vorinstanz erscheint eine Busse von Fr. 1'000.- sodann als unangemessen; einerseits entspräche sie nicht der Schwere der begangenen Pflichtverletzungen bzw. des Verschuldens, andererseits würde sie bei einem Monatslohn von Fr. 12'000.- brutto (act. 1 S. 9) lediglich 1/12 des Einkommens betragen und den Beschwerdeführer damit kaum treffen bzw. ihn kaum von weiteren Verfehlungen abhalten. Auch mit Blick auf die spezialpräventive Wirkung einer Sanktion erweist sich die Aussprechung einer Geldbusse damit als ungeeignet und fällt somit ausser Betracht. Damit verbleibt nebst der Amtsentsetzung als weniger eingreifende Sanktion die Amtseinstellung für die Dauer von höchstens sechs Monaten (Art. 14 Abs. 2 Ziff. 3 SchKG). Die Vorinstanz begründete die Höhe von sechs Monaten mit der Schwere der Pflichtverletzungen, dem Vertuschungsversuch durch den Beschwerdeführer sowie mit

      den Tatsachen, dass er sich nach der Inspektion erneute Versäumnisse bzw. Fehler habe zu schulden lassen kommen und sich von den Versprechungen des Schuldners C. nicht distanziert habe (act. 4 S. 29). Dies ist zwar zutreffend, die Dauer von sechs Monaten erscheint aber als zu lange. Wie erwogen ist vorliegend erstmalig über Verfehlungen des Beschwerdeführers zu entscheiden und zeigte er sich hinsichtlich seiner Verfehlungen einsichtig und reuig (act. 7/8 S. 3). Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, die Amtseinstellung auf drei Monate festzusetzen. Eine Amtseinstellung von zehn Tagen, wie sie der Beschwerdeführer beantragt (act. 1), erweist sich aus spezialpräventiven Gesichtspunkten als zu wenig wirksam und unangemessen. Ebenso stellt eine solche mit Blick auf das öffentliche Interesse eine nicht ausreichende Sanktion dar, verlangt dieses doch, dass ein Betreibungsbeamter zutrauenswürdig ist und sein Amt nach bestem Wissen und Gewissen ausübt. Es ist zwar zutreffend, dass eine vorübergehende Amtseinstellung eine schwerwiegende und einschneidende Massnahme ist, es ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass die Verfehlungen des Beschwerdeführers in ihrer Anzahl und ihrem Ausmass als erheblich zu qualifizieren sind und sich der Beschwerdeführer als Amtsleiter in einer beruflichen Stellung befand, in welcher ihm grosses Vertrauen entgegen gebracht wurde.

    2. Dass sich die Lohneinbusse bei einer vorübergehenden Amtseinstellung wie eine Art Busse auswirkt, vermag die Anordnung Letzterer nicht zu verhindern. Gleiches gilt hinsichtlich des pendenten Strafverfahrens. Hierbei handelt es sich um ein vom Disziplinarverfahren unabhängiges Verfahren, dessen Sanktion im Falle einer Verurteilung kumulativ zur Disziplinarsanktion ausgesprochen wird. Schliesslich erweist sich auch die Befürchtung des Beschwerdeführers bezüglich seiner Ersetzung (act. 1 S. 10) als unbegründet, wurde die Stelle doch in der Zwischenzeit besetzt, wie er selbst geltend macht.

7. Abschliessend ist damit festzuhalten, dass gegenüber dem Beschwerdefüh- rer gestützt auf die Schwere der Pflichtverletzungen und des Verschuldens,

seine Position im Amt sowie gestützt auf spezialund generalpräventive Gesichtspunkte eine Amtseinstellung von drei Monaten anzuordnen ist.

V.

  1. In Anwendung von § 200 lit. b GOG ist das Beschwerdeverfahren kostenlos (vgl. auch Hauser/Schweri/Lieber, Kommentar zum zürcherischen Gesetz über die Gerichtsund Behördenorganisation im Zivilund Strafprozess, Zü- rich/Basel/Genf 2012, § 83 N 27). Der Beschwerdeführer unterliegt insoweit, als er die Aussprechung einer Geldbusse beantragt, obsiegt aber insofern, als die Dauer der Amtseinstellung auf drei Monate reduziert wird. Es rechtfertigt sich, ihm in Anwendung von § 83 Abs. 3 GOG i.V.m. Art. 106 ZPO

    i.V.m. § 21 der Verordnung über die Anwaltsgebühren (AnwGebV, LS 215.3) für seine Aufwendungen (act. 3/3) eine reduzierte Prozessentschädigung in der Höhe von Fr. 1'400.- zzgl. 8 % MwSt. zu entrichten.

  2. Hinzuweisen ist sodann auf das Rechtsmittel der Beschwerde ans Bundesgericht (BSK SchKG I-Emmel, Art. 14 N 13; Lorandi, a.a.O., Art. 14 N 64 ff.; Entscheid des Bundesgerichts 5A_45/2010 vom 22. Februar 2010 E. 1.2; vgl. auch § 19 Abs. 2 EG SchKG mit Verweis auf §§ 83 GOG).

Es wird beschlossen:

  1. Der Beschwerdeführer wird mit Wirkung ab tt.mm.2012 für die Dauer von drei Monaten in seinem Amt als Betreibungsbeamter und Gemeindeammann des Betreibungskreises B. eingestellt. Soweit der Beschwerdeführer sein Amt als Betreibungsbeamter und Gemeindeammann bereits eingestellt hat, ist ihm diese Dauer an die drei Monate anzurechnen.

  2. Es werden keine Kosten erhoben.

  3. Dem Beschwerdeführer wird eine reduzierte Prozessentschädigung von Fr. 1'512.- zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, an:

    • die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers, zweifach, für sich und den Beschwerdeführer,

    • das Bezirksgericht Meilen,

    • das Betreibungsinspektorat des Kantons Zürich, [Adresse]

    • die Gemeinde B. (Gemeinderat).

  5. Rechtsmittel :

Eine allfällige Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen.

Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (ordentliche Beschwerde) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) i.V.m. Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Zürich, 23. Mai 2012

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Verwaltungskommission Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu-Zweifel

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