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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VB080026)

Zusammenfassung des Urteils VB080026: Obergericht des Kantons Zürich

Die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich hat über eine Beschwerde in Bezug auf die Entschädigung eines amtlichen Verteidigers entschieden. Der Beschwerdeführer, ein Rechtsanwalt, hatte eine Honorarkürzung angefochten. Die Beschwerde wurde jedoch abgewiesen, da sie verspätet eingereicht wurde. Der Beschluss vom 25. März 2008 enthielt keine Rechtsmittelbelehrung, was zu einer Verwirrung bezüglich des zulässigen Rechtsmittels führte. Die Verwaltungskommission entschied, dass die Beschwerde nicht zulässig sei und legte die Staatsgebühr dem Beschwerdeführer auf. Der Betrag der Gerichtskosten beträgt CHF 300.-.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VB080026

Kanton:ZH
Fallnummer:VB080026
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VB080026 vom 23.01.2009 (ZH)
Datum:23.01.2009
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Fristwahrung bei fehlender Rechtsmittelbelehrung
Schlagwörter: Obergericht; Beschluss; Rechtsmittel; Bezirksgericht; Entschädigung; Obergerichts; Verwaltungskommission; Bundesgericht; Pfäffikon; Verteidiger; Rekurs; Entscheid; Rechtsmittelbelehrung; Verfahren; Angeklagten; Urteil; Kammer; Honorar; Staat; Kantons; Verteidigung; Auslagen; Betrag; Oberrichter; Obergerichtssekretärin; Girsberger; Rechtsanwalt
Rechtsnorm: Art. 49 BGG ;Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:113 Ia 69; 119 IV 334; 124 I 255; 124 I 258; 129 II 134;
Kommentar:
-, Kommentar zum zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetz, Zürich, 2002

Entscheid des Verwaltungsgerichts VB080026

Obergericht des Kantons Zürich

Geschäfts-Nr. VB080026/U

Verwaltungskommission

Mitwirkend: Obergerichtspräsident Dr. H.A. Müller, Oberrichter Dr. E. Mazurczak und Oberrichter lic. iur. M. Burger sowie Obergerichtssekretärin

lic. iur. V. Girsberger

Beschluss vom 23. Januar 2009

in Sachen

W., Rechtsanwalt, Beschwerdeführer

gegen

Bezirksgericht Pfäffikon, 2. Abteilung, Hörnlistr. 55, 8330 Pfäffikon,

Beschwerdegegner

betreffend Entschädigung als amtlicher Verteidiger von R. im Prozess ( ) betreffend mehrfacher qualifizierter Raub; Beschluss vom 25. März 2008

Die Verwaltungskommission erwägt:

I.

  1. Im Strafverfahren der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich gegen R. betreffend mehrfacher qualifizierter Raub sprach die 2. Abteilung des Bezirksgerichts Pfäffikon den Angeklagten mit Urteil vom 20. Februar 2008 des mehrfachen Raubes i.S. von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 und Ziff. 4 aStGB schuldig. Es bestrafte ihn mit 5½ Jahren Freiheitsstrafe. Die Kosten, einschliesslich derjenigen der amtlichen Verteidigung, wurden dem Angeklagten auferlegt. Die von der Verteidigung am 9. März 2008 erklärte Berufung (inkl. Beanstandungen) ist bei der I. Strafkammer des Obergerichts hängig.

  2. Mit Honorarnote vom 9. März 2008 stellte der amtliche Verteidiger des Angeklagten (heutiger Beschwerdeführer) dem Bezirksgericht Pfäffikon Rechnung für seine Bemühungen (Honorar und Auslagen) im Betrage von Fr. 15'202.65 (inkl. MWSt).

  3. Mit Beschluss vom 25. März 2008 wurde die Grundgebühr auf Fr. 10'000.- festgesetzt, zuzüglich Auslagen von Fr. 668.85 und Fr. 810.85 Mehrwertsteuer, was eine Entschädigung von insgesamt Fr. 11'479.70 ergab.

  4. Mit Rekurs an die III. Strafkammer des Obergerichts vom 21. April 2008 beantragte der Beschwerdeführer, es sei ihm für seine Bemühungen vor erster Instanz der Betrag von Fr. 15'202.65 (inkl. Auslagen und MWSt) gemäss seiner Schlussnote vom 9. März 2008 aus der Gerichtskasse zuzusprechen, unter Hinweis auf den inzwischen bereits überwiesenen Betrag von Fr. 11'479.70, unter Kostenund Entschädigungsfolgen. Damit wurde eine Honorarkürzung im Umfange von Fr. 3'722.95 angefochten.

  5. Am 22. April 2008 überwies die III. Strafkammer des Obergerichts den Rekurs vom 21. April 2008 mangels Zuständigkeit der Verwaltungskommission zur Behandlung. Mit Präsidialverfügung vom 23. April 2008 wurde ein Doppel der Beschwerdeschrift dem Bezirksgericht Pfäffikon zur Erstattung einer Beschwerdeantwort zugestellt.

  6. Der Beschwerdegegner beantragte am 5. Mai 2008 die Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdeantwort wurde dem Beschwerdeführer zur schriftlichen Stellungnahme zugestellt.

  7. Der Beschwerdeführer hielt in seiner Stellungnahme vom 30. Mai 2008 an seinen Anträgen fest.

  8. Am 20. Januar 2009 wurden die Akten des Strafverfahrens von der I. Strafkammer des Obergerichts beigezogen.

II.

  1. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 GVG kann wegen Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung der Gerichtsbehörden sowie wegen anderer Verletzungen von Amtspflichten bei der nächst übergeordneten Aufsichtsbehörde Beschwerde geführt werden, die auch gegen Entscheide über die Festsetzung der Entschädigung des amtlichen Verteidigers offensteht (HAUSER/SCHWERI, Kommentar zum zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetz, Zürich 2002, N 24 zu § 108 GVG). Das Obergericht ist Aufsichtsbehörde über die Bezirksgerichte (§ 106 GVG); es hat die Rechtsprechung in Justizverwaltungssachen der Verwaltungskommission übertragen (§ 21 lit. a i.V.m. § 19 Abs. 3 der Verordnung über die Organisation des Obergerichts vom 22. Juni 2005 [LS 212.51]). Die Beschwerde gemäss §§ 108 ff. GVG ist im vorliegenden Fall zulässig, weil der amtliche Verteidiger ausschliesslich die Höhe der ihm gestützt auf § 188 Abs. 1 Satz 1 StPO zugesprochenen Entschädigung anficht. Der strafprozessuale Rekurs ist nur gegen die Auflage und Verteilung der Gerichtskosten gegeben (HAUSER/SCHWERI, a.a.O., N 2 zu § 206 GVG m. Hinw. auf ZR 90 Nr. 34,

    1. II.2g; VB080012, E. II.1). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers unterlag der angefochtene Beschluss vom 25. März 2008 also nicht dem strafprozessualen Rekurs, welcher gemäss § 404 Abs. 1 StPO innert

      zwanzig Tagen ab Zustellung des angefochtenen Entscheids einzureichen ist. Die Beschwerde nach §§ 108 ff. GVG ist innert zehn Tagen seit der Mitteilung Kenntnisnahme des angefochtenen Entscheids bzw. der angefochtenen Handlung einzureichen (§ 109 Abs. 1 GVG). Der Beschwerdeführer anerkennt ausdrücklich, dass der Beschluss vom 25. März 2008 am

      1. April 2008 bei ihm eingegangen sei (act. 1 S. 2 Ziff. 2). Die Beschwerdefrist ist demnach am Freitag, 11. April 2008 abgelaufen. Gerichtsferien sind keine zu beachten (§ 140 GVG). Die vom 21. April 2008 datierte und gleichentags der schweizerischen Post übergebene Beschwerde (Poststempel) ist somit verspätet eingereicht worden.

      2. Der angefochtene Beschluss vom 25. März 2008 enthielt keine Rechtsmittelbelehrung. Nach Art. 18 Abs. 2 der Kantonsverfassung vom 27. Februar 2005, die am 1. Januar 2006 in Kraft getreten ist, haben die Parteien Anspruch auf einen begründeten Entscheid mit Rechtsmittelbelehrung. Nach einem ausdrücklich verankerten Grundsatz des öffentlichen Prozessrechts, der vom Bundesgericht zum altrechtlichen Art. 107 Abs. 3 OG entwickelt wurde, darf einer Partei aus einer unrichtigen, unvollständigen fehlenden Rechtsmittelbelehrung kein Rechtsnachteil erwachsen. Wer aber die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung erkannte bei zumutbarer Sorgfalt hätte erkennen müssen, kann sich nicht auf diesen Grundsatz berufen. Rechtsuchende geniessen keinen Vertrauensschutz, wenn sie bzw. ihr Rechtsvertreter den Mangel allein schon durch Konsultation der massgeblichen Verfahrensbestimmung hätten erkennen können (BGE 129 II 134 f., E. 3.3; BGE 124 I 255, E. 1a aa). Nicht verlangt wird hingegen, dass neben dem Gesetzestext auch noch die einschlägige Rechtsprechung Literatur nachgeschlagen wird (BGE 124 I 258; 117 Ia 422). Andererseits hat das Bundesgericht erkannt, auch der Empfänger einer nicht als solchen bezeichneten Verfügung ohne Rechtsmittelbelehrung könne diese nicht einfach ignorieren; er sei vielmehr gehalten, sie innert der gewöhnlichen Rechtsmittelfrist anzufechten sich innert nützlicher Frist nach den in Frage kommenden Rechtsmitteln zu erkundigen, wenn er den Verfügungscharakter erkennen könne und sie nicht gegen sich gelten lassen wolle (BGE 119 IV 334, E. 1c). Die Lehre geht davon aus, dass diese Praxis auch

        in Zukunft gelten werde (SEILER/WERDT/GÜNGERICH, Bundesgerichtsgesetz, Bern 2007, N 2 f. zu Art. 49 BGG; SPÜHLER/DOLGE/VOCK, Bundesgerichtsgesetz, Kurzkommentar, Zürich/St. Gallen 2006, N 1 zu Art. 49 BGG).

      3. Nach dem Wortlaut von § 402 Ziff. 9 StPO ist der Rekurs gegen Urteile der Einzelrichter, der Bezirksgerichte und der Jugendgerichte zulässig, wenn er sich nur auf die Kostenauflage und die Entschädigung bezieht. Beim hier angefochtenen Entscheid vom 25. März 2008 des Bezirksgerichts Pfäffikon handelt es sich offensichtlich nicht um ein Urteil, sondern lediglich um einen nachträglichen Beschluss betreffend die Höhe der festzusetzenden Entschädigung des amtlichen Verteidigers. Das Strafurteil vom 20. Februar 2008 regelte in Dispositiv Ziff. 6 lediglich die Verteilung der Kosten, einschliesslich derjenigen der amtlichen Verteidigung, zulasten des Angeklagten. Nachdem der Beschwerdeführer im Auftrag seines Mandanten am

9. März 2008 gegen dieses Urteil die Berufung erklärt hatte (vorne E. I.1), musste ihm im Zeitpunkt seiner Eingabe vom 21. April 2008 aber klar sein, dass der strafprozessuale Rekurs nicht mehr zulässig sein konnte (vgl.

§ 411 Ziff. 2 StPO). Es muss ihm als von der zuständigen Behörde gestützt auf § 13 Abs. 2 StPO amtlich bestelltem Verteidiger auch das Wissen entgegen gehalten werden, dass sich sein Anspruch auf Entschädigung auf ein öffentlich-rechtliches Auftragsverhältnis stützt (BGE 113 Ia 69) und damit direkt gegen den Staat richtet, und nicht etwa gegen seinen Mandanten. Auch aus diesem Grund lag es auf der Hand, dass die verwaltungsrechtliche Beschwerde (§ 108 ff. GVG) - und nicht ein strafprozessuales Rechtsmittel - zu ergreifen war. Es durfte vom Beschwerdeführer mithin erwartet werden, dass er die Verwaltungsbeschwerde gemäss §§ 108 ff. GVG wegen Verletzungen von Amtspflichten als gegebenes Rechtsmittel mindestens in Betracht zog und seine Eingabe zwecks Anfechtung der Honorarkürzung (vorsorglich) innert der zehntätigen Beschwerdefrist einreichte (vgl. Beschluss der Verwaltungskommission vom 21. Juni 2008 i. S. Rechtsanwalt

S. gegen Bezirksgericht Dielsdorf [VB080012]).

Auf die Beschwerde ist daher mangels Fristwahrung nicht einzutreten.

9. Die Staatsgebühr für das Beschwerdeverfahren ist damit dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Da auf die Beschwerde nicht eingetreten wird, kann der Mindestansatz gemäss § 14 GerGebV von Fr. 500.- abweichend von der Regel angemessen herabgesetzt werden. Eine Prozessentschädigung ist ausgangsgemäss nicht zuzusprechen.

Die Verwaltungskommission beschliesst:

1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

  1. Die Staatsgebühr von Fr. 300.- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

  2. Eine Prozessentschädigung wird nicht zugesprochen.

  3. Dieser Beschluss wird den Parteien des Beschwerdeverfahrens schriftlich gegen Empfangsschein mitgeteilt.

  4. Eine allfällige Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 82 ff. (ordentliche Beschwerde) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) i.V.m. Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG. Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 3'722.95.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Verwaltungskommission Obergerichtssekretärin:

lic. iur. V. Girsberger

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