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Urteil Verwaltungsgericht (ZH - VB.2018.00001)

Zusammenfassung des Urteils VB.2018.00001: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat in einem Urteil vom 5. April 2018 über die Eingrenzung einer Person, A, auf die Gemeinden Urdorf, Kloten und Lindau entschieden. A hatte gegen die Eingrenzungsverfügung Beschwerde eingereicht, da er unter anderem eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs geltend machte. Das Gericht stellte fest, dass die Beschwerdegegnerin gegen den Gehörsanspruch verstossen hatte, dieser Mangel jedoch geheilt werden konnte. Weiterhin wurde entschieden, dass die Eingrenzung auf die Gemeinden Urdorf und Kloten aufgehoben werden musste, jedoch die Eingrenzung auf die Gemeinde Lindau bestehen bleibt. Das Gericht entschied zudem, dass A keine Entschädigung für die Grundrechtsverletzung erhält und die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte auf beide Parteien aufgeteilt werden, wobei A aufgrund seiner Mittellosigkeit von den Kosten befreit wird.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VB.2018.00001

Kanton:ZH
Fallnummer:VB.2018.00001
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:1. Abteilung/1. Kammer
Verwaltungsgericht Entscheid VB.2018.00001 vom 05.04.2018 (ZH)
Datum:05.04.2018
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Eingrenzung auf die Gemeindegebiete Uster, Kloten resp. Lindau; rechtliches Gehör im Zusammenhang mit der Anpassung einer Eingrenzungsverfügung; alternative Eingrenzung auf drei unterschiedliche Gemeindegebiete.
Schlagwörter: Eingrenzung; Gehör; Recht; Gemeinde; Gehörs; Interesse; Urdorf; Beschwerdeführers; Person; Anpassung; Zwangsmassnahme; Kloten; Lindau; Rayon; Erlass; Zwangsmassnahmen; Verfügung; Eingrenzungsverfügung; Gehörsverletzung; Entscheid; Ausreise; Gebiet; Zwangsmassnahmengericht; Verwaltungsgericht
Rechtsnorm: Art. 10 BV ;Art. 36 BV ;
Referenz BGE:126 II 111; 127 I 54; 137 I 195;
Kommentar:
Marc Spescha, Hanspeter Thür, Andreas Zünd, Peter Bolzli, Constantin Hruschka, Kommentar Migrationsrecht, Art. 74 SR, 2015

Entscheid des Verwaltungsgerichts VB.2018.00001

Verwaltungsgericht

des Kantons Zürich

1. Abteilung

VB.2018.00001

Urteil

der 1. Kammer

vom 5.April2018

Mitwirkend: Abteilungspräsident Lukas Widmer (Vorsitz), Verwaltungsrichterin Maja Schüpbach Schmid, Verwaltungsrichterin Sandra Wintsch, Gerichtsschreiberin Regina Meier.

In Sachen

gegen

betreffend Eingrenzung,

I.

Mit Verfügung vom 4.Oktober 2017 ordnete das Migrationsamt des Kantons Zürich gegen A eine Eingrenzung im Sinn von Art.74 Abs.1 lit.b des Bundesgesetzes vom 16.Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) auf das Gebiet der Gemeinde Urdorf, Kloten resp. Lindau an. Massgebend für den jeweiligen Rayon sei die durch das kantonale Sozialamt zugewiesene Unterkunft. Eine Eingrenzung des Beschwerdeführers auf die Gemeinde Lindau bestand schon davor; diese wurde mit Verfügung vom 9.Juni 2016 angeordnet. Unverändert blieben durch die Anpassung des Eingrenzungsrayons vom 4.Oktober 2017 die Bestimmungen in der ursprünglichen Eingrenzungsverfügung, worin die Gültigkeit der Massnahme auf zwei Jahre befristet sowie angeordnet wurde, dass für zwingende Reisen ausserhalb des Rayons abgesehen von amtlichen Vorladungen, Terminen für gemeinnützige Arbeit und Arztbesuchen vorgängig eine Ausnahmebewilligung einzuholen sei.

II.

Am 25.Oktober 2017 gelangte A an das Zwangsmassnahmengericht des Bezirksgerichts Zürich und ersuchte um Aufhebung der Verfügung vom 4.Oktober 2017. Dieses wies die Beschwerde am 15.Dezember 2017 ab.

III.

Hiergegen erhob A am 31.Dezember 2017 Beschwerde beim Verwaltungsgericht und beantragte die Aufhebung der Eingrenzungsverfügung sowie des Beschwerdeentscheids des Zwangsmassnahmengerichts. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, subeventualiter sei der Rayon auszudehnen und A zu gestatten, auch Anwalts- und Rechtsberatungstermine ohne Ausnahmebewilligung wahrzunehmen. Weiter sei ihm eine Entschädigung für die erlittene Grundrechtsverletzung zuzusprechen. In prozessualer Hinsicht beantragte A, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen sowie die Bewilligung von unentgeltlicher Rechtspflege.

Das Zwangsmassnahmengericht verzichtete am 4.Januar 2018 auf eine Stellungnahme. Am 24.Januar 2018 beantragte das Migrationsamt die Abweisung der Beschwerde. A hielt mit Eingabe vom 30.Januar 2018 an seinen Anträgen fest. Das Migrationsamt liess sich in der Folge nicht mehr vernehmen.

Die Kammer erwägt:

1.

Beschwerden betreffend Massnahmen nach Art.7378 AuG werden vom Einzelrichter behandelt, sofern sie nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Kammer zur Beurteilung überwiesen werden (§38b Abs.1 lit.d Ziff.4 in Verbindung mit §43 Abs.1 lit.b und §38b Abs.2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24.Mai 1959 [VRG]). Da sich vorliegend Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen, ist die Sache durch die Kammer zu beurteilen.

2.

Der Beschwerdeführer rügt zunächst in zweifacher Hinsicht eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs: Erstens habe das Zwangsmassnahmengericht seine Eventualanträge nicht geprüft. Diesbezüglich beantragt er jedoch ausdrücklich keine Rückweisung an die Vorinstanz und bringt vor, die Gehörsverletzung könne im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geheilt werden. Weiter rügt er, das Migrationsamt habe ihn vor Erlass der vorliegend angefochtenen Anpassungsverfügung nicht angehört, und macht geltend, die Vorinstanz sei diesbezüglich zu Unrecht von einer Heilung der Gehörsverletzung ausgegangen.

2.1 Das Zwangsmassnahmengericht erwog im Hinblick auf die Eingrenzung, das rechtliche Gehör sei im Zusammenhang mit dem Erlass der ersten den Beschwerdeführer betreffenden Eingrenzungsverfügung vom 9.Juni 2016 gewährt worden, welche sich bloss in Bezug auf den Rayon von der vorliegend angefochtenen Verfügung unterscheide. Zudem habe er sich im Rechtsmittelverfahren zur Sachlage äussern können. Unter diesen Umständen sei die nicht schwerwiegende Gehörsverletzung im Rechtsmittelverfahren heilbar.

2.2 Beim Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art.29 Abs.2 der Bundesverfassung vom 18.April 1999 (BV) handelt es sich um ein mit der Persönlichkeit untrennbar verbundenes Recht des Einzelnen, beim Erlass eines in seine Rechtsstellung eingreifenden Entscheids mitzuwirken, namentlich indem die Behörde die betroffene Person anhört und ihre Vorbringen auch tatsächlich prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Nicht entscheidend ist hierbei der mutmassliche Inhalt der Äusserungen der betroffenen Person bzw. ob diese den Entscheid überhaupt hätten beeinflussen können. Die vom Entscheid der Behörde betroffene Person ist vor Erlass des Entscheids anzuhören, wobei ihr grundsätzlich Gelegenheit gegeben werden muss, sich zu allen für den Entscheid wesentlichen Sachfragen äussern zu können (§4 der Verordnung über den Vollzug der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht vom 4.Dezember 1996; Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7.A., Zürich 2016, N.1001ff.; BGE 127 I 54 E.2.b).

Vom Grundsatz, dass die Anhörung vorgängig zu erfolgen hat, sind im öffentlichen Interesse bei Gefahr der Vereitelung einer prozessualen Massnahme, bei Dringlichkeit aus Praktikabilitätsgründen Ausnahmen möglich (Regina Kiener/Walter Kälin, Grundrechte, 2.A., Bern 2013, S.501ff.).

Nach dem Gesagten darf folglich auf eine vorgängige Anhörung im Regelfall nicht verzichtet werden. In besonderen Fällen von Umplatzierungen ist es im Sinn einer Ausnahme jedoch zulässig, eine Anpassung der Eingrenzungsverfügung ohne vorgängige Anhörung vorzunehmen. Diesfalls muss das rechtliche Gehör im Nachhinein zeitnah gewährt werden. Vorliegend wurde dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör weder vorgängig noch im Nachhinein gewährt; die Anpassung der Eingrenzung erfolgte unter Missachtung des Gehörsanspruchs. Der Beschwerdegegnerin ist nicht darin zu folgen, dass die Gewährung des rechtlichen Gehörs infolge einer Besserstellung des Beschwerdeführers gegenüber der vorherigen Situation unterbleiben könne: Die von ihr herangezogenen Grundsätze bezüglich einer reformatio in melius vor einer Rekursinstanz können nicht analog auf das Verfahren zum Erlass einer Verfügung angewandt werden.

2.3 Da der Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör verletzt wurde (E.2.2), ist zu prüfen, ob die Gehörsverletzung im Verlauf des Rechtsmittelverfahrens geheilt werden konnte.

2.3.1 Gemäss ständiger Rechtsprechung kann eine nicht besonders schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Rechtsmittelinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie auch die Rechtslage frei überprüfen kann (BGE 137 I 195 E.2.3.2; 136 V 117 E.4.2.2.2; BGr, 15.April 2016, 6B_1247/2015, E.2.4.1 mit Hinweisen).

Da vorliegend nicht die erstmalige Anordnung einer Eingrenzung, sondern eine Anpassung der bereits verfügten Eingrenzung auf ein alternatives Gemeindegebiet infrage steht, liegt in der Unterlassung der Anhörung noch keine schwerwiegende Gehörsverletzung. Sodann verfügt das Zwangsmassnahmengericht als Rechtsmittelinstanz über die Kompetenz, sowohl den Sachverhalt als auch die Rechtslage frei zu überprüfen, und konnte sich der Beschwerdeführer im Gerichtsverfahren einlässlich zur Sach- und Rechtslage äussern. Damit sind die Voraussetzungen für eine Heilung der Gehörsverletzung grundsätzlich gegeben.

2.3.2 Allerdings kommt eine Heilung auch wenn die vorstehenden Voraussetzungen erfüllt sind dann nicht in Betracht, wenn in gleichgelagerten Fällen regelmässig gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstossen wird (Kiener/Kälin, S.487; Michele Albertini, Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren des modernen Staates, Bern 2000, S.463f.; vgl. auch BGE 126 II 111 E.6a/bb). Offenbar ist es wiederholt vorgekommen, dass die Beschwerdegegnerin Anpassungsverfügungen ohne Gewährung des rechtlichen Gehörs erlassen hat. Indes war die Rechtslage diesbezüglich lange Zeit ungeklärt und es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das Migrationsamt auch inskünftig und entgegen der aktuellen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Anpassungsverfügungen regelmässig ohne Gehörsgewährung vornehmen würde (vgl. VGr, 1.März 2018, VB.2017.00767, E.2). Entscheidend ist, dass einer systematischen Gehörsverletzung nicht mit einer grosszügigen "Heilungspraxis" Vorschub geleistet wird (vgl. Hansjörg Seiler, Abschied von der formellen Natur des rechtlichen Gehörs, in: SJZ 100/2004, S.377ff., S.380 mittlere Spalte); die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts soll mit Blick auf das Gesagte Grundlage dafür sein, dass die Betroffenen auch im Fall einer Anpassung des Rayons grundsätzlich vorgängig angehört werden. Entsprechend ist nicht davon auszugehen, dass künftig in diversen gleichgelagerten Fällen regelmässig gegen den Gehörsanspruch verstossen wird.

2.4 Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Beschwerdegegnerin zwar gegen den Gehörsanspruch des Beschwerdeführers verstossen hat, indem sie ihn im Zusammenhang mit dem Erlass ihrer Verfügung vom 4.Oktober 2017 betreffend Anpassung einer Eingrenzung nicht anhörte. Dieser Mangel konnte jedoch geheilt werden.

2.5 Weiter beanstandet der Beschwerdeführer in formeller Hinsicht, dass im Fall von alternativen Eingrenzungen das kantonale Sozialamt die jeweilige Notunterkunft zuweist: Das Sozialamt sei für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht nicht zuständig; eine solche Kompetenzdelegation finde sich in Art.74 AuG nicht.

Wie die Vorinstanz jedoch richtig ausführt, ist die Zuweisung an die Notunterkünfte durch §4 Abs.2 der Verordnung über die Gewährung von Nothilfe an Personen ohne Aufenthaltsrecht (Nothilfeverordnung) vom 24.Oktober 2007 vorgesehen. Es handelt sich bei der Zuweisung an eine Notunterkunft (anders als bei der Eingrenzung) denn auch nicht um eine ausländerrechtliche Zwangsmassnahme.

3.

Die Vorinstanzen grenzten den Beschwerdeführer auf das Gebiet der Gemeinde Urdorf, Kloten resp. Lindau ein und griffen damit in seine verfassungsrechtlich geschützte Bewegungsfreiheit ein (Art. 10 Abs.2 BV). Nach Art.36 Abs.1 BV bedürfen Grundrechtseinschränkungen einer gesetzlichen Grundlage. Sie müssen weiter durch ein öffentliches Interesse durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein (Art. 36 Abs.2 BV) und sich sodann als verhältnismässig erweisen (Art. 36 Abs.3 BV).

3.1 Gemäss Art.74 Abs.1 lit.b AuG kann die zuständige kantonale Behörde einer Person die Auflage machen, ein ihr zugewiesenes Gebiet nicht zu verlassen, wenn ein rechtskräftiger Weg- Ausweisungs­entscheid vorliegt und konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass die betroffene Person nicht innerhalb der Ausreisefrist ausreisen wird, sie die ihr angesetzte Frist nicht eingehalten hat.

Der Beschwerdeführer ist algerischer Staatsangehöriger, reiste am 15.Juni 2003 in die Schweiz ein und stellte am 18.Juni 2003 ein Asylgesuch. Das Bundesamt für Flüchtlinge wies ihn mit Entscheid vom 25.September 2003 mit sofortiger Wirkung aus der Schweiz weg. Die dem Beschwerdeführer angesetzte Ausreisefrist ist damit schon seit Jahren verstrichen.

Es ist dem Beschwerdeführer zwar darin zuzustimmen, dass die betroffene Person dem Wortlaut von Art.74 Abs.1 lit.b AuG zufolge grundsätzlich auf ein ihr zugewiesenes Gebiet einzugrenzen ist. Dennoch erscheint die Anordnung einer alternativen Eingrenzung, wenn dafür eine Notwendigkeit konkret ersichtlich ist, nicht als ausgeschlossen (vgl. unten E.3.4.2).

3.2 Zweck der Eingrenzung nach Art.74 Abs.1 lit.b AuG ist es, den Verbleib der ausländischen Person zu kontrollieren, sowie ihre Verfügbarkeit für die Vorbereitung und Durchführung der Ausschaffung sicherzustellen (vgl. Andreas Zünd, in: Marc Spescha/Hanspeter Thür/Andreas Zünd/Peter Bolzli/Constantin Hruschka, Kommentar Migrationsrecht, 4.A., Zürich 2015, Art.74 AuG N.5). Da die Eingrenzung ein milderes Mittel zum ausländerrechtlich begründeten Freiheitsentzug darstellt, darf sie wie diese eine gewisse Druckwirkung zur Durchsetzung der Ausreisepflicht entfalten. Sie kann daher ebenfalls dazu dienen, die spontane Ausreise der ausländischen Person zu fördern (BGr, 13.November 2017, 2C_287/2017, E.4.2f. [zur Publikation vorgesehen]).

3.3 Gemäss der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung besteht ein grundlegendes öffentliches Interesse daran, abgewiesene Asylbewerbende durch die Eingrenzung zu einer freiwilligen Ausreise zu bewegen (BGr, 13.November 2017, 2C_287/2017, E.4.6ff. [zur Publikation vorgesehen]). Die Eingrenzung nach Art.74 Abs.1 lit.b AuG ist damit erst dann untauglich zur Erreichung ihres Zwecks, wenn sowohl die Ausschaffung als auch die freiwillige Ausreise objektiv unmöglich sind (BGr, 13.November 2017, 2C_287/2017, E.4.7.2 und 4.8 [zur Publikation vorgesehen]). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

3.4 Schliesslich ist zu prüfen, ob das öffentliche Interesse an der Eingrenzung das gegenteilige Interesse des Beschwerdeführers an der Aufhebung der Massnahme überwiegt. Die Eingrenzung darf nicht über das Erforderliche hinausgehen, was insbesondere bei der Festlegung der Grösse des Rayons und der Dauer der Eingrenzung zu berücksichtigen ist. Mit anderen Worten haben Zweck und Mittel in einem vernünftigen Verhältnis zueinander zu stehen (VGr, 13.Oktober 2016, VB.2016.00538, E.3.4 mit Hinweisen).

3.4.1 Vorliegend fällt ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer in der Schweiz mehrfach straffällig wurde; dies wegen Diebstahls, Hausfriedensbruchs und Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz. Nach der Praxis des Verwaltungsgerichts ist unter derartigen Umständen eine Eingrenzung auf das Gebiet einer Gemeinde grundsätzlich zulässig, da das öffentliche Interesse an der Eingrenzung in solchen Fällen vergleichsweise schwer wiegt (VGr, 27.Februar 2017, VB.2016.00689, E.2.6.4).

3.4.2 Bei der Interessenabwägung ist weiter zu beachten, dass es sich bei den Gemeinden Urdorf, Kloten und Lindau nicht etwa um Kleinstgemeinden handelt. Kloten verfügt bei einer Gemeindefläche von 19,28km2 über rund 17'500Einwohner, Urdorf bei einer Gemeindefläche von 7,62km2 über knapp 10'000Einwohner und Lindau bei einer Gemeindefläche von 11,96km2 immer noch über mehr als 5'000Einwohner. Angesichts dieser Verhältnisse, die dem Beschwerdeführer die Befriedigung der Grundbedürfnisse erlauben, ist der Eingriff in seine Bewegungsfreiheit zwar weder mit Bezug auf Urdorf noch auf Kloten Lindau als allzu gross zu werten. Indessen ist nicht ersichtlich, weshalb der Beschwerdeführer alternativ auf drei Gemeinden einzugrenzen wäre. Die Beschwerdegegnerin bringt keine Begründung hierfür vor und es ist auch keine Notwendigkeit bzw. das Vorhandensein eines massgeblichen öffentlichen Interesses für ein solches Vorgehen ersichtlich. Denkbar wäre allenfalls eine Eingrenzung auf ein weiteres Gebiet, wenn dies im Hinblick auf eine in Aussicht stehende Umplatzierung erforderlich erschiene. Die vorliegende Eingrenzung auf drei Gemeindegebiete ist vom Zweck der Eingrenzung nicht abgedeckt. Weder die Kontrolle des Verbleibs der ausländischen Person noch ihre Verfügbarkeit für die Vorbereitung und Durchführung der Ausschaffung die spontane Ausreise kann mit einer alternativen Eingrenzung gefördert werden (siehe dazu oben E.3.2f.). Entsprechend gehen die Interessen des Beschwerdeführers an einer gewissen Konstanz und Sicherheit betreffend seinen Aufenthaltsort jedenfalls vor. Der Beschwerdeführer war ursprünglich auf die Gemeinde Lindau eingegrenzt; in Kloten war er bis anhin nie untergebracht und eine Eingrenzung auf die Gemeinde Urdorf ist unzulässig (siehe unten E.3.4.3). Daher liegt es nahe, die angefochtene Anordnung insoweit aufzuheben, als der Beschwerdeführer darin neu auf die Gemeindegebiete Urdorf und Kloten eingegrenzt wurde.

Dadurch können zudem die vom Beschwerdeführer zu Recht angeführten Schwierigkeiten vermieden werden, die sich bei alternativen Eingrenzungen im Zusammenhang mit dem rechtlichen Gehör ergeben können: Selbst wenn der Beschwerdeführer sich bei Erlass einer solchen Verfügung dazu äussern kann, präsentiert sich die zu beurteilende Sachlage bei einer (allenfalls mehrere Monate späteren) Umteilung in eine andere Notunterkunft möglicherweise anders. Es ist nicht davon auszugehen, dass ein Beschwerdeführer sich in jedem Fall schon zum Zeitpunkt des Erlasses einer derartigen Eingrenzungsverfügung rechtsgenüglich zur zukünftigen Situation bei einer Umteilung äussern kann.

3.4.3 Es bleibt darauf hinzuweisen, dass die Eingrenzung auf die Gemeinde Urdorf auch noch aus einem anderen Grund hätte aufgehoben werden müssen: In den Akten findet sich ein Arztzeugnis vom 29.September 2017, wonach der Beschwerdeführer aus medizinischer Sicht auf eine oberirdische Wohnsituation angewiesen sei. Er bringt vor, die unterirdische Zivilschutzanlage in Urdorf, in der er sich zurzeit befindet, sei in seinem Fall aus medizinischen Gründen unzumutbar. Es ist davon auszugehen, dass der Verbleib des Beschwerdeführers in der Notunterkunft Urdorf und die damit einhergehende Eingrenzung auf die Gemeinde Urdorf für ihn einen schwerwiegenden Nachteil darstellt, der durch das entgegenstehende öffentliche Interesse nicht aufgewogen werden könnte.

3.4.4 Insgesamt überwiegt das öffentliche Interesse am Weiterbestand der Eingrenzung auf die Gemeinde Lindau das entgegenstehende Interesse des Beschwerdeführers. Hingegen überwiegt dessen Interesse an der Aufhebung der Eingrenzung bezüglich der Gemeinden Urdorf und Kloten; die angefochtene Eingrenzungsverfügung ist insoweit aufzuheben.

Namentlich vor dem Hintergrund der mehrfachen Straffälligkeit des Beschwerdeführers besteht kein Anlass für die im Eventualstandpunkt beantragte Ausdehnung des Eingrenzungsrayons. Sodann besteht für zwingende Reisen ausserhalb des Rayons die Möglichkeit einer Ausnahmebewilligung. Dabei hat die zuständige Behörde auf begründetes Gesuch hin gewisse Reisen grundsätzlich zu bewilligen, soweit die entsprechenden Grundbedürfnisse nicht sachgerecht und grundrechtskonform im bezeichneten Rayon selber abgedeckt werden können (vgl. BGr, 1.April 2016, 2C_830/2015, E.5.2; BGr, 5.November 2012, 2C_1044, E.3.3). Die in der Beschwerde eventualiter beantragte Anpassung der Eingrenzungsverfügung, wonach es dem Beschwerdeführer zu gestatten sei, neben Arztbesuchen auch Anwalts- und Rechtsberatungstermine ohne Ausnahmebewilligung wahrzunehmen, ist im Hinblick darauf nicht notwendig.

4.

Nicht einzutreten ist mangels Zuständigkeit auf das Entschädigungsbegehren des Beschwerdeführers wegen Verletzung seiner Grundrechte. Eine solche Forderung ist im Kanton Zürich auf dem Zivilweg zu verfolgen.

5.

Mit dem vorliegenden Endentscheid wird das Begehren des Beschwerdeführers um Gewährung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos.

6.

Bei diesem Verfahrensausgang, bei dem beide Parteien teilweise unterliegen, sind ihnen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte aufzuerlegen (§65a Abs.2 in Verbindung mit §13 Abs.2 Satz1 VRG). Da der auf den Beschwerdeführer entfallende Anteil jedoch aufgrund seiner Mittellosigkeit offensichtlich uneinbringlich wäre, sind diese Kosten abzuschreiben, womit sein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung gegenstandslos wird.

Demgemäss erkennt die Kammer:

Fr. 2'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 100.-- Zustellkosten,
Fr. 2'100.-- Total der Kosten.

Quelle: https://www.zh.ch/de/gerichte-notariate/verwaltungsgericht.html
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