Zusammenfassung des Urteils VB.2016.00623: Verwaltungsgericht
Das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich entzog A aufgrund einer schweren Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften den Führerausweis für drei Monate. A legte Rekurs ein, der jedoch abgewiesen wurde. Daraufhin erhob A Beschwerde, die ebenfalls abgewiesen wurde, da die Geschwindigkeitsüberschreitung als schwere Widerhandlung eingestuft wurde. Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 1'060.- werden A auferlegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VB.2016.00623 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | 1. Abteilung/Einzelrichter |
Datum: | 23.02.2017 |
Rechtskraft: | Dieser Entscheid ist rechtskräftig. |
Leitsatz/Stichwort: | Entzug des Führerausweises wegen grober Verletzung der Geschwindigkeitsvorschriften: Abweichen von den Tatsachenfeststellungen und der rechtlichen Würdigung eines rechtskräftigen Strafurteils im Administrativverfahren? |
Schlagwörter: | Entscheid; Führerausweis; Strassenverkehr; Richter; Kategorie; Widerhandlung; Kategorien; Würdigung; Obergericht; Recht; Urteil; Schweiz; Tatsachen; Kantons; Einzelrichter; Strassenverkehrsvorschriften; Gebiet; Verletzung; Verkehrsregeln; Verbindung; Beschwerdeführers; Erwägung; Verfügung; Sodann; Fürstentums; Lichtenstein; Geschwindigkeit; Sachverhalt; Mindestentzugsdauer |
Rechtsnorm: | Art. 16c SVG ; |
Referenz BGE: | 126 II 206; 132 II 234; 136 II 447; |
Kommentar: | - |
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich 1. Abteilung |
VB.2016.00623
Urteil
der Einzelrichter
vom 23.Februar2017
Mitwirkend: Verwaltungsrichter Peter Sprenger, Gerichtsschreiberin Laura Diener.
In Sachen
gegen
betreffend Warnungsentzug des Führerausweises/Fahrverbot auf Schweizergebiet,
I.
Das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich entzog A mit Verfügung vom 19.Januar 2016 aufgrund einer schweren Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften für die Dauer von dreiMonaten vom 9.April 2016 bis und mit 8.Juli 2016 den Führerausweis der KategorienC und CE und untersagte ihm das Führen von Motorfahrzeugen aller Kategorien und Unterkategorien sowie der SpezialkategorieF auf Schweizer Gebiet. Sodann verfügte es, den schweizerischen Führerausweis der KategorienC und CE bis zum Datum des Vollzugsbeginns einzusenden.
II.
Gegen diese Verfügung erhob A am 26. Februar 2016 Rekurs an die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich und beantragte, die angefochtene Verfügung aufzuheben und ihm den Führerausweis aller Kategorien für das Gebiet der Schweiz und des Fürstentums Lichtenstein für einen Monat zu entziehen, eventualiter ihm den Führerausweis der KategorienC und CE für die Dauer von einem Monat und für die übrigen Kategorien für die Dauer von drei Monaten zu entziehen. Mit Entscheid vom 9.September 2016 wies die Sicherheitsdirektion den Rekurs ab.
III.
Am 13.Oktober 2016 erhob A dagegen Beschwerde und beantragte, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und ihm den Führerausweis aller Kategorien für das Gebiet der Schweiz und des Fürstentums Lichtenstein für die Dauer von einem Monat zu entziehen. Eventuell sei ihm den Führerausweis der KategorieC und CE für das Gebiet der Schweiz und des Fürstentums Lichtenstein für die Dauer von einem Monat und für die übrigen Kategorien für die Dauer von drei Monaten zu entziehen. Sodann beantragte er eine Parteientschädigung zulasten der Beschwerdegegnerin.
Das Strassenverkehrsamt beantragte in seiner Beschwerdeantwort vom 8. November 2016, die Beschwerde vollumfänglich abzuweisen. Die Sicherheitsdirektion verzichtete in ihrer Eingabe vom 9.November 2016 stillschweigend auf eine Vernehmlassung. Die mit Präsidialverfügung vom 17.Oktober 2016 verlangte Kaution von Fr.2'000.- bezahlte A innert erstreckter Frist am 14.Dezember 2016 ein.
Der Einzelrichter erwägt:
1.
Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts zur Beurteilung von Beschwerden gegen administrative Massnahmen im Strassenverkehr ergibt sich aus §41 Abs.1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24.Mai 1959 (VRG). Die Behandlung entsprechender Beschwerden erfolgt durch den Einzelrichter (§38b Abs.1 lit.d Ziff.1 VRG), sofern sie nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Kammer zur Beurteilung überwiesen werden (§38b Abs.2 VRG). Da im vorliegenden Fall kein Anlass für eine Überweisung besteht, ist der Entscheid durch den Einzelrichter zu fällen.
2.
2.1 Am Freitag, 23.August 2013, um ca.17.55Uhr, lenkte der Beschwerdeführer seinen Personenwagen (D) Kfz.-Nr.01 innerorts auf der C-Strasse in D bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50km/h mit einer Geschwindigkeit von netto 76km/h, was einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 26km/h entspricht.
2.2 Gestützt auf diesen Sachverhalt wurde der Beschwerdeführer von der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland mit Strafbefehl vom 2.Oktober 2013 der vorsätzlichen groben Verletzung der Verkehrsregeln im Sinn von Art.90 Abs.2 des Strassenverkehrsgesetzes vom 19.Dezember 1959 (SVG) in Verbindung mit Art.4a Abs.1 lit.a der Verkehrsregelverordnung vom 13.November 1962 (VRV) schuldig gesprochen. Nach Durchführung einer Hauptverhandlung sprach das Bezirksgericht Bülach den Beschwerdeführer am 20.Mai 2014 der vorsätzlichen einfachen Verletzung der Verkehrsregeln schuldig. Mit Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 2.Dezember 2014 wurde der Beschwerdeführer der fahrlässigen groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig gesprochen und mit einer bedingten Geldstrafe von sieben Tagessätzen zu Fr.100.- und einer Busse von Fr.300.- bestraft. Auf dieser Grundlage entzog die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer am 19. Januar 2016 aufgrund einer schweren Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften den Führerschein für die gesetzliche Mindestentzugsdauer von drei Monaten gemäss Art.16c Abs.1 lit.a und Abs.2 lit.a SVG.
3.
3.1 Der Untersuchungsgrundsatz (§7 Abs.1 VRG) verpflichtet die Behörde von Amtes wegen dazu, für die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts zu sorgen. Wie die Vorinstanz in ihrem Entscheid zutreffend ausführte (E.4a), darf die für den Führerausweisentzug zuständige Verwaltungsbehörde jedoch grundsätzlich nicht von den Tatsachenfeststellungen und der rechtlichen Würdigung des rechtskräftigen Strafentscheids abweichen. Eine Abweichung ist nur dann zulässig, wenn die Behörde ihrem Entscheid Tatsachen zugrunde legt, die dem Strafrichter unbekannt waren, wenn sie zusätzliche Beweise erhebt, deren Würdigung zu einem anderen Entscheid führt, wenn der Strafrichter nicht alle sich mit dem Sachverhalt stellenden Rechtsfragen abgeklärt hat (BGr, 29.Mai 2015, 1C_476/2014, E.2.3 mit Verweis auf BGE 136 II 447 E.3.1). Hängt die rechtliche Würdigung sehr stark von der Würdigung von Tatsachen ab, welche der Strafrichter besser kennt als die Verwaltungsbehörde (etwa dann, wenn er den Beschuldigten persönlich einvernommen hat), so ist die Verwaltungsbehörde auch hinsichtlich der Rechtsanwendung an die rechtliche Qualifikation des Sachverhalts durch
das Strafurteil gebunden (BGr, 21.August 2012, 1C_452/2011, E.2.2 mit Verweis auf BGE 124II103 E.1c/aa und 1c/bb; BGE 136 II 447 E.3.1).
3.2 Der Beschwerdeführer bestreitet die Geschwindigkeitsüberschreitung von 26km/h nicht und anerkennt den Schuldspruch der groben Verletzung der Verkehrsregeln. Sodann macht er ausdrücklich keine Gründe geltend, welche ein ausnahmsweises Abweichen von den Tatsachenfeststellungen des Strafrichters begründen würden. Indessen ist er der Ansicht, dass die Beschwerdegegnerin nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bei der rechtlichen Würdigung insbesondere auch des Verschuldens zu einem anderen Resultat hätte kommen müssen. Er macht geltend, das Obergericht hätte in seinem Entscheid allein auf die Akten abgestellt, während das Bezirksgericht eine Verhandlung durchgeführt hätte. Letzterem seien daher die Tatsachen besser bekannt, weshalb die Beschwerdegegnerin zumindest in subjektiver Hinsicht nicht von einer schweren Widerhandlung hätte ausgehen dürfen.
3.3 In seinem Entscheid hat das Obergericht der Ansicht des Bezirksgerichts und des Beschwerdeführers widersprochen, wonach letzterer aufgrund der konkreten Umstände lediglich den Tatbestand der einfachen Verkehrsregelverletzung verletzt habe. Es verwies auf die aktuelle bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach die objektiven und grundsätzlich auch die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen einer groben Verkehrsregelverletzung erfüllt sind, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerorts um 25km/h mehr überschritten wird. Die Vorinstanz hielt zutreffend fest, das Obergericht habe sich in seinen Erwägungen umfassend mit den konkreten örtlichen Verhältnissen und den entsprechenden Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt. Auf die entsprechenden Erwägungen kann verwiesen werden (E.6b des vorinstanzlichen Entscheids; §28 Abs.1 Satz2 in Verbindung mit §70 VRG). Das Obergericht ist überzeugend zum Schluss gelangt, dass keine Ausnahmesituation vorliege, welche ein Abweichen von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung rechtfertigen würde. Folglich erachtete es den Tatbestand der groben Verkehrsregelverletzung als erfüllt.
Das Strafurteil ist rechtskräftig und damit für die Administrativbehörde grundsätzlich verbindlich. Da es im ordentlichen Verfahren unter Anhörung des Beschwerdeführers ergangen ist, müssten klare Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Tatsachenfeststellung und deren rechtlichen Würdigung im Strafurteil bestehen, um davon abzuweichen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Daraus, dass das Obergericht bei seiner Beurteilung auf die Akten abgestellt, jedoch keine weitere Befragung durchgeführt hat, vermag der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten ableiten. Dem Obergericht waren sowohl die objektiven als auch die subjektiven Umstände aufgrund der Akten und insbesondere auch der protokollierten Aussagen des Beschwerdeführers aus der Einvernahme bestens bekannt. Es hat sich in seinem Urteil eingehend damit befasst und sich insbesondere auch mit der Verschuldensfrage sorgfältig auseinandergesetzt. Inwiefern es die Vorbringen des Beschwerdeführers bei der Entscheidfindung nicht berücksichtigt haben sollte, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht substanziiert gerügt. Sodann hat der Beschwerdeführer im Administrativverfahren nichts vorgebracht, was nicht bereits im Strafverfahren berücksichtigt worden wäre.
Zusammenfassend sind die Voraussetzungen für ein Abweichen von der rechtlichen Würdigung im Strafurteil des Obergerichts nicht gegeben, weshalb die Beschwerdegegnerin zu Recht darauf abgestellt hat.
4.
4.1 Gemäss Art.16 Abs.2 SVG wird nach Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften, bei denen das Verfahren nach dem Ordnungsbussengesetz vom 24.Juni 1970 ausgeschlossen ist, der Lernfahr- Führerausweis entzogen eine Verwarnung ausgesprochen. Das Gesetz unterscheidet dabei zwischen leichten (Art.16a SVG), mittelschweren (Art.16b SVG) und schweren Widerhandlungen (Art. 16c SVG). Letztere begeht gemäss Art.16c Abs.1 lit.a SVG, wer durch grobe Verletzung von Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft in Kauf nimmt. Vorausgesetzt wird kumulativ eine qualifizierte objektive Gefährdung, das heisst eine konkrete jedenfalls erhöhte abstrakte Gefährdung anderer Personen, sowie ein qualifiziertes Verschulden (vgl. BGr, 18.Februar 2015, 1C_169/2014, E.3.2, 31.Oktober 2011, 1C_184/2011, E.2.4.2 mit zahlreichen Hinweisen; BGE 126 II 206 E.1a). Die schwere Widerhandlung entspricht einer groben Verkehrsregelverletzung im Sinn von Art.90 Abs.2 SVG (vgl. BGE 132 II 234 E.3 = Pra95 [2006] Nr.150).
4.2 Die Geschwindigkeitsüberschreitung von netto 26km/h innerorts ist unbestritten. Nach dem Gesagten hielt sich die Vorinstanz zu Recht an die rechtliche Würdigung des Strafrichters und ging damit gestützt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zutreffend von einer schweren Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften im Sinn von Art.16c Abs.1 lit.a SVG aus. Auf die diesbezüglichen Erwägungen kann vollumfänglich verwiesen werden (E.6 des vorinstanzlichen Entscheids; §28 Abs.1 Satz2 in Verbindung mit §70 VRG).
5.
5.1 Nach einer schweren Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz wird der Führerausweis entzogen (Art.16c Abs.2 SVG). Bezüglich der festgesetzten Dauer kann auf die zutreffenden Erwägungen der Rekursinstanz verwiesen werden (Entscheid der Vorinstanz, E.7; §70 in Verbindung mit §28 Abs.1 Satz2 VRG). Demnach beträgt die Mindestentzugsdauer im vorliegenden Fall gemäss von Art.16c Abs.2 lit.a SVG drei Monate und darf nach Art.16 Abs.3 Satz2 SVG nicht unterschritten werden. Das Bundesgericht hat bereits mehrfach entschieden, dass die Mindestentzugsdauer auch bei einem Berufschauffeur nicht unterschritten werden darf (BGE135II138 E.2.4; 132II234 E.2). Eine Reduktion der Entzugsdauer ist daher ausgeschlossen.
5.2 Von der Mindestentzugsdauer dürfte nach der zutreffenden Erwägung der Vorinstanz auch bei Vorliegen eines Härtefalls im Sinn von Art.33 Abs.5 der Verordnung vom 27.Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (VZV) nicht abgewichen werden. Damit kommt ein Entzug unter drei Monaten auch im Hinblick auf eine einzelne (Unter-)Kategorie nicht infrage (BGE132II234 E.2.3 am Ende). Insgesamt erweist sich damit die von der Beschwerdegegnerin festgelegte Entzugsdauer von dreiMonaten als rechtsbeständig.
6.
6.1 Die Rügen erweisen sich insgesamt als unbegründet und die Beschwerde ist abzuweisen. Es bleibt somit bei der Verfügung vom 19.Januar 2016, mit welcher das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich dem Beschwerdeführer den Führerausweis aufgrund einer schweren Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften für das Gebiet der Schweiz und des Fürstentums Lichtenstein für die Dauer von drei Monaten entzogen hat.
6.2 Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (§65a Abs.2 in Verbindung mit §13 Abs.2 Satz1 VRG) und mit der geleisteten Kaution zu verrechnen; der Restbetrag ist dem Beschwerdeführer rückzuvergüten. Eine Parteientschädigung ist ihm bei diesem Ergebnis keine zuzusprechen (§17 Abs.2 VRG).
Demgemäss erkennt der Einzelrichter:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Fr. 1'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 60.-- Zustellkosten,
Fr. 1'060.-- Total der Kosten.
Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit der geleisteten Kaution verrechnet; der Restbetrag wird dem Beschwerdeführer rückvergütet.
Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.
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