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Urteil Verwaltungsgericht (ZH - VB.2009.00675)

Zusammenfassung des Urteils VB.2009.00675: Verwaltungsgericht

Die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich entzog A vorsorglich den Führerausweis auf unbestimmte Zeit und ordnete eine verkehrsmedizinische Abklärung an. Der Regierungsrat wies den Rekurs dagegen ab. A reichte eine Beschwerde ein, die ebenfalls abgewiesen wurde. Es wurde festgestellt, dass ernsthafte Bedenken an der Fahreignung bestehen und der vorsorgliche Führerausweisentzug gerechtfertigt ist. Die Beschwerde wurde abgewiesen, die Kosten in Höhe von CHF 2'060.-- wurden A auferlegt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VB.2009.00675

Kanton:ZH
Fallnummer:VB.2009.00675
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:1. Abteilung/1. Kammer
Verwaltungsgericht Entscheid VB.2009.00675 vom 24.02.2010 (ZH)
Datum:24.02.2010
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Vorsorglicher Führerausweisentzug: Ernsthafte Bedenken an der Fahreignung; Verdacht auf Alkoholproblematik.
Schlagwörter: Alkohol; Fahreignung; Sicherungsentzug; Abklärung; Alkoholkonsum; Recht; Warnungs; Führerausweis; Widerhandlung; Trinken; Entscheid; Rekurs; Regierungsrat; Strassenverkehr; Sucht; Fahrzeug; Bundesgericht; Bedenken; Warnungsentzug; Verwaltungsgericht; Kantons; Abteilung; Kammer; Polizei; Promille; Zweifel; Zustand; ängig
Rechtsnorm: Art. 16a SVG ;
Referenz BGE:126 II 185; 126 II 361;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VB.2009.00675

Verwaltungsgericht

des Kantons Zürich

1. Abteilung

VB.2009.00675

Entscheid

der 1 Kammer

vom 24. Februar 2010

Mitwirkend: Abteilungspräsident Andreas Keiser (Vorsitz), Verwaltungsrichter Robert Wolf, Verwaltungsrichter Hans Peter Derksen, Gerichtssekretär Martin Knüsel.

In Sachen

gegen

betreffend vorsorglicher Führerausweisentzug,

I.

Mit Verfügung vom 18. Mai 2009 entzog die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich (Strassenverkehrsamt, Abteilung Administrativmassnahmen) A den Führerausweis vorsorglich auf unbestimmte Zeit bzw. bis zur Abklärung von Ausschlussgründen. Weiter ordnete sie an, A habe sich auf seine Kosten beim Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich (IMRZ) einer verkehrsmedizinischen Abklärung seiner Fahreignung zu unterziehen; über das weitere Vorgehen werde entschieden, sobald das Ergebnis vorliege. Ferner wurden die dem IRMZ gestellten Fragen formuliert. Dem Lauf der Rekursfrist und einem allfälligen Rekurs wurde die aufschiebende Wirkung entzogen. Den gegen die Entzugsverfügung eingelegten Rekurs vom 19. Juni 2009, womit A die Aufhebung der Verfügung und auch den Verzicht auf Abklärung der Fahreignung verlangte, wies der Regierungsrat mit Entscheid vom 21. Oktober 2009 ab, ebenfalls unter Entzug der aufschiebenden Wirkung.

II.

Mit Beschwerde vom 27.November 2009 an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich liess A seine Anträge erneuern, unter entsprechenden Kosten- und Entschädigungsfolgen. Die Staatskanzlei liess unter Hinweis auf den angefochtenen Rekursentscheid am 7. Dezember 2009 Abweisung der Beschwerde beantragen. Die Sicherheitsdirektion beantragte am 9. Dezember 2009 ebenfalls Abweisung der Beschwerde.

Die Parteivorbringen sowie die Ausführungen gemäss angefochtenem Regierungsratsbeschluss werden, soweit rechtserheblich, nachstehend wiedergegeben.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Die grundsätzliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts zur Beurteilung von Beschwerden gegen administrative Massnahmen im Strassenverkehr findet ihre Grundlage in §41 Abs.1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24.Mai 1959 (VRG). Die Behandlung entsprechender Beschwerden erfolgt gemäss §38 Abs.2 lit.a VRG durch den Einzelrichter. Nach §38 Abs.3 Satz2 VRG ist die einzelrichterliche Beurteilung indessen ausgeschlossen, wenn Entscheide des Regierungsrats ange­fochten sind. Nachdem hier Letzteres der Fall ist, hat die Geschäftserledigung in Dreierbesetzung zu erfolgen (vgl. §38 Abs.1 VRG).

- ihre körperliche und geistige Leistungsfähigkeit nicht mehr ausreicht, ein Motorfahrzeug sicher zu führen (lit. a);

- sie an einer Sucht leidet, welche die Fahreignung ausschliesst (lit. b);

- sie aufgrund ihres bisherigen Verhaltens nicht Gewähr bietet, dass sie künftig beim Führen eines Motorfahrzeugs die Vorschriften beachten und auf die Mitmenschen Rücksicht nehmen wird (lit. c).

Der auf unbestimmte Zeit entzogene Lernfahr- Führerausweis kann bedingt und unter Auflagen wiedererteilt werden, wenn eine allfällige gesetzliche behördlich verfügte Sperrfrist abgelaufen ist und die betroffene Person die Behebung des Mangels nachweist, der die Fahreignung ausgeschlossen hat (Art.17 Abs.3 SVG).

Der Beschwerdeführer bestreitet, der Polizei gegenüber die rapportierten Angaben zum Alkoholkonsum gemacht zu haben, und macht geltend, dass diese Angaben zu einem deutlich höheren Wert hätten führen müssen. Vorliegend sei ein leichter Fall von 0,62 Promille zu beurteilen, der nur knapp innerhalb der vom Gesetz genannten Zweijahresgrenze nach einem anderen leichten Fall (0,67Promille) erfolgt sei. Der einzige schwere Vorfall liege bereits vier Jahre zurück. Weitere Vorfälle gebe es nicht. Der Regierungsrat habe vorliegend keine Unterscheidung zwischen leichter Widerhandlung und schwerer Widerhandlung gemacht und er habe auch die im Gesetz genannten Fristen nicht berücksichtigt.

Die Vorinstanz nehme an, dass allein deshalb hinreichende Zweifel an der Fahreignung des Beschwerdeführers bestünden, weil dieser innerhalb von rund vier Jahren zum dritten Mal ein Fahrzeug in angetrunkenem Zustand gelenkt habe. Dabei scheine sie dies unabhängig davon gelten lassen zu wollen, ob eine leichte eine schwere Widerhandlung vorliege. Das Gesetz verlange aber nicht, dass ein Autofahrer Trinken und Fahren trenne. Ausdrücklich erlaubt sei das Fahren unter leichtem Alkoholeinfluss von bis zu 0,5Pro­mille. Wenn die Vorinstanz dem Beschwerdeführer vorwerfe, er könne Fahren und Trinken nicht genügend trennen, weshalb eine Abklärung der Fahreignung angezeigt sei, vermische sie zwei unabhängige Fragestellungen. Nur weil jemand hin und wieder Alkohol trinke und dabei vielleicht auch mal (vielleicht sogar bewusst) nahe an die Grenze zu 0,5 Promille gehe, heisse das noch lange nicht, dass bei ihm eine Suchtproblematik vorliege und er nicht zum Fahren geeignet sei.

Eine Suchtproblematik liege erst bei regelmässig grossem Alkoholkonsum vor. Und davon bzw. von den vom Bundesgericht erwähnten Richtwerten seien die beim Beschwerdeführer gemessenen Werte weit entfernt. Damit setze man jeden Lenker, der sich knapp verschätzt habe, dem Verdacht aus, ein krankhafter Trinker zu sein. Unter dem Aspekt der Verhältnismässigkeit sei darauf hinzuweisen, dass die Anordnung einer Abklärung der Fahreignung für den Betroffenen keinesfalls eine Bagatelle sei, sondern einen schweren Eingriff in dessen Persönlichkeitsrechte darstelle. Bei einer solchen Abklärung würden zahlreiche intime Daten über den Beschwerdeführer erstellt und gespeichert. Zudem werde vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich über einen längeren Zeitraum volle Abstinenz erwartet, was mit einer Haarprobe überprüft werde. Diese Prozedur müsse sich ein unbescholtener Bürger nicht gefallen lassen, solange nicht ein echter Zweifel an seiner Fahreignung bestehe.

5.

Voraussetzung eines Sicherungsentzugs ist das Vorliegen einer Sucht, während beim vorsorglichen Sicherungsentzug lediglich

5.1 Die vom Beschwerdeführer zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichts besagt, dass bei Überschreitung bestimmter Limiten (Alkoholpromille) ein vorsorglicher Sicherungsentzug zwingend anzuordnen ist (BGE 126 II 185 und BGE 126 II 361). Damit schafft die erwähnte Rechtsprechung zu den in Art. 30 VZV erwähnten "ernsthaften Bedenken" zwar wie bei der Geschwindigkeitsübertretung verbindliche Regeln, definiert jedoch dessen Anwendungsbereich keineswegs abschliessend. Ernsthafte Bedenken können auch bei anderen Konstellationen gegeben sein, was im Einzelfall zu prüfen ist.

5.2 Die vom Beschwerdeführer befürwortete Auslegung von Art. 30 VZV mit der Unterscheidung zwischen leichter, mittelschwerer und schwerer Verkehrsregelverletzung stellt eine unzulässige Verknüpfung der Voraussetzungen des Warnungs- und des Sicherungsentzugs dar, die beide unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen. Der Warnungsentzug bezweckt die Sanktionierung eines fehlbaren Lenkers, der an die Einhaltung der Normen des Strassenverkehrs erinnert werden soll. Mit dem Sicherungsentzug und dem vorsorglichen Sicherungsentzug sollen Fahrzeuglenker dem Strassenverkehr ferngehalten werden, deren Fahreignung entfallen fraglich ist. Weil unterschiedliche Zwecksetzungen verfolgt werden, kann der Angebrachtheit eines vorsorglichen Sicherungsentzugs nicht damit entgegengetreten werden, dass beim Warnungsentzug keine nur minimale Sanktionen zu gewärtigen wären. Die Frage nach der Fahreignung kann sich schliesslich unabhängig davon stellen, ob der Fahrzeugführer eine leichte schwere Widerhandlung begangen hat.

5.3 Vorliegend müsste dem Beschwerdeführer wegen einer leichten Widerhandlung im Sinn von Art. 16a Abs. 1 lit. b SVG der Ausweis aufgrund von Art. 16a Abs. 2 SVG erneut für die Dauer von mindestens zwei Monaten entzogen werden. Damit wäre dem Beschwerdeführer innerhalb von weniger als drei Jahren der Ausweis wegen Fahrens im alkoholisierten Zustand dreimal entzogen worden. Angesichts dieser Häufung und weil die bisherigen Warnungsentzüge ihre Wirkung offenbar verfehlt haben bzw. dasselbe für einen weiteren Warnungsentzug zu befürchten wäre, sind ernsthafte Bedenken an der Fahreignung angezeigt. Unter diesen Umständen erweist es sich als gerechtfertigt, statt des weiteren Warnungsentzugs einen vorläufigen Sicherungsentzug mit dem Ziel der Abklärung einer allfälligen Alkoholproblematik auszusprechen.

5.4 Mit der Beschwerdegegnerin ist zudem festzuhalten, dass der Beschwerdeführer innert kurzer Zeit wiederholt gezeigt hat, dass er nicht in der Lage ist, Trinken und Fahren zu trennen. Diese Annahme wird gestützt durch die vom Beschwerdeführer gegenüber der Polizei gemachten Angaben zu seinem Alkoholkonsum vor der fraglichen Fahrt. Diese werden vom Beschwerdeführer im Rechtsmittelverfahren zwar bestritten. Da der Beschwerdeführer die diesbezüglichen Angaben des Polizisten im Polizeiprotokoll am 13.April 2009 unterschriftlich anerkannt hat, ist jedoch äusserst fraglich, ob überhaupt Zweifel an den polizeilichen Feststellungen angebracht sind. Dies, zumal er auf eine Blutprobe verzichtet und den tieferen Wert der Messung ausdrücklich anerkannt hat.

Die polizeilichen Feststellungen würden jedoch selbst dann Anhaltspunkte für eine bestehende Alkoholproblematik schaffen, wenn der Alkoholkonsum auf vier Stangen Bier reduziert würde. Der Eindruck eines zumindest lockeren Alkoholkonsums im Wissen um die anschliessende Fahrt nach Hause kann damit vor dem Hintergrund der beiden Führerausweisentzüge wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand in den Jahren 2006 und 2007 jedenfalls nicht verwischt werden.

Auch wenn der Beschwerdeführer geltend macht, der Alkoholkonsum liege weit unter den zwingenden Grenzwerten gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum vorsorglichen Ausweisentzug, und auch wenn er ausführen lässt, das Gesetz verlange nicht, dass ein Autofahrer Trinken und Fahren trenne, so verlangt das Gesetz auf jeden Fall, dass der Fahrzeuglenker Fahren und Trinken zumindest ausreichend trennt. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass das Risiko, in eine Verkehrskontrolle zu geraten, gerichtsnotorisch gering ist. Dass jemand kurz hintereinander dreimal ausnahmsweise dann in eine Kontrolle gerät, wenn er sich beim Alkoholkonsum "verschätzt" hat, und derart als sonst unbescholtener Bürger eine ungerechtfertigte Verdächtigung erfährt, ist höchst unwahrscheinlich. Vielmehr liegt unter diesen Umständen nahe, dass beim Beschwerdeführer eine Alkoholproblematik nicht ausgeschlossen werden kann.

5.5 Die ernsthaften Bedenken sind damit in zweifacher Hinsicht erstellt, und der vorsorgliche Führerausweisentzug und die verkehrsmedizinische Untersuchung sind zu Recht verfügt worden.

6.

Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Die Kosten sind dem Verfahrensausgang entsprechend dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (§13 Abs.2 VRG). Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist keine Umtriebsentschädigung zu entrichten.

Demgemäss entscheidet die Kammer:

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf
Fr. 2'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 60.-- Zustellungskosten,
Fr. 2'060.-- Total der Kosten.

3. Die Kosten werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

5. Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 erhoben werden. Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung an gerechnet, beim Bundesgericht, 1000Lausanne14 einzureichen.

6. Mitteilung an

Quelle: https://www.zh.ch/de/gerichte-notariate/verwaltungsgericht.html
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