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Urteil Verwaltungsgericht (ZH - VB.2003.00355)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:VB.2003.00355
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:2. Abteilung/2. Kammer
Verwaltungsgericht Entscheid VB.2003.00355 vom 04.02.2004 (ZH)
Datum:04.02.2004
Rechtskraft:Das Bundesgericht ist auf eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen diesen Entscheid am 23.03.2004 nicht eingetreten.
Leitsatz/Stichwort:Kein Anspruch infolge Volljährigkeit der Kinder und fehlender Abhängigkeit
Zusammenfassung:Ein ausländischer Staatsangehöriger reiste 1976 erstmals in die Schweiz ein, heiratete eine Schweizerin und erhielt 1982 die Niederlassungsbewilligung. Nach der Scheidung und dem Verlassen der Schweiz beantragte er vergeblich eine erneute Bewilligung. Sein Rekurs wurde abgelehnt, woraufhin er Beschwerde einreichte und aufgrund fehlender rechtlicher Ansprüche abgewiesen wurde. Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 1'060 wurden ihm auferlegt.
Schlagwörter: Aufenthalt; Recht; Aufenthalts; Schweiz; Söhne; Gesuch; Zeitpunkt; Regierungsrat; Anspruch; Gericht; Beschwerdeführers; Rechtsanspruch; Verwaltungsgericht; Niederlassung; Kinder; Abhängigkeit; Niederlassungsbewilligung; Aufenthaltsbewilligung; Beziehung; Regel; Bundesgericht; Kanton; Erteilung; Entscheid; Kindern; Familienleben
Rechtsnorm: Art. 13 BV ; Art. 191 BV ; Art. 8 EMRK ;
Referenz BGE:120 Ib 257; 126 II 377; 127 II 161; 129 II 11; 129 II 249;
Kommentar:
-
Entscheid

I.

Der 1947 geborene ausländische Staatsangehörige A reiste ein erstes Mal am 1. August 1976 in die Schweiz. Nachdem er im Jahr 1978 die Schweizerin D geheiratet hatte, wurde ihm im Juni 1982 die Niederlassungsbewilligung für den Kanton Zürich erteilt. Aus der Ehe gingen die Söhne E, geboren 1982, und F, geboren 1985, hervor, welche schweizerische Staatsangehörige sind. Im Jahr 1991 kehrte A mit seinen Söhnen in sein Heimatland zurück. Am 26. Mai 1992 wurde seine Ehe vom Bezirksgericht Zürich geschieden.

In den Jahren 2001 und 2002 reisten die beiden Söhne wieder in die Schweiz, wo sie heute leben. A ersuchte die Behörden des Kantons U um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, welches Gesuch diese am 29. Juni 2001 abwiesen. Am 31.Juli 2002 reiste er mit einem Besuchervisum in den Kanton Zürich. Unmittelbar vor dem Ablauf der Aufenthaltsberechtigung stellte er am 14. September 2002 das Gesuch um Wiedererteilung der Niederlassungsbewilligung. Die Direktion für Soziales und Sicherheit (Migrationsamt) trat auf das Gesuch betreffend die Niederlassungsbewilligung nicht ein, wies das Gesuch um Erteilung der Aufenthaltsbewilligung ab und setzte A eine Ausreisefrist bis zum 31.Mai 2003.

II.

Der Regierungsrat wies am 27. August 2003 einen dagegen eingereichten Rekurs ab, im Wesentlichen mit der Begründung, für den Aufenthalt des Vaters bei seinen erwachsenen Söhnen bestehe kein gesetzlicher Anspruch. Im Rahmen des dem Regierungsrat zustehenden Ermessens führe die Interessenabwägung zu einer Abweisung.

III.

Mit Beschwerde, die mit dem Poststempel vom 1. Oktober 2003 versehen und mit 27.März 2003 datiert wurde, beantragte A durch seinen Rechtsvertreter dem Verwaltungsgericht, dass der Entscheid des Regierungsrats aufzuheben und ihm der Aufenthalt im Kanton Zürich zu bewilligen sei, unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Direktion für Soziales und Sicherheit. Sodann stellte er den Antrag, es sei ihm während der Dauer des Beschwerdeverfahrens die Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung zu gewähren.

Während sich die beschwerdebeklagte Direktion nicht vernehmen liess, stellte die Staatskanzlei namens des Regierungsrats am 20. Oktober 2003 dem Gericht den Antrag, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, allenfalls sei diese abzuweisen.

Am 3. Oktober 2003 verfügte der Kammervorsitzende, dass der Vollzug der Wegweisung einstweilen zu unterbleiben habe.

Die Kammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 In Angelegenheiten der Fremdenpolizei ist die Beschwerde an das Verwaltungsgericht nur zulässig, wenn eine Anordnung zu beurteilen ist, die sich auf einen Anspruch des Gesetzes-, Verfassungs- Staatsvertragsrechts stützen kann (§ 43 Abs. 1 lit. h in Verbindung mit Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 [VRG] und Art.100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 des Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember 1943).

1.2 Wie der Regierungsrat zutreffend festgestellt hat, ist die frühere Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers gestützt auf Art. 9 Abs. 3 lit. c des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 26. März 1931 (ANAG) auf Grund seines mehrjährigen Auslandaufenthalts erloschen, was dieser zu Recht nicht bestreitet.

Ebenso wenig behauptet er, dass er einen Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung auf Grund des Gesetzes habe; ein solcher ist auch nicht ersichtlich.

1.3 Der Beschwerdeführer beruft sich auf die in Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) garantierte Achtung des Privat- und Familienlebens sowie, sinn­gemäss und inhaltsgleich, Art. 13 Abs. 1 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV). Darauf können sich ausländische Personen berufen, welche nahe Angehörige in der Schweiz haben, die über ein gefestigtes Aufenthaltsrecht verfügen und mit diesen in einer intakten familiären Beziehung stehen. Geht es um die familiäre Beziehung zwischen einem Elternteil und Kindern, erlischt der Rechtsanspruch aus Art. 8 Abs. 1 EMRK beziehungsweise Art. 13 Abs. 1 BV in der Regel, wenn die Kinder volljährig sind. Eine Ausnahme besteht dann, wenn ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zwischen Elternteil und (volljährigen) Kindern besteht, welches sich auf Grund besonderer Umstände wie dauernder Krankheit Behinderung ergeben kann. Die besonderen Umstände bewirken, dass die erwachsenen Kinder Elternteile der Betreuung und Pflege durch ihre Angehörigen bedürfen (vgl. BGE 120 Ib 257 E. 1). Es kann auf die zutreffende Darlegung der Rechtslage durch den Regierungsrat verwiesen werden (§ 28 Abs. 1 in Verbindung mit §70 VRG). Der Beschwerdeführer hat nicht behauptet, solche besonderen Umstände seien gegeben. Darin, dass er die Ausbildung seiner Söhne angemessen unterstützen will, ist ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis im genannten Sinn nicht gegeben. Auf die Garantie des Schutzes des Privatlebens, welche ein Verbleiberecht des Beschwerdeführers ausserhalb der familiären Beziehung zu seinen Kindern ebenfalls gestützt auf Art. 8 Abs. 1 EMRK beziehungsweise Art. 13 Abs. 1 BV gebieten könnte, kann sich der Beschwerdeführer ebenfalls nicht berufen, weil keine das übliche Mass übersteigenden privaten Beziehungen zu seiner ausserfamiliären Umgebung in der Schweiz ersichtlich sind. Zwar dauerte sein früherer Aufenthalt in der Schweiz über 14 Jahre. Allerdings hat er diesen freiwillig abgebrochen und in den folgenden elf Jahren keine massgeblichen Beziehungen zur Schweiz unterhalten. Auch hierzu kann auf die zutreffende Würdigung des Regierungsrats verwiesen werden.

1.4 Der ältere Sohn ist am 31. März 2000, der jüngere am 23. März 2003 volljährig geworden; der Beschwerdeführer stellte sein Gesuch am 14. September 2002. Zum vornherein kann ein Rechtsanspruch des Beschwerdeführers nur mit Bezug auf den jüngeren Sohn in Frage kommen, sofern auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Gesuchs abzustellen wäre.

Das Bundesgericht hat zur Frage, welcher Zeitpunkt massgeblich sei, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt (BGE 120 Ib 257 E. 1f; BGE 129 II 11 E. 2): Grundsätzlich seien bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Beschwerde (an das Bundesgericht) die aktuellen tatsächlichen Verhältnisse massgebend. Eine Ausnahme rechtfertige sich für die Altersfrage beim Nachzug von Kindern in Anwendung von Art. 17 Abs. 2 ANAG, wo es auf den Zeitpunkt der Gesuchseinreichung ankomme. Diese Ausnahme rechtfertige sich, weil diesfalls die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung in Frage stehe, womit eine unbefristete Anwesenheit bewilligt werde, wenn im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung die Voraussetzungen erfüllt seien. Anders verhalte es sich bei einer auf Art. 8 EMRK gestützten Bewilligung, wo eine befristete Aufenthaltsbewilligung im Vordergrund stehe. Diese in der Regel auf ein Jahr befristete Bewilligung könne von den Behörden periodisch überprüft werden. Der Entscheid über das Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses wirke daher in der Regel nicht über eine einjährige Zeitperiode hinaus. Weil eine Abhängigkeit nachträglich sowohl wegfallen wie auch erst entstehen könne, sei es gerechtfertigt, im zu beurteilenden Zusammenhang gleich wie im (erwähnten) Regelfall auf den gegenwärtigen Zeitpunkt abzustellen. Offen liess das Bundesgericht, ob damit der Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung der Urteilsfällung durch das Gericht gemeint sei.

Mit anderen Worten würde die Bejahung eines Rechtsanspruchs im Hinblick auf das (minderjährige) Alter des jüngeren Sohnes des Beschwerdeführers zu einer Aufenthaltsbewilligung führen, die auf ein Jahr, längstens jedoch bis zum Zeitpunkt der Volljährigkeit beschränkt wäre. Es macht deshalb auch für das Verwaltungsgericht keinen Sinn, einen allfälligen in der Vergangenheit liegenden Rechtsanspruch zu prüfen, wenn feststeht, dass dessen Voraussetzungen im heutigen Zeitpunkt nicht mehr gegeben sind. Da nur die Rechtsanspruchsgrundlage von Art. 8 Abs. 1 EMRK in Frage steht, ist von der Volljährigkeit beider Söhne auszugehen, womit ein aus der Konvention möglicher Anspruch des Beschwerdeführers zum vornherein nicht gegeben ist.

Das Gleiche gilt mit Bezug auf die Anspruchsgrundlage von Art. 13 Abs. 1 BV. Der in der Verfassung garantierte Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens entspricht materiell der Garantie von Art. 8 EMRK und gewährt darüber hinaus im Ausländerrecht keine zusätzlichen Ansprüche (BGE 126 II 377 E. 7).

1.5 Die Ausführungen in der Beschwerde führen zu keiner anderen Beurteilung. Die angebliche wirtschaftliche Abhängigkeit der Söhne vom Beschwerdeführer stellt keine besondere Abhängigkeit im Sinne der Rechtsprechung dar (vgl. oben E.1.3). Dass ein gemeinsames Familienleben im Vordergrund stünde, behauptet selbst der Beschwerdeführer nicht. Davon abgesehen wäre angesichts des Alters der Söhne der Tatbestand des Familienlebens im Sinne von Art. 8 Abs. 1 EMRK beziehungsweise Art. 13 Abs. 1 BV ohnehin nicht gegeben. Eine Rechtsgrundlage gestützt auf die analoge Anwendung des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681) besteht, entgegen der beiläufig geäusserten Ansicht des Vertreters des Beschwerdeführers, nicht. Der Gesetzgeber hat es in Kauf genommen, dass schweizerischen Staatsangehörigen bis auf weiteres nicht die gleichen Rechtsansprüche beim Familiennachzug zustehen wie Angehörigen der EG-Mitgliedstaaten (vgl. BGE 129 II 249 E. 5.5, bestätigt durch BGr, 16. Januar 2004, 2A.457/2003, www.bger.ch, zur Publikation vorgesehen). Damit ist für eine richterliche Ausdehnung der Ansprüche auf Grund des Gebots der Gleichbehandlung kein Raum (Art. 191 BV).

Fehlt es damit an einem Rechtsanspruch, kann das Gericht auf die Beschwerde nicht eintreten.

2.

Mit dem heutigen Entscheid ist eine vorsorgliche Regelung der Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers hinfällig.

3.

Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen und steht diesem keine Parteientschädigung zu (§ 13 Abs. 2 in Verbindung mit §70 VRG beziehungsweise § 17 Abs. 2 VRG).

4.

Indem das Gericht auf die Beschwerde nicht eintritt, weil es einen Rechtsanspruch verneint, schliesst es auch die Möglichkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht aus (§ 43 Abs. 1 lit. h und Abs. 2 VRG). Die allfällige Verletzung eines behaupteten Anspruchs wäre dennoch im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu rügen (BGE 127 II 161 E. 1b).

Demgemäss beschliesst die Kammer:

1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf
Fr. 1'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 60.-- Zustellungskosten,
Fr. 1'060.-- Total der Kosten.

3. Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

5. Im Sinn der Erwägungen kann gegen diesen Entscheid innert 30 Tagen, von der Zustellung an gerechnet, Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht erhoben werden.

6.

Quelle: https://www.zh.ch/de/gerichte-notariate/verwaltungsgericht.html
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