Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VB.2003.00234 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | 1. Abteilung/1. Kammer |
Datum: | 28.01.2004 |
Rechtskraft: | Dieser Entscheid ist rechtskräftig. |
Leitsatz/Stichwort: | Gesamtleistungswettbewerb für eine Doppelturnhalle |
Zusammenfassung: | Die Primarschulgemeinde X schrieb im November 2002 einen Wettbewerb zur Vergabe eines Totalunternehmervertrags für den Bau einer Doppelturnhalle aus. Nach der Bewertung der eingereichten Arbeiten empfahl das Preisgericht zwei Projekte zur Weiterbearbeitung, aber die Primarschulpflege entschied sich anders und vergab den Zuschlag an ein anderes Projekt. Daraufhin erhob die ARGE `A` Beschwerde gegen diesen Entscheid. Nach einer Reihe von Verfahrensschritten entschied das Verwaltungsgericht teilweise zugunsten der Beschwerdeführenden, indem der Vergabeentscheid aufgehoben wurde. Die Verfahrenskosten wurden beiden Parteien je hälftig auferlegt, ohne dass Parteientschädigungen zugesprochen wurden. |
Schlagwörter: | Vergabe; Projekt; Verfahren; Projekte; Wettbewerbs; Preis; Zuschlag; Parteien; Empfehlung; Weiterbearbeitung; Beschwerdeführenden; Verfahrens; SubmV; Vergabebehörde; Preisgericht; Entscheid; Verwaltungsgericht; SIA-Ordnung; Gewinner; Primarschulgemeinde; Totalunternehmervertrags; Punkte; Vergabeentscheid; Entschädigungsfolgen; Akteneinsicht |
Rechtsnorm: | Art. 404 OR ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
I.
Die Primarschulgemeinde X schrieb am 7. November 2002 einen zweistufigen Gesamtleistungswettbewerb für die Vergabe eines Totalunternehmervertrags betreffend den Neubau einer Doppelturnhalle in X aus. Aufgrund der eingegangenen Bewerbungen und einer entsprechenden Empfehlung des Preisgerichts beauftragte die Primarschule am 20. Dezember 2002 vier Projektteams damit, anonym ein Bauprojekt zu erarbeiten mit Angaben zur Materialisierung und Konstruktion sowie über die Kostensicherheit in Form eines Kostenvoranschlags, der Grundlage für das Pauschalangebot und den späteren Totalunternehmervertrag bilden sollte. Alle Lösungsvorschläge sollten mit einem festen Preis von Fr.25'000.- entschädigt werden.
Nach Prüfung der eingegangenen Arbeiten bewertete das aus fünf stimmberechtigten und neun nicht stimmberechtigten Mitgliedern zusammengesetzte Preisgericht die Projekte und empfahl das Projekt "N" der H AG und das Projekt "O" einer Arbeitsgemeinschaft (ARGEA), bestehend aus dem Team B, C, D und E zur Weiterbearbeitung. Dabei sollten im einzelnen aufgeführte Punkte von der Bauherrschaft noch definiert und andere Punkte im jeweiligen Projekt noch überprüft und/oder überarbeitet werden.
Entgegen dieser Empfehlung beschloss die Primarschulpflege X am 13. Juni 2003, auf die Weiterbearbeitung der beiden Projekte zu verzichten und dem Projekt "N" den Zuschlag zu erteilen. Der Entscheid wurde den Betroffenen am 16. Juni 2003 mitgeteilt.
II.
Gegen den Vergabeentscheid erhob die ARGE "A" (Leiterin des Projektes O) am 26. Juni 2003 Beschwerde an das Verwaltungsgericht. Die Beschwerdeführenden beantragten, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und der Zuschlag sei ihnen zu erteilen. Eventualiter sei die Beschwerdegegnerin anzuweisen, den Zuschlag aufgrund der vom Preisgericht vorgenommenen Beurteilung der überarbeiteten Projekte "N" und "O" zu erteilen, alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdegegnerin. In prozessualer Hinsicht ersuchten die Beschwerdeführenden um Erteilung der aufschiebenden Wirkung, Anordnung eines zweiten Schriftenwechsels und Akteneinsicht.
Mit Beschwerdeantwort vom 18. August 2003 beantragte die Primarschulgemeinde X, die Beschwerde sei abzuweisen und es sei die aufschiebende Wirkung zu verweigern, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdeführenden.
Der Abteilungspräsident eröffnete am 22. August 2003 einen zweiten Schriftenwechsel, legte dabei den Umfang der Akteneinsicht fest und erteilte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung. In ihrer Replik vom 6. Oktober 2003 hielt die ARGE "A" vollumfänglich an ihren Anträgen fest. Die Duplik erfolgte am 30. Oktober 2003 und schloss ihrerseits wiederum auf Abweisung der Beschwerde. Die Mitbeteiligten HAG und IAG liessen sich in keinem Stadium des Verfahrens zur Beschwerde vernehmen.
Die Kammer zieht in Erwägung:
Im Streit liegt die freihändige Vergabe eines Totalunternehmervertrags aufgrund eines zweistufig durchgeführten Wettbewerbs.
Die im Wettbewerbsprogramm vorgesehene Wettbewerbsorganisation entspricht nach der übereinstimmenden und zutreffenden Auffassung der Parteien den Grundsätzen des IVöB-BeitrittsG und der SubmV. Insbesondere wurde das Verfahren zweistufig durchgeführt, und die anonym eingereichten Arbeiten wurden durch eine unabhängige Jury beurteilt.
Nach Ziff. 1.1 des Wettbewerbsprogramms war sodann neben den Vorschriften der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 25. November 1994 und der SubmV zum selektiven Verfahren subsidiär die SIA-Ordnung 142 (Ausgabe 1998) anwendbar.
Voraussetzung einer freihändigen Vergabe im Sinn von § 11 Abs. 1 lit. k SubmV ist in jedem Fall, dass die Jury einen Gewinner ermittelt hat. Dies setzt zumindest eine eindeutige Festlegung der Rangfolge voraus, wobei eine gleichrangige Bewertung zweier Projekte nach der SIA-Ordnung 142 problematisch ist (vgl. Art. 22.1, der jedenfalls Ex-aequo-Preise verbietet). Eine Empfehlung der Jury zuhanden der Auftraggeberin ist vergaberechtlich nur insoweit relevant, als sie dazu dient, den Gewinner des Wettbewerbs zu ermitteln. Andere Empfehlungen wie etwa betreffend die Weiterbearbeitung eines mehrerer Projekte sind vergaberechtlich ohne Belang.
In seiner bisherigen Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht von einer gewissen Bindung der Vergabebehörde an den Juryentscheid ausgegangen, ohne sich aber im Einzelnen dazu zu äussern (vgl. VGr, 13. Februar 2002, BEZ 2002 Nrn. 28 und 33 mit Hinweisen). Dieser Entscheid wurde in der Lehre teilweise kritisiert (vgl. Christian Pfammatter, Concours et marchés publics, in: RDAF 2002, S. 439 ff., 455; Denis Esseiva in: Baurecht 4/2003, S. 150 f.). Das Konzept der freihändigen Vergabe spricht in der Tat eher gegen das Bestehen einer Verpflichtung der Behörde, nach durchgeführtem Wettbewerb überhaupt einen Zuschlag zu erteilen. § 11 Abs. 1 SubmV zählt verschiedene Fälle auf, die es der Vergabebehörde erlauben, Aufträge, die an sich im offenen selektiven Verfahren auszuschreiben wären, ohne ein solches Verfahren freihändig zu vergeben. Damit wird durchwegs eine Handlungsmöglichkeit, nicht aber eine Handlungspflicht aufgezeigt. Anders als im ordentlichen Vergabeverfahren verlangt auch die Vielfalt möglicher Lösungen im Rahmen von Planungs- und Gesamtleistungswettbewerben eine gewisse Freiheit der Vergabebehörde im Entscheid über die Realisierung. Dem trägt die SIA-Ordnung 142 mit ihrem Art. 27.2 auch Rechnung. Eine Vergabebehörde soll nicht gegen ihren Willen dazu gezwungen werden, ein Projekt zu realisieren, dem sie aus welchen Gründen auch immer ablehnend gegenübersteht. Die Bindung der Behörde an den Juryentscheid ist somit in erster Linie eine negative, indem es ihr versagt ist, die freihändige Vergabe an einen andern Anbieter als den Gewinner des Wettbewerbs vorzunehmen (vorn, E. 2.1; vgl. VGr, BEZ 2003 Nr. 26 E. 2c).
Anzumerken ist, dass der Vertragsschluss selbst im Anschluss an einen rechtskräftigen Zuschlag nicht im öffentlichrechtlichen Vergabeverfahren erzwungen werden könnte. Der Verzicht auf den Vertragsschluss hat letztlich ebenso wie ein unzulässiger Verfahrensabbruch, ein späterer Rücktritt vom Werkvertrag (Art. 377 des Obligationenrechts [OR]) eine Kündigung des Auftrags zur Unzeit (Art. 404 Abs. 2 OR) nur privatrechtliche Schadenersatzansprüche zur Folge, über die im Zivilprozess und nicht durch das Verwaltungsgericht zu entscheiden ist (vgl. auch BGr, 20. November 2003, 2P.155/2003, www.bger.ch).
Die Beschwerdeführenden obsiegen damit teilweise, ohne dabei allerdings das Ziel einer direkten Vergabe an sie einer Anweisung zur Weiterbearbeitung beider Projekte zu erreichen. Dieser Verfahrensausgang rechtfertigt es, die Verfahrenskosten beiden Parteien je hälftig aufzuerlegen (§ 13 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 70 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 [VRG]). Parteientschädigungen sind demnach keine zuzusprechen (§ 17 Abs. 2 VRG).
1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird der Vergabeentscheid der Primarschulgemeinde X vom 13. Juni 2003 aufgehoben.
2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf
Fr. 4'000.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 280.-- Zustellungskosten,
Fr. 4'280.-- Total der Kosten.
3. Die Gerichtskosten werden den Parteien je zur Hälfte auferlegt.
4. Parteientschädigungen werden nicht zugesprochen.
5.
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