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Urteil Verwaltungsgericht (ZH - VB.2002.00282)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:VB.2002.00282
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:1. Abteilung/1. Kammer
Verwaltungsgericht Entscheid VB.2002.00282 vom 28.10.2002 (ZH)
Datum:28.10.2002
Rechtskraft:Dieser Entscheid ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Auf das Vertretungsverhältnis ist beim Begehren um Zustellung des baurechtlichen Entscheids grundsätzlich hinzuweisen. Das Vertrauen, des Beschwerdeführers in die behördliche Auskunft ist hier jedoch zu schützen, weshalb in casu auf diese Voraussetzung zu verzichten ist.
Zusammenfassung:Der Gemeinderat X C erteilte am 23. April 2002 eine baurechtliche Bewilligung für eine Terrassenüberbauung in Y. A erhob Rekurs gegen diese Entscheidung, wurde jedoch abgewiesen, da sein Sohn D ohne Hinweis auf ein Vertretungsverhältnis die Zustellung des Entscheids beantragt hatte. A reichte daraufhin Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein und argumentierte, dass sein Sohn nicht auf das Vertretungsverhältnis hingewiesen wurde. Der Gemeinderat bestätigte das Missverständnis, aber die Baurekurskommission wies die Beschwerde ab. Es wurde diskutiert, ob das Handeln von D als Vertreter ausreichte, um das Vertretungsverhältnis darzustellen. Der Beschwerdeführer berief sich auf den Grundsatz von Treu und Glauben. Letztendlich wurde der Nichteintretensentscheid aufgehoben.
Schlagwörter: Zustellung; Entscheid; Entscheids; Vertretung; Auskunft; Vater; Begehren; Vertretungsverhältnis; Beschwerdeführers; Bausekretariat; Vertrauen; Bauvorhabens; Mitarbeiterin; Zustellungsgesuch; ­gen; Ver­tretung; Vertreter; Gesuch; Recht; Vertrauens; Gemeinderat; Rekurs; Beschluss; Begründung; Ver­tretungsverhältnis; Kammer; Baubehörde
Rechtsnorm: Art. 32 OR ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Alfred Koller, Roger Zäch, Schweizer, Berner Bern , Art. 32 OR, 2000
Entscheid

I. Am 23. April 2002 erteilte der Gemeinderat X C die baurechtliche Bewilligung für eine Terrassenüberbauung an der K-/L-strasse in Y.

II. Auf den hiergegen von A am 5. Juni 2002 erhobenen Rekurs trat die Baurekurs­kommission am 25. Juni 2002 nicht ein, weil innert der Frist gemäss § 315 Abs. 1 des Planungs- und Baugesetzes vom 7. September 1975 (PBG) nicht A um Zustellung des baurechtlichen Entscheids ersucht habe, sondern dessen Sohn D, und zwar ohne auf ein Vertretungsverhältnis hinzuweisen.

III. Gegen diesen Beschluss liess A am 9. September 2002 Beschwerde an das Ver­waltungsgericht erheben und beantragen, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache zur materiellen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zur Begründung wur­de vorgebracht, D, der Sohn des 95-jährigen Beschwerdeführers, habe sich unmittelbar nach der Publikation des Bauvorhabens beim Bausekretariat der Ge­meinden erkundigt, was vorzukehren sei; insbesondere habe er sich ausdrücklich danach er­kundigt, ob sein Vater, dessen Liegenschaft betroffen sei, das Begehren persönlich zu stel­len habe. Dies sei verneint und der Anrufende auch nicht darauf aufmerksam gemacht worden, dass im Begehren auf das Vertretungsverhältnis hinzuweisen sei.

In seiner Beschwerdeantwort vom 8./10. Oktober 2002 bestätigte der Gemeinderat, dass die Mitarbeiterin, bei welcher sich D wegen der Zustellung des baurechtlichen Entscheids telefonisch erkundigte, nicht gewusst habe, dass im Zustellungsgesuch auf das Ver­tretungsverhältnis hinzuweisen sei, und entsprechend D auch nicht darauf hingewiesen ha­be. Die Baurekurskommission beantragte am 10. Oktober 2002 ohne wei­tere Begründung Abweisung der Beschwerde; der private Beschwerdegegner liess sich nicht vernehmen.


Die Kammer zieht in Erwägung:

1. Nach §315 Abs.1 PBG hat, wer Ansprüche aus diesem Gesetz wahrnehmen will, innert 20Tagen seit der öffentlichen Be­kannt­machung bei der örtlichen Baubehörde schriftlich die Zustellung des der baurechtlichen Entscheide zu verlan­gen. Wer den bau­rechtlichen Entscheid nicht rechtzeitig ver­langt, hat gemäss §316 Abs.1 PBG das Rekursrecht ver­wirkt. Wird die Zustellung des baurechtlichen Entscheids für einen Dritten ver­­langt, so muss das Ver­tretungsverhältnis bereits im schriftlichen Zustellungs­begehren zum Ausdruck kommen (RB 1993 Nr. 53 = ZBl 95/1994, 184, auch zum Folgenden). Dabei können die Bestimmun­gen über die direkte Stellvertretung gemäss Art.32 Obligationen­recht (OR) analog beigezogen werden. Aus dem Text des Begehrens um Zustellung des baurechtlichen Entscheids aus einem Zusatz zur Un­terschrift muss somit hervor­gehen, ob der Absender das Be­gehren auch ausschliesslich in Ver­tretung eines Dritten stellt und wer die Person des Vertretenen ist. Gibt sich der Vertreter nicht als sol­cher zu erkennen, so ist anzunehmen, dass er das Begehren allein im eigenen Namen stellt. Bei ge­setz­lichen Vertre­tungsverhältnissen wie beispielsweise unter Ehegatten (Art.166 Zivilgesetzbuch [ZGB]) bei Vertretung unmündiger Kin­der durch die Eltern (Art.304 ZGB) muss das Vertretungsver­hältnis nicht bereits im Zustellungsbegehren dargestellt werden.

2. Nach der unbestritten gebliebenen Darstellung des Beschwerdeführers, hat sein Sohn, D, am 1. Februar 2002, das heisst am Tag der öffentlichen Ausschreibung des Bauvorhabens, das Bausekretariat X angerufen und sich erkundigt, was er zur Wahrung der Rech­te seines Vaters vorzukehren habe. Von einer Mitarbeiterin wurde ihm beschieden, er habe ein Gesuch um Zustellung des baurechtlichen Entscheids zu stellen. Auf die ausdrück­liche Frage hin, ob sein Vater das Begehren persönlich zu stellen habe, erklär­te die Mit­arbeiterin, dass dies nicht erforderlich sei. Auf die Notwendigkeit, im Begehren auf das Vertretungsverhältnis hinzuweisen, wurde er nicht aufmerksam gemacht. Noch am selben Tag ersuchte der in Z wohnhafte D per Fax um Zustellung des bau­rechtlichen Entscheids, ohne darauf hinzuweisen, dass er für seinen Vater als Eigentümer einer Nachbarliegenschaft des geplanten Bauvorhabens handle.

3. a) Unbestritten ist, dass der Sohn des Beschwerdeführers bei der telefonischen An­frage die Mitarbeiterin des Bausekretariats auf das Vertretungsverhältnis hingewiesen und nach Stellung des Zustellungsgesuchs für seinen Vater Einsicht in die Projektpläne ge­nommen hat. Damit stellt sich die Frage, ob dieses für die Baubehörde erkennbare Handeln als Vertreter die schriftliche Erklärung, dass der baurechtliche Entscheid für einen Dritten angefordert werde, zu ersetzen vermag. Nach einem Teil der Lehre muss, wenn für ein Rechts­geschäft (wie hier in § 315 Abs. 1 PBG) Schriftform vorgeschrieben ist, der Vertreter, der die Willenserklärung abgibt, die Urkunde eigenhändig unterschreiben, und muss die Bezeichnung des Vertretenen in der Urkunde enthalten sein, weil nur dadurch in der vor­geschriebenen Form klargestellt wird, welche Person berechtigt und verpflichtet wird (so Roger Zäch, Berner Kommentar, Bern 1990, Art. 32 OR N.52; a.M. Theo Guhl/Alfred Koller, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. A., Zürich 2000, § 19 N. 3). Da hier schon Gründe des Vertrauensschutzes den Eintritt der Verwirkungsfolge gemäss § 316 Abs. 1 PBG ausschliessen (nachfolgend lit. b), kann diese Frage offen bleiben.

b) Der Beschwerdeführer beruft sich zu Recht auf den in Art. 9 der Bundesverfassung festgehaltenen Grundsatz von Treu und Glauben, nach welchem die Bürger/innen An­spruch auf Schutz ihres berechtigten Vertrauens auf behördliche Auskünfte und Zusicherun­gen haben. Aus Gründen des Vertrauensschutzes können auch unrichtige behördliche Auskünfte bindend sein, wenn die Amtsstelle, welche die Auskunft gab, für die Auskunft­er­tei­lung zuständig war, der Bürger die Unrichtigkeit des Bescheids nicht ohne weiteres hat er­kennen können und er im Vertrauen auf die Auskunft eine nicht wieder rückgängig zu machende Disposition getroffen hat (vgl. zu alledem Max Imboden/René A. Rhinow, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Basel und Stuttgart 1978, Bd. 1, Nr.75). Die dem Sohn des Beschwerdeführers erteilte Auskunft, dass der Beschwerdeführer das Gesuch um Zustellung des baurechtlichen Entscheids nicht persönlich zu stellen habe, war zwar nicht falsch, jedoch war sie angesichts der zuvor gestellten Frage, was der Fragende zur Wahrung der Rechte seines Vaters vorzukehren habe, in einer Weise unvollständig, wel­­che die Auskunftserteilung insgesamt als unrichtig erscheinen lässt. Sodann war die Mit­arbeiterin des Bausekretariats zur Erteilung der Auskunft befugt, konnte dem Anfragenden die Unrichtigkeit der Auskunft nicht bekannt sein und hat er mit dem im eigenen Namen gestellten Zustellungsgesuch eine nicht wieder rückgängig zu machende Disposition getroffen. Damit kann dem durch den Fragesteller vertretenen Beschwerdeführer der Um­stand, dass im Gesuch um Zustellung des baurechtlichen Entscheids nicht auf das Vertretungsverhältnis hingewiesen worden ist, nicht entgegengehalten werden. Der Nichteintretensentscheid der Bau­rekurskommission erweist sich damit als rechtsverletzend und ist aufzuheben.

4. ...

Demgemäss entscheidet die Kammer:

Quelle: https://www.zh.ch/de/gerichte-notariate/verwaltungsgericht.html
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