Zusammenfassung des Urteils SR.2022.00013: Verwaltungsgericht
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat in einem Fall von Nachsteuern aus dem Jahr 2009 entschieden. Das kantonale Steueramt forderte das Ehepaar A und B auf, zu Unrecht bezogene Kapitalleistungen zurückzuzahlen. Da das Geld einem Dritten übergeben wurde, der verstarb, konnten die Pflichtigen es nicht zurückgeben. Das Steueramt legte daraufhin Nachsteuern von insgesamt Fr. fest. Die Pflichtigen erhoben Einspruch, der jedoch wegen Verspätung nicht behandelt wurde. Das Verwaltungsgericht entschied, dass die Einsprachen verspätet waren und wies sie ab. Es wurden Gerichtskosten in Höhe von Fr. festgesetzt, die den Pflichtigen auferlegt wurden.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SR.2022.00013 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | 2. Abteilung/Einzelrichter |
Datum: | 13.07.2022 |
Rechtskraft: | Dieser Entscheid ist rechtskräftig. |
Leitsatz/Stichwort: | Eintretensfrage / Verzicht auf Nachfristansetzung bei rechtskundig vertretener Partei. |
Schlagwörter: | Steuer; Pflichtigen; Rechtsmittel; Steuern; Steueramt; Einsprache; Verwaltungsgericht; Verbindung; Bundessteuer; Verfahren; Gemeinde; Verfügung; Rekurs; Staats; Gemeindesteuern; Frist; Parteien; Begründung; Entscheid; Eintretensfrage; Richner; Felix; Kanton; Stellungnahme; Steuerverfügung; Prozessführung; Parteientschädigung; Akten; Einzelrichter; üssen |
Rechtsnorm: | Art. 116 DBG ;Art. 140 DBG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich 2. Abteilung |
SR.2022.00013
SR.2022.00014
Verfügung
des Einzelrichters
vom 13.Juli2022
Mitwirkend: Verwaltungsrichter Andreas Frei, Gerichtsschreiber Felix Blocher.
In Sachen
1. A,
2. B,
beide vertreten durch Dr. iur. C,
Rekurrierende und
Beschwerdeführende,
gegen
Kanton Zürich,
vertreten durch das kantonale Steueramt,
Rekurs- und
Beschwerdegegner,
betreffend Nachsteuern
(Staats- und Gemeindesteuern 2009 und
Direkte Bundessteuer 2009),
hat sich ergeben:
I.
Gemäss der unbestrittenen vorinstanzlichen Sachverhaltsdarstellung eröffnete das kantonale Steueramt am 29. Juli 2019 ein Nachsteuer- und Bussenverfahren gegenüber dem Ehepaar A und B (nachfolgend: die Pflichtigen). Am 4. Oktober 2019 erging ein weiteres Schreiben an dieselben, in welchem diese zur Rückzahlung von zu Unrecht bezogenen Kapitalleistungen in Höhe von Fr. aufgefordert wurden. Hierauf teilten die Pflichtigen dem kantonalen Steueramt mit, dass das Geld einem Dritten übergeben worden sei, welcher mit diesem nach Belgien "abgehauen" und zwischenzeitlich verstorben sei. Am 4.November 2019 wurde den Pflichtigen die Nachsteuerberechnung zur Stellungnahme zugestellt und der Betrag von Fr. in der Steuerperiode 2009 ordentlich aufgerechnet, da die Pflichtigen das Geld nicht in den Vorsorgekreislauf retournieren konnten. Da die Pflichtigen hierauf nicht reagierten, auferlegte ihnen das kantonale Steueramt mit Verfügung vom 5. Dezember 2019 Nachsteuern (samt Zins) von Fr. (Staats- und Gemeindesteuern 2009) bzw. Fr. (direkte Bundessteuer 2009). Die Bussenverfahren wurden aufgrund der Umstände jeweils eingestellt. Die Nachsteuerverfügung wurde von dem im selben Haushalt wohnhaften Sohn der Pflichtigen am 23. Dezember 2019 entgegengenommen.
Auf die hiergegen am 16. Mai 2022 erhobene(n) Einsprache(n) trat das kantonale Steueramt am 30. Mai 2022 wegen Verspätung nicht ein.
II.
Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 8. Juli 2022 liessen die rechtskundig vertretenen Pflichtigen dem Verwaltungsgericht sinngemäss beantragen, es seien in Gutheissung ihrer Rechtsmittel die vorinstanzlichen Verfügungen aufzuheben, es sei den Pflichtigen die unentgeltliche Prozessführung zu bewilligen und ihnen eine Parteientschädigung zuzusprechen.
Das Verwaltungsgericht zog weder die vorinstanzlichen Akten bei, noch lud es die übrigen Verfahrensbeteiligten zu einer Stellungnahme ein.
Der Einzelrichter erwägt:
1.
Der Rekurs SR.2022.00013 betreffend Nachsteuern (Staats- und Gemeindesteuern 2009) und die Beschwerde SR.2022.00014 betreffend Nachsteuern (direkte Bundessteuer 2009) betreffen dieselben Pflichtigen, dieselbe Steuerperiode und eine analoge Sach- und Rechtslage, weshalb sie wie vor Vorinstanz zu vereinigen sind.
2.
2.1 Rechtsmittel an das Verwaltungsgericht müssen einen Antrag und eine Begründung enthalten. In der Begründung ist darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid an einem Rechtsmangel leidet. Folglich müssen sich die Rechtsmittel zwingend mit den massgeblichen Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzen (vgl. § 162 Abs.3 in Verbindung mit §147 Abs.4 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 [StG]; Art. 153 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 140 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 [DBG] vgl. auch VGr, 22.Juni 2015, SB.2015.00062, E.3.2.1; VGr, 21.April 2010, VB.2010.00006, E.2). Bei einem Nichteintretensentscheid der Einsprachebehörde haben sich allfällige Rechtsmittel somit insbesondere mit der Frage auseinanderzusetzen, weshalb die Einsprachebehörde die Einsprache der Pflichtigen hätte materiell behandeln müssen (Eintretensfrage). Genügt die Rechtsschrift diesen Erfordernissen nicht, ist einer rechtsunkundigen nicht rechtskundig vertretenen Partei gemäss den genannten Bestimmungen grundsätzlich eine Nachfrist zur Behebung des Mangels anzusetzen, unter der Androhung, dass ansonsten auf ihr Rechtsmittel nicht eingetreten werde. Hingegen muss vor der Fällung eines entsprechenden Nichteintretensentscheids rechtskundigen rechtskundig vertretenen Parteien keine Nachfrist zur Verbesserung der Rechtsmitteleingabe angesetzt werden (vgl. VGr, 31.Oktober 2018, SB.2018.00110/111, E. 2.3 [nicht auf www.vgrzh.ch veröffentlicht]; Felix Richner et al., Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 4. A., Zürich 2021, § 147 StG N. 30; Felix Richner et al., Kommentar zum DBG, 3.A., Zürich 2016, Art. 140 DBG N. 31; vgl. auch Alain Griffel in: Alain Griffel [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 3. A., Zürich etc., §23 N. 32, mit Hinweisen). Diesfalls kann vielmehr direkt und in einzelrichterlicher Kompetenz auf das dem Begründungserfordernis nicht genügende Rechtsmittel nicht eingetreten werden, wobei auch auf das Einholen von Stellungnahmen und Aktenbeizug verzichtet werden kann (vgl. § 38b Abs. 1 lit. a des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 [VRG]; §162 Abs. 3 in Verbindung mit §148 Abs. 1 StG; VGr, 28. Juni 2019, SB.2019.00047, E.1.3; VGr, 14. April 2020, SB.2020.0022/23, E. 1.2 [beide nicht auf www.vgrzh.ch veröffentlicht]).
2.2 Das kantonale Steueramt ist auf die Einsprachen der Pflichtigen nicht eingetreten, da die Nachsteuerverfügung unbestrittenermassen am 23. Dezember 2019 dem an derselben Adresse wohnhaften (erwachsenen) Sohn der Einsprechenden zugestellt wurde und die Zustellung von Verfügungen als vollzogen gilt, sobald der Entscheid von einem zum Haushalt des Adressaten gehörenden erwachsenen Familienmitglied entgegengenommen wurde (BGr, 10. April 1997 = Pra 87 (1998) Nr. 7, E. 3.b.bb; Richner et. al., Art. 116 DBG N. 20; Richner et. al., § 126 StG N. 25; vgl. für die kantonalen Steuern auch die ausdrückliche Regelung in § 9 Abs. 1 lit. b der Verordnung zum Steuergesetz vom 1. April 1998 [StV]). Demnach erwuchs die Nachsteuerverfügung nach Ablauf der dreissigtägigen Einsprachefrist von § 162 Abs. 3 in Verbindung mit § 140 Abs. 1 StG bzw. Art. 153 Abs. 3 in Verbindung mit Art.132 Abs. 1 DBG unangefochten in Rechtskraft und erfolgte die erst am 16. Mai 2022 erhobene Einsprache verspätet.
2.3 Die Pflichtigen setzen sich nicht substanziiert mit der Eintretensfrage auseinander und beschränken sich diesbezüglich auf die Bemerkung, wonach sie die 30-tägige Einspachefrist nicht hätten einhalten können, weil ihnen die vom Sohn entgegengenommene Einsprache zu spät ausgehändigt worden sei. Ihre Rechtsmitteleingabe lässt damit weder eine substanziierte Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Erwägungen, noch eine Befassung mit der (vorinstanzlichen) Eintretensfrage erkennen. Ihre Rechtsmitteleingabe genügt folglich nicht dem dargelegten Begründungserfordernis. Da die Pflichtigen durch einen Juristen vertreten sind, erübrigt sich die Ansetzung einer Nachfrist und ist auf ihre Rechtsmittel ohne Aktenbeizug und die Einholung einer Rekurs- bzw. Beschwerdeantwort nicht einzutreten. Ein weitergehender materiell-rechtlicher Entscheid ist dem Verwaltungsgericht verwehrt (vgl. BGr, 26.Mai 2004, 2A.495/2003, E.1.3).
2.4. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwiefern die vorinstanzliche Beurteilung der Eintretensfrage rechtsfehlerhaft sein sollte, weshalb die Beschwerde ohnehin abzuweisen gewesen wäre, wäre das Verwaltungsgericht auf diese eingetreten.
3.
3.1 Ausgangsgemäss sind die nach § 4 Abs. 2 der Gebührenverordnung des Verwaltungsgerichts vom 3. Juli 2018 (GebV VGr) zu reduzierenden Gerichtskosten den Pflichtigen aufzuerlegen und steht ihnen keine Parteientschädigung zu (§ 162 Abs. 3 in Verbindung mit §151 Abs.1 und §152 StG sowie §17 Abs.2 VRG bzw. Art. 153 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 144 Abs. 1 und 4 sowie Art. 64 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 [VwVG]).
3.2 Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung ist nach dargelegter Sach- und Rechtslage zufolge offensichtlicher Aussichtslosigkeit der Begehren im Sinn von § 16 Abs. 1 VRG abzuweisen.
Demgemäss verfügt der Einzelrichter:
1. Die Verfahren SR.2022.00013 betreffend Nachsteuer (Staats- und Gemeindesteuern 2009) und SB.2022.00014 betreffend Nachsteuer (direkte Bundessteuer 2009) werden vereinigt.
2. Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung wird abgewiesen.
3. Auf den Rekurs SR.2022.00013 betreffend Nachsteuer (Staats- und Gemeindesteuern 2009) wird nicht eingetreten.
4. Auf die Beschwerde SB.2022.00014 betreffend Nachsteuer (direkte Bundessteuer 2009) wird nicht eingetreten.
5. Die Gerichtsgebühr im Verfahren SB.2022.00013 wird festgesetzt auf
Fr. 600.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 70.-- Zustellkosten,
Fr. 670.-- Total der Kosten.
6. Die Gerichtsgebühr im Verfahren SB.2022.00014 wird festgesetzt auf
Fr. 400.--; die übrigen Kosten betragen:
Fr. 70.-- Zustellkosten,
Fr. 470.-- Total der Kosten.
7. Die reduzierten Gerichtskosten im Verfahren SB.2022.00013 werden den Rekurrierenden Nr. 1 und 2 je zur Hälfte auferlegt, unter solidarischer Haftung für die gesamten Kosten.
8. Die reduzierten Gerichtskosten im Verfahren SB.2022.00014 werden den Beschwerdeführenden Nr. 1 und 2 je zur Hälfte auferlegt, unter solidarischer Haftung für die gesamten Kosten.
9. Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.
10. Gegen diese Verfügung kann Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art.82ff. des Bundesgerichtsgesetzes erhoben werden. Die Beschwerde ist innert 30Tagen, von der Zustellung an gerechnet, beim Bundesgericht, 1000Lausanne14, einzureichen.
11. Mitteilung an:
a) die Parteien;
b) das Sekretariat der Geschäftsleitung des kantonalen Steueramts;
c) das Steueramt der Gemeinde D;
d) die Eidgenössische Steuerverwaltung.
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