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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - PG190002)

Zusammenfassung des Urteils PG190002: Obergericht des Kantons Zürich

Die A. AG reichte beim Obergericht des Kantons Zürich ein Gesuch um Ablehnung eines Schiedsrichters ein, der im Zusammenhang mit einem Schiedsverfahren der B. AG gegen die A. AG steht. Die Verwaltungskommission forderte die A. AG auf, einen Kostenvorschuss zu leisten. Die Gesuchstellerin lehnte den Schiedsrichter ab, da sie Zweifel an seiner Unabhängigkeit hatte. Die Gesuchsgegnerin beantragte die Abweisung des Gesuchs. Das Obergericht des Kantons Zürich wies das Ablehnungsbegehren ab, da keine Anzeichen für voreingenommenes Verhalten des abgelehnten Schiedsrichters vorlagen. Die Gerichtsgebühr wurde auf Fr. 5'000.- festgesetzt, und die Gesuchstellerin wurde zur Zahlung einer Prozessentschädigung von Fr. 1'077.- (inkl. MwSt.) an die Gesuchsgegnerin verpflichtet.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts PG190002

Kanton:ZH
Fallnummer:PG190002
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PG190002 vom 18.12.2019 (ZH)
Datum:18.12.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Ablehnung eines Schiedsrichters
Schlagwörter: Schieds; Ablehnung; Schiedsrichter; Gesuch; Recht; Abgelehnte; Schiedsverfahren; Gesuchsgegnerin; Richter; Mitglied; Verfahren; Ablehnungsgr; Gericht; Unabhängigkeit; Unparteilichkeit; Arbeitszeit; Parteien; Abgelehnten; Befangenheit; Schiedsrichters; Parteischiedsrichter; Kanton; Zweifel; Meinung; Entscheid; Schiedsverfahrens
Rechtsnorm: Art. 111 ZPO ;Art. 180 IPRG ;Art. 30 BV ;Art. 353 ZPO ;Art. 356 ZPO ;Art. 367 ZPO ;Art. 369 ZPO ;Art. 6 BGG ;Art. 98 ZPO ;
Referenz BGE:105 Ia 157; 108 Ia 48; 115 V 257; 118 Ia 282; 127 I 196; 128 III 330; 129 III 445; 131 I 113; 133 I 89; 138 III 270;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts PG190002

Obergericht des Kantons Zürich

Verwaltungskommission

Geschäfts-Nr. PG190002-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. M. Burger, Oberrichterin

lic. iur. E. Lichti Aschwanden und Oberrichterin lic. iur. F. Schorta sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu

Beschluss vom 18. Dezember 2019

in Sachen

  1. AG,

    Gesuchstellerin

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X1. u/o Rechtsanwalt lic. iur. X2.

    gegen

  2. ,

Gesuchsgegnerin

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y.

betreffend Ablehnung eines Schiedsrichters

Erwägungen:

I.

  1. Mit Eingabe vom 7. August 2019 liess die A.

    AG (nachfolgend: Gesuchstellerin) beim Obergericht des Kantons Zürich durch ihre Rechtsvertreter ein Gesuch um Ablehnung eines Schiedsrichters einreichen und die folgenden Anträge stellen (act. 1 S. 2):

    1. Es sei festzustellen, dass die Gesuchstellerin in dem von der Gesuchsgegnerin gegen sie angestrengten Schiedsverfahren Rechtsanwalt C. zu Recht als Parteischiedsrichter abgelehnt hat, und Rechtsanwalt C. sei anzuweisen, das Mandat als Parteischiedsrichter niederzulegen.

  2. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Gesuchsgegnerin (inklusive Mehrwertsteuer).

Das Gesuch steht im Zusammenhang mit einem von der B. (nachfolgend: Gesuchsgegnerin) gegen die Gesuchstellerin angestrebten Schiedsverfahren.

  1. Mit Verfügung vom 23. August 2019 forderte die Verwaltungskommission die Gesuchstellerin auf, einen Kostenvorschuss gemäss Art. 98 ZPO in der Hö- he von Fr. 8'000.- zu leisten (act. 5). Dieser ging bei der Obergerichtskasse am 3. September 2019 ein (act. 6).

  2. Am 6. September 2019 (act. 7) setzte die Verwaltungskommission der Gesuchsgegnerin und Rechtsanwalt C.

    (nachfolgend: Abgelehnter) sodann Frist zur freigestellten Stellungnahme an. Während der Abgelehnte auf eine Stellungnahme verzichtete, liess die Gesuchsgegnerin mit Eingabe vom

    1. Oktober 2019 das folgende Rechtsbegehren stellen:

      1. Das Gesuch sei abzuweisen.

    2. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Gesuchstellerin (zuzüglich 7.7% MWST).

  3. Mit Verfügung vom 8. November 2019 (act. 10) wurde die Stellungnahme der Gesuchsgegnerin der Gesuchstellerin und dem abgelehnten Schiedsrichter zur Kenntnis zugestellt.

II.

  1. Nach Art. 353 Abs. 1 ZPO gelten die Bestimmungen des 3. Teils der Zivilprozessordnung für Verfahren vor Schiedsgerichten mit Sitz in der Schweiz, sofern nicht die Bestimmungen des zwölften Kapitels des IPRG anwendbar sind. Der Sitz des Schiedsgerichts befindet sich vorliegend gemäss der im Gesamtarbeitsvertrag zwischen den Parteien vereinbarten Schiedsklausel in Kloten, Kanton Zürich (act. 4/2 Ziff. 43.4.3). Die Gesuchstellerin bestätigt dies (act. 1 Rz 2), seitens der Gesuchsgegnerin wird dies nicht bestritten (act. 8). Im Gesamtarbeitsvertrag wird ferner festgehalten, dass sich das Verfahren nach den Bestimmungen des 3. Teils der ZPO richte (act. 4/2 Ziff. 43.4.3). Mangels Anwendbarkeit der Bestimmungen des 12. Kapitels des IPRG kommt hinsichtlich des Ablehnungsverfahrens entsprechend Art. 353 ZPO die Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO) zur Anwendung.

  2. Der Kanton, in dem sich der Sitz des Schiedsgerichts befindet, bezeichnet ein Gericht als einzige Instanz u.a. für die Ablehnung von Schiedsrichtern (Art. 356 Abs. 2 lit. a ZPO i.V.m. Art. 369 ZPO). Da sich der Sitz des Schiedsgerichts - wie dargelegt - in Kloten, Kanton Zürich, befindet, handelt es sich nach § 46 GOG beim Obergericht des Kantons Zürich um das zuständige Gericht gemäss Art. 356 Abs. 2 ZPO. Die Zuständigkeit des Obergerichts für das vorliegende Verfahren ist damit gegeben.

    1. Hinsichtlich der Form des Ablehnungsverfahrens gelangt sodann Art. 369 ZPO zur Anwendung. Art. 369 Abs. 1 ZPO zufolge können die Parteien das Ablehnungsverfahren frei vereinbaren. Liegt keine solche Vereinbarung vor, ist das Ablehnungsgesuch gemäss Art. 369 Abs. 2 ZPO schriftlich und begründet innert einer Frist von dreissig Tagen seit Kenntnis des Ablehnungsgrundes an das abgelehnte Mitglied zu richten und allfälligen übrigen Mitgliedern mitzuteilen. Im Falle der Bestreitung durch das abgelehnte Mitglied kann die ersuchende Partei sodann innert dreissig Tagen einen Entscheid der zuständigen Behörde über die Ablehnung beantragen (Art. 369 Abs. 3 ZPO). In Ziffer 43.4.1 des GAV haben die Parteien vereinbart, dass das Schiedsverfahren mit einem eingeschriebenen Brief an die Gegenpartei eingeleitet werde. Das Schreiben habe den Gegenstand der Streitigkeit und den ernannten Parteischiedsrichter zu bezeichnen, weiter die Aufforderung an die Gegenpartei zur Ernennung ihres Parteischiedsrichters innerhalb von 20 Kalendertagen (act. 4/2 S. 23). Bestimmungen zu einer allfälligen Ablehnung eines Schiedsrichters enthält der GAV nicht.

    2. Vorliegend geht aus den Akten hervor, dass die Gesuchsgegnerin der Gesuchstellerin die Einleitung des Schiedsverfahrens am 11. Juni 2019 bekannt gab (act. 4/8) und als Parteischiedsrichter den Abgelehnten bezeichnete. Nach weiterer Korrespondenz lehnte die Gesuchstellerin Rechtsanwalt

C.

mit Schreiben vom 9. Juli 2019 als Parteischiedsrichter ab

(act. 4/14). Dieser selbst verneinte am 12. Juli 2019 einen Ablehnungsgrund (act. 4/3). Mit dem am 7. August 2019 bei der Verwaltungskommission eingereichten Ablehnungsbegehren hat die Gesuchstellerin die dreissigtägige Frist im Sinne von Art. 369 Abs. 3 ZPO gewahrt.

III.

1. Dem vorliegenden Verfahren liegt die folgende Ausgangslage zugrunde: Wie dargelegt, leitete die Gesuchsgegnerin mit Schreiben vom 11. Juni 2019 ein Schiedsverfahren gegen die Gesuchstellerin ein. Dabei beantragte sie im Wesentlichen die Feststellung der Verletzung von Art. 25 des oberwähnten Gesamtarbeitsvertrages sowie der Flight Time Limitations (FTL) durch die Gesuchstellerin sowie deren Verpflichtung zur Erfassung von näher dargelegten Aktivitäten als Dienstzeit (act. 4/8). Gleichentags ernannte die Gesuchsgegnerin den Abgelehnten als Parteischiedsrichter (act. 4/8), welcher die Annahme des Amtes am 27. Juni 2019 bestätigte (act. 4/11). Die Gesuchstellerin ihrerseits bestellte Rechtsanwältin Dr. D.

als Parteischiedsrichterin (act. 4/12). Auch sie nahm das Amt an (act. 4/13). Am 9. Juli 2019 informierte die Gesuchstellerin Rechtsanwalt C. sodann darüber, dass sie ihn aufgrund von Zweifeln an seiner Unabhängigkeit und Unparteilichkeit als Parteischiedsrichter ablehne (act. 4/14). Nachdem dieser an seiner Annahme festgehalten hatte (act. 4/3), stellte die Gesuchstellerin das vorliegende Ablehnungsbegehren.

    1. Die Gesuchstellerin lässt zur Begründung des Ablehnungsbegehrens (act. 1) zusammengefasst vorbringen, nach Art. 367 Abs. 1 lit. c ZPO könne ein Mitglied des Schiedsgerichts abgelehnt werden, wenn berechtigte Zweifel an seiner Unabhängigkeit Unparteilichkeit bestünden. Dabei handle es sich um zwingendes Recht. Für eine Ablehnung von Parteischiedsrichtern genüge es, wenn objektive Umstände vorlägen, welche Anlass zu ernsthaften und berechtigten Zweifeln an der Unabhängigkeit Unparteilichkeit des betroffenen Schiedsrichters geben würden. Aus dem Prinzip der Gewaltenteilung folge vorliegend eine Unvereinbarkeit mit dem Mandat als Parteischiedsrichter. Parlamentsmitgliedern sei die gleichzeitige Ausübung des Richteramtes untersagt. Dies gelte auch für kantonale Richter, die gleichzeitig Bundesparlamentarier seien, zumal die Richter zuerst als Exponenten einer politischen Grundhaltung wahrgenommen würden. Das Gesagte führe indes nicht bei jedem als Schiedsrichter amtenden Parlamentarier zu berechtigten Zweifeln an seiner Unabhängigkeit. Dies sei nur dann der Fall, wenn zwischen dem Gegenstand des Schiedsverfahrens und dem Inhalt der Tätigkeit des Schiedsrichters, in welcher er als Exponent einer politischen Grundhaltung wahrgenommen werde, ein enger Zusammenhang bestehe. Eine solche Situation sei vorliegend gegeben. Das Schiedsverfahren drehe sich um Fragen des Arbeitsrechts und der Arbeitszeitregelung. Der Abgelehnte werde in der Öffentlichkeit aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (E. ) und als Ständeratsmitglied der Partei als Exponent einer politischen Grundhaltung in arbeitsrechtlichen Fragen wahrgenommen.

    2. Öffentliche Meinungsäusserungen - so die Gesuchstellerin weiter - könnten zu berechtigten Zweifeln an der Unabhängigkeit Unvereinbarkeit füh- ren, wenn sie darauf hindeuteten, dass ein Schiedsrichter in der Sache voreingenommen sein könnte. Massgebend sei, welche Nähe die öffentliche Meinungsäusserung zum konkreten Streitgegenstand aufweise, und zwar unabhängig davon, ob sie vor nach der Ernennung zum Schiedsrichter erfolgt sei. Gegenstand des Schiedsverfahrens sei die Frage, ob bestimmte Tätigkeiten der Piloten der Gesuchstellerin bei der Arbeitszeitplanung eingeplant und erfasst werden müssten. Zur Arbeitszeiterfassung habe sich der abgelehnte Schiedsrichter beispielsweise in Blogbeiträgen vom tt.mm 2017 bzw. vom tt.mm 2019 geäussert, sodann in einem Interview in der Wochenzeitung vom tt.mm 2018 sowie anlässlich einer Medienkonferenz vom tt.mm 2018. Er habe damit öffentlich wiederholt und dezidiert Ansichten geäussert, welche in einem engen Zusammenhang zum Prozessthema stünden. Die Gesuchsgegnerin werde die Frage thematisieren, ob die Piloten der Gesuchstellerin für bestimmte Tätigkeiten (ausreichend) entschädigt würden bzw. ob die für diese Tätigkeiten aufgewendete Zeit korrekt als (zu entlohnende) Arbeitszeit geplant und erfasst werde. Es gehe mithin um die Frage von Gratisarbeit. Aufgrund der klaren Positionierung des abgelehnten Schiedsrichters zu dieser Thematik erscheine es aus objektiver Sicht als unrealistisch, dass er die entsprechenden Fragen unbefangen beurteilen kön- ne. Der Abgelehnte sei während rund zwanzig Jahren Präsident des E. gewesen. Als Ständeratsmitglied der Partei werde er seine politische Agenda weiterhin verfolgen. Es bestünden damit berechtigte Zweifel an seiner Unabhängigkeit und Unparteilichkeit.

    3. Die Frage, ob die Gesuchstellerin bestimmte Tätigkeiten ihrer Angestellten bei der Arbeitszeitplanung erfassen müsse, betreffe allenfalls nicht nur die Piloten, sondern auch andere Angestellte der Gesuchstellerin. F. , eine Gewerkschaft des Kabinenpersonals und Sozialpartnerin der Gesuchstellerin, sei Mitglied des E. . Die Gesuchsgegnerin und die F. würden diesbezüglich dieselben Ziele mit denselben Methoden verfolgen. Auf der Website der Gesuchsgegnerin würde denn auch von einer engen und kon-

struktiven Partnerschaft zwischen ihr und F.

gesprochen. Auch das

Bodenpersonal sei in verschiedenen Gewerkschaften organisiert. Diese seien teilweise ebenfalls Mitglieder des E. . Aufgrund der analogen Fragestellungen für das durch die F. vertretene Kabinenpersonal und das Bodenpersonal der Gesuchstellerin habe der E. ein direktes Interesse am Verfahrensausgang. Der Abgelehnte sei während zwanzig Jahren Präsident des E.

gewesen und habe die Anliegen der Mitgliedsverbände

(mit-)vertreten. In der öffentlichen Wahrnehmung werde er immer noch mit dem E. in Verbindung gebracht. Aufgrund dieser Nähe zum E. habe der abgelehnte Schiedsrichter ebenfalls ein indirektes Interesse am Ausgang des Schiedsverfahrens. Die Richtlinien der G. erachteten es als heikel, wenn ein Schiedsrichter bei einer verbundenen Gesellschaft einer Verfahrenspartei das Amt eines Direktors inne habe. Die weiterhin bestehende Nähe des Abgelehnten zum E.

und damit zu F. , zum

H. und zum I. begründeten berechtigte Zweifel an dessen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit.

    1. Die Gesuchsgegnerin begründet ihren Antrag auf Abweisung des Begehrens (act. 8) im Wesentlichen damit, die von der Gesuchstellerin vorgebrachten Tatsachen würden keine Ablehnungsgründe darstellen. Solche lägen gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung insbesondere vor im Falle des Bestehens eines Subordinationsverhältnisses, von ständigen beruflichen Beziehungen, von wesentlichen wirtschaftlichen Bindungen bei Bestehen eines erheblichen finanziellen Interesses am Verfahrensausgang. Hinweise, dass in Bezug auf den Abgelehnten eine dieser Konstellationen gegeben sei, bestünden nicht. Was den Ablehnungsgrund der Voreingenommenheit infolge öffentlicher Meinungsäusserung anbelange, so sei zu beachten, dass Richter auch Staatsbürger seien und ihre politische Meinung vertreten dürften, so lange diese mit ihrem Amt vereinbar seien. Habe sich ein Richter in einer bestimmen Sachfrage eine Meinung gebildet, führe dies nicht dazu, dass er in den Ausstand treten müsse. Auch sofern er sich ausserhalb des Gerichts zu Rechtsfragen äussere, erwecke dies noch keinen Anschein von Befangenheit für einen konkreten Streitfall, selbst wenn die

      Äusserung für die Entscheidung erheblich sei. Thema des vorliegend massgeblichen Schiedsverfahrens sei u.a., ob die Gesuchstellerin diejenige Zeit, welche die Piloten für angeordnete Weiterbildungen aufwendeten, gemäss Art. 25 des GAV2018 bzw. der Flight Time Limitations als Arbeitszeit planen und erfassen müsse. Der abgelehnte Schiedsrichter habe sich bis anhin weder mit dieser konkreten Rechtsfrage, noch mit dem GAV2018, noch mit den Flight Time Limitations befasst. Die Gesuchstellerin weise denn auch bloss auf allgemeine Äusserungen zu (kollektiv-)arbeitsrechtlichen Themen hin. Dies reiche nicht aus, um den Anschein der Befangenheit zu erwecken. Auch die Ausführungen des Abgelehnten zum Arbeitsgesetz seien nicht relevant, da dieses auf die Piloten nicht anwendbar sei.

    2. Ebenso wenig könne der Gesuchstellerin gefolgt werden, wenn sie geltend mache, dass sich ein Ablehnungsgrund aus der Stellung des Abgelehnten als Exponent einer politischen Grundhaltung ergebe. So fehle ein enger Zusammenhang zwischen seiner politischen Tätigkeit zugunsten des Arbeitnehmerschutzes und dem Gegenstand des vorliegenden Schiedsverfahrens. Weder gehe es um die Anwendung Auslegung von Bundesrecht (sondern des GAV2018 und der Flight Time Limitations), noch seien die Piloten der Gesuchstellerin eine Zielgruppe des E. und der Partei, da es sich nicht um einen Niedriglohnsektor bzw. um prekäre Arbeitsverhältnisse handle. Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit bestünden unter diesen Umständen keine.

    3. Schliesslich ergebe sich auch kein indirektes Interesse des Abgelehnten am Ausgang des Verfahrens. Ein indirektes Interesse könne zwar einen gesetzlichen Ablehnungsgrund begründen, aber nur dann, wenn es sich beim Schiedsrichter um ein Organ, einen Gesellschafter einen Vertreter einer Partei handle. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Der abgelehnte Schiedsrichter sei weder Organ noch Vertreter der Gesuchsgegnerin. Diese sei sodann weder Mitglied des E. , noch sei der Abgelehnte dessen Präsident. Auch sei die F. ebenso wenig wie der E. Partei des

vorliegenden Verfahrens des GAV2018. Gleiches gelte für die Gewerkschaft des Bodenpersonals.

IV.

    1. Nach Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziffer 1 EMRK sowie Art. 367 ZPO hat jedermann Anspruch darauf, dass seine Streitsache von einem unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefangenen Richter beurteilt wird. So kann gemäss Art. 367 Abs. 1 lit. c ZPO jeder Schiedsrichter abgelehnt werden, wenn berechtigte Zweifel an seiner Unabhängigkeit und Unparteilichkeit bestehen. Die Beurteilung eines Ablehnungsbegehrens liegt im freien, pflichtgemässen Ermessen der erkennenden Behörde. Zu entscheiden ist, ob die geltend gemachten Ablehnungsgründe unter den konkreten Umständen Anlass zu objektiv berechtigtem Misstrauen an der Unparteilichkeit des abgelehnten Justizbeamten geben. Massgebend ist dabei, ob bestimmte Umstände vorliegen, die auch in den Augen eines objektiven, vernünftigen Menschen geeignet sind, Misstrauen an der Unparteilichkeit des abgelehnten Richters zu wecken (BGE 115 V 257 E. 5a mit Hinweisen). Bloss subjektives Empfinden der Befangenheit durch eine Partei genügt damit nicht. Nicht verlangt wird, dass der Richter tatsächlich voreingenommen ist; es genügt vielmehr bereits der objektiv gerechtfertigte Anschein, die für ein gerechtes Urteil notwendige Offenheit des Verfahrens sei nicht mehr gewährleistet (BSK ZPO-Weber-Stecher, Art. 367 N 17; Pfisterer in: SutterSomm/Hasenböhler/Leuenberger, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 3. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2016, Art. 367 N 12 f.; Göksu, Schiedsgerichtsbarkeit, Zürich/St. Gallen 2014, N 970). Dies gilt nach der Lehre und Rechtsprechung auch für Parteischiedsrichter (Pfisterer, a.a.O., Art. 367 N 11; KUKO ZPO-Dasser, Art. 367 N 11).

    2. Die seitens der International Bar Association im Jahre 2004 erlassenen Richtlinien zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit in Schiedsverfahren (IBA Guidelines on Conflicts of Interest in International Arbitration) können nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auch für Binnenschiedsverfahren

als Entscheidungshilfe bzw. als Leitlinie zur Beurteilung, ob ein Fall von Unparteilichkeit bzw. fehlender Unabhängigkeit vorliegt, herangezogen werden (Entscheid des Bundesgerichts vom 20. März 2008, 4A_506/2007,

E. 3.3.2.2). Massgeblich bleibt aber primär die gesetzliche Bestimmung in Art. 367 Abs. 1 lit. c ZPO. Die IBA-Richtlinien unterscheiden drei Kategorien von Lebensumständen und fassen sie in Listen zusammen. In der roten Liste befinden sich gravierende Konfliktsituationen, bei welchen berechtigte Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter bestehen. Die orange Liste umfasst Lebensumstände, welche weder eine klare (schwerwiegende) Konfliktsituation darstellen, noch als völlig problemlos gelten und daher durchaus berechtigte Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit hervorrufen können, aber nicht zwingend müssen. Die grüne Liste enthält schliesslich Sachverhalte, welche überhaupt keinen Anlass zu Zweifeln an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit aufkommen lassen (Göksu, a.a.O., N 978 f.).

    1. Die Gesuchstellerin begründet die Ablehnung des abgelehnten Schiedsrichters u.a. mit seiner politischen Agenda bzw. seiner Grundhaltung zu arbeitsrechtlichen Fragen in den vergangenen zwanzig Jahren sowie mit seiner Zugehörigkeit zur Partei (act. 1 Rz 23 f. und Rz 44). Die Gesuchsgegnerin bestreitet das Vorliegen eines entsprechenden Ablehnungsgrundes (act. 8 Rz 11).

    2. Nach ständiger bundesgerichtlicher Praxis vermag allein die politische Einstellung eines Schiedsrichters bzw. der Umstand, dass er Mitglied einer politischen Partei ist, keinen Befangenheitsanschein zu erwecken (Entscheide des Bundesgerichts 1B_137/2018 vom 4. Juni 2018, E. 2.2 sowie 6B_1043/2014 vom 25. November 2014, E. 2; BK ZPO-Rüetschi, Art. 47 N 42). Im Kanton Zürich ist es denn auch üblich, dass Richterinnen und Richter der Bezirksgerichte und des Obergerichts einer politischen Partei angehören. Ein Ablehnungsgrund liegt insoweit nicht vor.

    3. Auch ist ein Ablehnungsgrund in Bezug auf die Rüge der fehlenden Gewaltenteilung zu verneinen bzw. hinsichtlich des gesuchstellerischen Vorbrin-

gens, bei einer Tätigkeit von Parlamentariern als Richter könne nicht ausgeschlossen werden, dass aus Sicht der Parteien sachfremde Einflüsse auf den Ausgang des Verfahrens wirkten (act. 1 Rz 26). Die für Bundesrichter massgeblichen Unvereinbarkeiten werden in Art. 6 BGG (SR 173.110) und die für Richter des Kantons Zürich relevanten Unvereinbarkeiten in § 25 des Gesetzes über die politischen Rechte (GPR, LS 161) abschliessend geregelt (vgl. auch Art. 42 KV ZH, LS 101). Während Art. 6 BGG die Unvereinbarkeit von Bundesrichtern und Mitgliedern der Bundesversammlung vorsieht, liegt nach § 25 GPR insbesondere Unvereinbarkeit hinsichtlich folgender Ämter vor: lit. a: Mitglied des Kantonsrates, der Oberstaatsanwaltschaft der Oberjugendanwaltschaft, volloder teilamtliches Mitglied eines obersten Gerichts sowie lit. b: Mitglied des Bezirksgerichts, der Staatsanwaltschaft, der Jugendanwaltschaft, des Bezirksrates beziehungsweise Statthalterin Statthalter innerhalb des gleichen Bezirks, ausgenommen Mitglied der Staatsanwaltschaft und Statthalterin Statthalter. In § 26 GPR ist weiter festgehalten, dass Ämter und Anstellungen, die in einem unmittelbaren Anstellungsoder Aufsichtsverhältnis zueinander stehen, unvereinbar seien. Nicht untersagt ist es demzufolge insbesondere ordentlichen Mitgliedern von zürcherischen Gerichten, ein Amt in der eidgenössischen Bundesversammlung auszuüben. Zwar hält Kiener, auf welche die Gesuchstellerin in ihrem Gesuch mehrfach verweist, fest, dass ein Unbehagen vorliege, wenn kantonale Richter dem Nationaloder Ständerat angehörten (Kiener, Richterliche Unabhängigkeit, Verfassungsrechtliche Anforderungen an Richter und Gerichte, Bern 2001, S. 253). Hierzu ist indes festzuhalten, dass - zumindest für im Kanton Zürich tätige staatliche Richter - die gesetzlichen Unvereinbarkeitsgründe im GPR abschliessend definiert sind. Weshalb in Bezug auf Schiedsrichter, welche an einem Schiedsverfahren im Kanton Zürich teilnehmen, eine strengere Regelung gelten soll als für staatliche Richter des Kantons Zürich, ist nicht ersichtlich. Eine solche wäre denn auch nicht sinnvoll, zumal es diesbezüglich die Eigenheiten der Schiedsgerichtsbarkeit zu berücksichtigen gilt, namentlich die Tatsache, dass Schiedsrichter meistens zusätzlich den Anwaltsberuf ausüben sich anderweitig beruflich

und/oder politisch betätigen und nicht nur als Schiedsrichter amten (vgl. auch BGE 129 III 445 E. 3.3.3; Pfisterer, a.a.O., Art. 367 N 14). Unter diesen Umständen in Bezug auf die Unvereinbarkeitsregeln von Schiedsrichtern einen strengeren Massstab anzusetzen als bei den staatlichen Richtern, erscheint nicht angemessen. Selbst Kiener hält denn auch fest, dass die Regeln betreffend Unvoreingenommenheit für Parlamentarier weniger streng seien. Sie dürften zwar nicht gleichzeitig am Bundesgericht tätig sein, wohl aber als Richter an den eidgenössischen Schiedsund Rekurskommissionen wirken (Kiener, a.a.O., S. 251). Damit ist festzuhalten, dass die Tatsache, dass der abgelehnte Schiedsrichter vorliegend eidgenössischer Stän- derat ist, für sich alleine keinen Ablehnungsgrund zu begründen vermag. Daran ändert auch nichts, dass er sich in der Vergangenheit als politisch links orientiertes Ständeratsmitglied ganz generell und in Bezug auf den Arbeitnehmerschutz im Besonderen für die Schwächeren der Gesellschaft eingesetzt hat. Äusserungen zu verschiedenen politisch relevanten Themen ist Kernaufgabe eines jeden Ständeratsmitgliedes. Die Gesuchstellerin macht nicht geltend, der Abgelehnte habe sich als Ständeratsmitglied zum massgeblichen Gesamtarbeitsvertrag bzw. zur sich im vorliegenden Verfahren stellenden Problematik geäussert (act. 1). Ein Ablehnungsgrund ist damit insoweit nicht ersichtlich. Der Umstand, dass der Abgelehnte sodann jahrelang den E. präsidierte, erweckt im vorliegenden Fall ebenfalls keinen Anschein von Befangenheit. Grundsätzlich vermag die Offenlegung einer weltanschaulichen Ausrichtung bzw. einer ideologischen Ansicht nach aussen, bspw. in Form einer Mitgliedschaft in einer Vereinigung, für sich alleine keinen Befangenheitsanschein zu begründen. Vielmehr dient eine solche der Transparenz (Kiener, a.a.O., S. 188 f.). Das Bundesgericht verneinte einen Ablehnungsgrund in einem Fall, in welchem die in einem Notzuchtprozess mitwirkende Richterin sich in der Vergangenheit für Frauenanliegen eingesetzt hatte, Vorstandsmitglied eines Frauenhauses war und in einer einschlägigen Rechtsberatungsstelle mitgearbeitet hatte (BGE 118 Ia 282

E. 5). Auch im vorliegenden Fall fehlt es an einem hinreichend engen Zusammenhang zwischen der persönlichen Ausrichtung des Abgelehnten,

welche er mit dem Präsidieren des E. zum Ausdruck gebracht hatte, und den entscheidwesentlichen Fragen. Zwar kann aus der Verbundenheit

des Abgelehnten zum E.

auf seine ideologische Ansicht hinsichtlich

Arbeitnehmerschutz geschlossen werden, welche er im Rahmen der Amtsausübung denn auch immer wieder geäussert hat. Jedoch stellt sich die Gesuchstellerin nicht auf den Standpunkt, dass sich der Abgelehnte dabei zum massgeblichen Gesamtarbeitsvertrag bzw. zur sich im vorliegenden Verfahren stellenden Problematik geäussert habe (act. 1). Ein Ablehnungsgrund ist somit insoweit nicht ersichtlich (vgl. dazu auch Ziffer IV.3).

    1. Die Gesuchstellerin leitet die Befangenheit des abgelehnten Schiedsrichters ferner aus früheren öffentlichen Meinungsäusserungen zum Thema Arbeitszeiterfassung ab (act. 1 Rz 30 f. und Rz 44). Die Gesuchsgegnerin bestreitet das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes (act. 8 Rz 8 f.).

    2. Der ständigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung zufolge vermögen öf- fentliche Meinungsäusserungen immer dann Zweifel an der Unparteilichkeit eines Schiedsrichters zu bewirken, wenn dadurch der Eindruck erweckt wird, dieser habe schon geurteilt, bevor er die Parteien angehört habe, bzw. er sei aufgrund seiner Stellungnahme in der Meinungsbildung im konkreten Falle nicht mehr frei (BGE 133 I 89 E. 3.3; BGE 131 I 113 E. 3.4; BGE 127 I 196

      E. 2d und e; BGE 108 Ia 48 f. E. 3). Allzu pointierte allgemeine politische weltanschauliche Äusserungen sind daher zu vermeiden. Gemäss den oberwähnten Richtlinien, den sog. IBA Guidelines, fällt der Umstand, dass ein Schiedsrichter zur konkreten Streitsache, d.h. dem im Schiedsverfahren behandelten Streitgegenstand, öffentlich Stellung bezogen hat, unter die orange Liste. Der Umstand, dass der Schiedsrichter öffentlich eine spezifische Position bezüglich des Falles vertritt, der Gegenstand des Schiedsverfahrens ist, kann somit einen Anschein von Befangenheit begründen, muss indes nicht (BSK ZPO-Weber-Stecher, Art. 367 N 52). Der grünen Liste zugeordnet wird hingegen der Fall, in welchem der abgelehnte Schiedsrichter in einem früheren Zeitpunkt eine allgemeine Meinung geäussert hat, welche einen Aspekt betrifft, der ebenfalls Gegenstand des Schiedsverfahrens ist

      (BSK ZPO-Weber-Stecher, Art. 367 N 54; BK ZPO-Gabriel/Buhr, Art. 367 N 38 f.). Um den Anschein von Befangenheit zu begründen, bedarf es somit zwischen dem Auftreten in der Öffentlichkeit und dem konkreten Verfahren einen hinreichend engen Zusammenhang. Massgeblich dafür sind nebst der inhaltlichen und zeitlichen Nähe der Äusserungen Tätigkeiten zum fraglichen Verfahren auch der Grad ihrer Bestimmtheit. Das richterliche Engagement muss bei objektiver Betrachtungsweise den Anschein erwecken, der betroffenen Person gehe die verfassungsnotwendige Unvoreingenommenheit ab und sie sei deshalb zu einer sachlichen Beurteilung der Angelegenheit nicht mehr in der Lage bzw. es sei eine sog. Betriebsblindheit zu befürchten. Keinen Befangenheitsanschein vermögen blosse allgemeine Berührungspunkte zu begründen. Allein die Tatsache, dass sich ein Gerichtsmitglied in einer bestimmten Sachfrage eine Meinung gebildet und diese gegen aussen vertreten hat, sich bspw. in allgemeiner Weise über die Wünschbarkeit der Änderung eines Gesetzes ausspricht, vermag daher für sich alleine die Unabhängigkeit in einem Verfahren, das damit in irgendeiner Weise zusammenhängt, nicht in Frage zustellen (Kiener, a.a.O., S. 181; BGE 133 I 89 E. 3.3; BGE 108 Ia 48 E. 3). So hat das Bundesgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung denn auch betont, dass es einer Gerichtsperson von Rechts wegen nicht verwehrt sein könne, in der Öffentlichkeit ihren politischen Standpunkt zu vertreten und diesen allenfalls engagiert zum Ausdruck zu bringen. Es dürften von einem Gerichtsmitglied mit Recht «Lebensnähe, Erfahrung und menschliches Verständnis» erwartet werden, sowie dürfe und solle es eine politische Meinung haben und diese, soweit es diese mit seinem Amte vereinbaren könne, auch vertreten (BGE 105 Ia 157

      E. 6a; BGE 108 Ia 48 E. 3; vgl. auch BGE 133 I 89 E. 3.3 und Kiener, a.a.O.,

      S. 194 f.).

    3. Die seitens der Gesuchstellerin vorgebrachten Äusserungen des Abgelehnten vermögen keinen solchen Ablehnungsgrund zu begründen. Im Blogbeitrag vom 2. Mai 2017 (act. 4/15) nahm der Abgelehnte zum Thema Gratisarbeit Stellung und führte aus, dass nicht entlöhnte Arbeitszeit Gratisarbeit darstelle. Zudem forderte er den Ausbau der massgeblichen gesetzlichen

Schutzbestimmungen. Anlässlich der Medienkonferenz des schweizerischen Gewerkschaftsbundes vom 7. September 2018 (act. 4/17) befasste sich der abgelehnte Schiedsrichter sodann mit dem Wegfall der Arbeitszeiterfassung und deren Folgen, namentlich der Leistung von mehr Gratisarbeit, der hohen Arbeitsbelastung in der Schweiz sowie der Eliminierung von Schutzbestimmungen im Bereich der Arbeitszeiten und forderte, dass man gegen lange Arbeitszeiten und Überstunden besser geschützt werden müsse. In einem Interview in der vom tt. mm 2018 (act. 4/7) nahm der Abgelehnte zu Abbaumassnahmen des Bundesrates beim Lohnschutz Stellung, zur internationalen Zusammenarbeit verschiedener Gewerkschaften und zu deren politischem Einfluss sowie zur Revision des Arbeitsgesetzes. Im Blogbeitrag vom tt.mm.2019 (act. 4/16) äusserte sich der Abgelehnte schliesslich u.a. zu den Ansprüchen auf Streik, Lohngerechtigkeit, mehr Ferien und verbesserten Kündigungsschutz sowie zu den Arbeitszeiten der schweizerischen Bevölkerung und lehnte eine Aushöhlung des Arbeitsgesetzes sowie eine Schwä- chung der Arbeitszeiterfassung ab. Gegenstand des zwischen den Parteien hängigen Schiedsverfahrens ist gemäss der Anzeige betreffend dessen Einleitung vom 11. Juni 2019 (act. 4/8 S. 1 f.) die Feststellung, dass die hiesige Gesuchstellerin Art. 25 des Gesamtarbeitsvertrages zwischen den Parteien (Version 2018) und namentlich die Flight Time Limitations verletzt habe, indem sie die Zeit, in der sich die Arbeitnehmer notwendigerweise zur Verfügung halten müssten (für angeordnete Schulungen im Selbststudium sowie für andere Formen von angeordneter Ausund Weiterbildung, für die Vorbereitungszeit für den Flugdiensteinsatz und/oder Trainings und Checks) nicht als Dienstzeit planen und erfassen würden, sowie eine entsprechende Anordnung zur Aufnahme der erwähnten Tätigkeiten als Dienstzeit. Im Schiedsverfahren geht es damit um die Frage, ob gewisse Tätigkeiten der Arbeitnehmenden der Gesuchstellerin wie Bildungsmassnahmen die Vorbereitungszeit für den Flugdiensteinsatz als Dienstzeit zu erfassen sind. In den seitens der Gesuchstellerin zitierten Blogbeiträgen bzw. den Ausführungen an der Medienkonferenz der E.

forderte der abgelehnte

Schiedsrichter zwar immer wieder die Vermeidung von Gratisarbeit durch

Aushöhlung der massgeblichen Schutzbestimmungen. Diese Ausführungen standen aber immer im Kontext mit geplanten Revisionen des schweizerischen Arbeitsgesetzes bezogen sich auf die schweizerische Bevölkerung im Allgemeinen, nicht aber im Konkreten auf die Mitglieder der Gesuchsgegnerin als Berufsverband des Cockpitpersonals der A.

und

der J. bzw. auf die vorliegende Streitigkeit zwischen den Parteien. Mit dem vorliegend massgeblichen Schiedsverfahren bestehen damit zwar insoweit Berührungspunkte, als es auch dort im Endeffekt um die Leistung von Gratisarbeit geht, jedoch nahm der abgelehnte Schiedsrichter in den erwähnten Artikeln zu keinem Zeitpunkt zur konkreten Streitsache, d.h. dem im Schiedsverfahren behandelten Streitgegenstand, öffentlich Stellung. Ein hinreichend enger Sachzusammenhang, welcher den Anschein von Befangenheit des abgelehnten Schiedsrichters zu begründen vermöchte, besteht damit nicht.

    1. Soweit die Gesuchstellerin schliesslich aus dem Umstand, dass weitere Angestellte der Gesuchstellerin von deren Arbeitszeitplanung betroffen und deren Gewerkschaften zum Teil Mitglieder des E. sind, einen Befangenheitsanschein zu begründen versucht, vermag sie nicht zu überzeugen. Diese Frage ist für eine allfällige Unvoreingenommenheit des Abgelehnten in einer Streitigkeit zwischen den beiden Parteien nicht massgeblich. Weder die F. noch die Gewerkschaften des Bodenpersonals sind am vorliegenden Schiedsverfahren beteiligt. Ob es in Zukunft zu einer Schiedsstreitigkeit zwischen diesen und der Gesuchstellerin kommen wird, ist reine Spekulation. Allein der Umstand, dass das zwischen den Parteien durchzufüh- rende Schiedsverfahren allenfalls einen künftigen Präzedenzfall für die F. andere Gewerkschaften bilden könnte, vermag keinen Ablehnungsgrund zu begründen.

    2. Zwar erachtet die orange Liste einen Befangenheitsanschein als möglicherweise gegeben, wenn der Schiedsrichter Manager bzw. Direktor einer mit einer Partei verbundenen Gesellschaft ist einen vergleichbaren kontrollierenden Einfluss auf diese hat, wobei die verbundene Gesellschaft nicht di-

rekt in die Angelegenheit, welche Gegenstand des Schiedsverfahrens ist, involviert sein muss (BSK ZPO-Weber-Stecher, Art. 367 N 52 letzter Spiegelstrich). Jedoch liegt eine entsprechende Konstellation im vorliegenden Fall nicht vor. Der Abgelehnte war der Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes. Bei diesem handelt es sich nicht um eine mit der Gesuchsgegnerin verbundene Gesellschaft, da diese kein Mitglied des E. ist. Zudem hat der Abgelehnte das Präsidium des E. im Jahre 2018 abgelegt. Auch wenn aufgrund des jahrlangen Präsidierens des E.

eine

gewisse Zuneigung zu dessen Zielsetzungen nicht ausgeschlossen werden kann, kann aus diesem Umstand kein Interesse des Abgelehnten abgeleitet werden, im Schiedsverfahren eine Meinung zu vertreten, welche in einem späteren Zeitpunkt allenfalls einmal einzelnen Mitgliedern des E. zugute kommen würde. Zum einen ist aktuell gänzlich unklar, ob es in Zukunft überhaupt zu einem entsprechenden Rechtsstreit kommen wird. Zum anderen ist davon auszugehen, dass sich der Abgelehnte von den Umständen des Einzelfalls leiten lassen wird und dabei seine Sachkunde in die Entscheidfindung einfliessen lässt.

5. Abschliessend ist damit festzuhalten, dass den Akten keine Anzeichen auf ein voreingenommenes Verhalten des Abgelehnten entnommen werden können, welches geeignet wäre, in den Augen eines objektiven, vernünftigen Menschen Misstrauen an dessen Unabhängigkeit bzw. Unparteilichkeit zu wecken. Es erscheint mithin auch in den Augen eines aussenstehenden Dritten hinreichend gewährleistet, dass er sein Amt im Rahmen des vorliegend massgeblichen Schiedsverfahrens zwischen den Parteien unvoreingenommen und unparteilich wird ausüben können, wie dies Aufgabe und Pflicht eines jeden Richters gegenüber jeder Partei und jedem Rechtsvertreter ist. Das Ablehnungsbegehren ist daher abzuweisen.

V.

  1. In Anwendung von § 13 Abs. 1 GebV OG (LS 211.11) ist die Gerichtsgebühr auf Fr. 5'000.- festzusetzen und gemäss Art. 111 Abs. 1 ZPO mit dem von

    der Gesuchstellerin geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 8'000.- zu verrechnen. Im Mehrbetrag ist der Gesuchstellerin der Kostenvorschuss zurückzuerstatten.

  2. Die Gesuchstellerin ist sodann zu verpflichten, der Gesuchsgegnerin für ihre Aufwendungen eine Parteientschädigung von Fr. 1'000.- zuzüglich 7.7 % Mehrwertsteuer zu entrichten (§ 15 AnwGebV, LS 215.3).

  3. Gemäss Art. 369 Abs. 3 ZPO obliegt der Entscheid über die Ablehnung eines Schiedsrichters - wenn die Parteien wie vorliegend nichts anderes vereinbart haben - dem nach Art. 356 Abs. 2 ZPO zuständigen staatlichen Gericht als einziger Instanz. Nach Art. 369 Abs. 5 ZPO kann der Entscheid über die Ablehnung nur zusammen mit dem ersten Schiedsspruch angefochten werden.

Der Auffassung des Bundesgerichts zufolge sollen Entscheide staatlicher Gerichte über ein Ablehnungsgesuch nicht mehr überprüfbar, also absolut endgültig sein (BGE 128 III 330, 332). Dieser Entscheid erging jedoch zu Art. 180 Abs. 3 IPRG. In der Lehre sind die Auffassungen dazu im Zusammenhang mit Art. 180 Abs. 3 IPRG geteilt. Ein Teil der Lehre spricht sich dafür aus, dass auch die Ablehnungsentscheide staatlicher Gerichte indirekt mit dem Schiedsspruch angefochten werden können. Andere sprechen sich dagegen aus (vgl. BSK ZPO-Weber-Stecher, Art. 369 N 36 f. mit Hinweisen).

Der Botschaft ist zu entnehmen, dass Art. 369 Abs. 5 ZPO auch für die staatlichen Gerichte anwendbar ist, die einen Ablehnungsentscheid fällen (S. 7397). Der Gesetzgeber hat sich also für eine indirekte Überprüfbarkeit von Ablehnungsentscheiden staatlicher Gerichte entschieden. Entsprechend steht gegen den vorliegenden Entscheid kein Rechtsmittel zur Verfügung, er kann jedoch mit der Schiedsbeschwerde gegen den (nächstmöglichen) Schiedsspruch nach Art. 392 i.V.m. Art. 393 lit. a ZPO angefochten werden (ebenso: BSK ZPO-Weber-Stecher, Art. 369 N 38; KUKO ZPO-Dasser Art. 369 N 10 f.; Pfisterer, a.a.O., Art. 369 N 11; BGE 138 III 270 E. 2.2.2).

Es wird beschlossen:

  1. Das Ablehnungsbegehren wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr für das vorliegende Verfahren wird auf Fr. 5'000.- festgesetzt.

  3. Die Kosten des Verfahrens werden der Gesuchstellerin auferlegt und mit dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. Im Mehrbetrag wird der Kostenvorschuss der Gesuchstellerin zurückerstattet.

  4. Die Gesuchstellerin wird verpflichtet, der Gesuchsgegnerin für ihre Aufwendungen im vorliegenden Verfahren insgesamt eine Prozessentschädigung von Fr. 1'077.- (inkl. MwSt.) zu entrichten.

  5. Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, an:

    • die Rechtsvertreter der Gesuchstellerin, zweifach, für sich und zuhanden der Gesuchstellerin,

    • den Rechtsvertreter der Gesuchsgegnerin, zweifach, für sich und zuhanden der Gesuchsgegnerin,

    • den abgelehnten Schiedsrichter sowie

    • die Obergerichtskasse.

Zürich, 18. Dezember 2019

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Verwaltungskommission Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu

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