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Urteil Verwaltungsgericht (SO - ZKEIV.2022.10)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:ZKEIV.2022.10
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Zivilkammer
Verwaltungsgericht Entscheid ZKEIV.2022.10 vom 11.07.2023 (SO)
Datum:11.07.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Zusammenfassung:Die ProLitteris, eine Verwertungsgesellschaft, verlangt von der A.___ GmbH Vergütungen für Fotokopien und Netzwerknutzungen gemäss dem Urheberrechtsgesetz. Die Beklagte hat die Zahlungen nicht geleistet, woraufhin die Klägerin Klage eingereicht hat. Die Beklagte hat die Forderungen nicht bestritten, weshalb das Gericht zu Gunsten der Klägerin entschieden hat. Die Beklagte muss nun CHF 300.40 plus Zinsen zahlen und die Gerichtskosten übernehmen. Der Richter, der das Urteil gefällt hat, ist männlich.
Schlagwörter: ützt; ProLitteris; Urheber; Forderung; Vergütung; Partei; Obergericht; Urheberrecht; Werke; Parteien; Tarif; Zivilkammer; Klage; Verfahren; Eigengebrauch; Tarife; Nutzer; Schätzung; Netzwerkvergütung; Reprografie; Netzwerkvergütungen; Verwertungsgesellschaft; Nutzungen; Forderungen; Betrag; Vergütungen; Leistungen; Rechnung
Rechtsnorm: Art. 19 URG ; Art. 20 URG ; Art. 46 URG ; Art. 59 URG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-
Entscheid
 
Geschäftsnummer: ZKEIV.2022.10
Instanz: Zivilkammer
Entscheiddatum: 11.07.2023 
FindInfo-Nummer: O_ZK.2023.79
Titel: Forderung aus Urheberrecht: Reprografie- und Netzwerkvergütungen

Resümee:

 

Obergericht

Zivilkammer

 

Urteil vom 11. Juli 2023   

Es wirken mit:

Vizepräsident Frey

Oberrichterin Kofmel

Oberrichter Müller    

Gerichtsschreiber Schaller

In Sachen

ProLitteris, vertreten durch Rechtsanwältin Nicole Beranek Zanon,

 

Klägerin

 

 

gegen

 

 

A.___ GmbH

 

Beklagte

 

betreffend Forderung aus Urheberrecht: Reprografie- und Netzwerkvergütungen


zieht die Zivilkammer des Obergerichts in Erwägung:

I.

1. Die ProLitteris ist eine konzessionierte Verwertungsgesellschaft im Sinn von Art. 40 ff. des Bundesgesetzes über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (URG; SR 231.1). Die ProLitteris ist beauftragt, die Vergütungsansprüche für die urheberrechtlichen Nutzungen im Rahmen des zulässigen Eigengebrauchs gemäss Art. 19 und 20 URG für die Urheber geltend zu machen, soweit sie die Werke der Literatur, der bildenden Kunst und der Fotografie betreffen.

 

2. Die A.___ GmbH ist ein im Handelsregister eingetragener Dienstleistungsbetrieb mit Sitz in [...]. Sie bezahlte die Rechnungen der ProLitteris für die Fotokopier-Vergütungen für das Jahr 2021 über CHF 128.65 und für das Jahr 2022 über CHF 26.15 sowie für die betriebsinternen Netzwerk-Vergütungen für das Jahr 2021 über CHF 124.05 und für das Jahr 2022 über CHF 21.55 nicht.

 

3. Am 26. Oktober 2022 liess die ProLitteris (nachfolgend: Klägerin) beim Obergericht des Kantons Solothurn Klage betreffend Forderung aus Urheberrecht Reprografie- und Netzwerkvergütungen gegen die A.___ GmbH (nachfolgend: Beklagte) einreichen und verlangte, die beklagte Partei sei zu verpflichten, der Klägerin CHF 252.70 zuzüglich Zins zu 5% seit 22. August 2022 gemäss den Forderungen aus dem Jahre 2021 sowie CHF 47.70 zuzüglich Zins zu 5% seit 22. August 2022 gemäss den Forderungen aus dem Jahre 2022 zu bezahlen, u.K.u.E.F.

 

4. Die Beklagte erklärte in ihrer Klageantwort vom 5. Dezember 2022 (Postaufgabe), sie sei nicht bereit auf die Forderung einzutreten und den Betrag zu begleichen.

 

5. Mit Verfügung vom 14. Dezember 2022 wurde den Parteien mitgeteilt, ohne Gegenbericht werde angenommen, sie würden auf die Durchführung einer Hauptverhandlung verzichten. Die Parteien machten von der ihnen eingeräumten Möglichkeit, diesem Vorgehen zu widersprechen, keinen Gebrauch. Über die Klage kann demnach ohne Verhandlung im schriftlichen Verfahren entschieden werden.

 

6. Für die Parteistandpunkte wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, ist nachfolgend darauf einzugehen.

II.

1.1 Gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. c URG dürfen urheberrechtlich geschützte und veröffentlichte Werke zum Eigengebrauch verwendet werden. Als Eigengebrauch gilt insbesondere das Vervielfältigen von Werkexemplaren in Betrieben, öffentlichen Verwaltungen, Instituten, Kommissionen und ähnlichen Einrichtungen für die interne Information und Dokumentation. Wer zum Eigengebrauch gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. c URG befugt ist, schuldet dem Urheber der Urheberin dafür eine Vergütung (Art. 20 Abs. 2 URG). Diese kann gemäss Art. 20 Abs. 4 URG nur durch eine zugelassene Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden. Für die von ihnen geforderten Vergütungen haben die Verwertungsgesellschaften mit den Nutzerverbänden Tarife auszuhandeln und aufzustellen, diese der Eidgenössischen Schiedskommission zur Genehmigung vorzulegen und nach erfolgter Genehmigung zu veröffentlichen (Art. 46 URG). Die rechtskräftig genehmigten Tarife sind für die Gerichte verbindlich (Art. 59 Abs. 3 URG).

 

1.2 Die ProLitteris erhebt unter anderem gestützt auf die sogenannten Gemeinsamen Tarife (GT) 8 und 9 entsprechende Gebühren. Der GT 8 VII 2017-2021 (verlängert bis 2022) befasst sich mit dem Herstellen von Vervielfältigungen auf Papier mittels dazu geeigneter Geräte (Fotokopiergeräte, Multifunktionsgeräte, Drucker, Telefaxgeräte usw.) ab einer Papier- digitalen Vorlage. Unter den GT 9 VII 2017-2021 (verlängert bis 2022) fallen demgegenüber digitale Vervielfältigungen und Nutzungen geschützter Werke und geschützter Leistungen, d.h. das Speichern in Form einer digitalen Kopie mit und ohne Verbreiten von geschützten Werken bzw. geschützten Leistungen mittels internen Netzwerken eines Betriebs.

 

2. Die Klägerin macht geltend, dass die Beklagte gestützt auf Art. 19 und 20 URG verpflichtet sei, für ihre urheberrechtlichen Nutzungen eine entsprechende Vergütung zu bezahlen. Um die Höhe der geschuldeten Vergütung eruieren zu können, stellt die Klägerin den Nutzern Erhebungsformulare zu, welche von den Nutzern ausgefüllt mit Angaben zur Mitarbeiterzahl und Branche zurückgesandt werden müssen, um gestützt darauf die Urheberrechtsvergütungen als Pauschalvergütungen gemäss den besagten Gemeinsamen Tarifen in Rechnung zu stellen. Werden die von der Klägerin erbetenen Angaben vom Nutzer nicht unvollständig eingereicht, ist die Klägerin befugt, die Angaben zu schätzen und gestützt darauf Rechnung zu stellen. Für die Schätzung erhebt die Klägerin in jedem Fall pro anwendbarem Tarif einen einmaligen Verwaltungsaufwand von CHF 100.00.

 

3. Die Klägerin bringt vor, sie habe die Fotokopiervergütung sowie die betriebsinterne Netzwerkvergütung gegenüber der beklagten Partei aufgrund des fehlenden Eingangs des Erhebungsformulars gestützt auf Ziff. 6 ff. und insbesondere Ziff. 8.3 von GT 8 sowie Ziff. 8.3 von GT 9 einmalig eingeschätzt. Gemäss den bereits zitierten GT gelte die Schätzung durch die beklagte Partei als anerkannt, wenn die beklagte Partei die Schätzung nicht innert 30 Tagen seit Zustellung beanstande und ihre Angaben der Klägerin entsprechend bekannt gebe. Da die beklagte Partei die Einschätzung nicht moniert habe und auch keine formgerechte Erklärung «kein Kopierer» «kein Netzwerk» mittels entsprechendem Formular abgegeben habe, gelte die Einschätzung der Klägerin als anerkannt. Die Beklagte sei trotz mehrmaliger Mahnungen ihrer Zahlungspflicht nicht nachgekommen.

 

4. Der Geschäftsführer der Beklagten bringt vor, er habe seit seinem Pensionsalter keine Angestellten mehr. Die Klägerin habe eine Annahme von sechs Angestellten gemacht. Sie hätte die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn anrufen können und hätte von dieser eine Bestätigung erhalten. Es werde ihm vorgeworfen, er hätte sich auf die brieflichen Kontakte melden müssen. Er öffne jedoch keine Briefe, wenn er die Absender nicht kenne. Er verlange von der ProLitteris Angaben und Adressen von Firmen, die Beiträge bezahlen sowie von Künstlern, Kulturschaffenden etc., die von ihnen Beiträge erhalten würden. Weiter verweist er auf seine unentgeltlichen Leistungen zu Gunsten verschiedener Vereine und Institutionen.

 

5. Die Beklagte hat die Ausführungen der Klägerin zu ihrem Vorgehen und ihrer Einschätzung nicht konkret bestritten. Sie bestreitet insbesondere nicht, dass sie das Erhebungsformular erhalten und auf dieses nicht reagiert hat. Soweit der Geschäftsführer der Beklagten für sich das Recht herausnimmt, Briefe nicht zu öffnen, hat er die Folgen dieses Verhaltens in Kauf zu nehmen. Es wäre Aufgabe der Beklagten gewesen, der Klägerin die benötigten Angaben zu machen. Letztere ist zu keinen weiteren Nachforschungen bei Dritten verpflichtet. Weiter macht die Beklagte ebenfalls nicht geltend, sie habe die Schätzung der Klägerin beanstandet. Damit gilt diese als anerkannt. Demnach ist von dem von der Klägerin geschilderten Sachverhalt auszugehen. Die erstmals mit der Klageantwort erfolgte Bestreitung ist verspätet. Die eingeklagten Forderungen von total CHF 300.40 sind daher gutzuheissen. Auch der geltend gemachte Verzugszins ist gestützt auf die vorgelegte Mahnung vom 10. August 2022 wie beantragt zuzusprechen.

 

6. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beklagte die Gerichtskosten des obergerichtlichen Verfahrens mit einer Entscheidgebühr von CHF 500.00 zu bezahlen. Zudem hat sie der Klägerin für das Verfahren vor Obergericht eine Parteientschädigung zu bezahlen. Die Klägerin hat eine Honorarnote über einen Betrag von CHF 2’248.20 (inkl. Auslagen und MwSt.) eingereicht. Die Höhe der geltend gemachten Entschädigung ist zu hoch. Die Bedeutung der Streitsache und der Streitwert vermögen weder den Stundenaufwand noch den Stundenansatz zu rechtfertigen. Beides wird insbesondere durch die Tatsache, dass die Klägerin insgesamt sieben Parallelfälle eingereicht hat, massgeblich relativiert. Die Parteientschädigung für den vorliegenden Fall wird demnach ermessensweise auf pauschal CHF 500.00 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt.

Demnach wird erkannt:

1.    Die A.___ GmbH hat der ProLitteris CHF 300.40 zuzüglich Zins zu 5% seit 22. August 2022 zu bezahlen.

2.    Die A.___ GmbH hat die Gerichtskosten von CHF 500.00 zu bezahlen. Diese werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. A.___ GmbH hat der ProLitteris den von ihr bevorschussten Betrag von CHF 500.00 zu ersetzen.

3.    Die A.___ GmbH hat der ProLitteris eine Parteientschädigung von CHF 500.00 zu bezahlen.

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen der Zivilkammer des Obergerichts

Der Vizepräsident                                                             Der Gerichtsschreiber

Frey                                                                                  Schaller



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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