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Urteil Verwaltungsgericht (SO - ZKBES.2024.67)

Zusammenfassung des Urteils ZKBES.2024.67: Verwaltungsgericht

Die Klägerinnen, C.___ und A.___, Eltern von B.___, reichten eine Klage beim Richteramt Dorneck-Thierstein ein. Nachdem die KESB Thurgau über Kinderbelange entschied, wies das Richteramt die Klage ab und teilte die Gerichtskosten je zur Hälfte auf. Der Beklagte erhob Beschwerde und forderte, dass die Klägerinnen die gesamten Kosten tragen. Die Beschwerdegegnerinnen argumentierten gegen die Kostenverteilung, doch das Obergericht entschied, dass die Klägerinnen die Kosten tragen müssen. Letztendlich wurden die Gerichtskosten den Klägerinnen auferlegt, während der Beklagte eine Entschädigung erhielt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts ZKBES.2024.67

Kanton:SO
Fallnummer:ZKBES.2024.67
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Zivilkammer
Verwaltungsgericht Entscheid ZKBES.2024.67 vom 13.08.2024 (SO)
Datum:13.08.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Vorinstanz; Verfahren; Recht; Klägerin; Klägerinnen; Gericht; Entscheid; Verfahrens; Abänderung; Beschwerdegegnerin; Ermessen; Gerichtskosten; Beschwerdegegnerinnen; Rechtspflege; Apos; Verhältnis; Urteil; Anträge; Beschwerdeführers; Verhältnisse; Klage; Parteien; Obergericht; Tochter
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ;Art. 123 ZPO ;Art. 286 ZGB ;Art. 296 ZPO ;Art. 4 ZGB ;Art. 95 ZPO ;
Referenz BGE:139 III 33;
Kommentar:
Sutter-Somm, Seiler, Schweizer, Thomas, Hand zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Art. 1 OR ZPO, 2021

Entscheid des Verwaltungsgerichts ZKBES.2024.67

 
Geschäftsnummer: ZKBES.2024.67
Instanz: Zivilkammer
Entscheiddatum: 13.08.2024 
FindInfo-Nummer: O_ZK.2024.122
Titel: Partei- und Gerichtskosten

Resümee:

 

Obergericht

Zivilkammer

 

 

 

Urteil vom 13. August 2024          

Es wirken mit:

Präsidentin Hunkeler

Oberrichterin Kofmel

Oberrichter Frey    

Gerichtsschreiberin Hasler

In Sachen

A.___, vertreten durch Rechtsanwältin Doris Ammann,

 

Beschwerdeführer

 

 

gegen

 

 

1.    B.___,

2.    C.___,

beide vertreten durch Rechtsanwalt Markus Lienert,     

 

Beschwerdegegnerinnen

 

betreffend Partei- und Gerichtskosten


zieht die Zivilkammer des Obergerichts in Erwägung:

I.

1. C.___ (im Folgenden: Klägerin 2 Kindsmutter) und A.___ (im Folgenden: Beklagter Kindsvater) sind die nicht verheirateten Kindseltern von B.___ (im Folgenden: Klägerin 1 Tochter), geboren am [...] 2013.

 

2. Die Klägerin 1 und die Klägerin 2 (im Folgenden: Klägerinnen) machten am 2. Mai 2022 beim Richteramt Dorneck-Thierstein eine Klage gegen den Beklagten betreffend «Unterhalt» anhängig. Sie stellten zudem Anträge über die weiteren Kinderbelange.

 

3. Während des hängigen Verfahrens entschied die KESB Thurgau am 30. August 2023 über die weiteren Kinderbelange (insbesondere Zuteilung der Obhut, das Besuchsrecht und die Beistandschaft).

 

4. Am 13. Dezember 2023 fällte die Amtsgerichtspräsidentin des Richteramts Dorneck-Thierstein das Urteil. Sie erwog, es handle sich um eine Abänderungsklage (und nicht wie von den Klägerinnen geltend gemacht um eine Klage auf erstmalige Festsetzung des Kindsunterhalts) und wies sämtliche Anträge der Klägerinnen ab, soweit sie überhaupt darauf eintrat. Sie gewährte den Klägerinnen ab 30. Januar 2023 die unentgeltliche Rechtspflege unter Beiordnung von Rechtsanwalt Markus Lienert als unentgeltlichen Rechtsbeistand. Sie verfügte, jede Partei habe die Parteikosten selbst zu tragen. Die Gerichtskosten auferlegte sie den Parteien je zur Hälfte.

 

5. Frist- und formgerecht erhob der Beklagte (im Folgenden auch: Beschwerdeführer) gegen den Entscheid der Amtsgerichtspräsidentin von Dorneck-Thierstein vom 13. Dezember 2023 Beschwerde bei der Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Solothurn. Er stellte die Anträge, es seien die Dispositiv-Ziffern 3 (Parteikosten) und 5 (Gerichtskosten) des Entscheides des Richteramts Dorneck-Thierstein vom 13. Dezember 2023 aufzuheben. Es seien die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens vollumfänglich der Kindsmutter (im Folgenden auch: Beschwerdegegnerin 2) aufzuerlegen und es sei die Beschwerdegegnerin 2 zu verpflichten, den Beschwerdeführer für das erstinstanzliche Verfahren mit CHF 6'265.90 (inkl. MwSt. und Barauslagen) ausseramtlich zu entschädigen. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Kindsmutter und Tochter (im Folgenden auch: Beschwerdegegnerinnen).

 

6. Am 1. Juli 2024 reichten die Beschwerdegegnerinnen eine Beschwerdeantwort ein und beantragten die vollumfängliche Abweisung der Klage (recte wohl: Beschwerde), unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Beschwerdeführers.

 

7. Für die Parteistandpunkte und die Erwägungen der Amtsgerichtspräsidentin wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, ist nachfolgend darauf einzugehen.

 

 

II.

1.1 Bei der Begründung des Kostenentscheids führte die Vorinstanz insbesondere aus, auch wenn die Klägerinnen mit ihren Anträgen unterlägen, rechtfertige es sich mit Blick auf die Tatsache, dass es sich vorliegend um ein familienrechtliches Ver-fahren handle und die Einreichung der Klage aufgrund des Umzugs der Klägerinnen nicht von vornherein aussichtslos gewesen sei, die Gerichtskosten gestützt auf Art. 107 Abs. 1 lit. c Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO, SR 272) hälftig zu teilen und die Parteikosten wettzuschlagen. Es müsse zudem davon ausgegangen werden, dass der Beklagte nicht bereit gewesen wäre, den Klägerinnen ausserhalb eines gerichtlichen Verfahrens die Unterlagen zu seinen finanziellen Verhältnissen offen zu legen, um deren Ansprüche zu prüfen. Erst die Durchführung des vorliegenden Verfahrens habe somit gezeigt, dass keine wesentlichen und dauerhaften Veränderungen der Verhältnisse vorlägen.

 

1.2 In seiner Beschwerde bringt der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, das Richteramt habe in seinem Urteil sinngemäss festgestellt, dass falsch geklagt worden sei. Weiter habe es festgestellt, dass unklar sei, auf welche veränderten Verhältnisse sich die Klägerinnen berufen wollten. Die Vorinstanz sehe in der Tatsache, dass die Klägerinnen ihren Wohnsitz verlegt hätten, einen potenziellen Abänderungsgrund, stelle aber fest, dass der Umzug auf der Bedarfsseite der Klägerinnen gar keine Kosteneinsparung bewirkt hätte. Weiter sei festgestellt worden, dass auch hinsichtlich der Einkommenssituation der Eltern nicht von veränderten Verhältnissen auszugehen sei. Gestützt auf diese Erwägungen habe die Vorinstanz die Klage vollumfänglich abgewiesen, soweit sie darauf eingetreten sei. Damit sei die Vorinstanz den Anträgen des Beschwerdeführers vollumfänglich gefolgt. Die Begründung des angefochtenen Entscheids basiere vollständig auf den Ausführungen des Beklagten in der Klageantwort. Die Klägerinnen seien im erstinstanzlichen Verfahren vollumfänglich unterlegen, womit ihnen gemäss Art. 106 ZPO die Kosten des Verfahrens hätten auferlegt werden müssen. Nachvollziehbare Gründe, welche eine Abweichung zuliessen, lägen nicht vor. Die Vorinstanz scheine von einer automatischen Anwendung von Art. 107 Abs. 1 lit. c ZPO auszugehen, obschon sie nach Gesetz gehalten wäre, nach Ermessen zu handeln. Mit dieser Ermessensunterschreitung verletzte die Vorinstanz Recht. Vorliegend sei einzig der Kindsunterhalt und damit eine vermögensrechtliche Frage zu beurteilen gewesen. Bereits aus diesem Grund liege kein Anwendungsfall von Art. 107 Abs. 1 lit. c ZPO vor. Die Tatsachenfeststellung der Vorinstanz, wonach die Klage aufgrund des Umzugs der Klägerinnen nicht von vornherein aussichtslos erschienen sei, sei für die Beurteilung der Verteilung der Prozesskosten sachfremd. Die Vorinstanz lasse erstens unberücksichtigt, dass die anwaltlich vertretenen Klägerinnen auf Festsetzung des Unterhalts und nicht auf Abänderung des bereits bestehenden Unterhaltstitels geklagt hätten. Zweitens hätten sich die Klägerinnen bis zuletzt nicht zu den Abänderungsgründen geäussert. Daher seien die gestellten Anträge von vornherein aussichtslos gewesen. Die Vorinstanz habe die Anträge in Anwendung des Untersuchungsgrundsatzes gerettet. Sie habe hernach zutreffend ausgeführt, dass keine veränderten Verhältnisse dargelegt ersichtlich seien. Im Sinne eines Obiter dictum sei schliesslich ausgeführt worden, dass fraglich sei, ob in Anwendung des Grundsatzes des caput controversum eine Anpassung an veränderte Verhältnisse überhaupt möglich sei. Dass die Vorinstanz auf die Klage trotz der fehlerhaften Anträge eingetreten sei, nur um sie dann in aller Deutlichkeit abzuweisen, hätte sich nicht zulasten des Beschwerdeführers auswirken dürfen. Weiter sei der Kostenentscheid damit begründet worden, dass davon ausgegangen werden müsse, dass der Beklagte nicht bereit gewesen wäre, den Klägerinnen ausserhalb eines gerichtlichen Verfahrens die Unterlagen zu seinen finanziellen Verhältnissen offen zu legen, um deren Ansprüche zu prüfen. Dies sei eine haltlose und unbelegte Unterstellung. Die Vorinstanz habe damit den Sachverhalt willkürlich festgestellt. Insbesondere im Lichte der Tatsache, dass die Klägerinnen an keiner Stelle vorgebracht hätten, es bestünden Anhaltspunkte, dass sich das Einkommen des Beschwerdeführers in relevanter Weise verändert habe und sich dieser weigere, die Unterlagen offenzulegen, sei diese Begründung krass willkürlich. Die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung sei insbesondere auch deshalb extrem stossend, weil die Beschwerdegegnerin 2 durch ihr querulatorisches Verhalten erreicht habe, dass der Vater seine Tochter nicht mehr sehen könne. Damit nicht genug. Sie drangsaliere den Beschwerdeführer seit Jahren mit diversen (aussichtslosen) Gerichtsverfahren. Der Beschwerdegegnerin 2 werde auch noch – aus nicht nachvollziehbaren Gründen – immer wieder die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. Die Beschwerdegegnerin und deren unfähiger Anwalt würden vom Staat finanziert, wohingegen der Beschwerdeführer die Kosten selber tragen müsse. Diese Rechtsungleichheit sei krass stossend und damit willkürlich. Nachdem der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren vollumfänglich obsiegt habe, verstosse der angefochtene Kostenspruch gegen Art. 106 ZPO sowie die allgemeinen Rechtsprinzipien, wie das Verbot von Willkür und von rechtsgleicher Behandlung sowie den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Damit sei er aufzuheben und der Beschwerdegegnerin 2 seien die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens aufzuerlegen und sie sei zu verpflichten, den Beschwerdeführer gemäss der am 22. November 2023 bei der Vorinstanz eingereichten Honorarnote ausseramtlich zu entschädigen.

 

1.3 In der Beschwerdeantwort verwiesen die Beschwerdegegnerinnen vollumfänglich auf den gut begründeten Entscheid des Richteramts Dorneck-Thierstein und führten aus, dass der Beschwerdeführer genügend Geld für ALLES (sic) habe, jedoch nicht bereit sei, für seine Tochter den gebührenden Unterhalt zu bezahlen. Eine Anpassung sei lediglich aufgrund eines Willensmangels im Vorfeld der Verhandlung nicht möglich gewesen und auch nur aufgrund der Weigerung des Beschwerdeführers und seiner Anwältin, deren Vorgehen rechtsmissbräuchlich erscheine. Eine Abschiebung der Kosten auf die Kindsmutter, die wegen des Beschwerdeführers alles verloren habe, verschuldet sei, mithin nichts bezahlen könne, aber ihre Tochter stets gut betreut habe, sei nicht zu schützen. Auch könne es nicht sein, dass der Steuerzahler die Kosten, die der Beschwerdeführer zu verantworten habe, bezahlen müsse. Es gelte daher, den Entscheid der Vorinstanz zu schützen.

 

2.1 Mit der Beschwerde können eine unrichtige Rechtsanwendung und/oder eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Der Entscheid über die Kostenverlegung stellt einen Ermessensentscheid dar (Urteil des Bundesgerichts 4A_540/2021 vom 17. Januar 2022, E. 2.1). Die fehlerhafte Ausübung von Ermessen stellt erst dann eine Rechtsverletzung dar, wenn das Ermessen missbraucht, über- unterschritten wird. Die blosse Unangemessenheit kann nicht gerügt werden, sondern lediglich eine willkürliche Ausübung des Ermessens (vgl. SOG 2011 Nr. 6). Die Beschwerdeinstanz greift nur mit einer gewissen Zurückhaltung in einen wohl überlegten und vertretbaren Ermessensentscheid der ersten Instanz ein (vgl. Urteil des Bundesgerichts 5A_265/2012 vom 30. Mai 2012, E. 4.3.2). In Ermessensentscheide ist einzugreifen, wenn dazu ein hinreichender Anlass besteht, insbesondere, wenn die Vorinstanz Tatsachen berücksichtigt, die im Einzelfall keine Rolle spielen, solche ignoriert, die hätten berücksichtigt werden sollen, wenn die Vorinstanz zu einem ungerechten unzweckmässigen Ergebnis gelangt (Urteil des Bundesgerichts 4A_164/2022 vom 22. August 2022, E. 2.2).

 

2.2 Gemäss Art. 106 Abs. 1 ZPO werden die Prozesskosten (d.h. Gerichtskosten und Parteientschädigung; Art. 95 Abs. 1 ZPO) der unterliegenden Partei auferlegt. Die Kostenverteilung nach dem Prozessausgang (Art. 106) kann im Einzelfall starr und unbillig erscheinen. Art. 107 räumt dem Gericht hiergegen einen Spielraum ein, um bei besonderen Umständen die Prozesskosten nach Ermessen, d. h. nach Billigkeitserwägungen (vgl. Art. 4 ZGB), zu verlegen (vgl. BGE 139 III 33 E. 4.2 S. 35). Im Interesse einer einzelfallweisen Gerechtigkeit kann so die Belastung mit Prozesskosten zugunsten der unterlegenen und zulasten der obsiegenden Partei verschoben werden. Bei Verfahren mit Offizialmaxime kann es in einzelnen Fällen unbillig sein, die unterliegende Partei in vollem Umfang kostenpflichtig zu erklären, weil das Gericht unabhängig von den Anträgen der beklagten Partei Erhebungen über die tatsächlichen Verhältnisse von Amtes wegen durchzuführen hat. Auf jeden Fall steht dem Gericht bei der Anwendung der als Kann-Vorschrift ausgestalteten Bestimmung ein grosses Ermessen zu. Liegen mehrere Verteilungskriterien vor, müssen alle in die ermessensweise Kostenverlegung einbezogen werden (Viktor Rüegg / Michael Rüegg, in: Karl Spühler et. al. [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Basel 2017, Art. 107 N 1-2). Die züricherische Praxis (Urteil und Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, RZ220011-O/U vom 17. April 2023) wendet Art. 107 Abs. 1 lit. c ZPO primär dann an, wenn und soweit die Parteien in guten Treuen um nicht vermögensrechtliche Kinderbelange streiten. Das Obergericht des Kantons Zürich führte im Entscheid RZ220011-O/U vom 17. April 2023 in E. 4.2. insbesondere aus, bei vermögensrechtlichen Begehren, die nur das Verhältnis zwischen den Ehegatten beträfen, finde eine abweichende Kostenverteilung nach Art. 107 Abs. 1 lit. c ZPO kaum und nur unter besonderen Umständen statt. Zudem könne ein sehr ungleiches wirtschaftliches Kräfteverhältnis ein Umstand nach Art. 107 Abs. 1 lit. f ZPO sein, der eine Verteilung nach dem Ausgang des Verfahrens als unbillig erscheinen liesse. Wirtschaftliche Ungleichheit allein rechtfertige ein Abweichen von der ordentlichen Verteilung hingegen nicht, da ein solches fast immer vorliege. Mit der Bestimmung im Sinne von Art. 107 lit. f ZPO solle die ordentliche Verteilung gemäss Art. 106 ZPO grundsätzlich nicht ausgehebelt werden und auch bei familienrechtlichen Verfahren Art. 106 ZPO die Grundnorm sein. 

 

2.3 Gestützt auf die obigen Ausführungen ist zusammenfassend festzuhalten, dass die Kostenverteilung gestützt auf Art. 106 ZPO die Norm bleibt und bleiben muss, auch in familienrechtlichen Verfahren. Oft ist aber in familienrechtlichen Verfahren, die nicht nur vermögensrechtliche Aspekte zum Gegenstand haben, kaum adäquat bestimmbar, wer in welchem Masse obsiegt hat bzw. unterlegen ist, weshalb in diesen Verfahren die Ausnahmeregelung von Art. 107 Abs. 1 lit. c ZPO häufig zur Anwendung gelangt. In rein vermögensrechtlichen familienrechtlichen Verfahren wäre zahlenmässig grundsätzlich möglich, festzustellen, wer mit seinen Anträgen zu wie viel Prozent durchgedrungen ist eben nicht. Doch auch hier ist zu beachten, dass die Unterhaltsberechnung auf grossem Ermessen beruht und die Gefahr einer Scheingenauigkeit besteht. Zudem sind in Bezug auf Verfahren betreffend Kindesunterhalt die Offizialmaxime und der Untersuchungsgrundsatz anwendbar, wobei das Gericht den Sachverhalt von Amtes wegen zu erforschen hat und nicht an die Parteianträge gebunden ist (Art. 296 ZPO). Folglich können sich insbesondere in Verfahren betreffend (erstmalige Festsetzung des) Kindesunterhalt(s) Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Obsiegens und Unterliegens ergeben. In Verfahren betreffend Abänderung von Kindesunterhalt nach Art. 286 Abs. 2 ZGB muss vorerst geprüft werden, ob ein erheblicher und dauernder Abänderungsgrund vorliegt, der zur Abänderung des Kindesunterhalts berechtigt (Christiana Fountoulakis in: Thomas Geiser/Christiana Fountoulakis [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, Basel 2022, Art. 286 ZGB N 7). Ausgeschlossen ist die Abänderung ohne Vorliegen eines erheblichen Änderungsgrundes (Beschluss und Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich LC230016-O/UE vom 10. November 2023, E. 3.1). Liegt somit kein erheblicher und dauernder Änderungsgrund vor, überprüft das Gericht den Kindesunterhalt nicht. Zur Erhebung einer Abänderungsklage müssen demzufolge gewisse Anhaltspunkte (dauernde und erhebliche Veränderung der Verhältnisse) vorliegen, die zu einer Abänderung führen könnten. Wird eine Abänderungsklage abgewiesen, unterliegt die klagende Partei und wird grundsätzlich kostenpflichtig nach Art. 106 ZPO. Besondere Umstände gestützt auf Art. 107 ZPO können wie erwähnt dazu führen, dass die Kosten nach Ermessen verteilt werden. Ein besonderer Umstand kann beispielsweise sein, wenn die klagende Partei das familienrechtliche Verfahren nach guten Treuen angestossen hat wenn zwischen den Parteien ein sehr ungleiches wirtschaftliches Kräfteverhältnis besteht. Vorliegend kam die Vorinstanz zum Schluss, dass keine Abänderungsgründe vorlägen, die zu einer Abänderung des Kindesunterhalts berechtigten.

 

2.4 Die Vorinstanz begründete die Anwendung von Art. 107 ZPO insofern, als dass es sich um ein familienrechtliches Verfahren handle, das Begehren der Klägerinnen nicht von vornherein aussichtslos gewesen sei und der Beklagte nicht ohne Verfahren bereit gewesen wäre, die Unterlagen zu seinen finanziellen Verhältnissen offen zu legen. Mit diesen Argumenten geht die Vorinstanz fehl. Wie der Beschwerdeführer zurecht ausführt, ist letzteres eine nicht erstellte Behauptung und darf nicht als Argument herangezogen werden. Die Feststellung, das Begehren sei nicht von vornherein aussichtslos gewesen, vermag keine besonderen Umstände, die Art. 107 ZPO voraussetzt, zu begründen. Dass es sich um ein familienrechtliches Verfahren handelt, reicht für sich alleine nicht aus, um von Art. 106 ZPO abzuweichen.

 

2.5 Die Beschwerdegegnerin 2 machte vor der Vorinstanz insbesondere geltend, sie sei bei der erstmaligen Festsetzung des Kindesunterhalts (Vereinbarung inkl. Genehmigung durch Gericht) getäuscht worden. Die Vorinstanz erwog, die Ausführungen der Beschwerdegegnerin 2 betreffend Täuschung seien lediglich appellatorischer Natur. Sie führe nicht aus, worin die Täuschung bzw. der Willensmangel bestehen solle. Als Abänderungsgrund habe sie namentlich ihren Umzug nach [...] angeführt. Die Vorinstanz kam diesbezüglich zum Schluss, dass der Beschwerdegegnerin 2 durch den Umzug auf der Bedarfsseite gar eine Kosteneinsparung resultiere. Auch bei den Einkommen beider Eltern konnte die Vorinstanz keine dauernde und erhebliche (wenn überhaupt eine) Änderung erblicken. Aufgrund dessen wies sie die Klage ab. Die Vorinstanz führte gar aus, es scheine, dass die Kindsmutter auf dem Weg dieses Verfahrens versuche, eine aus ihrer Sicht ungünstige Regelung der Belange von B.___ erneut prüfen und nach rechtskräftigem Entscheid abändern zu lassen, was nicht schützenswert sei.

 

2.6 Die Vorinstanz ging damit selbst davon aus, dass die Beschwerdegegnerin 2 das Verfahren nicht nach guten Treuen einleitete. Nichtsdestotrotz wich die Vorinstanz von Art. 106 ZPO ab und auferlegte die Kosten nach Ermessen, obwohl keine besonderen Umstände ersichtlich sind, die ein solches Vorgehen rechtfertigen würden. Zudem begründete die Vorinstanz das Abweichen von Art. 106 ZPO nicht wegen eines wirtschaftlich sehr ungleichen Kräfteverhältnisses. Ohnehin wäre fraglich, ob ein solches besteht. Aus welchen Gründen die Vorinstanz den Klägerinnen die unentgeltliche Rechtspflege gewährt hat, kann dem begründeten Entscheid nicht entnommen werden. Sie führte lediglich aus, dass die Anspruchsvoraussetzungen gemäss Art. 117 ZPO erfüllt seien, ohne dies näher zu begründen. Im Gesuch der Beschwerdegegnerin 2 um unentgeltliche Rechtspflege vom 22. Juni 2023 gab die Beschwerdegegnerin 2 selbst an, sie verfüge über eine Rechtsschutzversicherung und zudem über ein Vermögen von insgesamt CHF 162’001.00 abzüglich Schulden von CHF 25'000.00. Dem Entscheid lässt sich nicht entnehmen, in welchem Umfang die Beschwerdegegnerin 2 einen Anspruch auf Übernahme der Prozesskosten gegenüber der Rechtsschutzversicherung hat. In diesem Umfang wäre die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ausgeschlossen gewesen (Sutter-Somm Thomas/Seiler Benedikt, in: Sutter-Somm Thomas/Seiler Benedikt (Hrsg.), Handkommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Art. 1-408 ZPO, Zürich - Basel - Genf 2021, Art. 117 N 8). Auch was das Vermögen anbelangt, geht aus dem Entscheid nicht hervor, weshalb dieses bei der Prüfung der unentgeltlichen Rechtspflege nicht angerechnet wurde. Die Gutheissung der unentgeltlichen Rechtspflege für die Beschwerdegegnerinnen ist indes nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und bleibt bestehen.

 

2.7 Die Beschwerdegegnerinnen bringen in ihrer Beschwerdeantwort nichts vor, was für die von der Vorinstanz vorgenommene Kostenverteilung sprechen würde. Die von ihnen ins Feld geführten Behauptungen, die Kindsmutter habe wegen des Beschwerdeführers alles verloren, sei verschuldet, könne nichts bezahlen, habe aber stets die Tochter gut betreut, sind nicht belegt. Im Übrigen vermöchten sie bei dieser Ausgangslage (vollständiges Unterliegen) eine hälftige Kostentragung nur zu rechtfertigen, wenn erwiesen wäre, dass wirtschaftlich ein sehr ungleiches Kräfteverhältnis besteht, was nicht der Fall ist. Weiter stellen sie die (wiederum unbelegte) Behauptung auf, der Beschwerdeführer habe Geld für alles und sei nicht bereit, für seine Tochter den gebührenden Unterhalt zu bezahlen. Sie stempeln das Vorgehen des Beschwerdeführers und seiner Anwältin als rechtsmissbräuchlich ab mit der Begründung, im Vorfeld der Verhandlung sei eine Anpassung des Unterhalts aufgrund des Willensmangels und aufgrund der Weigerung des Beschwerdeführers und seiner Anwältin nicht möglich gewesen. Inwiefern ein solches Vorgehen rechtsmissbräuchlich sein soll, ist schleierhaft. Im Gegenteil bekam der Beschwerdeführer vor der Vorinstanz offensichtlich Recht. Der Beschwerdeführer hat damit die Kosten vor der Vorinstanz – entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerinnen – nicht zu verantworten.

 

3. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorinstanz zu Unrecht von der Grundnorm von Art. 106 ZPO abgewichen ist, die Parteikosten wettgeschlagen und die Gerichtskosten hälftig verteilt hat. Die Beschwerde ist begründet und gutzuheissen. Die Dispositiv-Ziffern 3 und 5 des Entscheides der Amtsgerichtspräsidentin von Dorneck-Thierstein vom 13. Dezember 2023 sind aufzuheben. Die Beschwerdegegnerinnen haben demzufolge aufgrund ihres Unterliegens vor der Vorinstanz sämtliche vorinstanzlichen Kosten zu übernehmen. Den Klägerinnen wurde die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. Ziff. 4 des Entscheids vom 13. Dezember 2023 (Festsetzung der Entschädigung von Rechtsanwalt Lienert) bleibt daher bestehen. Bezüglich Ziff. 3 (Wettschlagen der Parteikosten) ist festzuhalten, dass die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege nicht von der Bezahlung einer Parteienschädigung an die Gegenpartei befreit. Der Beschwerdeführer machte vor der ersten Instanz eine Entschädigung von insgesamt CHF 6'265.90 (inkl. MwSt. und Auslagen) geltend. Diese erscheint insbesondere angesichts der Verfahrensdauer, der Komplexität des Verfahrens und im Vergleich mit dem geltend gemachten Aufwand von Rechtsanwalt Lienert angemessen. Folglich haben die Beschwerdegegnerinnen dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von CHF 6'265.90 (inkl. MwSt. und Auslagen) zu bezahlen. Zudem haben die Beschwerdegegnerinnen die Gerichtskosten der Vorinstanz von CHF 2'000.00 zu bezahlen. Die Vorinstanz gewährte den Klägerinnen die unentgeltliche Rechtspflege ab Antragsstellung am 30. Januar 2023, wobei die Vorinstanz die Klägerinnen verpflichtete, CHF 400.00 zu bezahlen, und den Anteil von CHF 600.00 vorläufig dem Kanton (mit Rückforderungsanspruch des Staates) auferlegte. Da die Klägerinnen nun sämtliche Gerichtskosten zu übernehmen haben, haben sie CHF 800.00 zu bezahlen. Dies unter solidarischer Haftbarkeit. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ab 30. Januar 2023 trägt den Anteil von CHF 1'200.00 der Staat Solothurn. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald die Beschwerdegegnerin 1 und/oder die Beschwerdegegnerin 2 zur Nachzahlung in der Lage ist (Art. 123 ZPO).

 

4. Was die Kosten des obergerichtlichen Verfahrens anbelangt, sind diese aufgrund ihres vollständigen Unterliegens vollumfänglich unter solidarischer Haftbarkeit den Beschwerdegegnerinnen aufzuerlegen. Die Gerichtskosten werden auf CHF 500.00 festgesetzt. Sie werden mit dem vom Beschwerdeführer geleisteten Kostenvorschuss in derselben Höhe verrechnet. Die Beschwerdegegnerinnen haben dem Beschwerdeführer die Kosten von CHF 500.00 zurückzuerstatten. Zudem haben sie dem Beschwerdeführer für das Verfahren eine Parteientschädigung in der Höhe der eingereichten Kostennote von CHF 2'587.60 (inkl. MwSt. und Auslagen) zu bezahlen.

 

Demnach wird erkannt:

1.      Die Beschwerde wird gutgeheissen. Ziffern 3 und 5 des Urteils der Amtsgerichtspräsidentin von Dorneck-Thierstein vom 13. Dezember 2023 werden aufgehoben. Sie lauten neu wie folgt:

3. Die Klägerinnen haben unter solidarischer Haftbarkeit dem Beklagten eine Parteientschädigung von CHF 6'265.90 zu bezahlen.

5. Die Gerichtskosten von CHF 2'000.00 werden unter solidarischer Haftbarkeit den Klägerinnen auferlegt. Zufolge unentgeltlicher Rechtspflege für die Klägerinnen ab 30. Januar 2023 trägt der Staat Solothurn einen Gerichtskostenanteil von CHF 1’200.00; vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald C.___ und/oder B.___, [...], zur Nachzahlung in der Lage ist (Art. 123 ZPO). Der verbleibende Betrag von CHF 800.00 wird mit dem von den Klägerinnen geleisteten Kostenvorschuss von CHF 1'200.00 verrechnet. Der zuvielbevorschusste Betrag von CHF 400.00 wird ihnen zurückerstattet.

2.      B.___ und C.___ haben die Kosten des obergerichtlichen Verfahrens von CHF 500.00 zu bezahlen. Sie werden mit dem von A.___ in derselben Höhe geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. B.___ und C.___ haben A.___ CHF 500.00 zu erstatten.

3.      B.___ und C.___ haben A.___ für das obergerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von CHF 2'587.60 (inkl. MwSt. und Auslagen) zu bezahlen.

 

Rechtsmittel: Der Streitwert liegt unter CHF 30'000.00.

Sofern sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, kann gegen diesen Entscheid innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Soweit sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, kann gegen diesen Entscheid innert 30 Tagen seit Erhalt beim Bundesgericht subsidiäre Verfassungsbeschwerde eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Mit der Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 115 bis 119 Bundesgerichtsgesetz massgeblich. Wird gleichzeitig Beschwerde in Zivilsachen und subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben, so sind beide Rechtsmittel in der gleichen Beschwerdeschrift einzureichen.

 

Im Namen der Zivilkammer des Obergerichts

Die Präsidentin                                                                 Die Gerichtsschreiberin

Hunkeler                                                                           Hasler



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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