Zusammenfassung des Urteils ZKBES.2021.39: Verwaltungsgericht
Die A.___ GmbH hat beim Richteramt Thal-Gäu um Ausweisung von B.___ aus einer Wohnung ersucht. Der Gesuchsgegner beantragte, nicht darauf einzutreten. Das Richteramt entschied, nicht auf das Gesuch einzutreten und verpflichtete die Gesuchstellerin zu Kosten. Die A.___ GmbH legte Beschwerde ein, die vom Obergericht gutgeheissen wurde. B.___ muss die Wohnung bis zum 31. Mai 2021 räumen und verlassen. Die Gerichtskosten und eine Parteientschädigung sind von B.___ zu tragen.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | ZKBES.2021.39 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Zivilkammer |
Datum: | 18.05.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Recht; Verfahren; Beschwerdegegner; Gesuch; Ausweisung; Kündigung; Gericht; Apos; Wohnung; Vollstreckung; Gesuchsgegner; Parteien; Urteil; Obergeschoss; Mietobjekt; Rechtsschutz; Fällen; Bundesgericht; Gerichtskosten; Obergericht; Vorinstanz; Entscheid; Verfahrens; Miete; Schweizerische; Voraussetzung; Drohung; Thal-Gäu |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 118 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 123 ZPO ;Art. 257 ZPO ;Art. 257d OR ;Art. 259g OR ;Art. 272a OR ;Art. 292 StGB ; |
Referenz BGE: | 141 III 262; |
Kommentar: | Karl Spühler, Thomas Sutter, Thomas Sutter-Somm, Sutter-Somm, Schweizer, Basler Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, Art. 257 ZPO, 2017 |
Geschäftsnummer: | ZKBES.2021.39 |
Instanz: | Zivilkammer |
Entscheiddatum: | 18.05.2021 |
FindInfo-Nummer: | O_ZK.2021.78 |
Titel: | Ausweisung und direkte Vollstreckung |
Resümee: |
Obergericht Zivilkammer
Urteil vom 18. Mai 2021 Es wirken mit: Oberrichter Müller Oberrichter Flückiger Rechtspraktikantin Hirsig In Sachen A.___ GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt Oliver Wächter, Aarburgerstrasse 6, Postfach 1360, 4601 Olten 1 Fächer,
Beschwerdeführerin
gegen
B.___, vertreten durch Rechtsanwältin Bernadette Gasche, Gasche Advokatur, Laufenstrasse 2, Postfach 23, 4226 Breitenbach
Beschwerdegegner
betreffend Ausweisung und direkte Vollstreckung zieht die Zivilkammer des Obergerichts in Erwägung: I. 1. Mit Gesuch datiert vom 6. Januar 2021 ersuchte die A.___ GmbH (im Folgenden: Gesuchstellerin) beim Richteramt Thal-Gäu um Ausweisung von B.___ (im Folgenden: Gesuchsgegner) aus der 6-Zimmer-Wohnung im Obergeschoss an der [...], [...] sowie um Anordnung von Vollstreckungsmassnahmen. Ferner sei der Ungehorsam gegen die beantragte Ausweisung und Vollstreckung mit der Strafandrohung der Ungehorsamsstrafe nach Art. 292 Strafgesetzbuch (StGB, SR 311) zu verbinden; alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.
2. Am 25. Januar 2021 liess sich der Gesuchsgegner zur Sache vernehmen. Er beantragte, auf das Gesuch vom 6. Januar 2021 um Ausweisung und Vollstreckung sei nicht einzutreten. Eventualiter sei das Gesuch vom 6. Januar 2021 abzuweisen; alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Mit Schreiben vom 1. Februar 2021 ersuchte er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
3. Mit Urteil vom 15. März 2021 trat der Amtsgerichtspräsident auf das Gesuch um Ausweisung und direkte Vollstreckung nicht ein. Zudem verpflichtete er die Gesuchstellerin, dem Gesuchsgegner eine Parteientschädigung von CHF 1'965.65 (inkl. Auslagen und MWST) zu bezahlen und die Verfahrenskosten von CHF 1'000.00 zu tragen. 4. Dagegen erhebt die Gesuchstellerin (im Folgenden: Beschwerdeführerin) am 17. März 2021 frist- und formgerecht Beschwerde beim Obergericht. Sie stellt folgende Begehren:
1. Das Urteil vom 15. März 2021 sei aufzuheben und auf das Gesuch um Ausweisung und direkte Vollstreckung sei einzutreten. 2. Es sei der Beschwerdegegner zu verpflichten, das Mietobjekt, die 6-Zimmer-Wohnung im Obergeschoss an der [...], [...], umgehend zu räumen und zu verlassen und das Objekt der Beschwerdeführerin zurückzugeben. Er sei umgehend richterlich auszuweisen. 3. Es sei die Anordnung gemäss Ziff. 2 durch das angerufene Gericht zu vollstrecken und die Vollstreckungsmassnahmen seien festzusetzen. 4. Es sei der Ungehorsam gegen die Anträge in den Ziffern 2 und 3 mit der Strafandrohung der Ungehorsamsstrafe nach Art. 292 StGB zu verbinden. 5. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten des Beschwerdegegners.
5. Am 29. März 2021 reicht der Gesuchsgegner (im Folgenden: Beschwerdegegner) eine Beschwerdeantwort ein. Er beantragt die Abweisung der Beschwerde unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.
6. Für die Parteistandpunkte und die Erwägungen der Vorinstanz wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, ist nachfolgend darauf einzugehen.
II.
1. Anlass zur Beschwerde gibt der vorinstanzliche Nichteintretensentscheid. Der Amtsgerichtspräsident erwog zusammenfassend, das Gericht trete auf eine Klage ein Gesuch nur ein, sofern die Prozessvoraussetzungen erfüllt seien. Insbesondere dürfe die Sache nicht anderweitig rechtshängig sein (vgl. Art. 59 Abs. 1 lit. a und b Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO, SR 272]). Mit Klage vom 26. Oktober 2020 (Verfahren TGZPR.2020.628) habe der Gesuchsgegner in seinem Hauptbegehren beantragt, es sei die am 25. August 2020 ausgesprochene Kündigung für die von ihm bewohnte Wohnung im Obergeschoss an der [...] in [...] (Restaurant [...]) als rechtsmissbräuchlich aufzuheben. Mit Klage selben Datums (Verfahren TGZPR.2020.629) habe der Gesuchsgegner zudem hauptsächlich verlangt, es sei festzustellen, dass die Kündigung vom 18. Juni 2020 für die Räumlichkeiten des Restaurants [...] an der [...] in [...] nichtig sei. In diesen Verfahren stünden sich dieselben Parteien gegenüber, wie im vorliegenden Verfahren. Hinzukommend sei erstellt, dass in sämtlichen Verfahren dieselbe mietrechtliche Streitigkeit zur Debatte stehe. Konkret gehe es um die Kündigung der vom Gesuchsgegner bewohnten Räumlichkeiten an der [...] in [...]. Mit dem vorliegenden Gesuch der Gesuchstellerin sei dem Gericht somit ein Anspruch gestützt auf den gleichen Streitgegenstand zur Beurteilung unterbreitet worden. Dieser Streitgegenstand könne nicht erneut anhängig gemacht werden. Es komme die Sperr- bzw. Ausschlusswirkung der Rechtshängigkeit zum Tragen, so dass es an einer Prozessvoraussetzung mangle (Art. 59 Abs. 2 lit. d ZPO) und auf das Gesuch nicht eingetreten werden könne.
2. Dagegen bringt die Beschwerdeführerin zunächst vor, die Vorinstanz wende das Recht unrichtig an, wenn sie argumentiere, dem Gericht sei im Ausweisungsverfahren ein Anspruch basierend auf demselben Sachverhalt und aus demselben Rechtsgrund zwischen denselben Parteien zur Beurteilung unterbreitet worden. Gemäss Urteil des Bundesgerichts 141 III 262 sei ein Begehren um Ausweisung eines Mieters im Verfahren um Rechtsschutz in klaren Fällen auch dann zulässig, wenn der Mieter die vorangegangene Kündigung gerichtlich angefochten habe und dieses Verfahren noch hängig sei. Insofern stelle es eine unrichtige Rechtsanwendung dar, wenn das Gericht mit dieser Begründung nicht auf das Gesuch eintreten wolle. Der angefochtene Entscheid sei folglich aufzuheben und es sei auf das Ausweisungsgesuch einzutreten.
3.1 In BGE 141 III 262 E. 3.2 führt das Bundesgericht aus, in seiner bisherigen mietrechtlichen Rechtsprechung sei es wiederholt zumindest implizit davon ausgegangen, dass über ein Ausweisungsbegehren im summarischen Verfahren um Rechtsschutz in klaren Fällen gemäss Art. 257 ZPO auch dann entschieden werden dürfe, wenn die vorangehende ausserordentliche Kündigung wegen Zahlungsrückstand (Art. 257d Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, Fünfter Teil: Obligationenrecht [OR, SR 220]) vom Mieter gerichtlich angefochten wurde und das resultierende mietrechtliche Verfahren noch nicht rechtskräftig erledigt sei (vgl. Urteile des Bundesgerichts 4A_252/2014 vom 28. Mai 2014 E. 3 und 4; 4A_265/2013 vom 8. Juli 2013 E. 6).
3.2 Gemäss Dieter Hofmann (in: Karl Spühler et al. [Hrsg.], Basler Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, Basel 2017, Art. 257 N 18a und Thomas Sutter-Somm und Cordula Lötscher in: Thomas Sutter-Somm et al. [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zürich/Basel/Genf 2016, Art. 257 N 38) stehe im Miet- und Pachtrecht von Immobilien der Rechtsschutz in klaren Fällen zur Ausweisung nach einer ausserordentlicher Kündigung zur Verfügung (vgl. Art. 272a OR), d. h. namentlich bei Zahlungsverzug (Art. 257d OR). Voraussetzung sei, dass die Erstreckung des Mietverhältnisses ausgeschlossen sei, beziehungsweise liquid kein Anspruch auf Erstreckung bestehe. Diesfalls könne es dem Vermieter nicht verwehrt werden, das Ausweisungsgericht anzurufen, nachdem der Mieter bereits ein Verfahren bei der Schlichtungsbehörde anhängig gemacht habe. Die Rechtshängigkeit des Kündigungsschutzbegehrens stehe der Ausweisung wegen den unterschiedlichen Streitgegenständen im Sinne von Art. 64 Abs. 1 lit. a ZPO nicht entgegen.
3.3 Geht die Vermieterin während eines hängigen mietrechtlichen Verfahrens nach Art. 257 ZPO vor, ist die Frage der Gültigkeit der Kündigung durch das Ausweisungsgericht mit der auf klares Recht und liquide tatsächliche Verhältnisse beschränkten Kognition als Vorfrage zu entscheiden (vgl. Hofmann, a.a.O., Art. Art. 257 N 18a). Unabhängig von einem bereits hängigen mietrechtlichen Verfahren kann das Ausweisungsgericht den Mieter somit bereits ausweisen, wenn es die Gültigkeit der Kündigung des Vermieters mit der erwähnten Kognition bejahen kann (vgl. auch BGE 141 III 262 E. 3).
3.4 Im Sinne von Art. 257 Abs. 1 lit. a ZPO gilt der Sachverhalt als liquid, wenn die anspruchsbegründenden Tatsachen unbestritten sofort beweisbar sind. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt zudem eine klare Rechtslage vor, wenn sich die Rechtsfolge bei der Anwendung des Gesetzes unter Berücksichtigung der Lehre und Rechtsprechung ohne Weiteres ergibt und damit die Rechtsanwendung zu einem eindeutigen Ergebnis führt (Hofmann, a.a.O., Art. 257 N 11 mit Verweis auf das Urteil des Bundesgerichts 4A_184/2015 vom 11. August 2015 E. 4.2.1).
3.5.1 Vorliegend ist unbestritten, dass zwischen den beiden Parteien keine schriftlichen Vereinbarungen getroffen wurden. Unbestritten ist ebenfalls, dass die gesuchstellende Beschwerdeführerin das faktische Vertragsverhältnis mit dem Beschwerdegegner betreffend die Wohnung im Obergeschoss an der [...] in [...] mehrfach (mündlich) kündigte und die letzte Kündigung ausserordentlich am 30. Oktober 2020 unter Einhaltung der 30-tägigen Kündigungsfrist per 31. Dezember 2020 auf dem dafür vorgesehenen amtlichen Formular erfolgte. Als Kündigungsgrund wurde Zahlungsverzug nach einer Zahlungsaufforderung vom 24. September 2020 mit Kündigungsandrohung angegeben. Gründe, weshalb die ausserordentliche Kündigung ungültig sein soll, sind weder ersichtlich noch werden solche rechtsgenüglich dargetan. In seinen Rechtsschriften bestätigte der Beschwerdeführer vielmehr, dass er für die Benützung der Wohnung bis heute nichts bezahlte. Die ausserordentliche Kündigung per 31. Dezember 2020 der Wohnung im Obergeschoss an der [...] in [...] ist damit als rechtsgültig zu betrachten. Eine Erstreckung des Mietverhältnisses, wie vom Beschwerdegegner in den parallel laufenden Verfahren offenbar verlangt, fällt bei einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs von vornherein ausser Betracht (vgl. Art. 272a Abs. 1 lit. a OR und Art. 257d OR). Dass der Beschwerdegegner bei seiner Rechtsbeiständin offenbar gewisse Beträge als «Mietzinsen» hinterlegt hat, vermag an diesem Umstand nichts zu ändern, zumal eine rechtsgültige Hinterlegung nur bei der vom Kanton bestimmten Stelle, beziehungsweise vorliegend beim zuständigen Oberamt, erfolgen kann (vgl. Art. 259g OR und auch § 88 Abs. 1 der Sozialverordnung [SV, BGS 831.2]).
3.5.2 Über das vorliegende Ausweisungsbegehren im (summarischen) Verfahren um Rechtsschutz in klaren Fällen gemäss Art. 257 ZPO darf demnach – entgegen der Auffassung der Vorinstanz – entschieden werden.
4.1 In seiner Eventualbegründung vertrat die Vorinstanz sodann die Auffassung, dass der zu beurteilende Sachverhalt weder unbestritten noch sofort beweisbar sei, mithin die Voraussetzungen für die Gewährung von Rechtsschutz in klaren Fällen nicht vorliegen würden.
4.2 Dagegen bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, aus der Begründung des angefochtenen Entscheids sei nicht ersichtlich, inwiefern der Sachverhalt nicht sofort beweisbar wäre. Sie habe in ihrem Gesuch vom 6. Januar 2021 sämtliche Fakten und die Rechtslage geschildert. Sie habe zudem eingehend begründet, weshalb das Recht des Beschwerdegegners in der Wohnung zu verbleiben, nach sämtlichen möglichen Rechtstiteln klar beendet sei. Vorliegend gebe es zwar keine schriftlichen Verträge, ihre Eigentümerstellung an der Liegenschaft sowie die Kündigung des Miet- und Arbeitsverhältnisses seien indessen unbestritten. Ferner habe der Beschwerdegegner bis anhin nichts bezahlt. Dabei behaupte er einerseits, es habe nie ein Mietverhältnis bestanden, andererseits sei er der Auffassung, dass ein Mietzins von monatlich CHF 1'400.00 «unangemessen» sei. Unter Ziffer 16 seiner Gesuchsantwort führe der Beschwerdegegner lediglich aus, dass er einen Mietzins von monatlich CHF 400.00 als angemessen betrachte. Auf welchen Rechtsgrund er sich berufe, sei unklar. In seiner Gesuchsantwort behaupte er zudem nur, «es wird bestritten, dass der Gesuchsgegner kein Recht mehr haben soll, in der Wohnung zu verbleiben.» In ihrem zweiten Hauptbegehren verlange die Beschwerdeführerin deshalb, es sei der Beschwerdegegner zu verpflichten, das Mietobjekt, die 6-Zimmerwohnung im Obergeschoss an der [...], [...], umgehend zu räumen und zu verlassen und das Objekt der Beschwerdeführerin zurückzugeben. Er sei umgehend richterlich auszuweisen.
4.3 In seiner Beschwerdeantwort macht der Beschwerdegegner zusammenfassend geltend, die Beschwerdeführerin könne keinen Mietvertrag und keine Einigung über einen vereinbarten Mietzins vorweisen. Ferner könne sie nicht entkräften, dass bis zum 30. Mai 2020 kein Mietzins verlangt worden sei und er nie einen solchen bezahlen musste. Da der Beschwerdegegner nie habe Miete bezahlen müssen und auch kein Mietvertrag vorliege, sei er berechtigterweise der Ansicht, dass über eine allfällige Miete und die angemessene Höhe im Rahmen der hängigen mietrechtlichen Klage diskutiert werde. Zudem mache er eine Verrechnung eines allfällig geschuldeten Zinses für die Wohnung mit Forderungen seinerseits gegen die Beschwerdeführerin – namentlich Lohnausstände für die Dauer seiner Anstellung – geltend. Vorliegend lägen die Voraussetzungen des Rechtsschutzes in klaren Fällen nicht vor, weshalb die Vorinstanz zu Recht nicht auf das Gesuch eingetreten sei (vgl. S. 3 f. der Beschwerdeantwort).
4.4 Die Ausführungen des Beschwerdegegners gehen fehl. Die Eigentümerstellung der Gesuchstellerin an der Liegenschaft an der [...] in [...] blieb im vorinstanzlichen Verfahren unbestritten. Ebenfalls unbestritten ist die letzte Kündigung des Mietverhältnisses per Ende Dezember 2020 (vgl. Gesuchsbeilage 2). Diese ist, wie unter Ziffer II. / E. 3.5.1 hiervor festgestellt, rechtsgültig erfolgt. Spätestens seit diesem Zeitpunkt vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, dass das faktische Vertragsverhältnis mit dem Beschwerdegegner per Ende Dezember 2020 endet. Der Beschwerdegegner behauptet zwar, er habe ein Recht in der Wohnung zu verbleiben. Woraus sich sein Anspruch ergeben soll, zeigt er indessen nicht auf. Der Beschwerdeführerin ist damit der liquide Nachweis gelungen, wonach der Beschwerdegegner seit Dezember 2020 kein Rechtsanspruch mehr hat, in der Wohnung im Obergeschoss an der [...] in [...] zu verbleiben.
4.5 Ob das faktische Vertragsverhältnis zwischen den Parteien tatsächlich entgeltlich und damit mietvertraglicher Natur wie der Beschwerdegegner in seinen Schriftsätzen andeutet, unentgeltlich gewesen sein soll und damit eher einer Gebrauchsleihe entsprach, kann im vorliegendem Verfahren offenbleiben. Die Beendigung des Vertragsverhältnisses ist sowohl aus mietrechtlicher Sicht, wie auch aus Sicht der Gebrauchsleihe beendet. Eine Erstreckung ist ausgeschlossen.
5. Im Ergebnis präsentiert sich damit sowohl ein unbestrittener Sachverhalt als auch eine klare Rechtslage, weshalb die Voraussetzungen für den Rechtsschutz in klaren Fällen erfüllt sind und die Beschwerde gutzuheissen ist.
6. Der angefochtene Entscheid des Amtsgerichtspräsidenten von Thal-Gäu vom 15. März 2021 ist somit aufzuheben und der Beschwerdegegner ist auf den 31. Mai 2021 auszuweisen. Er hat die Liegenschaft auf diesen Zeitpunkt zu räumen und zu verlassen.
7.1 Die obsiegende Beschwerdeführerin beantragt in ihrer Beschwerdeschrift die Anordnung von Vollstreckungsmassnahmen (vgl. Anträge gemäss Ziff. 3 und 4 der Beschwerdeschrift). Lautet der Entscheid auf eine Verpflichtung zu einem Tun, Unterlassen Dulden, so kann das Vollstreckungsgericht eine Strafdrohung nach Art. 292 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.0), eine Ordnungsbusse bis zu CHF 5'000.00, eine Ordnungsbusse bis zu CHF 1'000.00 für jeden Tag der Nichterfüllung, eine Zwangsmassnahme wie Wegnahme einer beweglichen Sache Räumung eines Grundstückes eine Ersatzvornahme anordnen. Die unterlegene Partei und Dritte haben die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Durchsuchungen zu dulden. Die mit der Vollstreckung beauftragte Person kann die Hilfe der zuständigen Behörde in Anspruch nehmen (Art. 343 ZPO).
7.2 Für den Fall, dass der Beschwerdegegner seiner Verpflichtung – der fristgerechten Räumung der fraglichen Wohnung – nicht nachkommt, wird gegen ihn in Anwendung von Art. 343 Abs. 1 lit. a ZPO eine Strafdrohung nach Art. 292 StGB angeordnet.
8.1 Nach dem Gesagten bleibt über die Kosten zu befinden. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdegegner dessen Kosten von CHF 750.00 zu bezahlen (vgl. Art. 106 Abs. 1 ZPO). Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. Der unterliegende Beschwerdegegner hat der Beschwerdeführerin die bevorschussten Kosten von CHF 750.00 ersetzen. Der Beschwerdegegner beantragte im Beschwerdeverfahren die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege nicht (vgl. Art. 119 Abs. 5 ZPO). Er hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens von CHF 750.00 somit selber zu tragen. Zudem hat er auch die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von CHF 1'000.00 zu bezahlen. Zufolge der ihm vor der Vorinstanz gewährten unentgeltlichen Rechtspflege werden die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens durch den Staat Solothurn getragen. Vorbehalten bleibt die Rückforderung innert 10 Jahren, sobald der Beschwerdegegner zur Nachzahlung in der Lage ist (Art. 123 ZPO). Die von der Gesuchstellerin bevorschussten Gerichtskosten von CHF 1'000.00 werden ihr von der Gerichtskasse zurückerstattet.
8.2 Der Kostenentscheid präjudiziert die Entschädigungsfrage. Der Vertreter der Beschwerdeführerin reichte am 1. April 2021 eine Kostennote zu den Akten. Der geltend gemachte Aufwand von CHF 2'037.25 (inkl. Auslagen und MWST) für das Verfahren vor Obergericht erscheint angemessen und gibt zu keinen Bemerkungen Anlass. Zudem macht die Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung für das erstinstanzliche Verfahren in der Höhe von CHF 2'164.00 (inkl. Auslagen und MWST) geltend (vgl. Honorarnote vom 21. Februar 2021). Die eingereichte Honorarnote erscheint ebenfalls angemessen. Die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das erstinstanzliche Verfahren befreit den Beschwerdegegner nicht von der Bezahlung einer Parteientschädigung an die Beschwerdegegnerin (vgl. Art. 118 Abs. 3 ZPO). Demnach wird erkannt: 1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Amtsgerichtspräsidenten Thal-Gäu vom 15. März 2021 aufgehoben. Das Gesuch um Rechtsschutz in klaren Fällen vom 6. Januar 2021 wird gutgeheissen. 2. B.___ hat das Mietobjekt, die 6-Zimmer-Wohnung im Obergeschoss an der [...], [...], umgehend, das heisst bis spätestens 31. Mai 2021 zu räumen und zu verlassen und das Mietobjekt der A.___ GmbH zurückzugeben. 3. Die A.___ GmbH hat bis spätestens 1. Juni 2021, 16:00 Uhr, dem Oberamt Thal-Gäu mitzuteilen, ob das Mietobjekt geräumt und verlassen wurde. 4. Für den Fall, dass das Mietobjekt nicht urteilsgemäss geräumt und verlassen worden ist, wird das Oberamt Thal-Gäu angewiesen, umgehend die zwangsweise Ausweisung zu veranlassen, nötigenfalls unter Anwendung von Polizeigewalt und unter zwangsweiser Verschaffung von Zugang in die Liegenschaften. 5. Die A.___ GmbH hat bei der zwangsweisen Räumung mitzuwirken, indem sie auf Anweisung des Oberamtes den Zutritt zum Mietobjekt und die für die Räumung notwendigen Hilfspersonen organisiert (namentlich Schlüsselservice, Zügelunternehmen, Person für die Wohnungsabnahme, allfällige Lagerung der Gegenstände) sowie die Kosten hierfür vorschiesst. 6. Dem Gesuchsgegner wird für den Fall, dass er das Mietobjekt innert der gesetzten Frist nicht ordnungsgemäss räumt und verlässt, hiermit die Strafe nach Art. 292 StGB ausdrücklich angedroht. Dieser lautet: „Wer der von einer zuständigen Behörde einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft.“ 7. B.___ hat die Gerichtskosten des vorinstanzlichen Verfahrens von CHF 1'000.00 zu bezahlen. Zufolge der ihm vor der Vorinstanz gewährten unentgeltlichen Rechtspflege werden die Gerichtskosten durch den Staat Solothurn getragen. Vorbehalten bleibt die Rückforderung innert 10 Jahren, sobald B.___ zur Nachzahlung in der Lage sind (Art. 123 ZPO). Die von der A.___ GmbH bevorschussten vorinstanzlichen Gerichtskosten von CHF 1'000.00 werden ihr von der Gerichtskasse zurückerstattet. 8. Die Gerichtskosten des Verfahrens vor Obergericht von CHF 750.00 hat B.___ zu bezahlen. Sie werden mit dem von der A.___ GmbH geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. B.___ hat der A.___ GmbH den Betrag von CHF 750.00 zu ersetzen. 9. B.___ hat der A.___ GmbH für das Verfahren vor Obergericht eine Parteientschädigung von CHF 2'037.25 zu bezahlen. 10. B.___ hat der A.___ GmbH für das erstinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von CHF 2'164.00 zu bezahlen.
Rechtsmittel: Der Streitwert liegt unter CHF 30'000.00. Sofern sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, kann gegen diesen Entscheid innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich. Soweit sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, kann gegen diesen Entscheid innert 30 Tagen seit Erhalt beim Bundesgericht subsidiäre Verfassungsbeschwerde eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Mit der Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 115 bis 119 Bundesgerichtsgesetz massgeblich. Wird gleichzeitig Beschwerde in Zivilsachen und subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben, so sind beide Rechtsmittel in der gleichen Beschwerdeschrift einzureichen.
Im Namen der Zivilkammer des Obergerichts Die Vizepräsidentin Die Rechtspraktikantin Hunkeler Hirsig |
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