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Urteil Verwaltungsgericht (SO - ZKBER.2024.24)

Zusammenfassung des Urteils ZKBER.2024.24: Verwaltungsgericht

Die Zivilkammer des Obergerichts hat in einem Fall von vorsorglichen Massnahmen in einer Ehescheidung entschieden. Der Ehemann muss Unterhaltsbeiträge für das Kind und die Ehefrau zahlen. Es wurde über einen Umzug der Ehefrau entschieden, der erlaubt wurde. Die Gerichtskosten wurden dem Ehemann auferlegt. Der Ehemann muss die Unterhaltsbeiträge an die Ehefrau zahlen, und die Staatskasse übernimmt die Kosten für die Rechtsbeistände. Die Berufung wurde teilweise gutgeheissen, und die Entscheidung kann beim Bundesgericht angefochten werden.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts ZKBER.2024.24

Kanton:SO
Fallnummer:ZKBER.2024.24
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Zivilkammer
Verwaltungsgericht Entscheid ZKBER.2024.24 vom 10.07.2024 (SO)
Datum:10.07.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Berufung; Apos; Eltern; Unterhalt; Recht; Verfügung; Berufungsbeklagte; Kindes; Kinder; Elternteil; Berufungsklägerin; Umzug; Besuch; Unterhaltsbeiträge; Betreuung; Wegzug; Ehefrau; Ziffer; Übergaben; Urteil; Ehemann; Kindsmutter; Woche; Kindsvater; Parteien; Besuchs; Kontakt; Verfahren
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ;Art. 112 ZGB ;Art. 123 ZPO ;Art. 177 ZGB ;Art. 291 ZGB ;Art. 292 StGB ;Art. 301a ZGB ;Art. 315 ZPO ;Art. 93 KG ;
Referenz BGE:142 III 481; 142 III 498; 142 III 502; 142 III 612;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts ZKBER.2024.24

 
Geschäftsnummer: ZKBER.2024.24
Instanz: Zivilkammer
Entscheiddatum: 10.07.2024 
FindInfo-Nummer: O_ZK.2024.104
Titel: vorsorgliche Massnahmen Ehescheidung

Resümee:

 

Obergericht

Zivilkammer

 

Urteil vom 10. Juli 2024       

Es wirken mit:

Präsidentin Hunkeler

Oberrichter Frey

Oberrichterin Kofmel

Gerichtsschreiber Schaller

In Sachen

A.___, vertreten durch Rechtsanwalt Alexander Kunz und/oder Rechtsanwältin Lea Leiser,

 

Berufungsklägerin

 

 

gegen

 

 

B.___, vertreten durch Fürsprecher Manuel Rohrer,

 

Berufungsbeklagter

 

betreffend vorsorgliche Massnahmen Ehescheidung


zieht die Zivilkammer des Obergerichts in Erwägung:

I.

1. B.___ (nachfolgend Ehemann und/oder Kindsvater) und A.___ (nachfolgend Ehefrau und/oder Kindsmutter) sind die verheirateten Eltern von C.___, geb. [...] 2019.

 

2.1 Anlässlich eines Eheschutzverfahrens vor dem Regionalgericht Oberland schlossen die Parteien am 14. Juni 2022 eine Trennungsvereinbarung. Darin regelten sie u.a. die Obhut (bei der Kindsmutter), das Besuchs- und Ferienrecht und die Kindes- (CHF 1'400.00 [Ziffer 6]) sowie die Ehegattenunterhaltsbeiträge (CHF 0.00 [Ziffer 7]).

 

2.2 Die Parteien führen aktuell vor Richteramt Solothurn-Lebern ein Scheidungsverfahren nach Art. 112 ZGB.

 

2.2.1 Mit Verfügung vom 5. Oktober 2022 wurde in Abänderung der Trennungsvereinbarung für die Dauer des Verfahrens Folgendes verfügt (Ziffer 3):

 

a)    Der Vater betreut den Sohn […] jeweils am ersten, dritten, vierten und allfälligen fünften Wochenende jedes Monats von Freitag, ca. 17:00 Uhr, bis Montag ca. 9.00 Uhr.

b)    Die Übergaben […] haben immer professionell begleitet […] zu erfolgen und jeder gegenseitige persönliche Kontakt zwischen den Eltern ist zu unterbinden.

c)    [Feiertagsregelung]

d)    [Ferienregelung]

 

Die Übergaben von C.___ werden seit 21. Oktober 2022 in der [...] [...] durchgeführt. Das Setting der Übergaben wird durch eine sozialpädagogische Familienbegleitung für beide Elternteile ergänzt.

 

2.2.2.1 Mit Verfügung vom 18. Oktober 2023 wurde in Abänderung der Trennungsvereinbarung für die Dauer des Verfahrens Folgendes verfügt:

 

(…)

3.   In Abänderung von Ziffer 6 und 7 der Trennungsvereinbarung vom 14. Juni 2022 […] hat der Ehemann für die Dauer des Verfahrens folgende Unterhaltsbeiträge für C.___ zu bezahlen:

      -    Ab 1. April 2023: CHF 1'676.00 (Barunterhalt: CHF 833.00, Betreuungsunterhalt

           CHF 843.00)

      -    Ab 1. Januar 2024: CHF 2'134.00 (Barunterhalt CHF 1'195.00, Betreuungsunterhalt CHF 939.00)

      Die Kinder- bzw. Ausbildungszulagen sind zusätzlich geschuldet, sofern sie vom Pflichtigen bezogen werden. Bereits geleistete Zahlungen können angerechnet werden.

4.   Der Ehemann hat der Ehefrau mit Wirkung ab 1. Januar 2024 einen monatlich vorauszahlbaren persönlichen Unterhaltsbeitrag in Höhe von CHF 662.00 zu bezahlen.

 

2.2.2.2 Die dagegen vom Ehemann erhobene Berufung wurde mit Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 21. März 2024 abgewiesen, soweit darauf eingetreten wurde.

 

2.2.3 Am 23. April 2024 fand vor dem Amtsgerichtspräsidenten von Solothurn-Lebern eine Verhandlung statt. Der Amtsgerichtspräsident stellte fest, dass derzeit kein Urteil gefällt werden könne. Es werde beabsichtigt, ein Gutachten einzuholen. Den Parteien wurde Gelegenheit geboten, Anträge für die Dauer des Verfahrens zu stellen (Verhandlungsprotokoll, S. 10).

 

2.2.4 Mit Verfügung vom 2. Mai 2024 wurde beim IFPR – Institut für Familienpsychologie, D.___, ein Gutachten in Auftrag geben. Der Gutachterin wurde u.a. die Frage unterbreitet, welche Obhuts- und Kontaktregelung für C.___ empfohlen werde.

 

3. Am 7. Mai 2024 wurde, soweit vorliegend relevant, folgende Verfügung betreffend vorsorgliche Massnahmen erlassen (Ziffer 1):

 

[…]

1.2  Der Ehefrau wird unter der Strafdrohung von Art. 292 StGB verboten, mit C.___ weiter als 10 km von […] wegzuziehen. […]

1.3  Es wird an der Kontakt-, Feiertags- und Ferienregelung sowie an der professionellen Begleitung der Übergaben gemäss Ziffer 3.a-d der Verfügung vom 5. Oktober 2022 festgehalten. Sämtliche abweichenden Anträge der Ehegatten werden abgewiesen.

[…]

1.7   In Abänderung von Ziffer 3 der Verfügung vom 18. Oktober 2023 hat der Ehemann für die Dauer des Verfahrens folgende Unterhaltsbeiträge für C.___ zu bezahlen:

       Ab 1. Mai 2024: CHF 1'170.00.00 (Barunterhalt);

       Ab 1. August 2024: CHF 1'270.00 (Barunterhalt).

       Die Kinder- bzw. Ausbildungszulagen sind zusätzlich geschuldet, sofern sie vom Pflichtigen bezogen werden können. Bereits geleistete Zahlungen können angerechnet werden.

1.8   In Abänderung von Ziffer 4 der Verfügung vom 18. Oktober 2023 hat der Ehemann der Ehefrau einen monatlich vorauszahlbaren persönlichen Unterhaltsbeitrag wie folgt zu bezahlen:

ab 1. Mai 2024: CHF 1'135.00;

       ab 1. August 2024: CHF 795.00.

[…]

       1.10   Der Antrag der Ehefrau betreffend Anweisung des Arbeitgebers des Ehemannes wird abgewiesen.

 

4.1 Gegen den begründeten Entscheid erhob die Ehefrau (nachfolgend auch Berufungsklägerin) am 17. Mai 2024 frist- und formgerecht Berufung an das Obergericht des Kantons Solothurn mit den folgenden Rechtsbegehren:

 

1.      Ziff. 1.2., Ziff. 1.3 und Ziff. 1.10 der angefochtenen Verfügung vom 7. Mai 2024 seien aufzuheben.

2.      Der Ehefrau sei der Umzug nach [...] zu bewilligen.

3.      In Abänderung von Ziff. 1.3 der angefochtenen Verfügung vom 7. Mai 2024 sei das Kontaktrecht zum Berufungsbeklagten wie folgt zu regeln:

Der Berufungsbeklagte sei zu berechtigen und zu verpflichten, C.___ jedes zweite Wochenende von Freitag 18.00 Uhr bis Sonntag 18.00 Uhr zu sich auf Besuch zu nehmen.

4.      Die Arbeitsgeberin des Berufungsbeklagten, die E.___ AG, [...] sei anzuweisen, von der Lohnzahlung an den Berufungsbeklagten bis auf anderslautende Anordnung durch das Gericht monatlich den Unterhaltsbetrag von CHF 2'305.00 beziehungsweise ab 1. August 2024 CHF 2'065.00, mindestens jedoch den das Existenzminimum übersteigenden Betrag abzuziehen und auf das PC-Konto der Berufungsklägerin mit der IBAN-Nummer [...] zu überweisen.

5.      Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.

 

Ferner stellte sie die folgenden Verfahrensanträge:

 

1.      Der Berufungsklägerin sei für das vorliegende Verfahren die integrale unentgeltliche Rechtspflege unter Beiordnung der Unterzeichnenden als unentgeltliche Rechtsbeiständin zu gewähren.

2.      Sämtliche Verfahrensakten und Beweismittel seien bei der Vorinstanz zu edieren.

3.      Der Berufung sei im Umfang des Rechtsbegehrens betreffend Ziff. 1.2 der angefochtenen Verfügung (Verbot des Wegzugs unter Strafandrohung) die aufschiebende Wirkung zu erteilen.

 

4.2 Mit Präsidialverfügung vom 21. Mai 2024 wurde der Berufung im Umfang des Rechtsbegehrens betreffend Ziffer 1.2 der angefochtenen Verfügung (Verbot des Wegzugs unter Strafandrohung) die aufschiebende Wirkung erteilt [Ziffer 3].

 

4.3 Der Ehemann (nachfolgend auch Berufungsbeklagter) schloss mit Berufungsantwort vom 29. Mai 2024 auf vollumfängliche Abweisung der Berufung, soweit darauf überhaupt einzutreten sei, u.K.u.E.F. Ferner stellte er ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege sowie folgende prozessualen Anträge:

 

1.      Es sei Ziff. 3 der Verfügung des Obergerichts vom 21. Mai 2024 aufzuheben.

2.      Der Verfahrensantrag Ziff. 3 der Berufung vom 17. Mai 2024 sei abzuweisen.

3.      Es sei der Berufung vom 17. Mai 2024 […] im Umfang des Rechtsbegehrens betreffend Ziff. 1.2 der angefochtenen Verfügung vom 7. Mai 2024 (Verbot des Wegzugs unter Strafandrohung) die aufschiebende Wirkung zu entziehen bzw. nicht zu gewähren.

 

4.4 Am 31. Mai 2024 verfügte die Präsidentin der Zivilkammer, Ziffer 3 der Verfügung vom 21. Mai 2024 bleibe bestehen.

 

4.5 Die Berufungsklägerin reichte am 10. Juni 2024 und der Berufungsbeklagte am 14. Juni 2024 nochmals eine Stellungnahme ein.

 

5. Für die Parteistandpunkte und die Erwägungen des Vorderrichters wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, wird im Folgenden darauf Bezug genommen.

 

 

II.

 

1. Angefochten sind vorsorgliche Massnahme (bzw. Zwangsmassnahmen) im Scheidungsverfahren, insbesondere das Wegzugsverbot (siehe dazu nachfolgend E. II/2.), die Kontakt-, Feiertags- und Ferienregelung (siehe dazu nachfolgend E. II/3.) und die (abgewiesene) Schuldneranweisung (siehe dazu nachfolgend E. II/4.)

 

2. Die Ehefrau beantragte, es sei ihr der Umzug nach [...] zu bewilligen.

 

2.1 Zum beantragten Umzug erwog der Vorderrichter was folgt: Das aktuell geltende Kontaktrecht des Kindsvaters an drei Wochenenden des Monats mit begleiteten Übergaben in der [...] werde von einem Umzug der Ehefrau zwar nicht tangiert. Die Anfahrt von [...] zur [...] in [...] würde für die Ehefrau und C.___ aber jeweils rund eine Stunde dauern. Die Übergaben von C.___ seien seit geraumer Zeit problematisch und es sei anzunehmen, dass sie durch eine lange Anfahrt zusätzlich erschwert würden. Darüber hinaus sei derzeit noch nicht geklärt, wie eine für C.___ möglichst förderliche Betreuungsregelung auszusehen habe. Es werde auf das anzufertigende Gutachten abzustellen sein. Eine Einschulung in [...] hätte nachteilige Auswirkungen, sollte eine ausgedehntere Betreuung durch den Kindsvater angezeigt sein. Im Übrigen würde bei einem Wegzug die für die Ehefrau installierte sozialpädagogische Familienbegleitung wegfallen. Das Verhalten der Kindsmutter, ohne vorgängige Zustimmung des Kindsvaters eine neue, weit entfernt liegende Wohnung anzumieten, sei aus diesen Gründen nicht zu schützen und der Umzug sei nicht zu bewilligen. Um der Weisung Nachdruck zu verleihen, sei sie mit der Strafandrohung nach Art. 292 StGB zu versehen.

 

2.2 Zum geplanten Umzug führt die Berufungsklägerin Folgendes aus: Durch einen Umzug nach [...], werde weder das Besuchsrecht des Berufungsbeklagten noch dessen elterliche Sorge tangiert. Längere Autofahrten stellten für C.___ kein Problem dar. Es bestünden keinerlei Hinweise, dass die Anfahrten von [...] nach [...] für C.___ zu lange dauern und für ihn zu einer zusätzlichen Belastung führen könnten. Die Übergaben könnten weiterhin in der [...] in [...] stattfinden. Auch die Familienbegleitung könnte fortgeführt werden. Auch wenn sie innerhalb von […] umziehen würde, könnte dies einen Schulwechsel nach sich ziehen. Ihre aktuelle Situation sowie die Niederlassungs- und die persönliche Freiheit seien zu berücksichtigen. Sie habe Betreibungen, weil sie seit geraumer Zeit den Unterhalt nicht in der vom Gericht festgesetzten Höhe erhalte. Da sie sich an der [...]strasse nicht mehr sicher fühle, werde sie umziehen. Ihre Familie wohne in der Nähe von [...]. Sie sei in dieser Region aufgewachsen. Sie erhoffe sich durch die räumliche Distanz zwischen ihr und dem Berufungsbeklagten auch eine Beruhigung des Dauerkonfliktes. Am 23. April 2024 habe sie die Kündigung erhalten, weil sie den Mietzins für die Wohnung an der [...]strasse nicht mehr habe bezahlen können. Sie müsse die Wohnung an der [...]strasse bis am 31. Mai 2024 verlassen.

 

2.3 Der Berufungsbeklagte entgegnet, was folgt: Eine vorzeitige Veränderung der Wohnsituation könnte das laufende Verfahren irreversibel beeinflussen und den Status quo unwiederbringlich verändern, was im Sinne des Kindeswohls vermieden werden müsse. Das Gutachten zur Beurteilung der Obhutsfrage werde derzeit erstellt. Die Fragilität und Komplexität der gegenwärtigen Situation fordere im Sinne des Kindeswohl eine weitergehende Stabilität. Ein Umzug nach [...] würde sein bestehendes Kontaktrecht erheblich einschränken. Der Anfahrtsweg von [...] nach [...] für die Übergaben würde nicht nur für die Berufungsklägerin und das Kind eine Belastung darstellen, sondern würde auch die Qualität und Häufigkeit der Besuche beeinträchtigen. Die lange Anfahrt würde mit Sicherheit zu weiteren Konflikten und Schwierigkeiten bei den Übergaben führen, was das Kindeswohl gefährde. Dies umso mehr als der Umzug als direkte Folge die Einschulung von C.___ in [...] mit sich ziehen würde. Dies würde C.___ ohne Grund aus dem gewohnten sozialen Umfeld reissen und die bisherige Betreuungssituation erheblich verändern. Das Ende des Besuchsrechts per Montag 09:00 Uhr sei bewusst so gesetzt worden, damit er C.___ in die Schule den Kindergarten bringen könne. Mit einem Umzug und einer Einschulung von C.___ in [...] und damit in eine Entfernung von über einer Stunde, könnte das Kontaktrecht jeweils nicht mehr ohne weiteres im bisherigen Umfang wahrgenommen werden. Inwiefern die Berufungsklägerin ein das Besuchsrecht und dem Kindeswohl übersteigendes Interesse an einem Umzug nach [...] habe, erkläre sie mit keiner Silbe. Seine und C.___s Interessen am Verbleib in der bisherigen Wohnsituation bzw. in der nahen Umgebung von […] überwiegten diejenige der Ehefrau an einem Wegzug.

 

2.4.1 Das Recht, den Aufenthaltsort eines Kindes zu bestimmen, ist Teil des Sorgerechts (Art. 301a Abs. 1 Schweizerisches Zivilgesetzbuch, ZGB, SR 210). Üben die Eltern - wie vorliegend - die elterliche Sorge gemeinsam aus und will ein Elternteil den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so bedarf dies der Zustimmung des andern Elternteils ersatzweise des Gerichts bzw. der Kindesschutzbehörde, sofern der neue Aufenthaltsort entweder im Ausland liegt der Aufenthaltsortswechsel erhebliche Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge, das bisherige Betreuungsmodell den persönlichen Verkehr durch den andern Elternteil hat (Art. 301a Abs. 2 ZGB; vgl. hierzu BGE 142 III 502 E. 2.3 und 2.4). Keiner Zustimmung bedarf hingegen ein blosser Wechsel des Aufenthaltsortes durch einen Elternteil allein (ohne die unter gemeinsamer Sorge stehenden Kinder), da der Niederlassungs- bzw. Bewegungsfreiheit der Eltern insofern Vorrang zukommt (BGE 142 III 481, E. 2; Urteil des BGer 5A_641/2015 vom 3. März 2016 E. 4.1).

 

2.4.2 Die Kindsmutter beabsichtigt, zusammen mit dem Sohn C.___ nach [...] zu ziehen. Da sich der Kindsvater diesem Vorhaben widersetzt, ist hierfür eine behördliche Zustimmung erforderlich (Art. 301a Abs. 2 ZGB). Eine Notwendigkeit, über den geplanten Wegzug bereits mit vorsorglicher Massnahme zu entscheiden, ist darin begründet, dass ein Urteil im Hauptverfahren bis zum geplanten Umzug nicht gefällt werden kann. Ein Teilentscheid über die Wegzugsfrage in der Hauptsache ist wegen des Grundsatzes der Einheit des Scheidungsurteils (bzw. der Scheidungsnebenfolgen; Art. 283 Abs. 1 Schweizerische Zivilprozessordnung, ZPO, SR 272) nicht möglich. Zurzeit ist C.___ noch nicht eingeschult. Die Einschulung erfolgt im August 2024. Es kann offenbleiben, ob der Wegzug nach [...] das bisherige Betreuungsmodell erheblich erschwert, denn selbst wenn, wäre der Umzug zu bewilligen, was folgt:

 

2.4.3 Bereits im Massnahmenverfahren ist von der Hypothese auszugehen, dass der wegzugswillige Elternteil wie geplant auf den angekündigten Wegzug hin wegzieht (vgl. BGE 142 III 481 E. 2.4 – 2.6). Bei einem Wegzug der Kindsmutter muss schlicht geregelt werden, ob das Kind mit ihr mitgeht beim Kindsvater zurückbleiben sollen.

 

2.4.4 Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage, ob ein Aufenthaltsortswechsel des Kindes nach Art. 301a Abs. 2 ZGB zu bewilligen ist, bildet die vom Gesetzgeber bewusst getroffene Entscheidung, die Niederlassungs- und Bewegungsfreiheit der Eltern zu respektieren und selbst dem Kindeswohl voran zu stellen. Es ist mithin - vorbehalten Rechtsmissbrauch - nicht nach den Motiven für den elterlichen Wegzug zu forschen, sondern von dieser Prämisse auszugehen. Die entscheidende Fragestellung ist, ob das Wohl des Kindes besser gewahrt ist, wenn es mit dem wegzugswilligen Elternteil wegzieht wenn es sich beim zurückbleibenden Elternteil aufhält, was regelmässig eine Obhutsumteilung impliziert. Die Antwort auf diese Frage hat sich an der Maxime des Kindeswohls auszurichten (BGE 142 III 481 E. 2.3 - 2.6; 142 III 502 E. 2.5 - 2.6; Urteil des BGer 5A_945/2015 vom 7. Juli 2016, E. 4.2 - 4.3 [nicht publ. in BGE 142 III 498]).

 

2.4.5 Die Frage, ob es - unter Geltung des dafür jeweils vorgesehenen Betreuungs- bzw. Besuchskonzepts - für das Wohl des Kindes besser ist, mit dem wegzugswilligen Elternteil mitzugehen beim anderen Elternteil zurückzubleiben, ist im Wesentlichen anhand derjenigen Kriterien zu beurteilen, die das Bundesgericht im Zusammenhang mit der Obhutszuteilung im Trennungs- bzw. Scheidungsfall entwickelt hat. Für die Neuregelung der Eltern-Kind-Verhältnisse haben die Interessen der Eltern in den Hintergrund zu treten. Abzustellen ist auf die persönlichen Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, auf ihre erzieherischen Fähigkeiten und Bindungstoleranz, auf ihre Bereitschaft, die Kinder in eigener Obhut zu haben und sie weitgehend persönlich zu betreuen, sowie auf das Bedürfnis der Kinder nach der für eine harmonische Entfaltung in körperlicher, seelischer und geistiger Hinsicht notwendigen Stabilität der Verhältnisse (BGE 142 III 481 E. 2.7; 142 III 498 E. 4.4; Urteile des BGer 5A_274/2016 vom 26. August 2016, E. 6; 5A_444/2017 vom 30. August 2017 E. 5.3.2).

 

2.4.6 Sind diese Grundvoraussetzungen bei beiden Elternteilen erfüllt und ist ihre Erziehungs- und Betreuungsfähigkeit in vergleichbarer Weise gewährleistet, so kommt dem Kriterium der Stabilität der Verhältnisse besonderes Gewicht zu, gilt es doch unnötige Veränderungen im örtlichen und sozialen Umfeld des Kindes soweit möglich zu vermeiden. In einem solchen Fall ist grundsätzlich jener Lösung den Vorzug zu geben, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles am besten geeignet ist, dem Kind - gemessen an den bisher tatsächlich gelebten Verhältnissen - die notwendige Stabilität zu bieten und die mit einem Wegzug eines Elternteils zwangsläufig einhergehenden Veränderungen möglichst gering zu halten (Urteile des BGer 5A_274/2016 vom 26. August 2016 E. 6; 5A_444/2017 vom 30. August 2017 E. 5.3.2).

 

2.4.7 Der Kindsvater hat vorliegend zwar ein ausgedehntes Betreuungsrecht. Die Betreuung durch die Kindsmutter ist aber grösser (siehe dazu auch die Erwägungen III. in der begründeten Verfügung des Vorderrichters vom 5. Oktober 2022). Unter dem Gesichtspunkt der Stabilität der Verhältnisse gilt es, die Veränderungen im Umfeld des Kindes - gemessen an den bisher tatsächlich gelebten Verhältnissen - möglichst gering zu halten. Ausgangspunkt bildet hier wie gesagt das bisherige Betreuungsmodell, wonach das Kind bis anhin mehr von der Kindsmutter betreut worden ist. Wird das Kind überwiegend vom wegzugswilligen Elternteil betreut, gilt nach der Rechtsprechung der Grundsatz, dass es tendenziell eher im Wohl des Kindes sein wird, wenn es beim bisher hauptsächlich betreuenden Elternteil verbleibt und folglich mit ihm wegzieht (vgl. BGE 142 III 481 E. 2.7). Eine solche Vermutung kann jedoch bei Lichte betrachtet nur bei jüngeren Kindern gelten, die noch ganz vorwiegend personen- und nicht nur beschränkt umgebungsbezogen sind, insbesondere bei noch nicht schulpflichtigen Kindern (vgl. BGE 142 III 481 E. 2.7).

 

2.4.8 C.___ ist aufgrund seines Alters noch überwiegend personenbezogen. Deshalb kommt für ihn dem Grundsatz der Betreuungs- und Beziehungskontinuität eine massgebliche Bedeutung zu. Deshalb ist es für C.___ eher im Kindswohl, nicht von der ihn bisher hauptbetreuenden Kindsmutter getrennt zu werden und folglich mit ihr nach [...] umzuziehen. Aufgrund dessen ist der Aufenthaltsortswechsel des Kindes nach [...] zu bewilligen. Bei diesem Ergebnis ist aber nicht zu verkennen, dass auch der Kindsvater substanzielle Betreuung (ge)leistet (hat) und dass er auch (weiterhin) eine wichtige Bezugsperson des Kindes ist.

 

2.4.9 Im Hauptverfahren wird - insbesondere nach Vorliegen des Gutachtens - zu klären sein, welche Regelung der Obhut und des Besuchsrechts bei einem Umzug der Mutter nach [...] dem Kindswohl am besten entspricht (siehe dazu auch die nachfolgenden Erwägungen).

 

2.5 Aufgrund des Gesagten erweist sich die Berufung in diesem Punkt als begründet. Ziffer 1.2 der angefochtenen Verfügung ist folglich aufzuheben und der Kindsmutter ist der Umzug nach [...] zu bewilligen.

 

3. Beide Parteien ersuchten um Anpassung der Regelung betreffend persönlichen Verkehr zwischen dem Kindsvater und dem Sohn, die Kindsmutter um Einschränkung, der Kindsvater um Ausdehnung.

 

3.1 Zur Kontaktregelung erwog der Vorderrichter, diese sei gemäss Verfügung vom 5. Oktober 2022 weiterzuführen. Aktuell verbringe C.___ in der Regel drei Wochenenden im Monat beim Kindsvater und eines bei der Kindsmutter. C.___ werde im August 2024 in den Kindergarten eintreten und ab diesem Zeitpunkt dadurch teilweise fremdbetreut. Es werde jedoch auch neben dem Kindergarten unter der Woche noch freie Zeit verbleiben, die C.___ mit der Kindsmutter verbringen könne. Aktuell verfüge die Kindsmutter über keine Arbeitsstelle. Aufgrund ihres beruflichen Hintergrunds […] sei jedoch wahrscheinlich, dass sie am Wochenende arbeiten könne, resp. müsse und somit unter der Woche Zeit bleibe, die sie mit C.___ verbringen könne. In erster Linie solle es darum gehen, was für C.___ die förderlichste Regelung sei. Dies sei im Rahmen des Gutachtens abzuklären.

 

3.2 Die Berufungsklägerin bringt vor, die vielen Wechsel zwischen den Parteien würden C.___ grosse Mühe bereiten, weshalb sie auf ein Minimum zu reduzieren seien. Die Besuche beim Berufungsbeklagten sollten jedes zweite Wochenende im Sinne eines gerichtsüblichen Besuchsrechts stattfinden. So hätte C.___ nicht alle paar Tage einen Wechsel zwischen den Parteien, was ihn entlasten würde. Gemäss den Unterhaltsberechnungen müsste sie bereits jetzt in einem 40 % Pensum tätig sein. Ab 1. August 2024 werde ihr ein 50 % Pensum angerechnet. Unter der Woche werde ihr aufgrund der Einschulung nur noch eine beschränkte Zeit mit C.___ verbleiben, zumal er jeden Tag in den Kindergarten gehen werde. Der Berufungsbeklagte könne hingegen seine gesamte Freizeit mit C.___ verbringen. Ihr könne auch nicht aufgebürdet werden, jeweils an den Wochenenden zu arbeiten, damit sie unter der Woche möglichst viel Zeit mit C.___ verbringen könne. Dies würde sich negativ auf ihr Sozialleben auswirken. Am Montagmorgen werde C.___ jeweils in den Kindergarten gehen. Deshalb könnten die Übergaben nicht erst am Montagmorgen stattfinden, was bei der von der Vorinstanz getroffenen Regelung gänzlich unberücksichtigt bleibe.

 

3.3 Der Berufungsbeklagte entgegnet, die Berufungsklägerin behaupte, C.___ sei in einem Loyalitätskonflikt und die vielen Wechsel zwischen den Elternteilen bereiteten ihm grosse Mühe. Diese Behauptung bleibe jedoch unbelegt und unsubstantiiert. Die vorinstanzliche Regelung ziele darauf ab, dem Kind eine stabile und regelmässige Beziehung zu beiden Elternteilen zu ermöglichen. Eine Reduzierung der Besuche bei ihm auf jedes zweite Wochenende würde die Bindung zwischen C.___ und ihm beeinträchtigen und sei daher nicht im Sinne des Kindeswohls. Die Berufungsklägerin führe an, dass sie aufgrund ihrer beruflichen Situation und der Einschulung von C.___ ab August 2024 Schwierigkeiten haben werde, Zeit mit ihrem Kind zu verbringen. Diese Argumentation sei nicht schlüssig, da die aktuelle Regelung gerade darauf abziele, dass C.___ eine kontinuierliche und stabile Betreuung durch beide Elternteile erfahre. Zudem berücksichtige die bestehende Regelung bereits die Notwendigkeit, dass C.___ ab August 2024 in den Kindergarten gehen werde, indem die Übergaben bewusst auf Montagmorgen festgelegt worden seien, damit er C.___ in die Schule den Kindergarten bringen könne.

 

3.4 Aus Art. 301a Abs. 5 ZGB ergibt sich, dass das Gericht sowohl im Falle einer Erteilung wie auch im Falle einer Verweigerung der beantragten Wegzugsbewilligung über eine Anpassung der weiteren Kinderbelange zu entscheiden hat. Oberste Richtschnur ist auch hier das Kindeswohl (BGE 142 III 612 E. 4.2).

 

3.5 Welche Regelung der Obhut und des Besuchsrechts bei einem Umzug der Mutter nach [...] dem Kindeswohl am besten entspricht, wird im (erstinstanzlichen) Scheidungsverfahren zu klären sein. Wie bereits der Vorderrichter zu Recht bemerkte, solle es in erster Linie darum gehen, was für C.___ die förderlichste Regelung sein wird. Dies wird im Rahmen des Gutachtens abzuklären sein. Die derzeitige Besuchsrechtsregelung liegt im Interesse des Sohnes, auch wenn ihn die Wechsel an und für sich belasten. So führte die Beiständin in ihrem Bericht vom 22. März 2024 aus, aufgrund des Wechsels von einem zum andern Elternteil sei C.___ nach wie vor in einer gewissen Spannung und habe teilweise Mühe, sich vom abgebenden Elternteil zu lösen. Es ergeben sich jedoch keine Hinweise aus den Akten, dass er sich dann aber nicht wieder schnell an die neue Situation gewöhnt. Die derzeitige Regelung stellt sicher, dass C.___ regelmässigen Kontakt zu beiden Elternteilen hat, was für eine stabile und kontinuierliche Entwicklung förderlich ist. Solange C.___ noch nicht eingeschult ist, wird das Besuchsrecht durch den Wegzug nicht tangiert. Wie es danach aussieht, wird sich zeigen. Es besteht keine Notwendigkeit, das Kontaktrecht im jetzigen Zeitpunkt vorsorglich anzupassen. Ab Eintritt in den Kindergarten sind Übergaben allenfalls über den Kindergarten möglich. Es bleibt, auf die Ausführungen im Bericht der Beiständin vom 22. März 2024 zu verweisen, wonach die Übergaben in der Institution [...] [...] gut verlaufen. Die Eltern wie auch C.___ hätten sich gut daran gewöhnt. Es habe kaum mehr schwierige Übergabesituationen (wie im Sommer 2023) gegeben. Die Organisation des Besuchsrechts sei bis anhin relativ gut gelungen. Die Eltern seien sich teilweise entgegengekommen und es habe Momente gegeben, wo sie sich zum Wohle von C.___ bspw. auf einen Wechsel der Wochenenden hätten einigen können. Die Diskussionen und Streitigkeiten würden sich kaum auf das Besuchsrecht beziehen. Am Übergabesetting sollte aktuell keine Veränderung vorgenommen werden. Ab Eintritt in den Kindergarten wären Übergaben über den Kindergarten möglich.

 

3.6 Soweit sich die Berufung gegen die Beibehaltung des Kontaktrechts zwischen Vater und Sohn richtet, ist sie unbegründet.

 

4. Die Ehefrau ersuchte um Anweisung des Arbeitsgerbers des Ehemannes.

 

4.1 Der Vorderrichter verneinte die Voraussetzungen für eine Schuldneranweisung mit folgender Begründung: Vorliegend seien mit Verfügung vom 18. Oktober 2023 angepasste Unterhaltsbeiträge festgesetzt worden. Mit Entscheid des Obergerichts vom 21. März 2024 sei der erstinstanzliche Entscheid bestätigt worden. Offen sei, ob die Frist zur Einreichung einer Beschwerde an das Bundesgericht genutzt worden sei. Gemäss Art. 315 Abs. 1 ZPO hemme die Berufung die Rechtskraft und die Vollstreckbarkeit des angefochtenen Entscheids. Die vorzeitige Vollstreckung sei nicht bewilligt worden. Unbestritten und belegt sei, dass der Ehemann die im Rahmen der Trennungsvereinbarung vom 14. Juni 2022 festgelegten Unterhaltsbeiträge von CHF 1'400.00 bezahle. Die höheren Unterhaltsbeiträge gemäss Verfügung vom 18. Oktober 2023 seien noch nicht rechtskräftig, weshalb (noch) nicht von einer Nichterfüllung der Unterhaltsverpflichtung ausgegangen werden könne.

 

4.2 Die Berufungsklägerin rügt, bei den festgesetzten Unterhaltsbeiträgen handle es sich um vorsorgliche Massnahmen. Die Berufung habe gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung (Art. 315 Abs. 4 lit. b ZPO). Das Gesuch um aufschiebende Wirkung habe das Obergericht mit Verfügung vom 6. Februar 2024 abgewiesen. Auch eine allfällige Beschwerde ans Bundesgericht habe keine aufschiebende Wirkung. Somit sei spätestens ab dem 6. Februar 2024 von der Nichterfüllung der Unterhaltsverpflichtung auszugehen und die Schuldneranweisung anzuordnen. Im Zusammenhang mit den neu festgesetzten Unterhaltsbeiträgen sei darauf hinzuweisen, dass diese ebenfalls vollstreckbar seien, sofern einer allfälligen Berufung des Berufungsbeklagten nicht die aufschiebende Wirkung erteilt werde.

 

4.3 Der Berufungsbeklagte entgegnet, da er jeden Monat die Unterhaltsbeiträge von CHF 1'400.00 bezahle, könne keineswegs davon gesprochen werden, dass er in schwerwiegender Weise seinen Unterhaltspflichten nicht nachkomme. Die höheren Unterhaltsbeiträge griffen in sein Existenzminimum ein. Nicht zuletzt wage er es auch nicht, die höheren - nicht rechtskräftigen - Unterhaltsbeiträge zu leisten, da diese obsolet würden, falls die Obhut ihm zugesprochen werde. Dabei kenne er seine Chancen, geleistete Beiträge von der Berufungsklägerin zurückzufordern. Aus diesem Grund stelle es für ihn auch eine finanzielle Gefahr dar, die nicht rechtskräftigen Unterhaltsbeiträge zu leisten.

 

4.4 Die Schuldneranweisung setzt voraus, dass der Schuldner die in einem Urteil festgesetzten Unterhaltspflichten gegenüber dem Ehegatten den Kindern «vernachlässigt» (Art. 132 Abs. 1 und Art. 291 ZGB) bzw. «nicht erfüllt» (Art. 177 ZGB). Die Anweisung knüpft an eine verschuldensunabhängige Vernachlässigung der Unterhaltspflicht an. Dabei ist eine gewisse Schwere der Pflichtvergessenheit erforderlich. Die Anweisung ist namentlich dann unzulässig, wenn nur ausnahmsweise ein Unterhaltsbeitrag ganz teilweise ausbleibt sich verzögert und darin kein Indiz für künftige Wiederholungen erblickt werden kann. Sind die Voraussetzungen aber erfüllt, ist die Anweisung für den im Unterhaltstitel festgesetzten Betrag grundsätzlich auszusprechen, ohne dass sich der Anweisungsrichter mit dem Sachverhalt und den rechtlichen Themen des Eheschutz- Scheidungsverfahrens erneut befasst. Gleichwohl dürfen die grundlegenden Persönlichkeitsrechte des Rentenschuldners nicht verletzt werden. Im Rahmen der Anweisung sind deshalb die Grundsätze über das pfändbare Einkommen und den Schutz des Existenzminimums zu beachten. In diesem Sinne ist es unzulässig, auf ein hypothetisches Einkommen des Schuldners abzustellen, wenn die Schuldneranweisung bei Zugrundelegung des tatsächlichen Einkommens einen (unzulässigen) Eingriff in dessen Existenzminimum bewirkt (siehe zum Ganzen: Urteil des BGer, 5A_479/2018 vom 6. Mai 2019 5.5.2 mit Hinweisen).

 

4.5 Mit Verfügung vom 18. Oktober 2023 setzte der Amtsgerichtspräsident von Solothurn-Lebern die vom Kindsvater zu leistenden Unterhaltsbeiträge ab 1. Januar 2024 auf total CHF 2'796.00 (CHF 2'134.00 Kindesunterhalt, CHF 662.00 Ehegattenunterhalt) fest. Mit Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 21. März 2024 wurde die vom Ehemann gegen die vorinstanzlich vorsorglich verfügten Unterhaltsbeiträge erhobene Berufung abgewiesen. Gegen das Urteil des Obergerichts vom 21. März 2024 wurde keine Beschwerde ans Bundesgericht erhoben. Betreffend die aufschiebende Wirkung der Rechtsmittel kann vollumfänglich auf die völlig zutreffenden Ausführungen der Berufungsklägerin verwiesen werden. Weder die Berufung noch die Beschwerde haben bzw. hätten aufschiebende Wirkung gehabt (Art. 315 Abs. 4 lit. b ZPO und Art. 103 Bundesgesetz über das Bundesgericht [BGG, SR 173.110]). Der Berufungsbeklagte bestreitet nicht, dass er monatlich (nur) CHF 1'400.00 bezahlt. Damit steht fest, dass er seiner Unterhaltspflicht nicht (vollumfänglich) nachkommt. Mit seinen Ausführungen in seiner Berufungsantwort gibt er deutlich zu verstehen, dass er nicht gewillt ist, die Unterhaltsbeiträge in der verfügten Höhe zu bezahlen. Unter diesen Umständen drängt sich eine Schuldneranweisung geradezu auf.

 

4.6 Zu klären ist, in welcher Höhe die Anweisung zu erfolgen hat. Die Unterhaltsbeiträge wurden anhand eines hypothetischen Einkommens des Ehemannes berechnet. Aus den Akten (Beilagen Nrn. 70 bis 73) geht hervor, dass der Berufungsbeklagte aktuell noch immer nur in einem 60 % Pensum tätig ist und damit inkl. 13. Monatslohn einen monatlichen Nettolohn in der Höhe CHF 4'923.00 erzielt (vgl. hierzu auch die begründete Verfügung des Vorderrichters vom 18. Oktober 2023). Das betreibungsrechtliche Existenzminimum des Ehemannes beläuft sich (ohne Steuern und Pauschale für Mobiliarversicherung und Telekommunikation) auf CHF 2'825.00 (vgl. Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums [Notbedarf] nach Art. 93 SchKG der Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz; sowie die angefochtene Verfügung vom 7. Mai 2024). Es resultiert ein das Existenzminimum übersteigender Betrag in der Höhe von CHF 2'098.00.

 

4.7 Aufgrund des Gesagten erweist sich die Berufung auch in diesem Punkt als begründet. Ziffer 1.10 der angefochtenen Verfügung ist aufzuheben und die Arbeitgeberin des Berufungsbeklagten, die E.___ AG, [...], wird angewiesen, von der Lohnzahlung an den Berufungsbeklagten bis auf anderslautende Anordnung durch das Gericht monatlich den Unterhaltsbetrag von CHF 2'098.00 beziehungsweise ab 1. August 2024 von CHF 2'065.00, abzuziehen und auf das PC-Konto der Berufungsklägerin mit der IBAN-Nummer [...] zu überweisen. Die Anweisung ist zu verbinden mit dem Hinweis auf das Risiko der Doppelzahlung im Falle der Nichtbefolgung.

 

 

III.

 

1. Beide Parteien haben für das obergerichtliche Verfahren die integrale unentgeltliche Rechtspflege beantragt. Da beide ausgewiesen prozessarm sind, sind diese Gesuche zu bewilligen.

 

2. Gemäss Art. 106 ZPO sind die Prozesskosten der unterliegenden Partei aufzuerlegen. U.a. in familienrechtlichen Prozessen können die Kosten nach Ermessen auferlegt werden (Art. 107 Abs. 1 lit. c ZPO). Vorliegend gibt es keinen Grund von der ordentlichen Kostenverteilung abzuweichen.

 

3. Die Berufungsklägerin ist mit ihren Einwänden grossmehrheitlich durchgedrungen. Eine Kostenausscheidung rechtfertigt sich damit nicht. Die Prozesskosten des Berufungsverfahrens sind deshalb dem Berufungsbeklagten zu auferlegen.

 

4. Die Kosten des obergerichtlichen Verfahrens von CHF 1'000.00 sind dem Berufungsbeklagten zu auferlegen. Zufolge unentgeltlicher Rechtspflege trägt diese Kosten der Staat Solothurn. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald der Berufungsbeklagte zur Nachzahlung in der Lage ist.

 

5. Die von den Rechtsvertretern der Parteien eingereichten Kostennoten geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Die Kostennote von Rechtsanwältin Lea Leiser wird auf CHF 2'339.35 festgesetzt, diejenige von Fürsprecher Manuel Rohrer auf CHF 2'068.95 (Stundenansatz von CHF 190.00).

 

6. Der Berufungsbeklagte hat an die Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwältin Lea Leiser, eine Parteientschädigung von CHF 2'339.35 (inkl. Auslagen und MwSt.) zu bezahlen. Zufolge unentgeltlicher Rechtspflege beider Parteien hat der Staat Rechtsanwältin Lea Leiser eine Entschädigung von CHF 2'339.35 (inkl. Auslagen und MwSt.) und Fürsprecher Manuel Rohrer eine solche von CHF 2'068.95 (inkl. Auslagen und MwSt.) zu bezahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald der Berufungsbeklagte und/oder die Berufungsklägerin zur Nachzahlung in der Lage ist/sind (Art. 123 ZPO).

 

7. Sobald der Berufungsbeklagte zur Nachzahlung in der Lage ist (Art. 123 ZPO), hat er seinem Rechtsvertreter die Differenz zum vollen Honorar zu leisten. Diese beträgt CHF 1'173.40. Die Rechtsvertreterin der Berufungsklägerin macht keinen Differenzanspruch geltend.

Demnach wird erkannt:

1.    In teilweiser Gutheissung der Berufung werden die Ziffern 1.2 und 1.10 der Verfügung des Amtsgerichtspräsidenten von Solothurn-Lebern vom 7. Mai 2024 aufgehoben.

2.    Der Ehefrau wird der Umzug nach [...] bewilligt.

3.    Die Arbeitgeberin von B.___, die E.___ AG, [...], wird angewiesen, von der Lohnzahlung an B.___ bis auf anderslautende Anordnung durch das Gericht monatlich den Unterhaltsbetrag von CHF 2'098.00 beziehungsweise ab 1. August 2024 von CHF 2'065.00 abzuziehen und auf das PC-Konto von A.___ mit der IBAN-Nummer [...] zu überweisen. Die Anweisung wird mit dem Hinweis auf das Risiko der Doppelzahlung im Falle der Nichtbefolgung verbunden.

4.    Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

5.    Die Gerichtskosten von CHF 1'000.00 werden B.___ auferlegt. Zufolge unentgeltlicher Rechtspflege erliegen diese auf dem Staat Solothurn. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch innert 10 Jahren, sobald B.___ zur Nachzahlung in der Lage ist (Art. 123 ZPO).

6.    B.___ hat A.___, vertreten durch die unentgeltliche Rechtsbeiständin Lea Leiser eine Parteientschädigung von CHF 2'339.35 zu bezahlen. Zufolge unentgeltlicher Rechtspflege beider Parteien hat der Staat Solothurn an Rechtsanwältin Lea Leiser, eine Entschädigung von CHF 2'339.35 und an Fürsprecher Manuel Rohrer eine solche von CHF 2'068.95 zu bezahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald B.___ und/oder A.___ zur Nachzahlung in der Lage ist/sind (Art. 123 ZPO). Sobald B.___ zur Nachzahlung in der Lage ist (Art. 123 ZPO), hat er seinem Fürsprecher die Differenz zum vollen Honorar zu leisten. Diese beträgt CHF 1'173.40.

 

Rechtsmittel: Der Streitwert beträgt mehr als CHF 30'000.00.

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen der Zivilkammer des Obergerichts

Die Präsidentin                                                                 Der Gerichtsschreiber

Hunkeler                                                                           Schaller



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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