Kanton: | SO |
Fallnummer: | ZKBER.2024.19 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Zivilkammer |
Datum: | 22.04.2024 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Zusammenfassung: | Die B.___ AG hat gegen A.___ eine Betreibung eingeleitet, die A.___ bestritt. Das Amtsgericht entschied, dass A.___ neues Vermögen in Höhe der Forderung von CHF 180'400.00 besitzt. A.___ legte Berufung ein, da das Gericht ihre Klage nicht anerkannte und ihr die Gerichtskosten auferlegte. Die Berufungsklägerin argumentierte, dass sie aufgrund ihrer persönlichen Fähigkeiten Anspruch auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand hätte. Das Gericht wies die Berufung als offensichtlich unbegründet ab und verpflichtete die Berufungsklägerin, die Kosten des Verfahrens zu tragen. |
Schlagwörter: | Berufung; Recht; Eingabe; Klage; Berufungsklägerin; Dorneck; Feststellung; Dorneck-Thierstein; Frist; Gericht; Rechtsvorschlag; Ziffer; Richter; Zivilkammer; Begründung; Vermögens; Richteramt; Beschluss; Feststellungsklage; Stellung; Ergänzung; Obergericht; Urteil; Betreibung; Forderung; Amtsgericht; Gewährung; Rechtspflege; Bundesgericht |
Rechtsnorm: | Art. 117 ZPO ; Art. 132 ZPO ; Art. 265a KG ; Art. 312 ZPO ; Art. 56 ZPO ; |
Referenz BGE: | 129 II 129; |
Kommentar: | Karl Spühler, Schweizer, Basler Schweizerische Zivilprozessordnung, Art. 132 ZPO, 2017 |
Geschäftsnummer: | ZKBER.2024.19 |
Instanz: | Zivilkammer |
Entscheiddatum: | 22.04.2024 |
FindInfo-Nummer: | O_ZK.2024.62 |
Titel: | Feststellungsklage/Nichteintretensbeschluss |
Resümee: |
Obergericht Zivilkammer
Urteil vom 22. April 2024 Es wirken mit: Oberrichterin Kofmel Oberrichter Frey Gerichtsschreiber Schaller In Sachen A.___, vertreten durch Rechtsanwalt Cornel Borbély,
Berufungsklägerin
gegen
Berufungsbeklagte
betreffend Feststellungsklage/Nichteintretensbeschluss zieht die Zivilkammer des Obergerichts in Erwägung: 1. Die B.___ AG hob gegen A.___ die Betreibung Nr. [...] des Betreibungsamtes Dorneck an. Die Betriebene erhob Rechtsvorschlag mit der Begründung, sie sei nicht zu neuem Vermögen gekommen. Zudem bestritt sie die Forderung.
2. Mit Urteil vom 5. Februar 2024 bewilligte die Amtsgerichtspräsidentin von Dorneck-Thierstein den Rechtsvorschlag des mangelnden neuen Vermögens nicht und stellte neues Vermögen im Umfang der in Betreibung gesetzten Forderung von CHF 180'400.00 zuzüglich Zins zu 5 % seit 13. Oktober 2017 fest.
3. Am 23. Februar 2024 überbrachte A.___ dem Richteramt Dorneck-Thierstein eine Eingabe (datiert vom 22. Februar 2024) mit folgendem Wortlaut: Ich möchte hiermit die Klage zur Bestreitung anzeigen. Die Forderung bestreite ich komplett, da diese auf Grundlage eines Betruges entstanden ist.
4. Das Amtsgericht von Dorneck-Thierstein beschloss am 13. März 2024, auf die Klage vom 22. Februar 2024 nicht einzutreten (Ziffer 3). Weiter entschied es, dass jede Partei ihre Kosten selbst zu tragen hat (Ziffer 4) und die Gerichtskosten von CHF 200.00 der Klägerin auferlegt werden (Ziffer 5).
5. Gegen diesen Beschluss des Amtsgerichts erhob A.___ (im Folgenden die Berufungsklägerin) am 17. April 2024 form- und fristgerecht Berufung. Darin stellte sie die folgenden Anträge: 1. Der Beschluss des Richteramtes Dorneck-Thierstein vom 13. März 2024 betreffend Feststellungsklage (Beilage 2), Dispositiv Ziffer 3, sei aufzuheben und das Richteramt Dorneck-Thierstein sei anzuweisen, der Klägerin eine angemessene Nachfrist zur Einreichung einer verbesserten Eingabe beziehungsweise Klage anzusetzen. 2. Der Beschluss des Richteramtes Dorneck-Thierstein vom 13. März 2024 betreffend Feststellungsklage (Beilage 2), Dispositiv Ziffer 5, sei aufzuheben und die Gerichtskosten seien der Berufungsklägerin nicht aufzuerlegen. 3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge (zzgl. MwSt.) zu Lasten der Berufungsbeklagten. Weiter ersuchte sie um Gewährung der integralen unentgeltlichen Rechtspflege.
6. Die Berufungsklägerin bringt vor, es wäre ihr nach Art. 132 ZPO eine Nachfrist anzusetzen gewesen, um die Klage zu präzisieren. Insbesondere wären formelle Ergänzungen soweit möglich gewesen, dass zumindest auf die Klage hätte eingetreten werden müssen. Zu Recht weise die Vorinstanz darauf hin, dass das Bundesgericht im Grundsatz keine inhaltlichen Ergänzungen zulasse. Dabei müsse aber gelten, dass diese Anforderung den persönlichen Fähigkeiten einer Klägerin gegenübergestellt würde. Sie sei nicht in der Lage gewesen, sich mit komplexeren juristischen Fragen auseinanderzusetzen und in juristisch angemessener Weise auf das damalige Gerichtsverfahren zu reagieren. Bei einer solchen Konstellation hätte sie in Anwendung von Art. 117 ZPO Anspruch auf Stellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes gehabt. Angesichts ihrer offensichtlichen Überforderung wäre sie nach Art. 56 ZPO zumindest auf die Möglichkeit eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes hinzuweisen gewesen.
7. Nach Art. 132 Abs. 1 ZPO sind Mängel wie fehlende Unterschrift und fehlende Vollmacht innert einer gerichtlichen Nachfrist zu verbessern. Andernfalls gilt die Eingabe als nicht erfolgt. Gleiches gilt für unleserliche, ungebührliche, unverständliche weitschweifige Eingaben. Bei einer ungenügenden Begründung des Sachverhaltes ist die Ansetzung einer Nachfrist dagegen nicht gerechtfertigt. Denn in diesem Fall kommt die betreffende Partei ihrer sich aus dem Bundesrecht ergebenden Behauptungslast nicht nach, was zur Abweisung der entsprechenden Eingabe führt (Julia Gschwend in: Karl Spühler et al. [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Basel 2017, Art. 132 N 18). Bei Unverständlichkeit kommt die Ansetzung einer Nachfrist nicht in Frage, wenn die Verbesserung nicht zur Schaffung von Klarheit, sondern zur Ergänzung und Vervollständigung einer ungenügenden Begründung des Vorbringens in der Eingabe diente (a.a.O., N 28). Weiter gibt das Gericht nach Art. 56 ZPO einer Partei durch entsprechende Fragen Gelegenheit zur Klarstellung und zur Ergänzung, wenn ihr Vorbringen unklar, widersprüchlich, unbestimmt offensichtlich unvollständig ist. Der eigentliche Kernbereich der richterlichen Fragepflicht besteht darin, dass der Richter die Parteien auf mangelhafte Tatsachenvorträge hinweist, wobei die Mangelhaftigkeit nicht auf prozessualer Unsorgfalt beruhen darf (Myriam A. Gehri in: Karl Spühler et al. [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Basel 2017, Art. 56 N 7).
8. Mit der Berufung wird vorgebracht, dass der Berufungsklägerin durch den angefochtenen Beschluss eine Feststellung des nicht vorhandenen neuen Vermögens nach Art. 265a Abs. 4 SchKG verwehrt wurde. Zum nicht vorhandenen neuen Vermögen enthält ihre Eingabe vom 22. Februar 2024 keine einzige Tatsachenbehauptung. Sie räumt in ihrer Berufung selbst ein, dass ihre Eingabe bzw. Klage nicht substantiiert war. Sie beruft sich auf ihre mangelnden persönlichen und juristischen Fähigkeiten. Dem kann nicht gefolgt werden. Insbesondere ihre Stellungnahme vom 7. November 2023 im Verfahren betreffend Bewilligung Rechtsvorschlag/Feststellung neuen Vermögens widerlegt diese Darstellung. Darin begründet sie den von ihr erhobenen Rechtsvorschlag in gegliederter, schlüssiger und nachvollziehbarer Art und Weise. Ihre Formulierungen zeugen von einem nicht unerheblichen Verständnis des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts. Zudem nehmen ihre Ausführungen Bezug auf den massgebenden Sachverhalt. Schliesslich führt sie ihre Beweismittel im Anschluss an ihre Tatsachenbehauptungen auf. Demgegenüber enthält ihre Eingabe vom 23. Februar 2024 ausser der Aussage, sie möchte hiermit die Klage zur Bestreitung anzeigen, keine weiteren Angaben. Es fehlen insbesondere eine Sachverhaltsdarstellung und Beweismittel. Die Berufungsklägerin hat sich nicht einmal die Mühe gegeben, die Gegenpartei zu bezeichnen und einen Bezug zum vorangegangenen Verfahren betreffend Bewilligung Rechtsvorschlag/Feststellung neuen Vermögens aufzuzeigen. Dies lässt sich nicht mit Unkenntnis des Rechts und persönlicher Überforderung begründen. Im Vergleich mit ihrer Stellungnahme vom 7. November 2023 ist die Eingabe/Klage der Berufungsklägerin vom 22. Februar 2024 vielmehr Ausdruck gröbster prozessualer Nachlässigkeit. Nachträglich eine Verletzung der richterlichen Fragepflicht zu rügen, verfängt bei dieser Sachlage nicht. Da die Klage inhaltlich zu ergänzen bzw. überhaupt zu begründen gewesen wäre, musste auch keine Nachfrist nach Art. 132 Abs. 1 ZPO angesetzt werden. Zu Recht ist die Vorderrichterin auf die unsubstantiierte Eingabe bzw. Klage vom 22. Februar 2024 nicht eingetreten.
9. Die Berufung erweist sich demnach im Sinne von Art. 312 ZPO als offensichtlich unbegründet und kann sogleich ohne Stellungnahme der Gegenpartei abgewiesen werden. Eine offensichtlich unbegründete Berufung ist zum vornherein aussichtslos, was die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ausschliesst (BGE 129 II 129 E. 2.3.1.). Bei diesem Ausgang hat die Berufungsklägerin die Kosten des obergerichtlichen Verfahrens mit einer Entscheidgebühr von CHF 400.00 zu bezahlen. Demnach wird erkannt: 1. Die Berufung wird abgewiesen. 2. Das Gesuch um Gewährung der integralen unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen. 3. A.___ hat die Kosten des Berufungsverfahrens von CHF 400.00 zu bezahlen.
Rechtsmittel: Der Streitwert liegt über CHF 30'000.00. Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich. Im Namen der Zivilkammer des Obergerichts Die Präsidentin Der Gerichtsschreiber Hunkeler Schaller |
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