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Urteil Verwaltungsgericht (SO - ZKBER.2023.2)

Zusammenfassung des Urteils ZKBER.2023.2: Verwaltungsgericht

Die Klägerin reichte eine Klage auf Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von CHF 30.000 zzgl. Zinsen ein. Der Amtsgerichtspräsident entschied zugunsten der Klägerin und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung. Die Beklagte legte Berufung ein, da sie die Rückzahlung bestritt. Das Obergericht wies die Berufung ab, da die Beweise für die Rückzahlung des Darlehens nicht ausreichten. Die Klägerin muss die Gerichtskosten von CHF 2.000 tragen und dem Beklagten eine Parteientschädigung von CHF 2.447.35 zahlen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts ZKBER.2023.2

Kanton:SO
Fallnummer:ZKBER.2023.2
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Zivilkammer
Verwaltungsgericht Entscheid ZKBER.2023.2 vom 05.04.2023 (SO)
Datum:05.04.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Berufung; Berufungskläger; Berufungsklägerin; Recht; Zahlung; Zeuge; Berufungsbeklagte; Darlehen; Beklagte; Zeugen; Beweis; Beklagten; Kaufvertrag; Darlehens; Aussagen; Parteien; Berufungsbeklagten; Staat; Fahrzeug; Unterschrift; Rechtspflege; Entschädigung; Darlehensrückzahlung; Vorderrichter; Gutachten; Dokument; Gericht; Urteil; Betrag
Rechtsnorm: Art. 123 ZPO ;Art. 157 ZPO ;Art. 183 ZPO ;Art. 8 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts ZKBER.2023.2

 
Geschäftsnummer: ZKBER.2023.2
Instanz: Zivilkammer
Entscheiddatum: 05.04.2023 
FindInfo-Nummer: O_ZK.2023.38
Titel: Forderung

Resümee:

 

Obergericht

Zivilkammer

 

Urteil vom 5. April 2023           

Es wirken mit:

Vizepräsident Frey

Oberrichter Thomann

Oberrichter Müller    

Gerichtsschreiber Schaller

In Sachen

A.___,

vertreten durch Rechtsanwalt Simon Bloch,    

 

Berufungsklägerin

 

 

gegen

 

 

B.___,

vertreten durch Advokat Matthias Koller,     

 

Berufungsbeklagter

 

betreffend Forderung


zieht die Zivilkammer des Obergerichts in Erwägung:

I.

1. Am 30. April 2020 reichte B.___ (nachfolgend Kläger genannt) beim Richteramt Olten-Gösgen eine Klage betreffend Forderung aus Darlehen gegen A.___ (nachfolgend Beklagte genannt) ein und beantragte, die Beklagte sei zu verpflichten, ihm CHF 30’000.00 zuzüglich Zins zu 5 % ab 18. Dezember 2019 zu bezahlen, unter Kosten- und Entschädigungsfolge.

 

2.1 Die Beklagte stellte in ihrer Stellungnahme vom 15. September 2020 die folgenden Rechtsbegehren:

1.  Auf die Klage sei mangels Prozessfähigkeit des Klägers nicht einzutreten.

2.  Eventualiter sei die Klage vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

3.  Subeventualiter sei für die Feststellung der Echtheit der Urkunde 2 der Beklagten ein Gutachten i.S.v. Art. 183 Abs. 1 ZPO anzuordnen und der Beklagten eine Nachfrist zur Stellungnahme einzuräumen.

4.  Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Klägers.

 

2.2 Zudem beantragte die Beklagte die Gewährung der integralen unentgeltlichen Rechtspflege.

 

3. Am 24. Februar 2022 fällte der Amtsgerichtspräsident das folgende Urteil:

1.    Die Klage vom 30. April 2020 wird gutgeheissen. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger CHF 30'000.00 zzgl. Zins zu 5 % seit 18. Dezember 2019 zu bezahlen.

2.    Die Beklagte hat dem Kläger eine Parteientschädigung von CHF 11'309.50 zu bezahlen.

3.    Die Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsbeiständin der Beklagten, Rechtsanwältin Esma Tastan, […], wird auf CHF 2'573.50 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und ist zufolge unentgeltlicher Rechtspflege vom Staat zu zahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald A.___ zur Nachzahlung in der Lage ist (Art. 123 ZPO).

4.    Die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes der Beklagten, Rechtsanwalt Stefan Eberle, […], wird auf CHF 2'924.25 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und ist zufolge unentgeltlicher Rechtspflege vom Staat zu zahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des unentgeltlichen Rechtsbeistandes im Umfang von CHF 1'263.10 (Differenz zu vollem Honorar), sobald A.___ zur Nachzahlung in der Lage ist (Art. 123 ZPO).

5.    Die Gerichtskosten von CHF 500.00 für das Schlichtungsverfahren werden der Beklagten auferlegt und mit dem vom Kläger geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. Die Beklagte hat dem Kläger CHF 500.00 ersetzen.

6.    Die Gerichtskosten von CHF 7'000.00 (exkl. Schlichtungsverfahren) werden der Beklagten auferlegt. Zufolge unentgeltlicher Rechtspflege trägt sie der Staat Solothurn; vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald A.___ zur Nachzahlung in der Lage ist (Art. 123 ZPO).

Die Zentrale Gerichtskasse wird angewiesen, dem Kläger die geleisteten Vorschüsse von CHF 7'000.00 zurückzuerstatten.

 

4.1 Die Beklagte (nachfolgend auch die Berufungsklägerin genannt) legte am 6. Januar 2023 form- und fristgerecht beim Obergericht des Kantons Solothurn Berufung gegen das begründete Urteil ein und stellte folgende Rechtsbegehren:

1.   Es sei das Urteil vom 24.02.2022 des Amtsgerichtspräsidenten von Olten-Gösgen aufzuheben und das vor erster Instanz gestellte Rechtsbegehren Nr. 2 vollumfänglich gutzuheissen, welches lautet: Es sei die Klage vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

2.   Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zzgl. 7.7% MwSt.

 

4.2 Die Berufungsklägerin stellte auch für das Berufungsverfahren ein Gesuch um Gewährung der integralen unentgeltlichen Rechtspflege.

 

5. Mit Berufungsantwort vom 26. Januar 2023 beantragte der Kläger (nachfolgend auch der Berufungsbeklagte genannt) Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils, unter Kosten- und Entschädigungsfolge.

 

6. Die Streitsache ist spruchreif. In Anwendung von Art. 316 Abs. 1 Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO, SR 272) kann darüber ohne Durchführung einer Verhandlung aufgrund der Akten entschieden werden. Für die Parteistandpunkte und die Erwägungen der Vorinstanz wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, ist nachstehend darauf einzugehen.

II.

1.1 Für die Beurteilung und das Verständnis der vorliegenden Streitsache erscheint es hilfreich, auch die Schilderung der Vorgeschichte durch die Parteien wiederzugeben. Der Kläger hatte in seiner Klage vorgetragen, er habe am 27. Juli 2019 sowie am 29. Juli 2019 für den Kauf eines Mercedes C 180 Zahlungen geleistet. Der Kaufvertrag habe auf den Namen der Beklagten gelautet. Für die Anzahlung vom 22. Juli 2019 habe die Beklagte selbst CHF 3’000.00 geleistet. Er habe an diesem Tag als Darlehen CHF 1’000.00 geleistet. Diese seien ihm von der Beklagten in bar zurückbezahlt worden. Das Fahrzeug sei gekauft worden, da er die Beklagte als Chauffeuse habe anstellen wollen. Zu einer solchen Anstellung sei es allerdings nicht gekommen. In der Folge habe die Beklagte ihn mit ihrem Freund aufgesucht, um ihm mitzuteilen, dass Herr C.___ das Fahrzeug kaufen möchte. Der Kaufpreis bzw. die Darlehensrückzahlung hätte entsprechend von Herrn C.___ in Raten geleistet werden sollen. Da die angebotenen Raten lediglich CHF 500.00 betragen hätten und damit die Bezahlung der Schuld über 5 Jahre angedauert hätte, habe er dies abgelehnt. Nachdem er am 2. Oktober 2019 die Beklagte durch seinen Anwalt zur Zahlung des Kaufpreises zur Rückgabe des Fahrzeugs aufgefordert habe (damals noch in der irrigen Annahme, die Eigentümerschaft liege bei ihm), habe die Beklagte eine Kopie eines fragwürdigen Dokumentes vorgelegt. Dieses trage den Titel «Kaufvertrag» und habe den folgenden Inhalt:

Betrag in CHF 35,000 Von Frau A.___ an Herrn B.___ für Mercedes-Benz C180 Bar bezahlt. die letzen Betrag in CHF 800 würden bei abholung der Pneus Bar bezahlt.

Er habe diesen sogenannten «Kaufvertrag» nicht unterzeichnet. Eine Barzahlung in der Höhe von CHF 35’000.00 der Beklagten an ihn habe nicht stattgefunden.

 

1.2 Die Beklagte schilderte die Vorgeschichte in ihrer Stellungnahme wie folgt: Es sei ihr mitgeteilt worden, dass der Kläger, ein ca. [...]-jähriger Rentner, einen Chauffeur suche, da er nicht mehr im Besitz eines Führerscheins sei. Sie habe dieses Angebot angenommen und ihn auch gepflegt und seinen Haushalt geführt. Für das Chauffieren habe sie ihr eigenes Fahrzeug benutzt. Der Kläger habe gefunden, dass ihr Fahrzeug zu klein sei. Er habe ihr vorgeschlagen, einen Mercedes zu kaufen. Er habe ihr angeboten, den Mercedes im Voraus zu bezahlen. Die Geldflüsse beim Kauf des Fahrzeugs schildert sie gleich wie der Kläger. Sie hält dann fest, es treffe auch zu, dass der Kläger am 29. Juli 2019 die Restzahlung in der Höhe von CHF 31’800.000 geleistet habe. Es sei sehr wohl zu einer Anstellung als Chauffeuse gekommen. Nach einem Vorfall mit der Nachbarin des Klägers und Vorwürfen seinerseits habe sie die Nase voll gehabt und habe nicht mehr als Chauffeuse tätig sein wollen. Es treffe zu, dass ihr Freund im Anschluss das Fahrzeug habe übernehmen wollen und aus diesem Grund den Kläger aufgesucht habe. Jedoch werde bestritten, dass eine Ratenzahlung in der Höhe von CHF 500.00 angeboten worden sei. Herr C.___ habe die Summe von CHF 31’000.00 mit Barmitteln zusammengetragen und habe dem Kläger diese Summe in bar zurückbezahlt, was ebenfalls schriftlich festgehalten worden sei. Es bestehe nur noch eine Restschuld von CHF 800.00, da die Pneus sich beim Kläger befänden. Das Fahrzeug sei anschliessend auf Herrn C.___ überschrieben worden. Es sei aktuell Eigentümer des Fahrzeugs. Der Kläger habe den Vertrag vom 19. August 2019 unterzeichnet. Diese Tatsache sei mit Einreichung des Originaldokumentes belegt.

 

2.1 Der Vorderrichter hielt in seinen Erwägungen zunächst die Ausgangslage fest. Es sei unbestritten, dass der Kläger der Beklagten ein Darlehen von CHF 32’800.00 gewährt habe, wovon sie ihm CHF 1’000.00 retourniert habe und CHF 800.00 noch offen seien. Umstritten sei die Rückzahlung des Darlehens im Umfang von CHF 31’000.00 sowie die Unterzeichnung des Kaufvertrages vom 19. August 2019. Weiter hielt er als von den Parteien unbestritten fest, dass das graphologische Gutachten keinen Schluss auf den Kläger als Urheber der Unterschrift zulasse. Anhand der Resultate des Gutachtens sowie der Vorbringen der Parteien seien Zweifel an der Urkunde entstanden. Die Echtheit der Unterschrift sei im Rahmen der Beweiswürdigung und insbesondere in Relation mit den Zeugen- und Parteiaussagen zu ermitteln. Klar sei, dass die Beklagte mit der vorliegenden Urkunde allein den Nachweis der Darlehensrückzahlung nicht zu erbringen vermöge.

 

2.2 In Bezug auf den Zeugen C.___ erkannte der Vorderrichter eine naheliegende Wahrscheinlichkeit, dass dieser für das Verfahren instruiert worden sei. Zudem habe er der Schlichtungsverhandlung vom 24. Januar 2020 als Begleitperson beigewohnt. Bei seinem Aussageverhalten sei auffallend, dass er in Bezug auf das Kerngeschehen und auf konkrete Fragen äusserst zurückhaltend, vage und ausweichend geantwortet habe, mit diversen Pausen und nervösem Lachen. Auch die Beklagte habe sich nur zaghaft zum Kerngeschehen geäussert, wohingegen sie zum Nebengeschehen ungefragt umfangreiche Ausführungen gemacht habe. Auffallend sei, dass Teile der Aussagen des Zeugen inhaltlich den Aussagen der Beklagten diametral entgegenstehen würden. Auch die Beklagte habe sich im Verlauf des Verfahrens selbst widersprochen. In einem Gesamtbild zusammengefasst wirkten die Ausführungen der Beklagten und des Zeugen nicht glaubhaft. Es gelinge der Beklagten dementsprechend nicht, mit ihren Aussagen und denjenigen des Zeugen den Nachweis der Darlehensrückzahlung zu erbringen. Auch die Ausführungen der Beklagten und des Zeugen zur Beschaffung der erforderlichen Barmittel seien nicht glaubhaft und liessen sich durch die eingereichten Unterlagen nicht stützen. Es sei unverkennbar, dass die vor Ort getroffene Vereinbarung wegen der Felgen Räder nicht bereits in einem vorbereiteten Dokument inkludiert sein könne. Der Beklagten gelänge der Beweis der Darlehensrückzahlung nicht. Da sie die Beweislast für ihre Behauptungen trage, habe sie Folgen der Beweislosigkeit zu tragen.

 

3. Die Berufungsklägerin wendet dagegen ein, aus dem graphologischen Gutachten resultiere einzig, die Resultate der schriftvergleichenden Untersuchungen seien nicht entscheidbar und die Möglichkeit einer Nachahmung der fraglichen Unterschrift durch eine Dritturheberschaft könne nicht ausgeschlossen werden. Aufgrund des Gutachtens sei von der Urheberschaft der Unterschrift des Berufungsbeklagten auszugehen, da keine dagegensprechenden Anhaltspunkte vorlägen bzw. im Umkehrschluss zur Formulierung des Gutachtens auch die Urheberschaft durch den Berufungsbeklagten nicht ausgeschlossen werden könne. Da die Parteien angeben würden, das Dokument in Anwesenheit aller unterzeichnet zu haben, dränge sich die Verwendung des gleichen Schreibwerkzeugs geradezu auf. Das Kerngeschehen stelle vorliegend die Tatsache dar, dass der Zeuge das Fahrzeug habe übernehmen wollen, er zusammen mit der Berufungsklägerin am Montag 19. August 2019 zum Berufungsbeklagten gegangen sei, ihm dort den Betrag von CHF 31’000.00 übergeben habe und der Kaufvertrag vom 19. August 2019 vom Berufungsbeklagten anschliessend unterzeichnet worden sei. Dieses Kerngeschehen hätten die Berufungsklägerin und der Zeuge entgegen den vorinstanzlichen Feststellungen absolut identisch damit auch glaubhaft geschildert. Dass teilweise Abweichungen betreffend das Nebengeschehen bestünden (z.B. wer welchen Betrag zur Darlehensrückzahlung beigesteuert habe und wer das Bargeld bei der Rückzahlung auf sich getragen habe), vermöge an der Glaubhaftigkeit der Aussagen im Kerngeschäft nichts zu ändern. Zudem sei ohne weiteres davon auszugehen, dass sich die Parteien bei der Terminvereinbarung bereits kurz über die Darlehensrückzahlung abgesprochen hätten und das Thema «Pneus» und der Betrag für deren Mitnahme von CHF 800.00 bereits zu diesem Zeitpunkt ein Thema gewesen sei. Weiter gehe die Vorinstanz mit keinem Wort auf die Aussagen des Berufungsbeklagten ein. Dieser habe offensichtlich unglaubhafte Ausführungen gemacht, zumal er sich in wesentlichen Teilen überhaupt nicht habe erinnern können. So habe er selber nie konkret und auch nicht auf beharrliches Nachhaken des Vorsitzenden angegeben, die fragliche Unterschrift stamme nicht von ihm, sondern habe lediglich wiederholt, er könne sich nicht an dieses Dokument erinnern. Dem Berufungsbeklagten gelinge somit der Beweis, dass das Darlehen nicht zurückbezahlt worden wäre und ihm die geltend gemachte Forderung zustehe, im Ergebnis nicht. Vielmehr gelinge der Berufungsklägerin der Beweis, dass das Darlehen spätestens am 19. August 2019 zurückbezahlt worden sei und der Berufungsbeklagte keine offene Forderung mehr habe.

 

4. Der Berufungsbeklagte bringt vor, die Vorinstanz habe richtigerweise festgestellt, dass allein mit dem Dokument «Kaufvertrag vom 19.08.2019» der Nachweis der Darlehensrückzahlung nicht erbracht werde. Gemäss Gutachten habe eine indifferente Wahrscheinlichkeit bestanden, womit die Berufungsklägerin umso mehr weitere Nachweise hätte beibringen müssen, was ihr nicht gelungen sei. Es werde bestritten, dass die Parteien angegeben hätten, sie hätten das Dokument in Anwesenheit aller unterzeichnet. Der Berufungsbeklagte habe von allem Anfang an dargelegt, dass er das fragliche Dokument nicht unterzeichnet habe. In der Parteibefragung habe er ebenfalls ausgesagt, dass er es nicht unterschrieben habe. Die Berufungsklägerin wolle das Geschehen auf das absolute Minimum reduzieren und stelle wesentliche Punkte zu Unrecht als nicht relevantes Nebengeschehen dar. Die Vorinstanz habe in Bezug auf wesentliche Geschehnisse richtigerweise diametrale Abweichungen zwischen den Aussagen des Zeugen und den Aussagen der Berufungsklägerin festgestellt. Hinzu komme, dass sich die Berufungsklägerin auch in ihren eigenen Aussagen selbst widersprochen habe. Ebenfalls sei der Vorinstanz darin zuzustimmen, dass es keinen Sinn mache, dass die Berufungsklägerin das Dokument zu Hause vorbereitet und ausgedruckt habe, aber gleichzeitig die Vereinbarung über die Pneus vor Ort gemacht worden sein soll. Es sei weder von der Berufungsklägerin noch vom Zeugen jemals behauptet worden, dass die Parteien bereits im Vorfeld über das Thema Pneus gesprochen hätten. Dies sei eine neue, unbelegte Behauptung, die nicht zu hören sei.

 

5. Der Amtsgerichtspräsident hat seine Erwägungen richtigerweise mit den Grund-
sätzen des Beweisrechts nach Art. 8 ZGB begonnen. Danach hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. Die Partei, die einen Anspruch geltend macht, hat die rechtsbegründenden Tatsachen zu beweisen. Die Beweislast für die rechtsaufhebenden beziehungsweise rechtsvernichtenden rechtshindernden Tatsachen hingegen liegt bei der Partei, die den Untergang des Anspruchs behauptet. Ein Beweis gilt als erbracht, wenn das Gericht von der Richtigkeit einer Sachbehauptung überzeugt ist. Nach Art. 157 ZPO bildet sich das Gericht seine Überzeugung nach freier Würdigung der Beweise. Vorliegend ist nach diesen Grundsätzen darüber zu entscheiden, ob die Berufungsklägerin den Beweis der Darlehensrückzahlung erbringen kann.

 

6. Wie der Vorderrichter zutreffend festgehalten hat, lässt das graphologische Gutachten keinen Schluss zu, dass der Berufungsbeklagte den Kaufvertrag selbst unterschrieben hat. Zu ergänzen ist, dass das Gutachten genauso wenig eine Fälschung der Unterschrift feststellt. Das Vorliegen einer Unterschrift begründet eine gewisse natürliche Vermutung, dass diese echt ist. Nicht mehr und nicht weniger. Im Grundsatz aber bleibt es dabei, dass die Berufungsklägerin die Rückzahlung des Darlehens als rechtsvernichtende Tatsache zu beweisen hat. Sie stützt sich dabei im Wesentlichen auf den Kaufvertrag, der eine Rückzahlungsquittung mitenthält. Der Berufungskläger seinerseits bestreitet, den Kaufvertrag unterzeichnet zu haben. Dies bedeutet allerdings nicht, dass er die Fälschung seiner Unterschrift beweisen muss. Die Beweislast für die Rückzahlung des Darlehens bleibt bei der Berufungsklägerin. Der Vorderrichter hat somit für die Feststellung, ob die Rückzahlung des Darlehens bewiesen ist, zu Recht auch auf die Partei- und Zeugenaussagen abgestellt, zumal sich ja auch die Berufungsklägerin auf diese beruft, insbesondere auf diejenigen zum sogenannten Kerngeschehen. Zu prüfen ist daher, ob die Partei- und Zeugenaussagen derart Zweifel an der Echtheit der Unterschrift auf dem Kaufvertrag zu erwecken vermögen, dass insgesamt der Beweis der Rückzahlung nicht mehr erbracht werden kann.

 

7. Es trifft zu, dass sich die Vorinstanz kaum mit den Aussagen des Berufungsbeklagten befasst hat. Der Grund dafür liegt offensichtlich darin, dass dieser vorwiegend zur Vorgeschichte befragt wurde und er sich folglich im Wesentlichen zu dieser geäussert hat. Zudem ist leicht erkennbar, dass er den Sinn und Zweck der ihm gestellten Fragen oftmals nicht richtig begriffen jedenfalls keine Antworten gegeben hat, die zu den Fragen gepasst und diese wirklich beantwortet haben. Dementsprechend hat die Berufungsklägerin schon in ihrer Klageantwort die Urteilsfähigkeit des Berufungsbeklagten angezweifelt. So musste der Vorderrichter auch in Bezug auf die Frage, ob der Berufungsbeklagte den Kaufvertrag unterschrieben hat nicht, mehrmals nachhaken. Dessen letztlich gegebene Antwort, er könne sich nicht an einen solchen Zettel erinnern und könne sich nicht erinnern je einmal einen solchen Zettel unterschrieben zu haben (Rdz 247), kann nicht anders verstanden werden, als er damit zum Ausdruck bringen wollte, dass er den Kaufvertrag nicht unterschrieben hat. Damit ist auch gleich die Antwort auf die – nicht gestellte – Frage verneint, ob der Vertrag in Anwesenheit aller unterschrieben worden ist. Ohnehin ist Letzteres unwesentlich, da der Vorderrichter zu Recht keinen Schluss daraus gezogen hat, dass die beiden Unterschriften auf dem Vertrag mit ein und demselben Schreibwerkzeug geschrieben wurden. Die Verwendung des gleichen Schreibstiftes durch beide Parteien ist genauso plausibel wie die Variante, dass jede Partei mit dem eigenen Schreibwerkzeug unterzeichnet. Auch der graphologische Gutachter hat daraus nichts abgeleitet.

 

8. Die Berufungsklägerin stellt sich auf den Standpunkt, bezüglich des Kerngeschehens würden ihre Aussagen mit denjenigen des Zeugen übereinstimmen. Als Kerngeschehen erachtete sie, dass der Zeuge das Fahrzeug habe übernehmen wollen, er zusammen mit ihr am Montag 19. August 2019 zum Berufungsbeklagten gegangen sei, ihm dort den Betrag von CHF 31’000.00 übergeben habe und der Berufungsbeklagte anschliessend den Kaufvertrag unterzeichnet habe. Ausser dass der Zeuge mit dabei gewesen ist und das Fahrzeug hat übernehmen wollen, ist das nicht mehr, als bereits aus dem Kaufvertrag selbst hervorgeht. In auffallend vielen weiteren Umständen dieses Abends, die ebenfalls wichtige und bemerkenswerte Elemente im Ablauf des Geschehens sind, gehen die Aussagen der Berufungsklägerin und des Zeugen jedoch in nicht nachvollziehbarer Weise auseinander. Dies gilt insbesondere für die Frage, mit wessen Geld das Auto bezahlt worden ist. Der Zeuge sagt, das Geld sei nicht einzig von ihm gekommen und die Berufungsklägerin habe auch einen Teil beigesteuert, weiss aber nicht wie viel (Rdz 133 f. und 445 f.). Demgegenüber sagte die Berufungsklägerin aus, der gesamte Betrag von CHF 31’000.00 sei vom Zeugen gekommen (Rdz 55 f., 124 f., 130 f. und 135). Eine wichtige Differenz besteht auch darin, wer das Geld mitgebracht und übergeben hat. Nach den Aussagen der Berufungsklägerin war dies der Zeuge (Rdz 169). Der Zeuge hingegen will das Geld vorgängig der Berufungsklägerin übergeben haben (Rdz 400 ff.). Diese Punkte sind für die Beweiswürdigung genauso bedeutsam wie die Sachverhaltselemente, welche die Berufungsklägerin als Kerngeschehen bezeichnet. Insofern lässt sich ein Nebengeschehen nicht abspalten. Vielmehr müssen sich die übereinstimmenden Aussagen zur Frage, ob das Darlehen zurückbezahlt wurde nicht, in das ganze Geschehen einfügen, ansonsten sich kein vollständiges und plausibles Gesamtbild des Geschehens ergibt. Dies gilt auch in Bezug auf die Beschaffung des notwendigen Geldes durch den Zeugen. Der Vorderrichter hat die diesbezüglichen Ausführungen des Zeugen und der Berufungsklägerin ebenfalls als nicht glaubhaft gewürdigt, zumal sie sich durch die eingereichten Unterlagen nicht stützen lassen würden. Auf diese Folgerung geht die Berufungsklägerin gar nicht ein.

 

9. Auch die Überlegung des Vorderrichters, dass eine an Ort und Stelle getroffene Vereinbarung nicht bereits im vorbereiteten Kaufvertrag enthalten sein kann, wird von der Berufungsklägerin in Frage gestellt. In ihrer Berufung trägt sie vor, es sei ohne weiteres davon auszugehen, dass sich die Parteien bei der Terminvereinbarung bereits kurz über die Darlehensrückzahlung abgesprochen hätten und das Thema «Pneus» und der Betrag für deren Mitnahme von CHF 800.00 sei bereits zu diesem Zeitpunkt ein Thema gewesen. Mit diesem Einwand vermag sie allerdings nicht zu überzeugen. Vorab erweckt dieser den Eindruck, sie versuche nachträglich die Ungereimtheit, die der Vorderrichter festgestellt hat, aus der Welt zu schaffen, indem sie nun ihre Tatsachenbehauptungen entsprechend ergänzt. Die erstmals in der Berufung vorgetragenen Aussagen sind neu und damit nach Art. 317 Abs. 1 lit. b ZPO unzulässig. Es bleibt somit dabei, dass es nicht möglich ist, dass ein vorbereitetes Dokument eine später getroffene Vereinbarung enthält.

 

10.1 Die bestrittene Unterschrift ergibt zusammen mit den Partei- und Zeugenaussagen ein Gesamtbild, welches für einen ausreichenden Nachweis der Darlehensrückzahlung nicht ausreicht. Das Beweisergebnis des Vorderrichters ist nicht zu beanstanden. Die Berufung ist somit abzuweisen. Hingegen ist der Berufungsklägerin auch für das Rechtsmittelverfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.

 

10.2 Die Gerichtskosten mit einer Entscheidgebühr von CHF 2’000.00 hat die Berufungsklägerin zu bezahlen. Zufolge unentgeltlicher Rechtspflege trägt sie der Staat Solothurn.

 

10.3 Die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes der Berufungsklägerin wird gemäss der eingereichten Honorarnote festgesetzt und ist zufolge unentgeltlicher Rechtspflege vom Staat zu bezahlen. Für die im Jahr 2022 getätigten Verrichtungen von 0,92 Stunden wird das Honorar auf CHF 165.60 festgesetzt. Für die Verrichtungen im Jahr 2023 zum neuen Ansatz von CHF 190.00 wird eine Entschädigung von CHF 1’297.70 festgesetzt. Mit den Auslagen und Mehrwertsteuer ergibt sich eine Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes von CHF 1’646.00. Der Nachforderungsanspruch beläuft sich auf CHF 490.90.

 

10.4 Weiter hat die Berufungsklägerin dem Berufungsbeklagten für das obergerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung zu bezahlen. Die eingereichte Honorarnote erscheint im Vergleich mit derjenigen des Vertreters der Berufungsklägerin eindeutig als zu hoch. Währendem letzterer für die Redaktion der Berufung 4 Stunden in Rechnung stellt, macht der Vertreter des Berufungsbeklagten für die Ausarbeitung der Berufungsantwort mit 11,67 Stunden fast das Dreifache geltend. Ein derartiger Aufwand kann auch bei einem privat bestellten Vertreter nicht entschädigt werden. Die rechtsmittelbeklagte Partei konnte sich auf das angefochtene Urteil stützen, musste nicht nach Rechtsmittelgründen suchen, sondern konnte sich darauf beschränken, zum ergriffenen Rechtsmittel Stellung zu nehmen. Der dafür erforderliche Aufwand ist bedeutend geringer. Überdies kannte der Vertreter des Berufungsbeklagten im Gegensatz zum Gegenanwalt den Fall schon aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Für das Ausarbeiten der Berufungsantwort werden aus diesen Gründen nur 5 Stunden entschädigt. Für die allesamt im Jahr 2023 erbrachten Leistungen wird dem Berufungsbeklagten somit eine Parteientschädigung von CHF 2’447.35 (8.69 Stunden x CHF 250.00 + Auslagen von CHF 99.90 = CHF 2’272.40 zuzüglich MwSt. von CHF 174.95) zugesprochen.

Demnach wird erkannt:

1.    Die Berufung wird abgewiesen.

2.    A.___ hat die Gerichtskosten des obergerichtlichen Verfahrens von CHF 2’000.00 zu bezahlen. Zufolge unentgeltlicher Rechtspflege trägt sie der Staat Solothurn; vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald A.___ zur Nachzahlung in der Lage ist (Art. 123 ZPO).

3.    Die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes von A.___, Rechtsanwalt Simon Bloch, wird auf CHF 1’646.00 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und ist zufolge unentgeltlicher Rechtspflege vom Staat zu bezahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des unentgeltlichen Rechtsbeistandes im Umfang von CHF 490.90 (Differenz zu vollem Honorar), sobald A.___ zur Nachzahlung in der Lage ist (Art. 123 ZPO).

4.    A.___ hat B.___ für das Berufungsverfahren eine Parteientschädigung von CHF 2’447.35 zu bezahlen.

 

Rechtsmittel: Der Streitwert beträgt CHF 30’000.00.

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

Im Namen der Zivilkammer des Obergerichts

Der Vizepräsident                                                             Der Gerichtsschreiber

Frey                                                                                  Schaller



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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