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Urteil Verwaltungsgericht (SO - ZKBER.2023.18)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:ZKBER.2023.18
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Zivilkammer
Verwaltungsgericht Entscheid ZKBER.2023.18 vom 15.04.2024 (SO)
Datum:15.04.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Zusammenfassung:Die Ehefrau und der Ehemann haben drei Kinder und sind seit 2014 verheiratet. Nach einem Eheschutzverfahren, das eingeleitet und dann aufgrund einer Versöhnung abgeschrieben wurde, reichte die Ehefrau erneut ein Eheschutzgesuch ein. Es wurde entschieden, dass die Kinder vorläufig bei der Mutter bleiben, aber regelmässigen Kontakt zum Vater haben sollen. Es wurden auch Unterhaltsbeiträge festgelegt. Nach weiteren Verhandlungen und Berufungen wird empfohlen, das Eheschutzverfahren als Scheidungsverfahren fortzusetzen und ein umfassendes Gutachten zu den Kinderbelangen einzuholen. Es wird vorgeschlagen, die Obhut den Kindern vorübergehend dem Vater zuzuweisen und die eheliche Liegenschaft dem Ehemann und den Kindern zuzuweisen. Die Ehefrau soll eine angemessene Frist zum Auszug erhalten. Die Ziffern des angefochtenen Urteils werden entsprechend angepasst.
Schlagwörter: Kinder; Ehemann; Ehefrau; Obhut; Apos; Mutter; Berufung; Kindes; Vater; Eltern; Kindern; Liegenschaft; Ehegatte; Ehegatten; Verfahren; Kindesvertreter; Urteil; Betreuung; Gericht; Ziffer; Kontakt; Parteien; Unterhalt; Beiständin; Entscheid; Elternteil; Eheschutz; Antrag
Rechtsnorm: Art. 107 ZPO ; Art. 176 ZGB ; Art. 299 ZPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-
Entscheid
 
Geschäftsnummer: ZKBER.2023.18
Instanz: Zivilkammer
Entscheiddatum: 15.04.2024 
FindInfo-Nummer: O_ZK.2024.56
Titel: Eheschutz

Resümee:

 

Obergericht

Zivilkammer

 

Urteil vom 15. April 2024

Es wirken mit:

Präsidentin Hunkeler

Oberrichterin Kofmel

Oberrichter Frey    

Gerichtsschreiber Schaller

In Sachen

1.    A.___

2.    B.___

3.    C.___

 

alle vertreten durch Advokat Pascal Riedo,

 

Berufungskläger

 

gegen

 

1.    D.___, vertreten durch Advokat Andreas H. Brodbeck,

 

Berufungsbeklagte

 

2.    E.___, vertreten durch Rechtsanwalt Lorenz Altenbach,

 

Berufungskläger und Berufungsbeklagter

 

betreffend Eheschutz


zieht die Zivilkammer des Obergerichts in Erwägung:

I.

1.1 D.___ (nachfolgend: Ehefrau) und E.___ (nachfolgend: Ehemann) sind seit 2014 verheiratet und Eltern der drei Kinder C.___ (geb. [...] 2012), B.___ (geb. [...] 2015) und A.___ (geb. [...] 2016). Der Ehemann hat zudem einen Sohn, F.___ (geb. […] 2006) aus einer früheren Beziehung. Ein von der Ehefrau am 30. September 2021 beim Richteramt Dorneck-Thierstein eingeleitetes Eheschutzverfahren wurde von der Amtsgerichtspräsidentin nach Eingang der Mitteilung, dass die Ehegatten die Trennung rückgängig gemacht hätten, am 31. August 2022 zufolge Gegenstandslosigkeit als erledigt abgeschrieben.

 

 

1.2 Am 27. Oktober 2022 reichte die Ehefrau beim Richteramt Dorneck-Thierstein erneut ein Eheschutzgesuch ein. Die Amtsgerichtspräsidentin hörte am 24. November 2022 die drei der Ehe entsprossenen Kinder an. Am 29. November 2022 folgte die Eheschutzverhandlung. Am 12. Dezember 2022 erliess sie folgende Verfügung:

 

1.    Die Ehefrau und Kindsmutter wird im Sinne einer vorsorglichen Massnahme berechtigt und verpflichtet, die gemeinsamen Kinder C.___, geb. [...] 2012, B.___, geb. [...] 2015 und A.___, geb. [...] 2016, jedes zweite Wochenende jeweils von Freitag, 18.00 Uhr bis Sonntag, 18.00 Uhr zu betreuen. Zudem wird die Mutter vorsorglich berechtigt und verpflichtet, die Kinder jeweils von Dienstag nach Schul- bzw. Kindergartenschluss bis Mittwoch Schul- bzw. Kindergartenbeginn zu betreuen.

2.    Für die Kinder C.___, geb. [...] 2012, B.___, geb. [...] und A.___, geb. [...] 2016, wird eine Beistandschaft im Sinne von Art. 308 Abs. 1 und Abs. 2 ZGB errichtet. Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Dorneck-Thierstein, Breitenbach, wird richterlich angewiesen, so rasch wie möglich eine Fachperson als Beistand/ Beiständin einzusetzen bzw. zu ernennen und dies dem Gericht bis spätestens Freitag, 6. Januar 2023 zu bestätigen. Eine Kopie des Ernennungsaktes ist dem Gericht ebenfalls so rasch wie möglich zuzustellen.

3.    Zur Umsetzung des Besuchsrechts gemäss Ziffer 1 hievor wird eine Besuchsbegleitung für maximal fünf Besuche angeordnet.

4.    Die Aufgabe der gemäss Ziff. 2 hievor als Beistand/ Beiständin eingesetzten Person besteht insbesondere darin,

-      für das Wohl der drei Kinder besorgt zu sein und die Kindseltern in ihrer Sorge um die Kinder als Ansprechperson in engem Kontakt mit Rat und Tat zu unterstützen;

-      die Kinder auf die Wiederaufnahme der zunächst begleiteten Besuchskontakte mit der Kindsmutter angemessen vorzubereiten;

-      den Kontakt zwischen den Kindern und der Kindsmutter wieder aufzugleisen mit dem Ziel eines regelmässigen Besuchsrechts gemäss Ziff. 1 hievor; dabei hat die Beistandsperson insbesondere für die ersten Besuche eine Besuchsbegleitung zu organisieren selber vorzunehmen und deren Finanzierung sicherzustellen und dafür besorgt zu sein, dass die Kontakte zwischen den Kindern und der Kindsmutter vor- und nachbesprochen werden;

-      das vorsorglich festgelegte Besuchsrecht der Kindsmutter in geeigneter Form zu überwachen und sicherzustellen;

-      die Modalitäten, welche für eine kindsgerechte Durchführung des Besuchsrechts (wie z.B. Festlegung von Übergabeort) erforderlich sind, für die Eltern verbindlich festzulegen;

-      allfällig weitere geeignete Massnahmen zu beantragen, um sicherzustellen, dass sich Kinder und Kindsmutter wiedersehen;

-      nach drei Monaten einen Bericht vorzulegen.

5.    Die Kosten des Massnahmeverfahrens werden zur Hauptsache geschlagen.

 

 

1.3 Die Amtsgerichtspräsidentin fällte am 6. Januar 2023 folgendes, den Ehegatten im Dispositiv eröffnetes Urteil:

 

1.      Es wird festgestellt, dass die Ehegatten zur Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes berechtigt sind und seit dem 15. September 2022 getrennt leben.

2.      Die eheliche Liegenschaft am [...]weg [...] in [...] wird für die Dauer des Getrenntlebens der Ehefrau und den gemeinsamen Kindern zur alleinigen Benützung zugewiesen.

3.      Die gemeinsamen Kinder C.___, geb. [...] 2012, B.___, geb. [...] 2015 und A.___, geb. [...] 2016, werden für die Dauer des Getrenntlebens unter die alleinige Obhut der Mutter gestellt.

4.      Der Vater betreut die Kinder C.___, geb. [...] 2012, B.___, geb. [...] 2015 und A.___, geb. [...] 2016, jedes zweite Wochenende von Freitag, 18.00 Uhr, bis Sonntag, 18.00 Uhr. Zudem wird der Vater berechtigt und verpflichtet, die Kinder jeweils von Dienstag nach Schul- resp. Kindergartenschluss bis Donnerstag Schul- resp. Kindergartenbeginn zu betreuen.

Ausserdem steht dem Vater das Recht und die Pflicht zu, die Kinder jährlich während der Schulferien für drei Wochen ferienhalber zu sich zu nehmen. Der Termin der Ferien ist vom Vater jeweils mindestens drei Monate im Voraus anzumelden.

5.      Die mit Verfügung vom 9. Dezember 2022 errichtete Beistandschaft für die Kinder C.___, geb. [...] 2012, B.___, geb. [...] 2015 und A.___, geb. [...] 2016, wird weitergeführt. 

6.      Die Aufgabe der gemäss Ziff. 2 der Verfügung vom 9. Dezember 2022 als Beistand / Beiständin eingesetzten Person besteht zusätzlich zu den in Ziff. 3 der Verfügung aufgeführten Aufgaben insbesondere darin:

-     die Umsetzung der vom Gericht festgelegten Obhut zu begleiten und die Eltern mit Rat und Tat zu unterstützen;

-     das vom Gericht festgelegte Besuchsrecht zwischen den Kindern und ihrem Vater zu überwachen und zwischen den Eltern nötigenfalls zu vermitteln;

-     bei Bedarf eine sozialpädagogische Familienbegleitung zu beantragen;

-     weitere geeignete Massnahmen zu beantragen, um das Wohl der Kinder zu gewährleisten.

7.      Der Vater hat für die Kinder C.___, geb. [...] 2012, B.___, geb. [...] 2015 und A.___, geb. [...] 2016 folgende monatlich vorauszahlbare Unterhaltsbeiträge zu bezahlen:

ab 1. Oktober 2022 bis 30. April 2023

-      C.___:     CHF 3'733.00 (Barunterhalt CHF 2'567.00, Betreuungsunterhalt CHF 1'166.00)

-      B.___:     CHF 3'570.00 (Barunterhalt CHF 2'404.00, Betreuungsunterhalt CHF 1'166.00)

-      A.___:     CHF 3'548.00 (Barunterhalt CHF 2'382.00, Betreuungsunterhalt CHF 1'166.00)

ab 1. Mai 2023

-      C.___:     CHF 3’200.00 (Barunterhalt CHF 2'911.00, Betreuungsunterhalt CHF 289.00)

-      B.___:     CHF 3’033.00 (Barunterhalt CHF 2’744.00, Betreuungsunterhalt CHF 289.00)

-      A.___:     CHF 3'011.00 (Barunterhalt CHF 2'722.00, Betreuungsunterhalt CHF 289.00)

Allfällige vom Ehemann bezogene Kinder- und Ausbildungszulagen sind in diesen Beiträgen nicht inbegriffen und zusätzlich geschuldet.

8.      Ausserordentliche Kosten (z.B. Zahnkorrekturen) für die Kinder haben die Eltern gemeinsam nach ihren finanziellen Möglichkeiten, soweit diese nicht durch Versicherungsleistungen anderswie gedeckt sind, zu bezahlen.

9.      Der Ehemann hat der Ehefrau folgende monatlich vorauszahlbaren Unterhaltsbeiträge zu bezahlen:

ab 1. Oktober 2022 bis 30. April 2023:       CHF 3'753.00

ab 1. Mai 2023:                                           CHF 4'404.00

10.   Der Ehemann wird verpflichtet, die Hypothekarzinsen und Nebenkosten der ehelichen Liegenschaft vollumfänglich zu tragen bzw. zu bezahlen. Er ist berechtigt, den Betrag von monatlich pauschal CHF 1'500.00 (Hypothekarzinsen und Nebenkosten) von den in Ziff. 7 und 9 genannten Unterhaltsbeiträgen abzuziehen.

11.   Der Ehemann wird verpflichtet, die direkte Amortisation der Hypothek der ehelichen Liegenschaft weiterhin zu tragen bzw. zu bezahlen.

12.   Der Ehemann hat der Ehefrau vierteljährlich die entsprechenden Zahlungsbelege bezüglich Hypothekarzinsen und Amortisationszahlungen unverzüglich und unaufgefordert zuzustellen.

13.   Der Ehefrau wird das Familienfahrzeug [...] für die Dauer des Getrenntlebens zur alleinigen Benutzung zugewiesen. Der Ehemann trägt mit Ausnahme der Kosten für Benzin sämtliche Kosten des Fahrzeugs.

14.   Der Ehemann wird verpflichtet, die Steuern des Jahres 2020 vollumfänglich zu tragen.

15.   Im Übrigen werden die Anträge abgewiesen.

16.   Jeder Ehegatte hat seine Parteikosten selbst zu tragen. Der Ehemann wird verpflichtet, der Ehefrau einen Anwaltskostenbeitrag von CHF 5'711.60 (inkl. Auslagen und MwSt.), zahlbar in zwei Raten zu je CHF 2'855.80 bis spätestens 31. Januar 2023 resp. 28. Februar 2023 zu bezahlen.

17.   Die Gerichtskosten von CHF 1'500.00 hat der Ehemann zu bezahlen.

18.   Das Urteil stützt sich auf die beigehefteten Berechnungstabellen. Sie bilden Bestandteil des Urteils.

 

 

1.4 In Gutheissung eines Antrages des Ehemannes setzte die Amtsgerichtspräsidentin mit Verfügung vom 17. Februar 2023 gestützt auf Art. 299 ZPO für die drei Kinder Advokat Pascal Riedo als Kindesvertreter ein.

 

 

1.5 Am 6. März 2023 stellte die Amtsgerichtspräsidentin den Parteien und dem Kindesvertreter das begründete Urteil zu.

 

 

2.1 Frist- und formgerecht erhoben im Anschluss an die Zustellung des begründeten Entscheids sowohl der Ehemann als auch der Kindesvertreter namens der drei ehelichen Kinder Berufung gegen das Urteil.

 

 

2.2.1 Der Ehemann stellt in seiner Berufung folgende Anträge:

 

1.    Es sei der vorliegenden Berufung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und der Berufungskläger für den Fall der Gutheissung dieses Antrages bei seiner Bereitschaft zu behaften, der Berufungsbeklagten für die Dauer dieses Verfahrens einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von CHF 3'000.00 zu überweisen.

2.    Die Ziffer 2 bis 4, 6 bis 9, 13 sowie 16 bis 18 seien aufzuheben und wie folgt neu zu entscheiden:

2.         Es sei die eheliche Liegenschaft am [...]weg [...], [...] samt Hausrat für die Dauer des Getrenntlebens dem Ehemann und den Kindern zur alleinigen Benutzung zuzuweisen.

3.         Es seien die Kinder C.___, geb. [...]2012, B.___, geb. [...]2015 und A.___, geb. [...]2016, unter die alleinige Obhut des Ehemannes und Vaters zu stellen.

4.         Es sei der Ehemann bei seiner Bereitschaft zu behaften, auf einen Kinderunterhaltsbeitrag seitens der Ehefrau zu verzichten.

5.         Es sei festzustellen, dass der Ehefrau kein persönlicher Unterhaltsbeitrag zusteht.

6.         Es sei dem Ehemann das Familienfahrzeug [...] für die Dauer des Getrenntlebens zur alleinigen Benutzung zuzuweisen.

7.         Die Gerichtskosten seien der Ehefrau aufzuerlegen. Die Parteikosten seien wettzuschlagen.

3.    Eventuell sei der Ehemann, für den Fall der Abweisung der Berufung bezgl. Obhutzuteilung zu verpflichten mit frühester Wirkung ab Entscheid des Obergerichts maximal die folgenden Unterhaltbeiträge zu bezahlen:

Ab 1. Okt. 2022 - 30. April 2023:

je Kind: CHF 2’256.00 (CHF 1’344.00 Bar; CHF 912.00 Betreuung); Ehefrau: CHF 1’015.00

Ab 1. Mai 2022:

je Kind: CHF 1’803.00 (CHF 1’617.00 bar; CHF 186.00 Betreuung); Ehefrau CHF 1’702.00

4.    Die Parteikosten seien wettzuschlagen.

5.    Die Gerichtskosten seien der Ehefrau aufzuerlegen

 

 

2.2.2 Die Ehefrau beantragt in ihrer Berufungsantwort Folgendes:

 

1.    Auf den Antrag gemäss Ziff. 3 sei nicht einzutreten, eventualiter sei der Antrag gemäss Ziff. 3 abzuweisen.

2.    Im Übrigen sei die Berufung bis auf den Antrag gemäss Ziff. 2.4 abzuweisen.

3.    Eventualiter und für den Fall, dass die Obhut über die Kinder C.___, B.___ und A.___ dem Ehemann zugeteilt wird, sei der Ehemann zu verurteilen, der Ehefrau monatliche und monatlich vorauszahlbare Unterhaltsbeiträge von CHF 11'500.00 zu bezahlen.

4.    Alles unter o/e Kostenfolge zu Lasten des Berufungsklägers.

 

Weiter stellt die Ehefrau folgende Verfahrensanträge:

 

1.    Es sei die aufschiebende Wirkung in Bezug auf die Ziffern 1, 2, 10, 11, 12, 14, 16 und 17 des Urteils des Richteramtes Dorneck-Thierstein vom 6. Januar 2023 in Abänderung von Ziff. 4 der Verfügung des Obergerichts vom 21. März 2023 aufzuheben.

2.    Es sei der Ehefrau die eheliche Liegenschaft am [...]weg [...], [...] für die Dauer des Verfahrens zur alleinigen Benutzung zuzuweisen.

3.    Eventualiter sei der Ehefrau eine angemessene Frist von mindestens 3 Monaten zum Auszug aus der ehelichen Liegenschaft einzuräumen und es sei der Ehemann zu verpflichten, der Ehefrau ab Rechtskraft des Entscheids betreffend die Zuweisung der ehelichen Liegenschaft an den Ehemann in Abänderung von Ziff. 9 und 10 des Urteils des Richteramts Dorneck-Thierstein vom 6. Januar 2023 (DTZPR.2022.508) für die Dauer des Verfahrens monatliche und monatlich vorauszahlbare Unterhaltsbeiträge von CHF 11'500.00 zu bezahlen.

4.    Für den Fall, dass die Ehefrau die eheliche Liegenschaft verlassen muss, sei der Ehefrau in Abänderung von Ziff. 9 des Urteils des Richteramts Dorneck-Thierstein vom 6. Januar 2023 (DTZPR.2022.508) eine neue Frist von mindestens 6 Monaten ab Einzug in die neue Wohnung einzuräumen, um eine Arbeitsstelle zu suchen.

5.    Es seien die Akten im Verfahren ZKBER.2023.18 beizuziehen.

 

 

2.3.1 Der Kindesvertreter stellt in seiner Berufung folgende Rechtsbegehren:

 

1.    In Aufhebung der Ziffern 2, 3, 4, 6, zweites Lemma, und 7 des Entscheids vom 6. Januar 2023 seien:

a)    ein Fachgutachten eine andere dem Gericht als geeignet erscheinende neutrale Abklärung über die Erziehungsfähigkeit der Eltern und eine dem Kindeswohl entsprechende Zuteilung der Obhut/Betreuung und Regelung des Besuchsrechts für die gemeinsamen Kinder C.___, geb. [...] 2012, B.___, geb. [...] 2015, und A.___, geb. [...] 2016, einzuholen.

b)    die Obhut/Betreuung über die gemeinsamen Kinder C.___, geb. [...] 2012, B.___, geb. [...] 2015, und A.___, geb. [...] 2016, vorläufig dem Kindesvater zuzuteilen.

c)    die eheliche Liegenschaft am [...]weg [...] in [...] vorläufig dem Ehemann und den Kindern zur alleinigen Benutzung zuzuweisen.

d)    der Ehemann zu verpflichten, vorläufig für den Barunterhalt der Kinder aufzukommen.

e)    die bereits eingesetzte Beiständin mit dem Wiederaufbau des Kontakts und eines altersüblichen Besuchsrechts der gemeinsamen Kinder zur Mutter zu beauftragen.

f)     nach Vorliegen des beantragten Fachgutachtens der anderweitigen neutralen Abklärung den Parteien Gelegenheit zu weiteren Anträgen einzuräumen.

2.    Eventualiter sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

3.    Unter o/e Kostenfolge, wobei beantragt wird, die Kosten der Kindsvertretung nach Art. 95 Abs. 2 lit. e ZPO zu den Gerichtskosten zu nehmen. Eventualiter seien die Kosten der Kindsvertretung als Parteikosten den Eltern aufzuerlegen. Subeventualiter wird für die Vertretung der Kinder die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung beantragt.

 

 

2.3.2 Die Anträge der Ehefrau in der Berufungsantwort lauten wie folgt:

 

1.    Es seien der Antrag auf Aufhebung von Ziff. 2 des angefochtenen Entscheids vom 6. Januar 2023 sowie der Antrag gemäss Ziff. 1 lit. c) abzuweisen.

2.    Eventualiter sei der Ehefrau eine angemessene Frist von mindestens 3 Monaten zum Auszug aus der ehelichen Liegenschaft einzuräumen und es sei der Ehemann zu verpflichten, der Ehefrau ab Rechtskraft des Entscheids betreffend die Zuweisung der ehelichen Liegenschaft an den Ehemann in Abänderung von Ziff. 9 und 10 des Urteils des Richteramts Dorneck-Thierstein vom 6. Januar 2023 (DTZPR.2022.508) für die Dauer des Verfahrens monatliche und monatlich vorauszahlbare Unterhaltsbeiträge von 11'500.00 zu bezahlen.

3.    Für den Fall dass die Ehefrau die eheliche Liegenschaft verlassen muss, sei der Ehefrau in Abänderung von Ziff. 9 des Urteils des Richteramts Dorneck-Thierstein vom 6. Januar 2023 (DTZPR.2022.508) eine neue Frist von mindestens 6 Monaten ab Einzug in die neue Wohnung einzuräumen, um eine Arbeitsstelle zu suchen.

4.    Alles unter o/e Kostenfolge zu Lasten des Ehemannes.

 

Weiter beantragt die Ehefrau unter dem Titel Verfahrensanträge:

 

5.    Es seien die Akten im Verfahren ZKBER.2023.17 beizuziehen.

6.    Es sei der Ehemann zu verpflichten, der Berufungsbeklagten für dieses Verfahren einen Anwaltskostenvorschuss von CHF 5'000.00 zzgl. MwSt. zu bezahlen, eventualiter Akonto Güterrecht.

7.    Subeventualiter sei der Berufungsbeklagten die unentgeltliche Prozessführung mit dem Unterzeichneten zu bewilligen.

8.    Es sei das vorliegende Verfahren bis am 31. August 2023 zu sistieren, wobei jeder Partei das Recht einzuräumen sei, die Sistierung jederzeit zu widerrufen.

9.    Alles unter o/e Kostenfolge.

 

 

2.3.3 Der Ehemann stimmt in seiner Berufungsantwort den Rechtsbegehren des Kindesvertreters zu, soweit diese den eigenen Rechtsbegehren entsprechen.

 

 

3. Die Präsidentin der Zivilkammer gewährte mit Verfügungen vom 21. März 2023 sowohl der Berufung des Kindesvertreters als auch derjenigen des Ehemannes die aufschiebende Wirkung, ausgenommen die Ziffern 9 und 13 des angefochtenen Urteils.

 

 

4. Auf Begehren der Parteien, die mitteilten, einen erneuten Versuch zur Wiedervereinigung zu unternehmen, und im Einverständnis des Kindesvertreters wurden die beiden Verfahren mit Verfügungen vom 6. April 2023 längstens bis 31. August 2023 sistiert. Gleichzeitig entzog der (damalige) Vizepräsident der Zivilkammer der Berufung des Ehemannes die aufschiebende Wirkung in Bezug auf Ziffer 10 (Hypothekarzinse), Ziffer 11 (Amortisation), Ziffer 14 (Steuern), Ziffer 16 (Anwaltskostenbeitrag) und Ziffer 17 (Gerichtskosten). Die Anträge auf Zuweisung der ehelichen Liegenschaft an die Ehefrau zur alleinigen Benutzung und zur Verpflichtung des Ehemannes, der Ehefrau einen Anwaltskostenvorschuss von CHF 5'000.00 zu bezahlen, wies er ab. Vorläufig abgewiesen wurde auch der Antrag, es sei ein Fachgutachten betreffend die Obhutszuteilung in Auftrag zu geben. Zusätzlich verfügte er, die bereits laufende Beistandschaft, ergänzt mit dem zusätzlichen Auftrag, die Familienzuführung zu begleiten, sei weiterzuführen. Auf Begehren der Parteien des Kindesvertreters verlängerte die Präsidentin der Zivilkammer am 5. September 2023 sodann die Sistierung der Verfahren bis 6. November 2023. Zusätzlich forderte sie die Beiständin auf, einen Verlaufsbericht mit einer Empfehlung für die Obhut und Betreuung der Kinder einzureichen.

 

 

5. Mit Verfügung vom 10. November 2023 stellte die Präsidentin der Zivilkammer fest, dass die Sistierung abgelaufen ist und das Verfahren fortgesetzt wird. Die Beiständin reichte am 15. November 2023 den angeforderten Bericht und als Beilage einen Verlaufsbericht der Sozialpädagogischen Familienbegleitung ein. Der Kindesvertreter und der Ehemann stellten hierauf den Antrag, eine Instruktionsverhandlung durchzuführen. Die Ehefrau beantragt, es sei in Einklang mit dem Antrag des Kindesvertreters vom 16. März 2023 ein Fachgutachten über die Erziehungsfähigkeit der Eltern und eine dem Kindeswohl entsprechende Zuteilung der Obhut / Betreuung und Regelung des Besuchsrechts für die gemeinsamen Kinder einzuholen. Weiter sei über die von ihr gestellten Verfahrensanträge zu entscheiden.

 

 

6. Der Instruktionsrichter lud am 4. Januar 2024 zu einer Instruktionsverhandlung vor, die am 29. Februar 2024 stattfand. Die Beiständin reichte am 22. Januar 2024 eine Eingabe ein, mit welcher sie im Hinblick auf die Instruktionsverhandlung ihre Eindrücke und Informationen mitteilte. An der Instruktionsverhandlung wurden die Parteien, der Kindesvertreter und die Beiständin befragt. Die Parteien stellten hierauf die gemeinsamen Anträge, dass das Eheschutzverfahren als Scheidungsverfahren weitergeführt wird und dass im Rahmen des Scheidungsverfahrens sofort ein umfassendes Gutachten zu den Kinderbelangen, insbesondere zum Wiederaufbau des Kontaktes zur Mutter, zur Kinderzuteilung und zur Erziehungsfähigkeit eingeholt wird. Im Nachgang zur Instruktionsverhandlung reichten die Parteivertreter und der Kindesvertreter ihre Honorarnoten ein.

 

 

7. Die Streitsache ist spruchreif. Die beiden Berufungen können zusammen behandelt werden. Für die Erwägungen der Vorinstanz, die Parteistandpunkte und das Ergebnis der Instruktionsverhandlung wird grundsätzlich auf die Akten, das Protokoll der Instruktionsverhandlung und die Protokolle der Parteibefragungen und der Befragung der Beiständin verwiesen. Soweit erforderlich, ist nachstehend darauf einzugehen.

 

II.

1.1 Umstritten sind vorab die Frage der Obhut über die drei Kinder und damit verbunden die Frage, wem die eheliche Liegenschaft zugewiesen werden soll.

 

 

1.2 Die Vorderrichterin hielt zunächst fest, dass grundsätzlich beide Elternteile erziehungsfähig seien. Während ihrer Ehe habe sich die Ehefrau massgeblich um die Erziehung und Betreuung der drei gemeinsamen Kinder gekümmert, weshalb sich die Ehegatten im Rahmen des letzten Eheschutzverfahrens einig gewesen seien, die Kinder während der Dauer des Verfahrens unter die alleinige Obhut der Ehefrau zu stellen. Der Ehemann habe anlässlich der Parteibefragung angegeben, die Kinder hätten bei der Mutter Angst und seien deshalb zu ihm gekommen. Die Mutter könne sich nicht kontrollieren, sie habe die Kinder geschlagen und sie aus dem Haus geschmissen. Die Kinder hätten in der Kinderanhörung ebenfalls ausgeführt, die Mutter könne sich nicht kontrollieren, schreie und habe sie geschlagen. Gemäss der Ehefrau habe der Ehemann die Kinder ohne Absprache zu sich genommen und sie seither nicht mehr zu ihr zurückgebracht. Die Umstände, wie es zur faktischen Obhutsübernahme durch den Ehemann gekommen sei, seien angesichts der ausschweifenden und teilweise widersprüchlichen Erzählungen der Ehegatten und Kinder unklar geblieben. Klar sei hingegen, dass der Ehemann die Kinder zurzeit faktisch unter seiner alleinigen Obhut habe und die Kinder die Mutter seither nicht kaum gesehen hätten. Diesem Umstand sei mit Verfügung vom 12. Dezember 2022 Rechnung getragen und die Ehefrau vorsorglich berechtigt und verpflichtet worden, die Kinder wieder regelmässig zu betreuen, um eine Wiederaufnahme der Beziehung zu ermöglichen.

 

Die Ehefrau sei zurzeit nicht arbeitstätig und suche eine Beschäftigung im Rahmen eines 50%-Pensums. Sie habe angegeben, bei einer 50%-igen Tätigkeit in der Lage zu sein, sich um die drei Kinder kümmern zu können. Der Ehemann habe ein eigenes [...]unternehmen und sei als Geschäftsführer angestellt. Daneben sei er Eigentümer zahlreicher Liegenschaften, welche er vermiete. Anlässlich der Parteibefragung habe er angegeben, jeweils morgens zu arbeiten, während die Kinder in der Schule seien, und am Nachmittag zuhause zu sein. Er arbeite nicht ganz 50%. Wenn die Kinder zuhause seien, müsse er nie arbeiten. Ende Monat habe er aber jeweils mehr zu tun.

 

Grundsätzlich sei festzustellen, dass beide Elternteile bereit wären, die Kinder persönlich zu betreuen und ihre beruflichen Tätigkeiten eine persönliche Betreuung auch zulasse. Es bleibe jedoch unklar, wie der Ehemann als Geschäftsführer seines eigenen [...]unternehmens lediglich dann arbeiten solle, wenn die Kinder gerade in der Schule seien, zumal gerade A.___ im Kindergartenalter noch wenig Präsenzzeiten habe. Wer die Kinder in den Zeiten betreue, in denen der Ehemann sie nicht betreuen könne – beispielsweise jeweils Ende Monat, wenn er mehr zu tun habe – bleibe unbeantwortet. Angesichts der während der Ehe gelebten Rollenverteilung – die Ehefrau habe sich seit jeher vollumfänglich um die Kinder gekümmert und sei bis anhin keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen, während der Ehemann voll berufstätig sei und für den Unterhalt der Familie aufkomme - und dem Umstand, dass diese auch während des ersten Eheschutzverfahrens weiterbestand und während dieser Zeit eine Beziehung zu beiden Elternteilen habe gelebt werden können, diene es dem Kindswohl, die Kinder unter die alleinige Obhut der Ehefrau und Mutter zu stellen. Die vom Ehemann und den Kindern vorgebrachten Gründe wie Kontrollverluste der Ehefrau seien nicht ausreichend für eine Obhutsumteilung. Die ausgeführten Gewaltvorwürfe hätten weder von den Kindern, noch vom Ehemann konkret geschildert werden können und seien vage geblieben. Der vom Ehemann eingereichte Strafbefehl beziehe sich auf einen Vorfall zwischen den Ehegatten im März 2022. Zu diesem Zeitpunkt hätten die Ehegatten erstmals getrennt gelebt, die Kinder seien im Einverständnis beider Parteien unter der alleinigen Obhut der Mutter gestanden und das damals eingeleitete Eheschutzverfahren sei von den Ehegatten aufgrund ihrer Versöhnung im August 2022 abgeschrieben worden. Es lägen keine Gründe vor, welche eine Obhutsumteilung rechtfertigen würden. Dass der Ehemann und Vater die Kinder zu sich und unter seine faktische alleinige Obhut genommen habe, könne keine Umteilung der rechtlichen Obhut bewirken und sei nicht zu schützen. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Kinder während dieser Zeit keinen Kontakt zu ihrer Mutter gehabt hätten. Die Betreuungsfähigkeit des Vaters sei diesbezüglich massgeblich beeinträchtigt, weshalb es sich rechtfertige, der Mutter die alleinige Obhut zuzuteilen, zumal der Kontakt zum Vater während der Zeit, in der die Mutter die alleinige Obhut inne gehabt habe, stets gewährt gewesen sei. Dem Wunsch der Kinder, weiterhin beim Vater zu wohnen, könne nicht entsprochen werden. Zum einen sei zu beachten, dass die Kinder noch sehr jung und ihre Wünsche demnach bereits aus diesem Grund kritisch zu hinterfragen seien. Zum anderen erscheine es möglich, dass deren Meinung massgeblich dadurch beeinflusst worden sei, dass sie die letzte Zeit nur beim Vater gelebt hätten. Es sei wichtig, dass die Kinder wieder eine Beziehung zu ihrer Mutter aufbauen könnten und Kontakt zu beiden Elternteilen hätten. Dies scheine nur dann möglich, wenn der Mutter die alleinige Obhut zukomme.

 

 

2.1 Der Ehemann bestreitet vorab, dass sich in der Vergangenheit massgeblich die Ehefrau um die Erziehung und Betreuung der drei gemeinsamen Kinder gekümmert habe. Vielmehr sei es schon immer so gewesen, dass er ein sehr präsenter Vater gewesen sei und sich an der Betreuungsarbeit mindestens paritätisch beteiligt habe. Dies sei ihm aufgrund seiner beruflichen Organisation problemlos möglich gewesen. Es gebe somit entgegen der Feststellung der Vorinstanz diesbezüglich keine natürliche Präferenz zugunsten der Kindsmutter. Hinzu komme, dass diese als angeblich ausgebildete Juristin nach eigenen Angaben auf der Suche nach einem 50%-Pensum sei und in Zukunft die Kinder wohl kaum mehr persönlich betreuen könnte als er selber. Seit der faktischen Übernahme der Obhut sei er am Vormittag, während der Anwesenheit der Kinder in der Schule, in seiner Firma präsent und am Nachmittag sorge er mit Unterstützung einer eigens angestellten Haushaltshilfe für die Betreuung der Kinder. Ebenfalls unrichtig sei, dass es nicht bekannt sei, wie es zur faktischen Obhutsübernahme durch ihn gekommen sei. Der Parteibefragung bei der Vorinstanz seien die Umstände unschwer zu entnehmen. Alle Kinder – auch weil die Ehefrau sie aus der ehelichen Liegenschaft weggewiesen habe – seien freiwillig zu ihm gekommen und hätten seither trotz nachweislicher Bemühungen nicht mehr zu der Kindsmutter zurückgehen wollen. Der Begründung der Vorinstanz sei unschwer zu entnehmen, dass diese insbesondere den Umstand, dass er bezüglich der Obhut Fakten geschaffen habe, nicht «belohnt» werden könne, weshalb die Kinder letztlich zur Kindsmutter zurück müssten. Damit habe die Vorinstanz klarerweise rechtsfremde Kriterien angewendet und sich nicht am Kindswohl orientiert. Sie habe nicht nur den Kindern, die sich anlässlich der Kindsbefragung eindeutig geäussert hätten, nicht geglaubt, sondern sich auch noch dafür entschieden, diese für das angeblich unkorrekte Verhalten des Kindsvaters mit der Obhutszuteilung an die Kindsmutter zu «bestrafen». Dies, ohne den Ausführungen der Kinder bezüglich der von diesen geäusserten Vorfällen physischer und psychischer Gewaltausübung durch die Mutter näher auf den Grund zu gehen, beispielsweise durch ein in solch strittigen Fällen übliches und von ihm anlässlich der Verhandlung mehrfach beantragtes Obhutszuteilungsgutachten. Die Vorinstanz habe damit ihre Schutzfunktion gegenüber den Kindern ungenügend wahr genommen und insbesondere nicht berücksichtigt, dass die Kinder nun schon seit längerer Zeit bei ihm lebten und von ihm anstandslos betreut und finanziert würden. Sie hätten sich mehrfach darüber geäussert, unter keinen Umständen zur Kindsmutter zurück zu wollen. Im Übrigen sei die unbegründete Annahme der Vorinstanz, die Kinder wollten nur aufgrund unbotmässiger Einflussnahme des Kindsvaters nicht zur Kindsmutter zurück, durch die zwischenzeitlich erfolgten weitgehend erfolglosen Bemühungen der Beiständin und der von dieser zugezogenen Fachpersonen widerlegt. Ganz offensichtlich äusserten die Kinder ihren Wunsch nach Verbleib beim Kindsvater weiterhin stringent und ohne jede Beeinflussung durch ihn.

 

 

2.2 Der Kindesvertreter weist in seiner Berufung darauf hin, die Kinder hätten anlässlich der Anhörung durch die Vorinstanz zum Ausdruck gebracht, weiterhin beim Vater leben zu wollen. Er habe selber mit den Kindern ebenfalls ein Gespräch geführt und die Kinder dabei, ungeachtet ihres jungen Alters, in ihren Erzählungen als sehr klar und differenziert erlebt. Die Kontrollverluste der Mutter («schreien, hauen, einsperren, aus dem Auto werfen, nach Hause laufen lassen») hätten die Kinder detailliert beschrieben und prima vista glaubhaft wiedergegeben. Sie hätten namentlich auch benennen können, mit wem sie über das Erlebte gesprochen hätten und dass sie namentlich aus dem Grund beim Vater leben wollten, weil sie bei ihm Schutz vor der Mutter fänden. Sie hätten im Weiteren ihre Abwehrreaktionen auf das fast tägliche Erscheinen der Mutter in der Schule auf dem Schulweg geschildert. Konkrete Hinweise auf eine Beeinflussung durch den Vater habe er nicht feststellen können. Beim Sohn C.___, der am meisten erzählt habe, komme hinzu, dass er bereits zehn Jahre alt sei und in diesem Alter praxisgemäss bereits von einer gesteigerten Einsichtsfähigkeit ausgegangen werde.

 

Wie sich aus dem von ihm erbetenen Bericht der Beiständin H.___, unter Bezugnahme auf die Feststellungen der von dieser beigezogenen Familienbegleiterin, I.___, sowie des Sozialarbeiters der Schule, ergebe, hätten die Kinder auch diesen Personen gegenüber die gleichen Ausführungen getätigt. Die Ausführungen der Kinder seien ebenfalls ernst genommen und nicht auf eine Beeinflussung durch den Vater zurückgeführt worden. Damit sei selbstverständlich noch nicht erstellt, dass die Gewaltvorwürfe gegen die Mutter zutreffen würden dass keine Beeinflussung durch den Vater vorliege. Indes kämen alle drittseitigen, das heisst von den Eltern unabhängigen Feststellungen zum Schluss, dass die durch die Kinder geschilderten Kontrollverluste und die damit begründete Kontaktverweigerung nicht einfach als Erfindung der Kinder Resultat von Beeinflussung durch den Vater abgetan werden könnten, sondern einer vertieften Abklärung bedürften. Zum heutigen Zeitpunkt liege eine, namentlich auch in ihrer Intensität, nicht erklärbare Ablehnung der Mutter durch die Kinder vor, deren Ursachen vor einem Entscheid über eine Obhutszuteilung, namentlich eine Obhutszuteilung an die Mutter, weiterer Abklärung bedürften. Der abschliessenden Feststellung der Vorderrichterin, wonach die Erziehungsfähigkeit beider Eltern gegeben sei, könne nicht gefolgt werden. Die Mutter sehe sich mit Vorwürfen physischer und psychischer Gewalt gegenüber den Kindern konfrontiert und der Vater mit dem Vorwurf der Beeinflussung und dem Versuch der Entfremdung der Kinder gegenüber der Mutter. Auch unter diesem Kriterium sei somit zum Entscheid über die Obhutszuteilung eine vertiefte fachliche Abklärung von Nöten. Ohne irgendeine Abklärung zu den Aussagen der Kinder über die erlebte Gewalt sei die mit dem angefochtenen Entscheid verfügte Zuteilung der elterlichen Obhut an die Mutter nicht gangbar. Die Kinder lebten seit dem 1. Oktober 2022 beim Vater. Dort fühlten sie sich gemäss deren übereinstimmenden Ausführungen wohl. Der Vater bringe sie täglich in die Schule und hole sie, wenn nötig, auch wieder ab. Er sei sowohl für das Mittagessen als auch das Nachtessen besorgt und schaue zu ihnen, wenn sie am Nachmittag frei hätten. Stabilität erlebten die Kinder - unabhängig der Auseinandersetzung der Eltern über deren rechtliche Einordnung - somit in der Situation, wie sie seit letztem Oktober bestehe, das heisst beim Vater. Fakten, welche eine Zuteilung der Obhut an die Mutter und damit einen neuerlichen, sofortigen Umzug der Kinder zur Folge hätten, lägen nach dem Ausgeführten nicht vor. Der aktuelle Druck auf die Kinder werde von den involvierten Personen als kontraproduktiv bezeichnet und bewirke eine Abwehr- und Verweigerungshaltung der Kinder. Davon müsse erst recht im Falle polizeilicher Zwangsrückführung ausgegangen werden. Eine solche gelte es im Interesse aller Beteiligten unbedingt zu verhindern. Im Zusammenhang mit der Kooperationsbereitschaft des obhutsberechtigten Elternteils halte die Besuchsbegleiterin explizit fest, dass der Vater den Kindern positiv zur Kontaktaufnahme mit der Mutter zugesprochen habe und er möchte, dass die Kinder die Mutter treffen. Entgegen dem vorinstanzlichen Entscheid dürfe somit nicht davon ausgegangen werden, dass der Kindesvater für den Kontaktabbruch der Kinder verantwortlich sei und sich aus diesem Grund eine Zuteilung der Obhut an die Mutter rechtfertige. Alle bisherigen objektiven Feststellungen sprächen in jedem Falle gegen eine Zuteilung der Obhut an die Mutter zum heutigen Zeitpunkt.

 

 

2.3 Die Ehefrau geht in ihren Berufungsantworten zunächst ausführlich auf die Ehe- und Prozessgeschichte der Parteien ein. Der Ehemann habe nach der Eheschutzverhandlung vom 26. November 2021 damit begonnen, insbesondere C.___ gegen sie aufzuhetzen und zu beeinflussen. Als sich herausgestellt habe, dass sich die Wiedervereinigung der Familie im August 2022 nicht nach den Vorstellungen des Ehemannes entwickelte, habe er auch begonnen, die beiden jüngeren Kinder gegen sie aufzuhetzen. Die ihr gegenüber erhobenen Gewaltvorwürfe seien objektiv und im Lichte sämtlicher Umstände nicht nachvollziehbar. Anlässlich des ersten Eheschutzverfahrens habe der Ehemann keine solchen Vorwürfe erhoben. Die Kinder hätten erst begonnen, sich von der Mutter abzuwenden, als der Ehemann die Kontrolle über sie erlangt habe. Der Ehemann habe viel Zeit gehabt, die Kinder auf die Befragung beim Kindsvertreter vorzubereiten. Es sei notorisch und wissenschaftlich erwiesen, dass Kinder die Sichtweise desjenigen Elternteils übernehmen, der sie betreue und mit dem sie zusammenlebten. Aufgrund der Schilderungen des Kindsvertreters müsse davon ausgegangen werden, dass er sich nicht eingehend mit der Ehe und Prozessgeschichte der Parteien auseinandergesetzt habe. Der Ehemann habe die Ehefrau vor den Kindern regelmässig beschimpft und gedemütigt. Das sei Thema des ersten Eheschutzverfahrens gewesen. Weder die Beiständin noch die Besuchsbegleiterin würden die Hintergründe des Verhaltens der Kinder und des Kindsvaters kennen. Die Lehrperson von B.___ beobachte, dass er erst seit Herbst 2022 auffällig geworden sei und sich seither auffallend negativ und abschätzig über seine Mutter äussere. Sie teile angesichts der bestehenden Situation die Meinung des Kindsvertreters, dass die von den Kindern geäusserten Vorwürfe, die sie bestreite, ebenso einer vertieften Abklärung bedürften, wie die Gründe für die von den Kindern geäusserten Weigerung, sich überhaupt mit ihr abzugeben. Im Rahmen dieser Abklärung müsse auch das Verhalten des Ehemannes und dessen Auswirkungen auf die Kinder abgeklärt werden. Der Kindesvertreter bemerke zu Recht, dass der Fokus nun auf dem Wiederaufbau des Kontakts zwischen den Kindern und ihr liegen solle. Ebenso zutreffend sei jedoch die Vorinstanz davon ausgegangen, dass die Kontaktverweigerung der Kinder auf die Einflussnahme des Kindsvaters zurückzuführen sei. Der Ehemann sei intelligent und wisse ganz genau, wie er sich zur Erreichung seiner Ziele gegenüber Drittpersonen zu verhalten habe. Anlässlich der erstinstanzlichen Verhandlung habe er seine Nerven jedoch weniger im Griff gehabt, weshalb er von der Gerichtspräsidentin mehrfach habe ermahnt werden müssen. Die Gerichtspräsidentin habe sich somit ein gutes Bild vom Charakter des Ehemannes machen können. Die Schlussfolgerungen des Kindesvertreters, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Ehemann für den Kontaktabbruch verantwortlich sei, weil die Besuchsbegleiterin festgestellt habe, der Kindsvater mache es gut mit den Kindern, greife viel zu kurz. Ungeachtet dessen sehe sie unter den gegebenen Umständen ein, dass den Kindern nur geholfen werden könne, wenn sowohl die Kinder als auch die Eltern gutachterlich abgeklärt würden. Sie sei guter Hoffnung, dass sich Fachpersonen vom Ehemann nicht so einfach hinters Licht führen liessen, wie andere mittlerweile mit dieser Angelegenheit befasste Personen. Es handle sich vorliegend um einen ungewöhnlich schwerwiegenden Fall von Beeinflussung von Kindern seitens eines Elternteils verbunden mit der von diesem Elternteil sukzessive und zielstrebig verfolgten Entfremdung der Kinder vom anderen Elternteil.

 

 

3.1 Bei einer Trennung hat der Eheschutzrichter auf Begehren eines Ehegatten die Folgen des Getrenntlebens zu regeln (Art. 176 Schweizerisches Zivilgesetzbuch, ZGB, SR 210). Haben die Ehegatten minderjährige Kinder, so trifft das Gericht nach den Bestimmungen über die Wirkungen des Kindesverhältnisses die nötigen Massnahmen (Art. 176 Abs. 3 ZGB). Beim Entscheid über die Obhut, den persönlichen Verkehr die Betreuungsanteile berücksichtigt das Gericht das Recht des Kindes, regelmässige persönliche Beziehungen zu beiden Elternteilen zu pflegen (Art. 298 Abs. 2bis ZGB).

 

 

3.2 Für die Zuteilung der Obhut an einen Elternteil hat das Wohl der Kinder Vorrang vor allen anderen Überlegungen, insbesondere vor den Wünschen der Eltern. Vorab ist deren Erziehungsfähigkeit zu klären. Ist sie bei beiden Elternteilen gegeben, kann die Stabilität der örtlichen und familiären Verhältnisse ausschlaggebend sein. Diesen Kriterien lassen sich die weiteren Gesichtspunkte zuordnen, so die Bereitschaft eines Elternteils, mit dem andern in Kinderbelangen zusammenzuarbeiten, die Forderung, dass eine Zuteilung der Obhut von einer persönlichen Bindung und echter Zuneigung getragen sein sollte. Wesentlich sein kann ferner der Grundsatz, Geschwister nach Möglichkeit nicht zu trennen. Die Möglichkeit der Eltern, die Kinder persönlich zu betreuen, spielt hauptsächlich dann eine Rolle, wenn spezifische Bedürfnisse der Kinder eine persönliche Betreuung notwendig erscheinen lassen wenn ein Elternteil auch in den Randzeiten (morgens, abends und an den Wochenenden) nicht beziehungsweise kaum zur Verfügung stünde; ansonsten ist von der Gleichwertigkeit von Eigen- und Fremdbetreuung auszugehen. Je nach Alter ist auch den Äusserungen der Kinder beziehungsweise ihrem eindeutigen Wunsch Rechnung zu tragen. Während bei älteren Kindern zunehmend die Wohn- und Schulumgebung sowie der sich ausbildende Freundeskreis wichtig werden, sind kleinere Kinder noch stärker personenorientiert. Entsprechend können im Zusammenhang mit dem wichtigen Kriterium der Stabilität und Kontinuität die Beurteilungsfelder ja nach Lebensalter des Kindes variieren (Urteil des Bundesgerichts 5A_589 und 590/2021 vom 23. Juni 2022, E 3.1.2).

 

 

3.3.1 Anlässlich der Instruktionsverhandlung vor Obergericht schilderten die Parteien die Entwicklung und aktuelle Situation aus je ihrer eigenen Sicht. Der Kindesvertreter seinerseits gab bekannt, er habe diese Woche mit den Kindern nochmals gesprochen. Sie hätten dasselbe gesagt wie vor einem Jahr. Sie wollten nicht zur Mutter zurück. Den Kindern gehe es gut. Sie seien anständig und gut erzogen. Sie zeigten eine ausserordentlich klare Ablehnung zur Mutter. Das könne so nicht sein und so nicht bleiben. Für seine Wahrnehmung sei es undenkbar, das Rad zurückzudrehen und in die Zeit zurückzugehen, in der die Kinder von der Mutter betreut worden seien. Sonst sehe er eine Kindeswohlgefährdung zum heutigen Zeitpunkt. Es sei keine Lösung, die Kinder zu zwingen, den Kontakt zur Mutter wiederaufzunehmen. Vielleicht brauche es jetzt tatsächlich dieses Gutachten, das sagen könne, wie dieses Familienverhältnis wieder normalisiert werden könne. Alle drei Kinder wünschten sich, dass sie mit dem Vater zurück ins Familienhaus könnten. Er sehe nicht, wie man den Kontakt zur Mutter erzwingen könnte (Protokoll der Instruktionsverhandlung vom 29. Februar 2024, S. 2 f.).

 

 

3.3.2 Der Beiständin H.___ zufolge machten die Kinder es in der Schule sehr gut. Sie seien vorbildlich gekleidet. Der Vater sei sehr pflichtbewusst. Gemäss I.___ organisiere der Vater die Betreuung der Kinder sehr gut. Er sei selbständig und habe das Privileg, seine Arbeit einteilen zu können, da er Angestellte habe. Die Familienbegleitung habe keinerlei Indiz, dass die Kinder unter dem Druck des Vaters stünden. Was zuvor gewesen sei, könne sie nicht sagen. Es gebe keinen Anhaltspunkt für eine Beeinflussung durch den Vater (Protokoll der Befragung der Beiständin vom 29. Februar 2024, S. 2 f.).

 

 

3.4 Die Parteien stellten an der Instruktionsverhandlung den gemeinsamen Antrag, das Eheschutzverfahren als Scheidungsverfahren weiterzuführen. Im Rahmen dieses Scheidungsverfahrens soll sofort ein umfassendes Gutachten zu den Kinderbelangen, insbesondere zum Wiederaufbau des Kontaktes zur Mutter, zur Kinderzuteilung und zur Erziehungsfähigkeit eingeholt werden. Formell wird über diese Anträge die Amtsgerichtspräsidentin zu befinden haben. Im Rahmen des vorliegenden Berufungsverfahrens ist es sich angesichts der Ausgangslage sowie der vom Kindesvertreter und der Beiständin geschilderten aktuellen Situation geboten, in teilweiser Gutheissung der Berufungen des Ehemannes und des Kindesvertreters die vorinstanzliche Regelung der Kinderbelange zu korrigieren und die Ziffern 3 (Obhut), 4 (Besuchsrecht) und 6, zweites Lemma (Umsetzung des Besuchsrechts zwischen Kindern und Vater) aufzuheben. Das Wohl der Kinder verlangt, die Obhut nun auch formell dem Vater zuzuweisen. Auf die Festsetzung eines Besuchsrechts der Mutter muss angesichts der gegenwärtigen Haltung der Kinder verzichtet werden. In diesem Zusammenhang ist indessen darauf hinzuweisen, dass die Beiständin weiterhin, das heisst auch vor Erstattung des Gutachtens, verpflichtet bleibt, «weitere geeignete Massnahmen zu beantragen, um das Wohl der Kinder zu gewährleisten» (Ziffer 6, viertes Lemma des angefochtenen Urteils).

 

 

4.1 Der Kindesvertreter und der Ehemann beantragen unter Hinweis auf den Entscheid über die Obhutsfrage die Zuweisung der ehelichen Liegenschaft an den Ehemann. Die Ehefrau und Berufungsbeklagte räumt ein, es sei zwar zutreffend, dass demjenigen Elternteil, welchem die Obhut über die Kinder zugeteilt wird, regelmässig auch die Familienwohnung zur vorläufigen Benützung zugewiesen werde. Sie sei jedoch nicht damit einverstanden, die eheliche Liegenschaft derzeit zu verlassen. Zum einen führe der Kindesvertreter selbst aus, dass den Kindern ein neuerlicher, sofortiger Umzug im Sinne der Gewährleistung der Stabilität nicht zuzumuten sei. Die Kinder fühlten sich im aktuellen Setting offenbar wohl. Zum anderen sei sie hablos, beherrsche die deutsche Sprache mehr schlecht als recht und habe angesichts der Situation in den letzten Monaten nicht die Kraft aufgebracht, sich noch intensiver um eine Stelle zu bewerben. Auf dem aktuell angespannten Wohnungsmarkt habe sie sehr geringe Chancen, eine geeignete Wohnung zu finden. Eine geeignete Wohnung müsste im Einklang mit dem Antrag des Kindsvertreters, es sei der Wiederaufbau eines altersüblichen persönlichen Kontakts zwischen der Kindsmutter und den Kindern anzustreben, genug gross sein für die Beherbergung von 3 Kindern über das Wochenende. Vorzugsweise sei die geeignete Wohnung auch in derselben Gemeinde, weil der altersübliche Kontakt auch im Rahmen einer alternierenden Obhut ausgestaltet werden könnte. Diese Auswahlkriterien schränkten die Chancen der Mutter, eine Wohnung zu finden, ein.

 

 

4.2 Die eheliche Liegenschaft ist vorliegend trotz den Gegenargumenten der Ehefrau dem Ehemann und den Kindern zuzuweisen. Bei der gegenwärtigen Wohnung des Ehemannes handelt es sich um eine Dreizimmerwohnung, die 65 m2 misst, was für eine vier- beziehungsweise fünfköpfige Familie äusserst knapp ist. Die eheliche Liegenschaft ist erheblich geräumiger und dient den Bedürfnissen des Vaters und der Kinder besser. Die Ehefrau hat in der Zwischenzeit eine Stelle und damit offenbar auch wieder etwas mehr «Boden unter den Füssen» gefunden. Im Übereinstimmung mit dem Grundsatz, dass die bisherige Familienwohnung demjenigen Elternteil, welchem die Obhut über die Kinder zugeteilt wird, zuzuweisen ist, muss deshalb auch Ziffer 2 des angefochtenen Urteils aufgehoben werden. Die eheliche Liegenschaft ist dem Ehemann und den Kindern zur alleinigen Benutzung zuzuweisen. Der Ehefrau ist eine Frist zum Auszug bis 30. Juni 2024 anzusetzen.

 

 

5. Der Ehemann erklärt in seiner Berufung, für den Fall der Zuweisung der Obhut über die Kinder an ihn auf Kinderunterhaltsbeiträge zu verzichten. Auch der Kindesvertreter bemerkt, in Anbetracht der im angefochtenen Entscheid erhobenen finanziellen Leistungsfähigkeit der Eltern erscheine es richtig, dass der Vater vorläufig für den Barunterhalt der Kinder aufkomme. Die Ziffern 7 und 8 des angefochtenen Urteils sind gestützt auf dieses Erklärungen aufzuheben. An deren Stelle ist festhalten, dass der Ehemann verpflichtet ist, alleine für den Barunterhalt der Kinder aufzukommen.

 

 

6.1 Der Ehemann beantragt mit seiner Berufung, es sei festzustellen, dass der Ehefrau kein persönlicher Unterhaltsbeitrag zustehe. Als ausgebildete Juristin dürfte es ihr ohne Betreuungsaufgaben ein Leichtes sein, eine 100 %-Anstellung zu finden, welche ihr die Finanzierung des eigenen Lebensunterhaltes problemlos ermöglichen sollte. Die Ehefrau dagegen verlangt für den Fall, dass sie die eheliche Liegenschaft verlassen müsste, den Ehegattenunterhalt neu zu rechnen. Sie verweist dabei auf eine Vereinbarung der Ehegatten vom 27./29. März 2023. Falls die Obhut über die Kinder dem Ehemann zugewiesen werden sollte, habe der Ehemann ihren Bedarf zu decken. Zusätzlich beanspruche sie 30 % des Überschusses.

 

 

6.2 Die Ehegatten vereinbarten am 27./29. März 2023 Folgendes (Beilage 7 der Ehefrau und Berufungsbeklagten):

 

4.    Für die Dauer der derzeit vor Obergericht Solothurn hängigen Berufungsverfahren (ZKBER.2023.17 und ZKBER.2023.18) vereinbaren die Ehegatten dass der Ehemann der Ehefrau mit Wirkung ab 1. April 2023 einen Unterhaltsbeitrag von CHF 3'753.00 schuldet, wovon er berechtigt ist, für Hypothekarzinsen und Nebenkosten einen Pauschalbertrag von CHF 1'500.00 abzuziehen, sodass der zu überweisende Nettobetrag CHF 2'253.00 beträgt.

5.    Für die Dauer der derzeit vor Obergericht Solothurn hängigen Berufungsverfahren (ZKBER.2023.17 und ZKBER.2023.18) vereinbaren die Ehegatten dass der Ehemann der Ehefrau mit Wirkung ab 1. Mai 2023 einen Unterhaltsbeitrag von CHF 4'404.00 schuldet, wovon er berechtigt ist, für Hypothekarzinsen und Nebenkosten einen Pauschalbertrag von CHF 1'500.00 abzuziehen, sodass der zu überweisende Nettobetrag CHF 2'904.00 beträgt.

6.    Sollten die Ehegatten die obgenannten Verfahren vor Obergericht auf beidseitigen Antrag sistieren lassen, entfallen ab Wiederaufnahme des Zusammenlebens der Parteien die sub. Ziff. 4. und 5. hiervor genannten Unterhaltsbeiträge für die Dauer der Sistierung. Sollte die Sistierung aufgehoben durch die Ehegatten widerrufen werden, leben die sub. 4 und 5. hiervor genannten Unterhaltsverpflichtungen wieder auf.

7.    Sollte die Ehefrau während der Dauer der Verfahren vor dem Obergericht gerichtlich angewiesen werden, die eheliche Liegenschaft zu verlassen, wird der Ehegattenunterhalt neu berechnet, entweder durch Vereinbarung der Parteien durch Entscheid des Obergerichts.

 

 

6.3 Die zitierte Vereinbarung der Ehegatten regelt den Ehegattenunterhalt für die Dauer des Berufungsverfahrens. Sollte die Ehefrau angewiesen werden, die eheliche Liegenschaft zu verlassen, ist nach dieser Vereinbarung der Unterhalt neu zu berechnen.

 

Dem vorliegenden Urteil zufolge hat die Ehefrau die eheliche Liegenschaft per 30. Juni 2024 zu verlassen. Bis zu diesem Zeitpunkt kann es mit der Vereinbarung somit sein Bewenden haben. Ab 1. Juli 2024 ist das Ehegattenaliment indessen neu festzusetzen. Da die Ehegatten das Verfahren als Scheidungsverfahren fortsetzen wollen, sich die tatsächlichen Verhältnisse mit dem Auszug der Ehefrau aus der Liegenschaft verändern und infolge der geänderten Regelung der Obhut auch die Frage der Eigenversorgungskapazität neu zu beurteilen ist, rechtfertigt es sich, Ziffer 9 des angefochtenen Urteils aufzuheben und die Festsetzung des Ehegattenunterhalts ab 1. Juli 2024 zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bis 30. Juni 2024 richtet sich der Ehegattenunterhalt nach der Vereinbarung vom 27./29. März 2023.

 

 

7. Das Rechtsmittel des Ehemannes richtet sich gegen die Zuweisung des Familienfahrzeugs [...] an die Ehefrau (Ziffer 13 des angefochtenen Urteils). Da die Berufung in dieser Hinsicht jedoch nicht begründet wird, ist sie in diesem Punkt ohne Weiteres abzuweisen.

 

 

8. Die Vorderrichterin auferlegte die Gerichtskosten unter Hinweis auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die eheliche Beistandspflicht dem Ehemann. Mit der gleichen Begründung verpflichtete sie ihn auch zur Leistung eines Parteikostenbeitrags (Ziffern 16 und 17 des angefochtenen Urteils). Die von der Amtsgerichtspräsidentin für den Kostenentscheid angefügte Begründung hat ihre rechtliche Grundlage in Art. 107 Abs. 1 lit. c ZPO (Rüegg/Rüegg, in: Basler Kommentar, ZPO, 3. Aufl. 2017, N. 6 zu Art. 107 ZPO). Der alleinige Hinweis des Ehemannes in seiner Berufung auf den Ausgang des Verfahrens vermag daran nichts zu ändern. Am vorinstanzlichen Kostenentscheid ist nichts auszusetzen, weshalb die Berufung gegen die Ziffern 16 und 17 unbegründet und abzuweisen ist.

 

 

9. Zusammenfassend sind in teilweiser Gutheissung der Berufungen die Obhutsfrage und damit einhergehend insbesondere der Kindesunterhalt und die Zuweisung der ehelichen Liegenschaft neu zu regeln. Im Übrigen geht die Sache im Sinne der Erwägungen zurück an die Vorderrichterin, um in erster Linie das Verfahren neu als Scheidungsverfahren fortzusetzen. In diesem Rahmen kann sie das von den Parteien beantragte umfassende Gutachten zu den Kinderbelangen in Auftrag geben. Zudem hat sie mit Wirkung ab 1. Juli 2024 über den Ehegattenunterhalt zu befinden.  

 

 

10.1 Für den Kostenentscheid des Berufungsverfahrens sind die gleichen Gründe wie für den Kostenentscheid des erstinstanzlichen Verfahrens ausschlaggebend. Vom Ausgang her mag zwar wegen der vor allem umstrittenen Obhutsfrage der Ehemann als obsiegende Partei angesehen werden. Die Kinderbelange können aber im vorliegenden Verfahren nicht abschliessend geregelt werden, muss doch zu diesem Punkt ein umfassendes Gutachten eingeholt werden. Auch im Berufungsverfahren hat sich der Kostenentscheid daher nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und ehelichen Beistandspflicht zu richten. Die Kosten (Gerichts- und Parteikosten) sind daher wiederum dem Ehemann zu auferlegen. Die Kosten für die Vertretung des Kindes gehören zu den Gerichtskosten (Art. 95 Abs. 2 lit. e ZPO).

 

 

10.2 Für die vom Ehemann der Ehefrau zu bezahlende Parteientschädigung kann grundsätzlich von der vom Anwalt der Ehefrau eingereichten Honorarnote ausgegangen werden. Zu korrigieren ist allerdings der Stundenansatz. Da keine Honorarvereinbarung vorliegt, rechtfertigt es sich, vom gleichen Ansatz, den der Ehemann fakturierte, das heisst von CHF 280.00 pro Stunde, auszugehen. Die Vergütung für Fotokopien beträgt 50 Rappen pro Stück, und nicht CHF 2.00, wie vom Vertreter der Ehefrau geltend gemacht (§ 160 Abs. 5 Gebührentarif, GT, BGS 615.11). Zu beachten ist weiter, dass der grösste Teil der für die Eingabe vom 13. Dezember 2023 angefertigten Fotokopien (1'080) unnötig waren (WhatsApp-Konversation), was zu einer weiteren Reduktion des mit der Honorarnote geltend gemachten Betrags führt. Alles in allem rechtfertigt es sich bei dieser Ausgangslage, die Parteientschädigung für beide Berufungsverfahren zusammen auf den gerundeten Betrag von CHF 17'000.00 (inkl. Auslagen und MwSt.) festzusetzen.

 

 

10.3 Die Gerichtsgebühr und die während des Verfahrens entstandenen Auslagen belaufen sich auf total CHF 3'000.00. Wie vom Kindesvertreter beantragt, ist dessen Entschädigung anhand desselben Stundenansatzes wie bei den Parteivertretern, das heisst zu CHF 280.00 pro Stunde, festzusetzen (vgl. dazu auch Urteil des Obergerichts ZKBER.2018.8 vom 8. Juni 2018). Ausgehend von der von ihm eingereichten Honorarnote ergibt dies eine Entschädigung von CHF 7'948.70 (inkl. Auslagen und MwSt.). Insgesamt betragen die Gerichtskosten damit CHF 10'948.70. Sie sind von Ehemann zu bezahlen.

 

Demnach wird erkannt:

1.    In teilweiser Gutheissung der Berufung des Ehemannes und des Kindesvertreters werden die Ziffern 2, 3, 4, 6 zweites Lemma, 7, 8, 9 und 18 aufgehoben.

2.    Die eheliche Liegenschaft am [...] in [...] wird mit Wirkung ab 1. Juli 2024 für die weitere Dauer des Getrenntlebens dem Ehemann und den gemeinsamen Kindern zur alleinigen Benützung zugewiesen. Die Ehefrau hat die Liegenschaft bis 30. Juni 2024 zu verlassen.

3.    Die gemeinsamen Kinder C.___, geb. [...] 2012, B.___, geb. [...] 2015, und A.___, geb. [...] 2016, werden für die Dauer des Getrenntlebens unter die alleinige Obhut des Vaters gestellt.

4.    Der Ehemann ist verpflichtet, alleine für den Barunterhalt der Kinder aufzukommen.

5.    Für den Ehegattenunterhalt gilt bis 30. Juni 2024 weiterhin Ziffer 5 der Vereinbarung vom 27./29. März 2023. Demnach schuldet E.___ der Ehefrau D.___ bis zu diesem Zeitpunkt einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von CHF 4'404.00, wovon er berechtigt ist, für Hypothekarzinsen und Nebenkosten einen Pauschalbertrag von CHF 1'500.00 abzuziehen, sodass der zu überweisende Nettobetrag CHF 2'904.00 beträgt.

6.    Im Übrigen werden die Berufungen abgewiesen.

7.    Es wird festgestellt, dass die Parteien einen gemeinsamen Antrag stellen, dass das Eheschutzverfahren als Scheidungsverfahren weitergeführt wird.

8.    Es wird festgestellt, dass die Parteien einen gemeinsamen Antrag stellen, dass im Rahmen des Scheidungsverfahrens sofort ein umfassendes Gutachten zu den Kinderbelangen, insbesondere zum Wiederaufbau des Kontaktes zur Mutter, zur Kinderzuteilung und zur Erziehungsfähigkeit eingeholt wird.

9.    Die Streitsache geht zur Fortsetzung des Verfahrens an die Vorinstanz.

10.  Die Entschädigung für den Kindesvetreter, Advokat Pascal Riedo, wird auf CHF 7'948.70 festgesetzt, zahlbar durch den Staat Solothurn.

11.  Die Gerichtskosten von total CHF 10'948.70 (inkl. Entschädigung des Kindesvertreters) hat E.___ zu bezahlen. Der von ihm geleistete Kostenvorschuss von CHF 1'500.00 wird damit verrechnet.

12.  E.___ hat D.___ für das Verfahren vor Obergericht eine Parteientschädigung von CHF 17'000.00 zu bezahlen.

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen der Zivilkammer des Obergerichts

Die Präsidentin                                                                 Der Gerichtsschreiber

Hunkeler                                                                           Schaller



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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