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Urteil Verwaltungsgericht (SO - ZKBER.2022.91)

Zusammenfassung des Urteils ZKBER.2022.91: Verwaltungsgericht

Die Zivilkammer des Obergerichts hat in einem Fall bezüglich Bevorschussung von Kosten für Nachbesserungen und Schadensersatz entschieden. Die Kläger forderten Bezahlung für diverse Baumängel an einer Stockwerkeigentums-Liegenschaft. Das Amtsgericht verurteilte die Beklagten zur Zahlung eines bestimmten Betrags, gegen den die Beklagten Berufung einlegten. In der Berufungsverhandlung wurde festgestellt, dass die Garantiefrist für Mängel rechtzeitig eingehalten wurde. Die Berufung wurde als unbegründet abgewiesen, und der Berufungskläger wurde zur Zahlung der Gerichtskosten und einer Parteientschädigung verurteilt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts ZKBER.2022.91

Kanton:SO
Fallnummer:ZKBER.2022.91
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Zivilkammer
Verwaltungsgericht Entscheid ZKBER.2022.91 vom 19.10.2023 (SO)
Datum:19.10.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Berufung; Berufungskläger; Mängel; Recht; Apos; Berufungsbeklagte; Beklagten; Stockwerkeigentum; Garantiefrist; Berufungsbeklagten; Klägern; Betrag; Ziffer; Entscheid; Urteil; Stockwerkeigentumseinheit; Stockwerkeigentumseinheiten; Akten; Berufungsverfahren; Kaufverträge; Käufer; Klage; Gericht; Verträge; Verkaufspartei; Stockwerkeigentümer; Kaufvertrag
Rechtsnorm: Art. 219 OR ;Art. 310 ZPO ;Art. 311 ZPO ;Art. 317 ZPO ;Art. 530 OR ;
Referenz BGE:112 Ia 107; 116 II 275; 126 I 97; 129 I 232; 137 I 195; 142 III 413;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts ZKBER.2022.91

 
Geschäftsnummer: ZKBER.2022.91
Instanz: Zivilkammer
Entscheiddatum: 19.10.2023 
FindInfo-Nummer: O_ZK.2023.127
Titel: Bevorschussung Kosten Nachbesserung / Schadenersatz

Resümee:

 

Obergericht

Zivilkammer

 

Urteil vom 19. Oktober 2023     

Es wirken mit:

Präsidentin Hunkeler

Oberrichter Frey

Oberrichterin Kofmel

Gerichtsschreiberin Hasler

In Sachen

A.___,

 

Berufungskläger

 

 

gegen

 

 

1.    B.___,

2.    C.___,

3.    D.___,

4.    E.___,

5.    F.___,

alle vertreten durch Advokat Fabrizio Gabrielli und/oder Advokat Livio Marelli,   

 

Berufungsbeklagte

 

betreffend Bevorschussung Kosten Nachbesserung / Schadenersatz


zieht die Zivilkammer des Obergerichts in Erwägung:

I.

1. A.___ und G.___ (nachfolgend: Beklagte; Verkäufer) einerseits sowie B.___ und C.___, D.___ und E.___ sowie F.___ (nachfolgend: Kläger; Käufer) andererseits unterzeichneten am 5. September 2016 bzw. am 13. Juni 2017 jeweils einen Kaufvertrag über eine zu erstellende Stockwerkeigentums-Liegenschaft mit jeweiligem Sonderrecht an entsprechenden Stockwerkeigentumseinheiten an der [...] in [...].

 

2. Aus diesem Rechtsverhältnis klagten die Kläger vor erster Instanz wegen diversen Baumängeln auf Bevorschussung der Kosten der Nachbesserung bzw. Schadenersatz. Namentlich stellten sie folgende Rechtsbegehren (Klage vom 4. November 2019, Protokoll der Hauptverhandlung vom 10. Juni 2022):

 

1.      Die Beklagten seien zu verurteilen, den Klägern den Betrag von CHF 99'080.75 zzgl. Zins in der Höhe von 5% seit 23.03.2018 zu bezahlen als Bevorschussung der Kosten für die Behebung der nachfolgend aufgeführten, von den Beklagten verursachten Baumängel an der Liegenschaft [...], [...] (gemeinschaftliche Teile):

a)      Nicht fachgerechte Arbeiten am Dach (fehlende Abdeckungen am Dachrand, undichte Anschlüsse an den Dachdurchdringungen, keine passenden Einläufe bei der Dachentwässerung, fehlende Dachbekiesung);

b)      Mangelhafte und lärmende provisorische Dachentwässerung;

c)      Verfärbte, dreckige und beschädigte Aussenwände;

d)      Fehlende Fugen beim Kellerabgang;

e)      Fehlende Trittschwelle beim Kellereingang;

f)       Bodenablauf beim Liftvorplatz im UG liegt über dem Niveau des Bodens;

g)      Mangelhafte Spenglerarbeiten rund um das Dach sowie im Treppenhaus (mangelhaft verarbeitete Dachränder, rostige Geländer, Farbschäden am Geländer, rostige Schrauben und unvollendete Leisten);

h)      Beschädigte Parkplätze;

i)       Ungenügende bzw. nicht funktionierende Aussenbeleuchtung;

j)       Nicht fertig gestellte Schwellen zu den Liftzugängen;

k)      Fehlende Blechabdeckung bei sämtlichen Liftzugängen;

l)       Mangelhafte Kupferleitungen für Heizungen auf dem Dach;

m)    Fehlender Umschalungsschutz der Kupferleitungen auf dem Dach;

n)      Defekte und ungeschützte Leitungsdämmung bei den Leitungen auf dem Dach.

2.      Die Kläger seien zu verpflichten, nach Durchführung der Mängelbehebung, spätestens aber innert drei Jahren ab Erhalt des Kostenvorschusses gemäss vorstehendem Rechtsbegehren Ziffer 1 über die Kosten und den von den Beklagten erhaltenen Kostenvorschuss abzurechnen unter Nachschusspflicht der Beklagten, respektive Rückzahlung eines allfälligen Überschusses an die Beklagten.

3.      Eventualiter zu den vorstehenden Rechtsbegehren Ziffer 1 und 2 seien die Beklagten zur Beseitigung der unter vorstehendem Rechtsbegehren Ziffer 1 genannten Mängel zu verurteilen.

4.      Die Beklagten seien ferner zu verurteilen, den Klägern CHF 7'316.00 zzgl. Zins in der Höhe von 5% ab Einreichung des Schlichtungsgesuchs zu bezahlen. Mehrforderungen vorbehalten.

5.      Es sei festzustellen, dass die Beklagten die Schäden, die den Klägern aufgrund der im Rechtsbegehren Ziffer 1 genannten Mängel künftig entstehen werden, den Klägern ersetzen muss [recte: müssen], d.h. insbesondere die Kosten für die Beseitigung der Folgeschäden an anderen als der gemäss Rechtsbegehren Ziffer 1 genannten Gebäudeteilen.

6.      Die Beklagten haben die Prozesskosten (Gerichtskosten und Parteientschädigung zzgl. MWST) zu tragen.

 

3. Die Beklagten schlossen auf Klageabweisung, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (vgl. Klageantwort vom 10. Januar 2020, Protokoll der Hauptverhandlung vom 10. Juni 2022).

 

4. Am 10. Juni 2022 fällte das Amtsgericht von Dorneck-Thierstein das im Dispositiv eröffnete Urteil. Am 17. Oktober 2022 erging das begründete und rektifizierte Urteil. Darin wurden die Beklagten verpflichtet, den Klägern CHF 50'295.65 zuzüglich Zins zu 5% auf einem Betrag von CHF 42'979.65 seit 23.03.2018 und zuzüglich Zins zu 5% auf einem Betrag von CHF 7'316.00 seit 03.07.2018 zu bezahlen.

 

5. Am 18. November 2022 reichten die Beklagten (nachfolgend: Berufungskläger) bei der Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Solothurn Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts von Dorneck-Thierstein vom 10. Juni 2022 bzw. 17. Oktober 2022 ein, mit den nachstehenden Rechtsbegehren:

 

1.      Es seien die damaligen Beklagten sowie aktuellen Berufungskläger 1 –- 2 nicht zu verpflichten, den ehemaligen Klägern sowie aktuellen Berufungsbeklagten 1 – 3 CHF 50'295.65 zuzüglich Zins zu 5 % auf einen Betrag von CHF 42'979.65 seit 23.03.2018 und zuzüglich Zins zu 5% auf einen Betrag von CHF 7'316.00 seit 03.07.2018 zu bezahlen.

2.      Alles unter o/e-Kostenfolge zu Lasten der Berufungsbeklagten 1 bis 3.

 

6. Mit Gesuch vom 2. Dezember 2022 beantragten die Kläger (nachfolgend auch: Berufungsbeklagte), die Berufungskläger seien zur Leistung einer Parteikostensicherheit zu verpflichten.

 

7. Mit Verfügung vom 13. Februar 2023 hiess die Präsidentin der Zivilkammer das Gesuch der Berufungsbeklagten betreffend Sicherstellung der Parteikosten teilweise gut und verpflichtete die Berufungskläger, eine Sicherheit für die Parteikosten der Berufungsbeklagten in der Höhe von CHF 15'000.00 zu leisten.

 

8. Mit Berufungsantwort vom 28. April 2023 schlossen die Berufungsbeklagten auf vollumfängliche Abweisung der Berufung, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.

 

9. Auf die Mitteilung des Konkursamtes […] vom 5. Juni 2023, wonach über G.___ der Konkurs eröffnet worden sei, wurde das Verfahren in Bezug auf G.___ im Sinne von Art. 207 Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG, SR 281.1) eingestellt.

 

10. Die Streitsache ist in Bezug auf A.___ spruchreif. Gestützt auf Art. 316 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO, SR 272) kann darüber ohne Durchführung einer Verhandlung aufgrund der Akten entschieden werden. Für die Parteistandpunkte und die Erwägungen der Vorinstanz wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, ist nachstehend darauf einzugehen.

 

 

II.

1.

1.1 Der Berufungskläger rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil die Vorinstanz nicht alle seine (in der Duplik erhobenen) Vorbringen behandelt habe.

 

1.2 Das Recht, angehört zu werden, ist formeller Natur. Dessen Verletzung führt ungeachtet der materiellen Begründetheit des Rechtsmittels zur Gutheissung des Rechtsmittels und zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides (vgl. BGE 137 I 195 E. 2.2; 135 I 187 E. 2.2). Die Rüge der Gehörsverletzung ist deshalb vorweg zu behandeln.

 

1.3 Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst unter anderem den Anspruch, dass das Gericht die Parteivorbringen sorgfältig und ernsthaft prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Das bedeutet indessen nicht, dass sich dieses mit jeder tatbestandlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand auseinandersetzen muss. Vielmehr kann es sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Partei soll wissen, warum das Gericht entgegen ihrem Antrag entschieden hat, damit sie den Entscheid gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann (grundlegend BGE 112 Ia 107 E. 2b, ferner BGE 129 I 232 E. 3.2; BGE 126 I 97 E. 2b).

 

1.4 Im Umstand, dass die Vorinstanz in ihrem Urteil nicht auf jede Rüge des hierortigen Berufungsklägers eingegangen ist, liegt keine Gehörsverletzung. Dies deshalb, weil die Rügen den Entscheid nicht zu beeinflussen vermochten.

 

2. Vorneweg und in grundsätzlicher Hinsicht ist festzuhalten, dass das Berufungsverfahren keine Fortsetzung des erstinstanzlichen Verfahrens darstellt, sondern nach der gesetzlichen Konzeption als eigenständiges Verfahren ausgestaltet ist. Mit der Berufung kann eine unrichtige Rechtsanwendung und eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 310 ZPO). Die Berufungsinstanz verfügt über uneingeschränkte Kognition bezüglich Tat- und Rechtsfragen, einschliesslich der Frage richtiger Ermessensausübung. In der schriftlichen Berufungsbegründung (Art. 311 ZPO) ist hinreichend genau aufzuzeigen, inwiefern der erstinstanzliche Entscheid in den angefochtenen Punkten als fehlerhaft zu betrachten ist, beziehungsweise an einem der genannten Mängel leidet. Das setzt voraus, dass der Berufungskläger die vorinstanzlichen Erwägungen bezeichnet, die er anficht, sich argumentativ mit diesen auseinandersetzt und mittels genügend präziser Verweisungen auf die Akten aufzeigt, wo die massgebenden Behauptungen, Erklärungen, Bestreitungen und Einreden erhoben wurden, beziehungsweise aus welchen Aktenstellen sich der geltend gemachte Berufungsgrund ergeben soll. Die pauschale Verweisung auf frühere Vorbringen deren blosse Wiederholung genügen nicht. Was nicht nicht in einer den gesetzlichen Begründungsanforderungen entsprechenden Weise beanstandet wird, braucht von der Rechtsmittelinstanz nicht überprüft zu werden; diese hat sich – abgesehen von offensichtlichen Mängeln – grundsätzlich auf die Beurteilung der Beanstandungen zu beschränken, die in der schriftlichen Begründung formgerecht gegen den erstinstanzlichen Entscheid erhoben werden (vgl. BGE 142 III 413, mit weiteren Hinweisen). Ob die Berufungsschrift, welche sich in zahlreichen Verweisen auf die erstinstanzlich getätigten Eingaben und Ausführungen und vorwiegend in appellatorischer Kritik am angefochtenen Urteil erschöpft, diesen Erfordernissen genügt, kann dahingestellt bleiben, denn so anders wäre die Berufung abzuweisen, was folgt:

 

3. Die Vorinstanz hiess die Klage teilweise gut und verpflichtete die Beklagten den Klägern CHF 50'295.65 zuzüglich Zins zu 5% auf einem Betrag von CHF 42'979.65 seit 23. März 2018 und zuzüglich Zins zu 5% auf einem Betrag von CHF 7'316.00 seit 3. Juli 2018 zu bezahlen. In sachverhaltsmässiger Hinsicht stellte sie unter anderem fest, die Beklagten hätten mit den Klägern jeweils Verträge über eine zu erstellende Stockwerkeigentums-Liegenschaft mit jeweiligem Sonderrecht an entsprechenden Wohnungen bzw. Stockwerkeigentumseinheiten abgeschlossen. Die Vorinstanz prüfte des Weiteren die Rechtzeitigkeit der Mängelrügen und erwog dazu, in Art. 4.12 der Kaufverträge werde die Garantiefrist gemäss SIA festgehalten, welche zwei Jahre für normale und fünf Jahre für versteckte Mängel vorsehe. Sämtliche von den Klägern vorgebrachten Mängelrügen seien rechtzeitig erfolgt. In der Folge prüfte sie die Forderungsbegehren der Kläger und gelangte – wie bereits erwähnt – zu einer teilweisen Gutheissung der Klage.

 

4.

4.1 Der Berufungskläger rügt, wie sich aus den einschlägigen Kaufverträgen unter Art. 1.1 entnehmen lasse, stellten er und seine Ehefrau lediglich die Verkaufspartei im Sinne einer einfachen Gesellschaft nach Art. 530 ff. OR und damit als Privatpersonen dar. Keinesfalls hätten sie sich als Verkaufspartei in den jeweiligen Kaufverträgen verpflichtet, eine Stockwerkeigentumsliegenschaft mit jeweiligem Sonderrecht an entsprechenden Wohnungen resp. Stockwerkeigentumseinheiten zu erstellen. Ausschliesslich die von ihnen beauftragten Unternehmen gemäss Art. 4.12 – bis Dezember 2016 die H.___ AG, danach die I.___ AG – seien Verträge mit den Unternehmern eingegangen. Sie selbst seien nie solche Verträge eingegangen. Ihnen gegenüber könnten entsprechend keine Garantiefristen geltend gemacht werden. Wenn überhaupt, hätte die Vorinstanz die H.___ AG die I.___ AG, die Unternehmungen, welche von ihnen und damit von der Verkaufspartei beauftragt worden seien, zur Bezahlung verpflichten müssen.

 

Des Weiteren rügt der Berufungskläger, die Bestimmung von Art. 4.12 der Kaufverträge sei nicht anwendbar, da sich die Garantiefrist gemäss SIA nachweislich nicht auf die Gesamtparzelle beziehe, sondern ausschliesslich auf die einzelnen Stockwerkeigentumseinheiten. Die zweijährigen Garantiefristen der SIA-Norm 118 seien gerade nicht anwendbar, da sich die von den Berufungsbeklagten vorliegend gerügten Mängel allesamt nicht auf ihre Stockwerkeigentumseinheiten beziehen würden, sondern auf die gesamte Liegenschaft und somit auf die gemeinschaftlichen Teile. Somit seien die kurzen Rügefristen des Obligationenrechts respektive der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, welche eine Rüge innerhalb von sieben Tagen ab Entdeckung des Mangels vorsehen, zu beachten. Diese Rügefristen seien nicht eingehalten worden. Es werde diesbezüglich vollumfänglich auf die Duplik vom 14. Mai 2021 verwiesen.

 

4.2 Die Berufungsbeklagten entgegnen, soweit der Berufungskläger geltend mache, dass die gerügten Mängel allesamt gemeinschaftliche Teile betreffen und somit gar nicht von den einzelnen Stockwerkeigentümern geltend gemacht werden könnten, sei zu bemerken, dass der Käufer mit Erwerb einer Stockwerkeigentumseinheit immer auch (Mit-)Eigentümer der Stammparzelle werde. Der Kaufvertrag mache keinen Unterschied zwischen den gemeinschaftlichen und den Sonderrechts-Teilen. Der Vertrag halte in Ziffer 4.12 klar fest, dass die Verkäufer mit allen involvierten Unternehmern entsprechende Verträge eingegangen seien. Der Zweck dieser Bestimmung könne nur sein, dass den Berufungsbeklagten dieselben Rechte ebenfalls zustünden. Rechtsfolge davon sei, dass die Berufungsbeklagten jederzeit innerhalb der erwähnten zweijährigen Frist die Mängel haben rügen können. Entsprechend gelte vorliegend auch Ziffer 4.12 des Kaufvertrags und die darin normierte Garantiefrist für alle Parteien. Das Stammgrundstück sei ebenfalls Teil des Kaufvertrags und entsprechend von den Vertragsbestimmungen mitumfasst. Ohnehin sei ein jeweiliger Stockwerkeigentümer immer auch berechtigt, selbst Mängel an den allgemeinen Teilen geltend zu machen. Selbst wenn die Garantiefrist nach SIA nicht anwendbar sein sollte, seien die geltend gemachten Mängel allesamt rechtzeitig gerügt worden. Für jeden einzelnen der gerügten und eingeklagten Mängel sei die jeweilige Mängelrüge inkl. Bestätigung über die Zustellung beigebracht worden. Dass die Verkaufspartei zur Errichtung der Liegenschaft spezialisierte Unternehmen beigezogen habe, sei üblich. Dies entbinde sie jedoch nicht von der Verantwortung gegenüber den Käufern.

 

5.

5.1 Neue Tatsachen und Beweismittel werden gemäss Art. 317 Abs. 1 ZPO nur noch berücksichtigt, wenn sie ohne Verzug vorgebracht werden (lit. a) und trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten (lit. b). Praxisgemäss ist zwischen echten und unechten neuen Vorbringen (sogenannte
Noven) zu unterscheiden. Echte Noven sind Tatsachen und Beweismittel, die (erst) nach dem Ende der Hauptverhandlung des erstinstanzlichen Verfahrens entstanden sind. Sie sind im Berufungsverfahren grundsätzlich immer zulässig, wenn sie ohne Verzug nach ihrer Entdeckung vorgebracht werden. Unechte Noven sind Tatsachen und Beweismittel, die bereits bei Ende der erstinstanzlichen Hauptverhandlung entstanden waren. Ihre Zulassung wird im Berufungsverfahren weitergehend insofern eingeschränkt, als sie ausgeschlossen sind, wenn sie bei Beachtung zumutbarer Sorgfalt bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können. Im Falle unechter Noven hat die Berufungsklägerin namentlich die Gründe detailliert darzulegen, weshalb sie die Tatsache das Beweismittel nicht schon vor erster Instanz hat vorbringen können (Urteil des Bundesgerichts 5A_819/2015, E. 4.1).

 

5.2 Der Berufungskläger reicht mit seiner Berufung insgesamt 22 Beilagen zu den Akten. Als Beilage Nr. 2 und 3 werden das angefochtene Urteil sowie ein Sendeverlauf zu den Akten gereicht. Diese sind zu den Akten zu nehmen. Nicht zu den Akten zu nehmen sind hingegen sämtliche übrigen Urkunden, welche allesamt zwischen dem 16. Juli 2015 und dem 1. Februar 2021 datieren. Die erstinstanzliche Hauptverhandlung wurde am 10. Juni 2022 durchgeführt. Bei den Urkunden Nrn. 1 sowie 4 bis 22 handelt es sich demnach um unechte Noven. Warum sie nicht bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können, wird mit keinem Wort erwähnt. Folglich sind sie im vorliegenden Berufungsverfahren unbeachtlich.

 

5.3 Unbeachtlich sind des Weiteren auch die vom Berufungskläger erstmals anlässlich des Berufungsverfahrens vorgetragenen Tatsachen (vgl. dazu E. II/6.3 nachstehend).

 

6.

6.1

Die Berufung richtet sich gegen zwei Punkte des vorinstanzlichen Urteils: Zum einen wird gerügt, der Berufungskläger und seine Ehefrau seien gar nicht die einzuklagende Partei, da sie keine Verpflichtung zur Erstellung von Stockwerkeigentumseinheiten getroffen habe. Zum andern wird geltend gemacht, die Mängelrügen seien nicht rechtzeitig erhoben worden (vgl. zum Ganzen E. II/6.2 ff. nachfolgend).

 

6.2 In den Akten finden sich drei Kaufverträge (Klagebeilagen Nrn. 5, 6 und 7). Verkaufspartei ist bei allen drei Verträgen A.___ und G.___. B.___ und C.___, D.___ und E.___ sowie F.___ sind die jeweiligen Kaufsparteien. Kaufsobjekte waren noch zu erstellende Stockwerkeinheiten.

 

Den Verträgen ist – soweit nachfolgend relevant – Folgendes zu entnehmen:

 

Gemäss Ziffer 4.1 verpflichtete sich die Verkaufspartei, die Stockwerkeigentumseinheiten bis Frühling 2017 bzw. bis 31. Dezember 2017 schlüsselfertig zu erstellen.

 

Ziffer 4.12 betrifft die «Mängelrechte, Garantien und Gewährleistung» und hat folgenden Wortlaut:

 

[…]

 

Alle Verträge mit den Unternehmern (z.B. Baumeister, Spengler, Elektriker etc.) enthalten die übliche SIA-Garantiefrist von zwei Jahren. Es wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Garantiefrist für verdeckte Mängel fünf Jahre beträgt. Die Garantiefrist beginnt nicht einheitlich. Sie kann je nach Arbeitsgattung bereits vor der Eigentumsübertragung (z.B. Baumeister) nach Eigentumsübertragung (z.B. Umgebungsarbeiten) zu laufen beginnen.

 

Der Kaufspartei bzw. der Stockwerkeigentümergemeinschaft wird schriftlich mitgeteilt, wann die Garantiefristen zu laufen beginnen.

 

Die von der Verkaufspartei beauftragte Unternehmung führt bei Bezugsbereitschaft und vor Ablauf der zweijährigen Garantiefrist mit der Käuferschaft bzw. der Stockwerkeigentümergemeinschaft eine Garantieabnahme durch und veranlasst und überwacht die Ausführung und Behebung der dabei festgestellten Mängel.

 

Die Vertragsparteien sind von der Urkundsperson auf die Art. 192 – 196 OR über die Rechtsgewährleistung sowie die Art. 197 ff. und Art. 219 OR über die Sachgewährleistung (Mängelhaftung) aufmerksam gemacht worden.

 

6.3 Der klare Wortlaut von Ziffer 4.1 der Kaufverträge steht der Argumentation des Berufungsklägers, er und seine Ehefrau habe niemals die vertragliche Pflicht zur Erstellung der Objekte getroffen, da sie gemäss den jeweiligen Kaufverträgen eine Unternehmung (originär die H.___ AG) beauftragt hätten, entgegen. Die Verkaufspartei und damit der Berufungskläger und seine Ehefrau verpflichteten sich zur Erstellung von Stockwerkeigentumseinheiten. Nur der Vollständigkeit halber und weil der Berufungskläger die H.___ AG als Verantwortliche bezeichnet haben will, bleibt zu bemerken, dass bereits im Entscheid über die beantragte Sicherstellung der Parteikosten vom 13. Februar 2023 darauf hingewiesen worden ist, dass der Berufungskläger wirtschaftlich hinter den Gesellschaften (I.___ AG und H.___ AG) stecke. Ein allfälliger Durchgriff hätte damit wieder zum Berufungskläger geführt. Ob sich der Berufungskläger diesbezüglich rechtsmissbräuchlich verhält, ist vorliegend nicht weiter zu prüfen. Schliesslich bleibt darauf hinzuweisen, dass das (sinngemässe) Argument des Berufungsklägers, wonach er und seine Ehefrau nicht passivlegitimiert seien, aufgrund der Novenschranke im vorliegenden Berufungsverfahren ohnehin nicht mehr zu hören gewesen wäre. Es bleibt zu bemerken, dass der Berufungskläger noch in der Klageantwort vom 10. Januar 2020 ausdrücklich erklärte, die Ausführungen der Klägerschaft zum Vertragsschluss (N 11) seien unbestritten. Wortwörtlich wurde von den Klägern Folgendes ausgeführt: «Die Beklagten schlossen mit den Klägern jeweils Verträge über eine zu erstellende Stockwerkeigentums-Liegenschaft mit jeweiligem Sonderrecht an entsprechenden Wohnungen bzw. Stockwerkeigentumseinheiten ab» […] (vgl. Klage vom 4. November 2019 N 11).

 

6.4 Klar ist ebenfalls die Ziffer 4.12 der Kaufverträge wonach eine (mindestens) zweijährige Garantiefrist vereinbart worden ist. In diesem Zusammenhang weisen die Berufungsbeklagten völlig zu Recht darauf hin, dass sie die Mängel innerhalb dieser Frist rügen konnten. Andernfalls hätte weder der Verweis auf die SIA-Norm, noch die Bestimmungen betreffend Mitteilung des Beginns der Garantiefrist die Garantieabnahme mit den Käufern, Eingang in den Kaufvertrag gefunden.

 

Gemäss Art. 712a Abs. 1 Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB, SR 210) ist Stockwerkeigentum der Miteigentumsanteil an einem Grundstück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht einräumt, bestimmte Gebäudeteile ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen. Jeder Stockwerkeigentümer hat Miteigentum am gesamten Grundstück (BGE 116 II 275 E. 3b). Entsprechend und wie von den Berufungsbeklagten geltend gemacht, machen die Kaufverträge keinen Unterschied zwischen den Sonderrechtsteilen und den gemeinschaftlichen Teilen. Dass das Stammgrundstück vom Kaufvertrag ebenfalls mitumfasst wird, bedarf keiner weiteren Erwägung. Schliesslich weisen die Berufungsbeklagten zu Recht auf den Entscheid des Bundesgerichts 145 III 8 E. 3.5 hin. Darin wird Folgendes festgehalten: […] Der Unternehmer, der vertraglich die Erstellung einer Stockwerkeinheit übernimmt, ist dem Besteller gegenüber zur Ablieferung des mängelfreien Werkes auch in Bezug auf Bauteile verpflichtet, die anderen Miteigentümern ebenfalls zur Nutzung zustehen. Der Nachbesserungsanspruch ist unteilbar und jeder einzelne Stockwerkeigentümer kann seine vertraglichen Nachbesserungsansprüche gegenüber dem Unternehmer auch dann ungeteilt ausüben, wenn diese Ansprüche gemeinsame Bauteile eines in Stockwerkeigentum aufgeteilten Werkes betreffen […]. Ein jeweiliger Stockwerkeigentümer ist somit berechtigt, selbst Mängel an den allgemeinen Teilen geltend zu machen.

 

Im Kaufvertrag wurde für die Mängelhaftung des Verkäufers bzw. Erstellers die Anwendbarkeit der Norm SIA 118 und damit eine zwei- bzw. fünfjährige Garantiefrist vereinbart. Da die Mängelrechte gegenüber den am Bau beteiligten Planern und Unternehmern dem Verkäufer bzw. Ersteller zustehen und diese Rechte nicht an die Käuferschaft abgetreten worden sind, hat sich die Käuferschaft zu Recht und innert der vertraglich vereinbarten Frist an die Verkäufer bzw. Ersteller gehalten. Nur bei einer Abtretung hätte sich der Käufer bzw. die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer selber um die Mängelbeseitigung durch die diversen Unternehmer kümmern müssen. Eine solche liegt aber – wie bereits erwähnt – nicht vor. Die Einhaltung der Garantiefrist nach der SIA Norm 118 wird nicht bestritten.

 

7. Aufgrund der Erwägungen erweist sich die Berufung als unbegründet, sie ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang hat der Berufungskläger die Gerichtskosten zu bezahlen. Diese belaufen sich auf CHF 8'500.00 und werden mit dem bereits geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. Ausgangsgemäss hat der Berufungskläger zudem die Berufungsbeklagten zu entschädigen. Die Entschädigung wird antragsgemäss auf CHF 10'245.00 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt. Der Berufungskläger hatte für das Berufungsverfahren an die Gerichtskasse eine Sicherheit für die Parteientschädigung in der Höhe von CHF 15'000.00 bezahlt. Der Betrag von CHF 10'245.00 ist den Berufungsbeklagten deshalb direkt zu Lasten dieser Sicherheit auszurichten. Der verbleibende Betrag von CHF 4'755.00 ist dem Berufungskläger zurückzuerstatten.

 

Demnach wird erkannt:

1.    Die Berufung wird abgewiesen.

2.    A.___ hat die Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von CHF 8'500.00 zu bezahlen.

3.    A.___ hat B.___, C.___, D.___, E.___ und F.___ für das Berufungsverfahren eine Parteientschädigung von CHF 10'245.00 zu bezahlen. Dieser Betrag ist von der Gerichtskasse zu Lasten der von A.___ in der Höhe von CHF 15'000.00 geleisteten Sicherheit für die Parteikosten direkt an B.___, C.___, D.___, E.___ und F.___ zu überweisen. Der verbleibende Betrag von CHF 4'755.00 ist A.___ zurückzuerstatten.

 

Rechtsmittel: Der Streitwert beträgt mehr als CHF 30'000.00.

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

Im Namen der Zivilkammer des Obergerichts

Die Präsidentin                                                                 Die Gerichtsschreiberin

Hunkeler                                                                           Hasler



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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