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Urteil Verwaltungsgericht (SO - ZKBER.2022.76)

Zusammenfassung des Urteils ZKBER.2022.76: Verwaltungsgericht

Die Zivilkammer des Obergerichts hat in einem Fall betreffend Forderung aus einem Arbeitsvertrag entschieden. Der Kläger forderte Lohnzahlungen und Entschädigung aufgrund einer rechtsmissbräuchlichen Kündigung. Das Amtsgerichtspräsident urteilte zugunsten der Beklagten und wies einen Teil der Forderungen ab. Der Kläger legte Berufung ein, die Berufungsbeklagte bestritt die Anträge. Nach Prüfung der Sachlage und Anhörung beider Parteien wies das Obergericht die Berufung ab und verpflichtete den Kläger zur Zahlung einer Parteientschädigung. Der Streitwert lag unter CHF 30'000, daher wurden keine Gerichtskosten erhoben.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts ZKBER.2022.76

Kanton:SO
Fallnummer:ZKBER.2022.76
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Zivilkammer
Verwaltungsgericht Entscheid ZKBER.2022.76 vom 25.01.2023 (SO)
Datum:25.01.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Berufung; Kündigung; Berufungskläger; Arbeitsverhältnis; Parteien; Berufungsbeklagte; Recht; Arbeitsvertrag; Vorinstanz; Beweis; Vorderrichter; Gericht; Klage; Beklagten; Missbräuchlichkeit; Verhalten; Sachverhalt; Stellenantritt; Parteibefragung; Tatsache; Erwägung; Hauptverhandlung
Rechtsnorm: Art. 310 ZPO ;Art. 311 ZPO ;Art. 335a OR ;Art. 336 OR ;Art. 55 ZPO ;Art. 58 ZPO ;Art. 8 ZGB ;
Referenz BGE:141 III 569; 142 III 413;
Kommentar:
Thomas Sutter, Thomas Sutter-Somm, Sutter-Somm, Schweizer, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zürich, Art. 247 OR, 2016

Entscheid des Verwaltungsgerichts ZKBER.2022.76

 
Geschäftsnummer: ZKBER.2022.76
Instanz: Zivilkammer
Entscheiddatum: 25.01.2023 
FindInfo-Nummer: O_ZK.2023.10
Titel: Forderung aus Arbeitsvertrag

Resümee:

 

Obergericht

Zivilkammer

 

Urteil vom 25. Januar 2023     

Es wirken mit:

Präsidentin Hunkeler

Oberrichter Frey

Oberrichter Müller    

Gerichtsschreiber Schaller

In Sachen

A.___, vertreten durch Rechtsanwalt Kenad Melunovic Marini,

 

Berufungskläger

 

 

gegen

 

 

B.___ AG, vertreten durch Rechtsanwältin Cornelia Dippon,

 

Berufungsbeklagte

 

betreffend Forderung aus Arbeitsvertrag


zieht die Zivilkammer des Obergerichts in Erwägung:

I.

1. Am 29. März 2022 erhob A.___ (im Folgenden der Kläger) beim Richteramt Thal-Gäu eine unbegründete Klage betreffend rechtsmissbräuchliche Kündigung/Entschädigung gegen die B.___ AG (im Folgenden die Beklagte). In der Hauptverhandlung stellte er die folgenden, leicht reduzierten Rechtsbegehren:

1. Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger Lohn bis 31. März 2022 in der Höhe von Fr. 12’736.10 (brutto) zu bezahlen, inklusive der Leistung der ordentlichen Sozialbeiträge.

2. Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger wegen missbräuchlicher Kündigung 2 Monatslöhne, insgesamt den Betrag von Fr. 11’576.80 zuzüglich 5 % Verzugszins seit dem 2. November 2021 zu bezahlen.

3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zzgl. 7.7 % MWST zu Lasten der Beklagten.

 

2. Die Beklagte schloss auf vollumfängliche Abweisung der Klage, u.K.u.E.F.

 

3. Am 7. Juli 2022 fällte der Amtsgerichtspräsident das folgende Urteil:

1.  Es wird festgestellt, dass die Beklagte die Klage im Umfang von CHF 6'233.70 brutto (Februarlohn 2022) anerkannt hat. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.  Der Kläger hat der Beklagten, vertreten durch Rechtsanwältin Cornelia Dippon, eine reduzierte Parteientschädigung von CHF 1'140.00 (inkl. Auslagen und MwSt.) zu bezahlen.

3.  Die Kosten des Schlichtungsverfahrens von CHF 1'000.00 hat der Kläger zu bezahlen. Sie werden mit dem von ihm geleisteten Gerichtskostenvorschuss verrechnet.

4.  Für das Klageverfahren werden keine Gerichtskosten erhoben.

 

4. Gegen das begründete Urteil erhob der Kläger (im Folgenden auch der Berufungskläger) am 5. Oktober 2022 mit folgenden Anträgen frist- und formgerecht Berufung an das Obergericht:

1. In Gutheissung der Berufung sei das Urteil des Amtsgerichtspräsidenten des Richteramts Thal-Gäu vom 7. Juli 2022 (TGZPR.2022.215-ATGWAG) aufzugeben;

2. Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger den ausstehenden Lohn für den Monat März 2022 in der Höhe von Fr. 6233.70 (brutto) zu bezahlen, inklusive der Leistung der ordentlichen Sozialbeiträge;

3. Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger wegen missbräuchlicher Kündigung zwei Monatslöhne, insgesamt den Betrag von Fr. 12 467.40 zuzüglich 5 % Verzugszins seit dem 2. November 2021 zu bezahlen.

4. Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger für das erstinstnazliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 3487.10 (inkl. Auslagen) und zzgl. 7.7 % MWST zu bezahlen;

5. unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zzgl. 7.7 % MWST zu Lasten der Beklagten für das Berufungsverfahren.

 

5. Die Beklagte (im Folgenden auch die Berufungsbeklagte) beantragte in ihrer Berufungsantwort vom 7. November 2022, die Anträge des Berufungsklägers seien abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei, u.K.u.E.F.

 

6. Für die Parteistandpunkte und die Erwägungen des Vorderrichters wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich ist nachstehend darauf einzugehen.

II.

1. Die Streitsache beruht auf dem folgenden, insofern unbestrittenen Sachverhalt: Der Berufungskläger arbeitete ab 1. September 2010 bei der [...] AG. Das Arbeitsverhältnis wurde nach einer Betriebsübernahme ab dem 31. Mai 2021 mit der Berufungsbeklagten weitergeführt. Diese sprach am 25. Oktober 2021 eine Änderungskündigung per 31. Januar 2022 aus. Dem Berufungskläger wurde die Möglichkeit gegeben, innert Frist bis 10. November 2021 den beigelegten neuen Arbeitsvertrag gültig ab 1. Februar 2022 zu unterzeichnen und zurückzuschicken (Klagebeilagen 5 und 7), was der Berufungskläger am 29. Oktober 2021 tat (Klagebeilage 13). Am 2. November 2021 kündigte die Berufungsbeklagte das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist auf den 31. Januar 2022. Weiter hielt sie fest, zur Vermeidung von Missverständnissen werde der Arbeitsvertrag gültig per 1. Februar 2022 widerrufen (Klagebeilage 6).

 

2.1 Zwischen den Parteien war vor der Vorinstanz zunächst umstritten, wann die ordentliche 3-monatige Kündigungsfrist begonnen hat und wie lange demzufolge der Lohn geschuldet war. Der Vorderrichter erwog dazu, eine Änderungskündigung bezwecke nicht primär die Auflösung des Arbeitsverhältnisses, sondern dessen inhaltliche Neugestaltung. Durch die Änderung der Vertragsbedingungen werde deshalb nicht ein neues Arbeitsverhältnis begründet. Aus dem Widerruf des Arbeitsvertrags per 1. Februar 2022 könne nicht abgeleitet werden, dass ab 1. Februar 2022 ein gänzlich neues Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien hätte begründet werden sollen, mit der Folge, dass es sich bei der Kündigung vom 2. November 2021 um eine solche vor Stellenantritt handeln würde. Die Parteien hätten eben gerade nicht die gänzliche Aufhebung und anschliessende Neubegründung des Arbeitsverhältnisses, sondern lediglich eine Modifikation des Arbeitsverhältnisses ab 1. Februar 2022 vereinbart. Somit liege keine Kündigung vor Stellenantritt vor. Für die Berechnung der Kündigungsfrist sei der Zugang der Kündigung und nicht der Eintritt der Vertragsänderung massgebend. Nach der persönlichen Übergabe der Kündigung am 2. November 2021 habe das Arbeitsverhältnis somit per 28. Februar 2022 geendet.

 

2.2 In Bezug auf die geltend gemachte Missbräuchlichkeit der Kündigung hielt der Vorderrichter zunächst fest, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis von jeder Vertragspartei unter Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Kündigungsfrist gekündigt werden könne. Es bedürfe keiner besonderen Gründe, um ein Arbeitsverhältnis ordentlich beenden zu können. Eine Kündigung dürfe jedoch nicht aus einem der in Art. 336 OR genannten Gründe ausgesprochen werden, wobei diese Aufzählung nicht abschliessend sei. Der Vorwurf der Missbräuchlichkeit setze voraus, dass die geltend gemachten Gründe eine Schwere aufwiesen, die mit der in Art. 336 OR ausdrücklich genannten Gründen vergleichbar sei. Die kündigende Partei dürfe insbesondere kein falsches und verdecktes Spiel treiben, das Treu und Glauben krass widerspreche. Ein krass vertragswidriges Verhalten, namentlich eine schwere Persönlichkeitsverletzung im Umfeld einer Kündigung, könne diese als missbräuchlich erscheinen lassen, auch wenn das Verhalten für die Kündigung nicht kausal gewesen sei. Weiter hält der Vorderrichter die Vorbringen der Parteien fest. Der Kläger begründe die Missbräuchlichkeit mit dem Gebot der schonenden Rechtsausübung sowie der in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung verwendeten Terminologie «kein falsches und verstecktes Spiel treiben». Die Kündigung, die nur wenige Tage nach der Zustellung eines neuen Arbeitsvertrages ausgesprochen worden sei, nachdem ihm noch im April ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt worden sei, und das später als Kündigungsgrund angegebene Ereignis vom 29. Oktober 2021 seien Anzeichen eines solchen falschen und verdeckten Spiels. Bei seinem Verhalten vom 29. Oktober 2021 habe es sich um eine Lappalie gehandelt. Er sei nicht ausfällig geworden und habe die Firma nicht diskreditiert. Für die Beklagte habe C.___ an der Hauptverhandlung geschildert, das Hauptproblem sei das Verhalten des Klägers gewesen, seine temperamentvollen Ausbrüche, welche zu den Verwarnungen in den Jahren 2019, 2020 und auch Ende Oktober 2021 geführt hätten. Es herrsche zwar unbestritten ein rauer Ton unter den Fahrern, aber beim Kläger sei es ausgeartet. Im Oktober habe er einen regelrechten Wutausbruch gehabt. Arbeitskolleginnen und -kollegen, welche den Vorfall erlebt hätten, hätten an die Filialleitung angetragen, sie hätten wirklich Angst. Sie hätten es ernstnehmen müssen, wenn sich Mitarbeiter bedroht gefühlt hätten. Die Beklagte betone, die Kündigung sei eine ordentliche gewesen und keine fristlose. Der Vorderrichter folgerte aus diesen Ausführungen der Parteien, der Kläger stelle nicht in Abrede, dass es wegen seines Verhaltens verschiedentlich Aussprachen mit seinen Vorgesetzten gegeben habe. Aufgrund der aktenkundigen Verwarnungen und Aktennotizen aus der Vergangenheit scheine es wahrscheinlich, dass sich der Kläger unangemessen verhalten und so das Zusammenarbeiten negativ beeinflusst habe. Die Beklagte stütze ihre Kündigung schlussendlich auf einen Vorfall vom 29. Oktober 2021, ein Ereignis also, das nach der Zusendung des neuen Vertrages vorgefallen sei. Dieser Umstand lasse die Kürze des Zeitverlaufs zwischen der Zustellung des neuen und der Kündigung des alten Vertrages nicht als missbräuchlich erscheinen. Es erscheine entgegen der Darstellung des Klägers unwahrscheinlich, dass die Beklagte ihm einen unterschriebenen, neuen Arbeitsvertrag mit dem daraus resultierenden Verwaltungsaufwand hätte zustellen sollen, wenn bereits klar gewesen wäre, dass das Arbeitsverhältnis nicht weiterführt werden solle. Es gehe aus den Ausführungen des Klägers nicht hervor, inwiefern in welcher Weise die Beklagte die Kündigung aufgrund persönlicher Ungereimtheiten ausgesprochen sich treuwidrig verhalten hätte. Unter diesen Umständen könne ein persönliches Motiv der Beklagten bzw. derer Vertreter, das auf eine Rachekündigung hindeute, nicht erstellt werden. Die Kündigung erweise sich demnach nicht als missbräuchlich.

 

3.1 Der Berufungskläger bringt dagegen vor, das bisherige Arbeitsverhältnis sei per 31. Januar 2022 beendet und nicht modifiziert worden. Der neue Arbeitsvertrag sei am 1. November 2021 mit Wirkung per 1. Februar 2022 zustande gekommen. Danach habe nur dieser zweite Arbeitsvertrag gekündigt werden können. Da seine Gültigkeit von der Beklagten per 1. Februar 2022 festgesetzt worden sei, handle es sich rechtlich um eine Kündigung vor Stellenantritt gemäss dem neuen Arbeitsvertrag. Soweit die Vorinstanz erwäge, es handle sich nicht um ein neues Arbeitsverhältnis, verletze sie Art. 1 i.V.m. Art. 10 Abs. 1 i.V.m. Art. 320 f. i.V.m. mit Art. 335 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 335c sowie Art. 335a Abs. 1 OR. Der Widerruf durch die Beklagte vom 2. November 2021 sei somit als Kündigung des neuen, am 1. November 2021 zustande gekommenen Arbeitsvertrages vor Stellenantritt zu qualifizieren. Dies habe die Beklagte selbst anerkannt (vgl. Protokoll S. 4). Da die Kündigungsfrist per 1. Februar 2022 zu laufen begonnen habe, habe der Arbeitsvertrag erstmals per 30. April 2022 ordentlich gekündigt werden können. Da die Beklagte die Löhne bis und mit Februar 2022 bezahlt habe und der Kläger per 1. April 2022 eine neue Arbeitsstelle angetreten habe, schulde die Beklagte noch den Lohn für den Monat März 2022.

 

3.2 Zur Missbräuchlichkeit der Kündigung fasst der Berufungskläger zunächst die oben unter Ziffer 2.2 ebenfalls wiedergegebenen Erwägungen der Vorinstanz zusammen. Er führt dazu aus, mit diesen Erwägungen verletze die Vorinstanz in mehrfacher Hinsicht Bundesrecht. Sie verletze Art. 58 Abs. 1 ZPO und erhebe Beweise, die von den Parteien nicht beantragt worden seien und konstruiere autonom einen Sachverhalt, der von den Parteien, insbesondere der Beklagten, weder behauptet noch bewiesen worden sei und verletze damit auch Art. 55 ZPO sowie Art. 8 ZGB. Der Berufungskläger verweist weiter auf seine Tatsachenvorbringen zur Missbräuchlichkeit. Er führt dazu weiter aus, soweit die Kündigung mit seinem Verhalten vom 29. Oktober 2021 begründet werde, sei festzuhalten, dass es sich dabei um eine Lappalie gehandelt habe, er nicht ausfällig geworden sei die Firma nicht diskreditiert habe. Dass dem Kläger ein neuer Arbeitsvertrag zugestellt worden sei und dieser einzig aufgrund einer Lappalie lediglich eine Woche später wieder gekündigt worden sei, stelle eine missbräuchliche Kündigung dar. Die Kündigung sei wegen einer vorgängigen persönlichen Auseinandersetzung zwischen dem Vorgesetzten und ihm erfolgt. Dabei handle es sich um eine Rachekündigung. Nach dem Hinweis auf die Ausführungen der Rechtsanwältin der Beklagten (Verhandlungsprotokoll, Seite 4) und den von ihr offerierten Beweis, die Aktennotiz der [...] vom 28. August 2018 (Verhandlungsprotokoll, Seite 3), hält er fest, die Beklagte habe seine Tatsachenvorbringen nicht rechtsgenüglich bestritten. Sie habe allfällige Beweisanträge in keiner Weise den einzelnen Tatsachenbehauptungen zugeordnet. Er behaupte, dass es das Ereignis vom 29. Oktober 2021 nie gegeben habe. Nach dem Grundsatz, dass fehlende Umstände nicht zu beweisen sein, hätte die Beklagte somit substantiiert behaupten und beweisen müssen, dass es das kündigungsbegründe Ereignis tatsächlich gegeben habe. Soweit sie das nicht getan habe, hätte die Vorinstanz auf die Tatsachenvorbringen des Klägers abstellen und die Missbräuchlichkeit der Kündigung feststellen müssen. Soweit die Vorinstanz von Amtes wegen eine Beweisbefragung durchgeführt habe und damit Aussagen der Parteien dazu provoziert und verwertet habe verletze sie den Grundsatz «ne procedat iudex ex officio». Für die Beweisabnahme bestehe keine Grundlage, wenn hinreichend substantiierte Behauptungen fehlten.

 

4. Die Berufungsbeklagte hält dem entgegen, das bisherige Arbeitsverhältnis sei nicht per 31. Januar 2022 beendet, sondern mit der Annahme der Änderungsofferte fortgeführt worden. Es handle sich nicht um eine Kündigung vor Stellenantritt, da kein neues Arbeitsverhältnis begründet worden sei. Eine ordentliche Kündigung sei jederzeit möglich. Sollte eine Rachekündigung vorliegen, müsse diese begründet werden. Die Argumente für die Rachekündigungen seien nicht dargelegt worden. Die Vorinstanz habe keinen Sachverhalt konstruiert. Es habe keine Rache vorgelegen, ein Sachverhalt dazu fehle. Art. 247 Abs. 2 lit. b Ziffer 2 ZPO verpflichte das Gericht, den Sachverhalt von Amtes wegen zu klären. Eine persönliche Auseinandersetzung zwischen dem Berufungskläger und dem Vorgesetzten habe nicht stattgefunden, sei nie belegt worden und stehe neu im Raum. Private Ungereimtheiten mit den Ansprüchen aus dem neuen Arbeitsvertrag existierten nicht, seien nicht im mindesten glaubhaft gemacht worden und seien bestritten. Die Berufungsbeklagte hätte kaum die Vertragsänderung zugestellt, wenn Ungereimtheiten bestanden hätten. Der Berufungskläger habe in der Hauptverhandlung von einem «falschen und versteckten Spiel» gesprochen. Dieses habe er nicht aufzuzeigen vermocht. Gründe, die eine Schwere aufweisen würden, die mit den in Art. 336 OR genannten vergleichbar seien, lägen offensichtlich nicht vor. Der Vertreter der Berufungsbeklagten habe in der Parteibefragung die verbalen Ausbrüche des Berufungsklägers bestätigt. Der letzte Ausbruch habe am 29. Oktober 2021 stattgefunden. Die ordentliche Kündigung sei in logischer zeitlicher und zusammenhängender Abfolge am 5. November 2021 (recte am 2. November 2021) erfolgt. In der Parteibefragung habe der Berufungskläger bestätigt, dass er gegenüber Kollegen laut geworden sei. Folglich habe er zugegeben, dass es mehrere solche Situation gegeben habe. Er habe mit seinem aufbrausenden Verhalten den Grund für eine ordentliche Kündigung geliefert. Dass eine Rachekündigung nicht vorliege, sei durch die Verwarnungen und die Parteibefragung des Berufungsklägers selbst untermauert worden. Sie (die Berufungsbeklagte) habe den Sachverhalt aufgezeigt und die Anwendbarkeit von Art. 336 OR widerlegt. Eine ordentliche Kündigung müsse nicht «bewiesen» werden. Sie (die Berufungsklägerin) habe kein Interesse, grundlos Mitarbeitenden zu kündigen. Sie müsse diese rekrutieren und neue Mitarbeitende einarbeiten. Sie hätte dem Berufungskläger kaum eine Vertragsänderung geschickt, wenn sie ihm hätte kündigen wollen. Auch sie verweist auf die Vorbringen ihrer Vertreterin zur Ursache der Kündigung.

 

5. Mit der Berufung kann eine unrichtige Rechtsanwendung und eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 310 ZPO). Die Berufungsinstanz verfügt über unbeschränkte Kognition bezüglich Tat- und Rechtsfragen, einschliesslich der Frage richtiger Ermessensausübung. In der schriftlichen Berufungsbegründung (Art. 311 ZPO) ist hinreichend genau aufzuzeigen, inwiefern der erstinstanzliche Entscheid in den angefochtenen Punkten als fehlerhaft zu betrachten ist beziehungsweise an einem der genannten Mängel leidet. Das setzt voraus, dass der Berufungskläger die vorinstanzlichen Erwägungen bezeichnet, die er anficht, sich argumentativ mit diesen auseinandersetzt und mittels genügend präziser Verweisungen auf die Akten aufzeigt, wo die massgebenden Behauptungen, Erklärungen, Bestreitungen und Einreden erhoben wurden beziehungsweise aus welchen Aktenstellen sich der geltend gemachte Berufungsgrund ergeben soll. Die pauschale Verweisung auf frühere Vorbringen deren blosse Wiederholung genügen nicht. Was nicht nicht in einer den gesetzlichen Begründungsanforderungen entsprechenden Weise beanstandet wird, braucht von der Rechtsmittelinstanz nicht überprüft zu werden; diese hat sich – abgesehen von offensichtlichen Mängeln – grundsätzlich auf die Beurteilung der Beanstandungen zu beschränken, die in der schriftlichen Begründung formgerecht gegen den erstinstanzlichen Entscheid erhoben werden (vgl. BGE 142 III 413, mit weiteren Hinweisen).

 

6. In Bezug auf den Beginn der Kündigungsfrist beschränkt sich der Berufungskläger darauf, dem Vorderrichter zu widersprechen und seinen Standpunkt darzulegen, mit denselben Argumenten, mit denen er dies bereits im erstinstanzlichen Verfahren getan hat. Gerade dort, wo effektiv auf eine vorinstanzliche Erwägung Bezug genommen wird, zeigt sich dies deutlich. Wenn der Berufungskläger vorträgt, soweit die Vorinstanz erwäge, «unter dem Punkt "Gültig ab" sei der effektive Stellenantritt vom 1. September 2010 zusätzlich zum Gültigwerden des Vertrages am 1. Februar 2022 erwähnt», verkenne sie, «dass dieser Umstand nichts daran ändere, dass das neu begründete Arbeitsverhältnis nach dem ausdrücklichen Willen der Beklagten ab dem 1. Februar 2022 gelten sollte». Damit setzt der Berufungskläger der Folgerung des Vorderrichters lediglich seine gegenteilige Behauptung entgegen. Zudem genügt es nicht, bloss die Verletzung verschiedenster arbeitsrechtlicher Bestimmungen zu behaupten. Vielmehr ist aufzuzeigen, inwiefern diese verletzt sein sollen. Auf das entscheidende Argument, die Parteien hätten lediglich eine Modifikation des Arbeitsverhältnisses ab 1. Februar 2022 vereinbart, weshalb keine Kündigung vor Stellenantritt vorliege, geht der Berufungskläger überhaupt nicht ein und zeigt infolgedessen auch nicht auf, was an dieser Überlegung falsch sein sollte. Ausser Acht lässt er insbesondere die grundsätzlichen Ausführungen des Vorderrichters zur Änderungskündigung mit dem Hinweis auf einen einschlägigen Bundesgerichtsentscheid und die Lehre. Auf die Berufung ist in diesem Punkt mangels genügender Begründung nicht einzutreten. Im Übrigen wird auch in der jüngeren Literatur die Auffassung vertreten, wenn nach einer Änderungskündigung das Arbeitsverhältnis auf der geänderten Basis fortgesetzt werde, bedeute dies eine Fortsetzung des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses (Ullin Streiff/Adrian von Kaenel/Roger Rudolf, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319-362, Zürich Basel Genf 2012, Art. 335 N 3; Thomas Geiser/Roland Müller/Kurt Pärli: Arbeitsrecht in der Schweiz, Bern 2019, Rdz 669).

 

7. In den übrigen arbeitsrechtlichen Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von CHF 30'000.00 stellt das Gericht den Sachverhalt nach Art. 247 Abs. 2 lit. b ZPO von Amtes wegen fest. Zwar muss das Gericht unter der Geltung der einfachen, sozialen Untersuchungsmaxime wie in einem dem ordentlichen Verfahren unterliegenden Prozess Zurückhaltung üben, wenn die Parteien anwaltlich vertreten sind (BGE 141 III 569). Vorliegend hat jedoch der Berufungskläger in seiner schriftlichen Klagebegründung, die er anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung eingereicht hat, zur Missbräuchlichkeit selbst eine Parteibefragung beantragt (AS 17 Rdz 14). Die Berufungsbeklagte hat in der Hauptverhandlung die Missbräuchlichkeit der Kündigung bestritten und ihre Gründe für die ordentliche Kündigung geschildert. Darauf hat sie eine Parteibefragung beantragt, «wenn es diese überhaupt braucht» (Verhandlungsprotokoll Seite 4). In der Folge befragte der Vorderrichter den Berufungskläger und anschliessend C.___ für die Berufungsbeklagte. Der Berufungskläger hat in keiner Weise dagegen opponiert. Im Gegenteil wurde die Befragung der Parteien ja auf Antrag beider Parteien durchgeführt. Gegenstand der Befragung war genau das, was die Parteien und insbesondere die Berufungsbeklagte vorher vorgetragen hatten. Die entsprechenden Tatsachenbehauptungen sollten in der Parteibefragung geklärt werden. Ihre Zuordnung zu diesem Beweismittel ist offensichtlich. Auch der Berufungskläger sagte zur Kündigung vom 5. November 2021 aus und räumte dabei ein, ihm sei im Gespräch vom 2. November 2021 gesagt worden die Mitarbeiter hätten Angst vor ihm. Die Behauptung des Berufungsklägers, soweit die Vorinstanz von Amtes wegen eine Beweisbefragung durchgeführt und damit Aussagen der Parteien provoziert und verwertet habe, erweist sich somit als unzutreffend. Es ist denn auch nicht nachvollziehbar, worin der Berufungskläger eine Verletzung prozessualer Bestimmungen bei der Sachverhaltsermittlung erkennt. Insbesondere zeigt er nicht auf, mit welchen konkreten Frage der Vorderrichter gegen die der Berufungsbeklagten obliegenden Substantiierungslast gegen die soziale Untersuchungsmaxime verstossen hätte. Seine Ausführungen erschöpfen sich in der Wiedergabe allgemeiner Grundsätze und Zitate aus der Rechtsprechung sowie den Vorbringen der Parteien. Soweit der Berufungskläger auf den Vorfall vom 29. Oktober 2021 Bezug nimmt und diesen bestreitet, übergeht er, dass dieser in der Hauptverhandlung von der Berufungsbeklagten dargelegt wurde. Dies gibt er in seiner Berufungsschrift ja selbst wieder. Schliesslich nimmt der Berufungskläger auch nicht zur Kenntnis, dass C.___ in seiner Befragung die Darstellung für die Berufungsbeklagte bestätigt hat. Sämtliche Tatsachenbehauptungen der Berufungsbeklagten sind in der von beiden Parteien beantragten Parteibefragung bestätigt worden.

 

8. Die Untersuchungsmaxime ändert nichts an der formellen Beweislast. Kann das Bestehen einer entscheidungserheblichen Tatsache durch das Gericht weder bejaht noch verneint werden, so entscheidet das Gericht trotz Untersuchungsmaxime gemäss Art. 8 ZGB nach Beweislastgesichtspunkten (Bernd Hauck in: Thomas Sutter-Somm et al. [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zürich 2016, Art. 247 N 37). Der Berufungskläger behauptet eine missbräuchliche Kündigung. Dafür ist er beweispflichtig. Zur Missbräuchlichkeit verwies er bei der Vorinstanz auf die wenigen Tage zwischen der Zustellung des neuen Arbeitsvertrages am 25. Oktober 2021 und der Kündigung vom 2. November 2021, nachdem ihm im April 2021 noch ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt worden sei. Den von der Beklagten vorgebrachten Vorfall vom 29. Oktober 2021 bestritt er. Mit der Kündigung sei es einzig darum gegangen, ihm aufgrund privater Ungereimtheiten die Ansprüche aus dem neuen Arbeitsvertrag zu verunmöglichen. Alleine die kurze Zeitspanne von acht Tagen zwischen der Änderungskündigung und der ordentlichen Kündigung vermag indessen keinen Rechtsmissbrauch zu belegen. Ein krass vertragswidriges Verhalten, namentlich eine schwere Persönlichkeitsverletzung im Umfeld einer Kündigung, könnte diese als missbräuchlich erscheinen lassen. Ein solches Verhalten wird vom Berufungskläger jedoch in keiner Weise substanziiert und schon gar nicht nachgewiesen. Zum Vorfall vom 29. Oktober 2021, mit welchem die Berufungsbeklagte ihre Kündigung erklärt, wurde der Kläger bei der Vorinstanz nicht wirklich befragt, auch nicht zu den von ihm behaupteten privaten Ungereimtheiten. Insbesondere sein Vertreter stellte dazu keine einzige Frage. Eine missbräuchliche Kündigung ist somit nicht erstellt. Demgegenüber hat die Berufungsbeklagte in glaubwürdiger Weise aufgezeigt, wieso sie später doch gekündigt hat, nachdem sie dem Berufungskläger kurz zuvor noch eine neue Vertragsofferte unterbreitet hatte. Diese Gründe sprechen klar gegen eine missbräuchliche Kündigung. Die Vorinstanz ist demnach zu Recht zum Schluss gekommen, dass aus den Ausführungen des Klägers nicht hervorgeht, inwiefern in welcher Weise die Beklagte die Kündigung aufgrund persönlicher Ungereimtheiten ausgesprochen sich treuwidrig verhalten hätte.

 

9. Die Berufung ist demnach abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. In Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis bis zu einem Streitwert von CHF 30’000.00 werden keine Gerichtskosten gesprochen (Art. 113 Abs. 2 lit. d ZPO). Hingegen hat der Berufungskläger der Berufungsbeklagten für das Berufungsverfahren eine Parteientschädigung auszurichten. Der mit der Honorarnote geltend gemachte Betrag von CHF 2’022.90 (inkl. Auslagen und MwSt.) ist angemessen.

Demnach wird erkannt:

1.    Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2.    A.___ hat der B.___ AG für das obergerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von CHF 2’022.90 zu bezahlen.

3.    Es werden keine Kosten erhoben.

 

Rechtsmittel: Der Streitwert liegt über CHF 15’000.00.

Sofern sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, kann gegen diesen Entscheid innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Soweit sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, kann gegen diesen Entscheid innert 30 Tagen seit Erhalt beim Bundesgericht subsidiäre Verfassungsbeschwerde eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Mit der Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 115 bis 119 Bundesgerichtsgesetz massgeblich. Wird gleichzeitig Beschwerde in Zivilsachen und subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben, so sind beide Rechtsmittel in der gleichen Beschwerdeschrift einzureichen.

Im Namen der Zivilkammer des Obergerichts

Die Präsidentin                                                                 Der Gerichtsschreiber

Hunkeler                                                                           Schaller



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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