Kanton: | SO |
Fallnummer: | ZKBER.2022.67 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Zivilkammer |
Datum: | 27.03.2023 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Zusammenfassung: | Die Zivilkammer des Obergerichts hat in einem Fall betreffend eine Forderung aus einem Arbeitsvertrag entschieden. Der Kläger forderte von der Beklagten unter anderem ausstehende Provisionen, Ferienansprüche und ein Arbeitszeugnis. Die Beklagte wurde dazu verurteilt, einen Teil der Forderungen zu begleichen. Die Beklagte legte Berufung ein, um einige Punkte des Urteils anzufechten. Das Obergericht prüfte die Argumente beider Parteien und bestätigte grösstenteils das Urteil der Vorinstanz. Es wurde entschieden, dass die Beklagte einen Teil der Kosten tragen muss und dem Kläger eine Entschädigung zu zahlen hat. |
Schlagwörter: | Berufung; Berufungskläger; Berufungsklägerin; Apos; Provision; Arbeit; Recht; Klagt; Vorinstanz; Berufungsbeklagte; Entscheid; Parteien; Ferien; «…»; Provisionen; Beweis; Verfahren; Gehör; Berufungsbeklagten; Zeugen; Klägers; Urteil; Hauptverhandlung; Gericht; Klage; Entschädigung |
Rechtsnorm: | Art. 105 ZPO ; Art. 153 ZPO ; Art. 247 ZPO ; Art. 29 BV ; Art. 310 ZPO ; Art. 311 ZPO ; Art. 317 ZPO ; Art. 322b OR ; Art. 329 OR ; Art. 329c OR ; Art. 329d OR ; Art. 53 ZPO ; Art. 91 ZPO ; Art. 96 ZPO ; |
Referenz BGE: | 128 III 174; 128 III 271; 131 III 623; 133 III 439; 134 I 83; 135 I 187; 137 I 195; 139 III 457; 142 III 413; 143 III 279; |
Kommentar: | Thomas Sutter, Thomas Sutter-Somm, Sutter-Somm, Schweizer, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zürich, Art. 53 OR, 2016 |
Geschäftsnummer: | ZKBER.2022.67 |
Instanz: | Zivilkammer |
Entscheiddatum: | 27.03.2023 |
FindInfo-Nummer: | O_ZK.2023.32 |
Titel: | Forderung aus Arbeitsvertrag |
Resümee: |
Obergericht Zivilkammer
Urteil vom 27. März 2023 Es wirken mit: Oberrichter Müller Oberrichter Frey Gerichtsschreiberin Trutmann In Sachen A.___ AG, vertreten durch Rechtsanwalt Max Auer,
Berufungsklägerin
gegen
B.___, vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Miescher,
Berufungsbeklagter
betreffend Forderung aus Arbeitsvertrag zieht die Zivilkammer des Obergerichts in Erwägung: I.
1. Nach Durchlaufen eines Schlichtungsverfahrens reichte B.___ (im Folgenden der Kläger) am 4. März 2019 beim Richteramt Thal-Gäu Klage betreffend Forderung aus Arbeitsvertrag gegen die A.___ AG (im Folgenden die Beklagte) ein. Im Rahmen der dritten Hauptverhandlung vom 1. Februar 2022 liess er folgende berichtigte Rechtsbegehren stellen:
1. Es sei die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die vollständigen und detaillierten Abrechnungen über die Provisionen sowie sämtliche Unterlagen, auf welche sich die Abrechnungen stützen, insbesondere die dazugehörigen Auftragsbestätigungen der Rechnungen für den Zeitraum des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses, herauszugeben. 2. Es sei die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger einen Betrag von CHF 9'493.20 für ausstehende Provisionen, zzgl. Verzugszins in der Höhe von 5 % seit 1. Juni 2018, auszubezahlen. 3. Es sei die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Arbeits- und Ferienkontrolle ab 1. August 2017 herauszugeben (Outlook-Arbeitszeitaufstellung). Vorbehalten wird die Geltendmachung der Entschädigung für die Überstunden nach Vorlage der entsprechenden Unterlagen. 4. Es sei die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den Anspruch für nicht bezogene Ferien im Betrag von CHF 2'084.65 zuzüglich einen Anteil aus den Provisionen, welcher derzeit ins richterliche Ermessen gestellt wird, zuzüglich Zins zu 5 % seit 30. Juni 2017 zu bezahlen. 5. Es sei die Beklagte zu verpflichten, ein wohlwollendes und umfassendes Arbeitszeugnis auszustellen. 6. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge.
2. Die Beklagte schloss auf Abweisung der Klage, u.K.u.E.F.
3. Am 1. Februar 2022 fällte die Amtsgerichtsstatthalterin, soweit vorliegend von Bedeutung, das folgende Urteil:
1. Der Verfahrensantrag des Klägers, es seien nachfolgende Urkunden aus den Akten zu weisen, wird gutgeheissen. a) act. 15 – 17 b) act. 19 c) act. 31 d) act. 38 e) act. 41 2. Die Beklagte hat dem Kläger für nicht bezogene Ferien- und Restzeitguthaben einen Betrag von CHF 1'202.40 nebst Zins zu 5 % seit 1. Juni 2018 zu bezahlen. 3. Die Beklagte hat dem Kläger für ausstehende Provisionen einen Betrag von CHF 9'493.16 nebst Zins zu 5 % seit 1. Juni 2018 zu bezahlen. 4. [Arbeitszeugnis] 5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 6. Die Beklagte hat dem Kläger, vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Miescher, […], eine reduzierte Parteientschädigung in der Höhe von CHF 21'717.95 (inkl. Auslagen und MwSt.) zu bezahlen. 7. Keine Gerichtskosten.
4. Gegen das begründete Urteil lässt die Beklagte (im Folgenden die Berufungsklägerin) am 5. September 2022 frist- und formgerecht Berufung an das Obergericht erheben und folgende Rechtsbegehren stellen:
1. Es seien Ziff. 1, 2, 3, 6 des Dispositivs des Entscheids des Richteramtes Thal-Gäu im Verfahren TGZPR.2019.158-AGRSTB vom 1. Februar / 5. Juli 2022 aufzuheben und zum neuen Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen; eventualiter sei die Klage abzuweisen. 2. Der Kläger sei zu verpflichten, die Beklagte für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren tarifgemäss zu entschädigen (exkl. MWST).
5. Der Kläger (im Folgenden der Berufungsbeklagte) schliesst mit Berufungsantwort vom 5. Oktober 2022 auf Abweisung der Berufung, soweit darauf eingetreten werden könne, u.K.u.E.F.
6. Für die Parteistandpunkte und die Erwägungen der Vorderrichterin wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich ist nachstehend darauf einzugehen.
II.
1. Anlass zur Berufung gab der vorinstanzliche Entscheid über den geltend gemachten Provisionsanspruch sowie die Entschädigung für Ferien- und Restzeitguthaben und die Parteikostenverlegung. In der mitangefochtenen Urteilsdispositivziffer 1 des Entscheids der Amtsgerichtsstatthalterin wird lediglich über einen Beweisantrag des Klägers befunden. Das Urteilsdispositiv bildet den Rechtsspruch. Es bringt in knapper Form das Ergebnis des richterlichen (Sach-)Entscheides zum Ausdruck und äussert sich verbindlich über die Begründetheit Unbegründetheit von Klage und Widerklage (vgl. Daniel Steck/Norbert Brunner in: Karl Sühler/Luca Tenchio/Dominik Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, Art. 238 N 14; Miguel Sogo/Georg Naegeli in: Paul Oberhammer/Tanja Domej/Urlich Haas [hrsg.], Kurzkommentar ZPO, Schweizerische Zivilprozessordnung, Art. 238 N 7). Eine Verfügung über angebotene Beweismittel gehört nicht ins Urteilsdispositiv und kann auch nicht mit Berufung angefochten werden. Soweit sich die Berufung gegen Dispositivziffer 1 des angefochtenen Entscheids richtet, ist darauf somit nicht einzutreten.
2.1 In formeller Hinsicht rügt die Berufungsklägerin zunächst eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäss Art. 29 Abs. 2 Bundesverfassung (BV, SR 101) und Art. 53 Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO, SR 272).
2.2 Im Einzelnen macht sie geltend, nach Art. 247 Abs. 2 ZPO habe das Gericht in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von CHF 30'000.00 den Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen. Neue Tatsachen und Beweismittel könnten somit bis zur Urteilsberatung vorgebracht werden. Die Berufungsklägerin habe am 14. Juli 2021 Urkunden eingereicht, welche zur Klärung des strittigen Sachverhalts beitragen würden. Mit diesen Urkunden könne sie nachweisen, welche konkreten Provisionen angefallen seien und welche Geschäfte des Klägers nicht zum Abschluss gekommen seien und deshalb kein Provisionsanspruch resultiere. Indem die Vorinstanz die erstmals am 14. Juli 2021 eingereichten Beilagen «act.» 15-17, 19, 31, 38 und 41 infolge Verspätung aus den Akten gewiesen habe, habe sie die zur Anwendung gelangende Untersuchungsmaxime und das rechtliche Gehör der Berufungsklägerin verletzt.
2.3 Die Parteien haben nach Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 53 ZPO in einem Verfahren Anspruch auf rechtliches Gehör. Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts zählen zum gefestigten Bestand des rechtlichen Gehörs die Rechte auf Orientierung, auf vorgängige Äusserung, auf Stellungnahme zu Eingaben von Gegenparteien und Dritten, auf Mitwirkung am Beweisverfahren, auf Akteneinsicht, auf Vertretung und auf einen begründeten Entscheid (vgl. statt vieler Thomas Sutter-Somm / Marco Chevalier, in: Thomas Sutter-Somm et al. [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zürich 2016, Art. 53 N 13 f. mit Hinweis auf BGE 133 III 439 und BGE 134 I 83). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller Natur, womit seine Verletzung ungeachtet der materiellen Begründetheit des Rechtsmittels zur Gutheissung der Beschwerde und zur Aufhebung des Entscheids führt (BGE 135 I 187 E. 2.2 mit Hinweisen).
2.4 Eine nicht besonders schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs kann ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Beschwerdeinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie auch die Rechtslage frei überprüfen kann. Unter dieser Voraussetzung ist darüber hinaus – im Sinn einer Heilung des Mangels – selbst bei einer schwerwiegenden Verletzung des rechtlichen Gehörs von einer Rückweisung der Sache an die Vorinstanz abzusehen, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Person an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wäre (BGE 137 I 195 E. 2.3.2; 133 I 201 E. 2.2., 132 V 387 E. 5.1; je mit Hinweisen).
2.5 Die Berufung ist ein vollkommenes und ordentliches Rechtsmittel, das die volle Überprüfung des angefochtenen Entscheides in allen Rechts- und Sachfragen zulässt. Die Rechtsmittelinstanz prüft mit freier Kognition (Peter Reetz / Stefanie Theiler, a.a.O., Vorbemerkungen zu Art. 308 - 318 N 3 und 15 und Art. 310 N 5 f.). Dabei können neue Tatsachen und Beweismittel geltend gemacht werden, wenn sie ohne Verzug vorgebracht werden und trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten (Art. 317 Abs. 1 ZPO).
2.6 In arbeitsrechtlichen Streitigkeiten – wie die hier zur Beurteilung unterbreitete Streitsache – gilt gemäss Art. 247 Abs. 2 lit. b ZPO bis zu einem Streitwert von CHF 30'000.00 das vereinfachte Verfahren und das Gericht hat den Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen (Art. 247 Abs. 2 lit. b ZPO). In der vorliegenden arbeitsrechtlichen Streitsache gilt demnach die eingeschränkte sog. soziale Untersuchungsmaxime. Namentlich bedeutet dies, dass das Gericht nicht an die Beweisanträge der Parteien und deren Tatsachenbehauptungen gebunden ist (vgl. Peter Guyan in: Karl Spühler/Luca Tenchio/Dominik Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, Basel 2017, Art. 153 ZPO N 5). Ferner berücksichtigt es neue Tatsachen und Beweismittel bis zur Urteilsberatung (Art. 229 Abs. 3 ZPO; vgl. zum Ganzen BGE 139 III 457 E. 4.4.3.2 im Hinblick auf eine mietrechtliche Streitigkeit mit den entsprechenden Verfahrensmaximen; und auch Nicolas Wuillemin, Beweisführungslast und Beweisverfügung nach der Schweizerischen ZPO, Zürich/St. Gallen 2018, Rz. 326).
2.7 Die aus dem Recht gewiesenen Urkunden reichte die Berufungsklägerin am 14. Juli 2021 bei der Vorinstanz ein. Der angefochtene Entscheid wurde im Anschluss an die Hauptverhandlung vom 1. Februar 2022 gefällt. Am 14. Juli 2021 war die Novenschranke somit noch nicht gefallen. Entgegen der Auffassung der Vor-instanz hat die Berufungsklägerin die genannten Urkunden somit rechtzeitig vorgebracht. Indem die eingereichten Urkunden vom 14. Juli 2021 aus den Akten gewiesen wurden, wurde das rechtliche Gehör der Berufungsklägerin verletzt. Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, kann die Verletzung des rechtlichen Gehörs indessen durch das Berufungsverfahren als geheilt gelten.
2.8 Die Berufungsklägerin rügt, die genannten Urkunden seien entscheidrelevant. Daraus gehe hervor, dass die Berufungsklägerin die strittigen Provisionen auf den Umsätzen bezahlt habe. Aus Beilage «act.» 15 gehe beispielsweise hervor, dass das Projekt «[…]» vollständig provisioniert worden sei. In Klageantwortbeilage 15 findet sich indessen lediglich folgende Aussage: «V014/Mieterzusatz Kern (im Projekt […], vgl. «act.» 10) und «Ergänzung/neue Offerte und Bemusterung nach Ausscheiden B.___». Bei den Beilagen «act.» 31, 38 und 41 handelt es sich sodann um einen Mailverlauf zwischen A.___ und einer Mitarbeiterin sowie dem Rechtsvertreter der Berufungsklägerin, in welchem verschiedene Unterlagen beziehungsweise Auskünfte zu Projekten des Berufungsbeklagten abgefragt werden. Es ist aktenkundig, dass die Berufungsklägerin zur Herausgabe der am 14. Juli 2021 eingereichten Unterlagen an den Berufungsbeklagten mit Zwischenentscheid vom 4. Februar 2021 verpflichtet wurde. Die Berufungsklägerin reichte damals zusätzlich noch die umstrittenen Beilagen «act.» 15-17, 19, 31, 38 und 41 ein. Darüber, was damit hätte nachgewiesen werden sollen, äusserte sie sich vor der Vorinstanz aber nicht. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist der Behauptungs- und Substanziierungslast in den Rechtsschriften nachzukommen (Urteil des Bundesgerichts 4A_443/2017 vom 30. April 2018 E. 2.2.1). Es ist weder am Gericht noch an der Gegenpartei, Beilagen danach zu durchforsten, ob sich daraus etwas zu Gunsten der Berufungsklägerin ableiten lässt.
3.1 Sodann erblickt die Berufungsklägerin auch in der Nichtabnahme der beantragten Befragung der Zeugen C.___ und D.___ eine Verletzung des rechtlichen Gehörs im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 53 ZPO. Die Berufungsklägerin habe bereits in der Klageantwort den Beweisantrag gestellt, die Zeugen C.___ und D.___ seien einzuvernehmen. C.___ sei bei der Berufungsklägerin für die Erstellung der Provisionsabrechnungen des Klägers zuständig gewesen und D.___ habe unter anderem die Projekte des Klägers betreut. Den beiden Zeugen käme somit eine hohe Bedeutung zur Klärung des strittigen Sachverhalts zu. Sofern im angefochtenen Entscheid erwogen werde, die Berufungsklägerin habe nicht bewiesen, dass und wieviel Provisionen sie tatsächlich abgerechnet habe, sei dies willkürlich, weil diese Aussage im Widerspruch zu den Beweisanträgen der Berufungsklägerin stehe. Indem die von ihr frist- und formgerecht angeboten Beweismittel von der Vorinstanz nicht abgenommen worden seien und infolge Beweislosigkeit zu Ungunsten der Beklagten und Berufungsklägerin entschieden worden sei, habe die Vorinstanz zudem das rechtliche Gehör der Berufungsklägerin verletzt (Art. 29 Abs. 2 BV).
3.2 Gemäss Art. 2 Abs. 1 Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB, SR 210) hat jedermann in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz (Abs. 2). Typische Fälle von Rechtsmissbrauch seien unter anderem die zweckwidrige Verwendung eines Rechtsinstituts und das widersprüchliche Verhalten (BGE 143 III 279 E. 3.1; BGer 4A_104/2011 vom 27.09.2011, E. 3.2, m.w.H.). Ob ein solcher Missbrauch vorliegt, ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu bestimmen (vgl. Peter Lehmann/Heinrich Honsell, in: Thomas Geiser/Christiana Fountoulakis [Hrsg.], Basler Kommentar Zivilgesetzbuch, Basel 2022, Art. 2 N 54 ff.).
3.3 Vorliegend erliess die Amtsgerichtsstatthalterin am 20. Januar 2020 eine Beweisverfügung in welcher sie angab, welche Tatsachen der Kläger zu beweisen hat und welche Beweismittel bewilligt werden. Neben der Parteibefragung bewilligte sie u.a. die Zeugen E.___ (vom Berufungsbeklagten beantragt) sowie D.___ und C.___ (von der Berufungsklägerin beantragt). Mit Verfügung vom 22. April 2020 wurden die Parteien sowie die bewilligten Zeugen zur Hauptverhandlung am 7. Juli 2020 vorgeladen. Infolge des unentschuldigten Fernbleibens der Berufungsklägerin wurde die Hauptverhandlung abgebrochen und auf eine Befragung der vorgeladenen Zeugen D.___ und C.___ verzichtet. Einzig die vom Berufungsbeklagten beantragte Zeugin E.___ wurde befragt. Am 20. Oktober 2020 lud die Amtsgerichtsstatthalterin die Parteien sowie die Zeugen D.___ und C.___ erneut zu einer Hauptverhandlung vor. Diese fand am 4. Februar 2021 statt. Auch jener Verhandlung blieb die Berufungsklägerin unentschuldigt fern. Lediglich ihr Rechtsvertreter ist erschienen. In der Folge stellte die Amtsgerichtsstatthalterin das Säumnis der Berufungsklägerin erneut fest und verzichtete abermals auf eine Befragung der vorgeladenen Zeugen D.___ und C.___. Der Rechtsvertreter der Berufungsklägerin opponierte dagegen nicht. Mit Verfügung vom 4. November 2021 wurden sodann nur noch die Parteien und ihre Rechtsvertreter zu einer weiteren Hauptverhandlung vorgeladen (Verhandlung vom 1. Februar 2022). Auch dieser dritten Vorladung leistete die Berufungsklägerin keine Folge und wehrte sich nicht gegen die Nichtabnahme der Zeugenbefragung. Dass sich die Berufungsklägerin im Berufungsverfahren auf den Standpunkt stellt, wegen der Nichtabnahme der Befragung der Zeugen C.___ und D.___ sei ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, geht nicht an. Die Berufungsklägerin war im Verfahren vor der Vorinstanz an allen drei Hauptverhandlungen säumig und ihr Rechtsvertreter, der zwar an mindestens zwei Verhandlungstagen anwesend war, monierte die Nichtabnahme der Zeugenbefragungen nicht. An der fraglichen Zeugenbefragung hat der Berufungsklägerin somit offensichtlich nichts gelegen. Die erstmals im Berufungsverfahren geltend gemachte Rüge, mangels Befragung der Zeugen C.___ und D.___ sei der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, erweist sich als rechtsmissbräuchlich und ist nicht zu schützen.
4.1 Weiter rügt die Berufungsklägerin eine Verletzung von Bundesrecht. Dass der Berufungsbeklagte für Werkverträge, die auf seine primären Bemühungen hin hätten abgeschlossen werden können, provisionsberechtigt sei, anerkenne die Berufungsklägerin. Mit den Zeugen D.___ und C.___ habe die Berufungsklägerin den Beweis angeboten, dass Offerten, die vom Berufungsbeklagten zwar erstellt worden seien, nicht zu einem Vertragsabschluss geführt hätten für einen Geschäftsabschluss noch wesentlich hätten verändert werden müssen. Sofern die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid nur darauf abstelle, ob zwischen dem Berufungsbeklagten und einem Kunden ein Erstkontakt stattgefunden habe und in der Folge ein Werkvertrag abgeschlossen worden sei, verletze dies Art. 322b Abs. 1 Obligationenrecht (OR, SR 220). Die Vorinstanz habe im angefochtenen Entscheid nicht geprüft, ob der Beitrag des Berufungsbeklagten «conditio sine qua non» für den Abschluss des Geschäfts gewesen sei. Die Vorinstanz begründe dies auch nicht, sondern stelle stillschweigend darauf ab, dass Kunden, die in der OP-Liste der Berufungsklägerin aufgeführt seien, durch den Berufungsbeklagten angeworben worden seien und seine Bemühungen zum Abschluss des Geschäfts geführt hätten. Diese fehlende Begründung verletze Art. 322b Abs. 1 OR, weil eine wesentliche Anspruchsvoraussetzung nicht geprüft worden sei. Die Berechnung bezüglich die Provisionshöhe durch die Vorinstanz sei grundsätzlich korrekt und korrespondiere zahlenmässig mit denjenigen Zahlen der Berufungsklägerin. In Ziffer II.C.4 lit. k des angefochtenen Entscheids halte die Vorinstanz fest, für die Aufträge «[…]», «[…]», «[…]» resultierten gesamthaft Provisionen von CHF 14'648.85. Der Berufungsbeklagte anerkenne, dass er in Anrechnung darauf CHF 5'361.64 erhalten habe, so dass noch CHF 9'493.16 ausstehend seien. Da die Berufungsklägerin nicht nachgewiesen habe, dass diese Provisionen bereits bezahlt seien, sei dieser Betrag geschuldet. Vorliegend habe die Berufungsklägerin aber bereits in der Duplik und damit frist- und formgerecht den Beweisantrag gestellt, die Zeugen C.___ und D.___, könnten die genaue Abgrenzung bezeugen. Diese Zeugenbefragung sei zu Unrecht unterblieben. Wenn die Vorinstanz vor diesem Hintergrund erwäge, die Berufungsklägerin habe nicht nachgewiesen, ob und wie viele Provisionen tatsächlich abgerechnet worden seien, sei dies willkürlich. Die Berufungsklägerin habe im vorinstanzlichen Verfahren am 25. Oktober 2021 in Bezug auf die Projekte «[…]», «[…]», «[…]», «[…]», «[…]», «[…]», «[…]», «[…]» und «[…]» detailliert dargelegt, dass diese Umsätze in der Provisionsabrechnung der Berufungsklägerin enthalten seien. Die Berufungsklägerin habe in diesem Zusammenhang angeboten, im Bestreitungsfalle sei anhand einer Expertise der Umfang der ausbezahlten Provisionen zu eruieren.
4.2 Die Vorinstanz erwog, im Arbeitsvertrag vom 20./23. Juni 2017 sei unter Ziff. 2 (Lohn/Arbeitszeiten) vereinbart worden, dass dem Arbeitnehmer ein Lohn gemäss Salärvereinbarung zustehe. Diese wiederum lege unter dem Titel «Provision» fest, dass folgende Provisionierung vorgenommen werde: persönlicher Umsatz HEAG-Küchen-Einzel (2.00%), persönlicher Umsatz HEAG-Küchen-Objekt (1.00%), persönlicher Umsatz Poggenpohl-Küchen-Einzel (3.00%) und persönlicher Umsatz Poggenpohl-Küchen-Objekt (2.00%). Die Provisionen würden monatlich ausbezahlt, wobei der Nettobetrag (exkl. Mehrwertsteuer) provisionsrelevant sei. Die Provisionsauszahlung erfolge im Monat der Rechnungsstellung (auch Akonto), jeweils berücksichtigt bis am 15. Tag des Monats. Weitere schriftliche Abmachungen zwischen den Parteien betreffend die Provisionen liessen sich den Akten nicht entnehmen. Vorliegend könne festgehalten werden, dass eine detaillierte Vertragsabrede im Hinblick auf die Ausscheidung aus dem Arbeitsverhältnis fehle. In Ermangelung dessen sei auf den Gesetzestext abzustellen, wonach der Anspruch auf Auszahlung einer Provision in jedem Fall mit rechtsgültigem Abschluss des Geschäfts entstehe (Art. 322b Abs. 1 OR). Dies decke sich mit den Aussagen des Klägers, wonach er nach Vertragsschluss keine Arbeiten mehr habe leisten müssen. Danach habe ein firmeninterner Bauleiter das Dossier übernommen und die Arbeiten gemäss Werkvertrag ausgeführt beziehungsweise überwacht. Falls es dabei zu Differenzen gekommen wäre, was beim Kläger aber nie der Fall gewesen sei, hätte er sich nochmals darum kümmern müssen. Damit sei festzustellen, dass sämtliche vom Kläger herbeigeführten Vertragsabschlüsse provisionsberechtigt seien. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass später ein anderer Aussendienstmitarbeiter noch Arbeiten in Zusammenhang mit vom Kläger herbeigeführten Werkverträgen habe leisten müssen. Diese Arbeiten seien von ihr auch nicht belegt. Die vom Kläger bei seinem Austritt hängigen Offerten würden sich zudem in der Höhe mit den aktenkundigen Schlussabrechnungen decken. Wesentliche Änderungen der vom Kläger erstellten Offerten zu den unterschiedlichen Werkverträgen seien nicht ersichtlich. Zur Berechnung der Höhe der Provisionen seien die Ansätze der Provisionierung unter den Parteien unbestritten, da schriftlich festgelegt. Klarheit bestehe auch in Bezug darauf, dass die Provision auf Grundlage des Nettoumsatzes gemäss Schlussabrechnung an den Kunden berechnet werde. Welche Werkverträge konkret provisionsberechtigt gewesen seien, ergebe sich einerseits aus den von den Kunden sowie dem Kläger unterzeichneten Werkverträgen respektive Offerten, andererseits aber auch aus den im Zeitpunkt der Freistellung des Klägers bei der Beklagten noch offenen bzw. in Bearbeitung stehenden Offerten. Der Provisionsanspruch des Klägers aus den Geschäften «[…]», «[…]», «[…]», «[…]», «[…]», «[…]», «[…]», «[…]» und «[…]» belaufe sich auf total CHF 14'648.85. Der Kläger anerkenne, bereits Provisionen in der Höhe von CHF 5'361.64 erhalten zu haben. Wenn die Beklagte behaupte, sie habe ihm darüber hinaus noch weitere Provisionen ausbezahlt, so habe sie dies zu belegen. Ein entsprechender Zahlungsbeleg sei von ihr jedoch nie eingereicht worden. Ausstehend sei somit – ausgehend von einem Provisionsanspruch von total CHF 14'48.85 (recte: 14'648.85) und einer Auszahlung von CHF 5'361.64 – noch ein Betrag von CHF 9'493.16. Antragsgemäss sei dieser nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. Juni 2018 mit einem Zinssatz von 5% zu verzinsen.
4.3 In grundsätzlicher Hinsicht ist festzuhalten, dass das Berufungsverfahren keine Fortsetzung des erstinstanzlichen Verfahrens darstellt, sondern nach der gesetzlichen Konzeption als eigenständiges Verfahren ausgestaltet ist. Mit der Berufung kann eine unrichtige Rechtsanwendung und eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 310 ZPO). Die Berufungsinstanz verfügt über uneingeschränkte Kognition bezüglich Tat- und Rechtsfragen, einschliesslich der Frage richtiger Ermessensausübung. In der schriftlichen Berufungsbegründung (Art. 311 ZPO) ist hinreichend genau aufzuzeigen, inwiefern der erstinstanzliche Entscheid in den angefochtenen Punkten als fehlerhaft zu betrachten ist, beziehungsweise an einem der genannten Mängel leidet. Das setzt voraus, dass der Berufungskläger die vorinstanzlichen Erwägungen bezeichnet, die er anficht, sich argumentativ mit diesen auseinandersetzt und mittels genügend präziser Verweisungen auf die Akten aufzeigt, wo die massgebenden Behauptungen, Erklärungen, Bestreitungen und Einreden erhoben wurden, beziehungsweise aus welchen Aktenstellen sich der geltend gemachte Berufungsgrund ergeben soll. Die pauschale Verweisung auf frühere Vorbringen deren blosse Wiederholung genügen nicht. Was nicht nicht in einer den gesetzlichen Begründungsanforderungen entsprechenden Weise beanstandet wird, braucht von der Rechtsmittelinstanz nicht überprüft zu werden; diese hat sich – abgesehen von offensichtlichen Mängeln – grundsätzlich auf die Beurteilung der Beanstandungen zu beschränken, die in der schriftlichen Begründung formgerecht gegen den erstinstanzlichen Entscheid erhoben werden (vgl. BGE 142 III 413, mit weiteren Hinweisen). Diesen Erfordernissen genügt die Berufung nur teilweise.
4.4 Gemäss Art. 322b Abs. 1 OR entsteht ein Anspruch auf Provision, wenn eine solche auf bestimmten Geschäften verabredet ist und das Geschäft mit dem Dritten rechtsgültig abgeschlossen ist. Die Tätigkeit des provisionsberechtigten Arbeitnehmers – gegenteilige Vertragsabreden vorbehalten – muss für den Abschluss des Vertrags kausal sein (BGE 128 III 174 E. 2b).
4.5 Vorliegend ist unbestritten, dass der Berufungsbeklagte für die von ihm vermittelten und abgeschlossenen Werkverträge im Bereich Küchenbau während seiner Anstellung bei der Berufungsklägerin vom 1. August 2017 bis 31. Mai 2018 provisionsberechtigt war. Auch die Provisionsansätze sind nicht strittig. In ihrer Klageantwort vertrat die Beklagte und hiesige Berufungsklägerin die Auffassung, sie habe die Provisionen stets vertragskonform abgerechnet. Nichts anderes könne aus der Provisionsabrechnung mit Objekt-/Einzelkundendetails (Beilage «act» 1) entnommen werden. Damit sei die Provisionsabrechnung auch für den Kläger und Berufungsbeklagten nachvollziehbar und es sei belegt, dass die von ihm vermittelten Werkverträge vollständig erfasst und abgerechnet worden seien (Klageantwort S. 3). Im Berufungsverfahren vertritt sie zusätzlich die Auffassung, die Tätigkeit des Berufungsbeklagten sei nicht kausal für den Abschluss der Werkverträge gewesen. Zu den konkreten Werkverträgen, die nicht durch eine kausale Handlung des Berufungsbeklagten zustande gekommenen sein sollen, äussert sich die Berufungsklägerin aber nicht. Die Vorinstanz stellte im angefochtenen Entscheid fest, dass die Parteien mit Ausnahme der provisionsberechtigten Geschäfte und im Hinblick auf die Provisionsansätze keine weiteren schriftlichen Abreden in Bezug auf die Provisionsentschädigung getroffen hätten. In Ermangelung dessen stützte sich die Vorderrichterin auf die gesetzliche Anspruchsgrundlage von Art. 322b OR. Im Rahmen der vorinstanzlichen Beweiswürdigung wurde sodann zusammenfassend festgehalten, die geltend gemachten Provisionen würden mit den hängigen Offerten des Klägers bei dessen Austritt und den Beträgen in der aktenkundigen Schlussabrechnung übereinstimmen. Die Tätigkeit des Berufungsbeklagten wurde als kausal für den Abschluss der fraglichen Werkverträge erachtet. Der Vorwurf, die Vorinstanz habe die einschlägige Anspruchsgrundlage, insbesondere den Kausalzusammenhang nicht geprüft, kann vor diesem Hintergrund nicht nachvollzogen werden. Ebenfalls unbehilflich ist sodann der Verweis auf die am 25. Oktober 2021 eingereichte Provisionsabrechnung mit Objekt-/Einzelkundendetails (Beilage «act 1»). Entgegen der Auffassung der Berufungsklägerin lässt sich daraus nicht eruieren, welche Provisionen ausbezahlt wurden. Was die Berufungsklägerin gegen den vorinstanzlichen Entscheid vorbringt, vermag somit nicht zu überzeugen. Aus dem angefochtenen Entscheid geht zudem in hinreichender Weise hervor, aus welchen Gründen die Vorinstanz den Anspruch des Berufungsbeklagten als gegeben erachtete. Der Berufungsklägerin war es ohne weiteres möglich, den Entscheid der Vorinstanz anzufechten. Auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist vor diesem Hintergrund nicht auszumachen.
5.1 Damit bleibt noch über die monierte Regelung der Ferien- und Restzeitguthaben zu befinden. Die Berufungsklägerin macht diesbezüglich geltend, die Vorinstanz gehe im angefochtenen Entscheid davon aus, der Berufungsbeklagte habe zum Zeitpunkt seiner Freistellung noch ein Ferienguthaben von 10.5 Tagen gehabt. Während der Freistellung habe er 6 Tage kompensieren können, 4.5 Tage seien indes zu entschädigen. Für die Entschädigung habe die Vorinstanz den durchschnittlichen Monatslohn errechnet, was für 4.5 Tage in einem Betrag von CHF 1'202.40 resultiert habe. Auf die zwischen den Parteien geschlossene Vereinbarung gehe die Vorinstanz in ihren Erwägungen nicht ein. Vorliegend hätten die Parteien vereinbart, dass der Berufungsbeklagte nicht mehr zur Arbeit habe erscheinen müssen und dafür in dieser Zeit Freizeit und Ferien beziehe. Die Berufungsklägerin habe dies nicht einseitig angeordnet. Vielmehr habe der Berufungsbeklagte diese Vereinbarung unterzeichnet. Die Praxis der Vorinstanz werde angewendet, wenn die Arbeitgeberin einseitig, während der Freistellung die Kompensation der Ferien anordne. Dies stehe aber im Widerspruch zur aktenkundigen Vereinbarung zwischen den Parteien. Der Berufungsbeklagte habe nicht auf Ansprüche verzichtet, sondern sei besser gestellt. Weshalb die Vereinbarung der Parteien ungültig sein sollte, begründe die Vorinstanz nicht. Der angefochtene Entscheid sei deshalb aufzuheben und die Klage bezüglich Ferienguthaben sei abzuweisen.
5.2 Der Berufungsbeklagte lässt vorbringen, die Vereinbarung, welche die Parteien am 26. April 2018 unterzeichnet hätten, sei unausgewogen. Der Arbeitnehmer könne im Rahmen der Kündigung nicht ohne weiteres grosszügig auf Ansprüche verzichten, die ihm von Gesetzes wegen aufgrund des Arbeitsvertrages zustehen. Ein solcher Verzicht sei gemäss Praxis nur bei anwaltlichen Verhandlungen rechtsgültig. Bei einem Kündigungsgespräch ohne vorgängige Bekanntgabe und ohne anwaltlichen Beistand jedoch nicht. Vorliegend sei der Berufungsbeklagte zum Kündigungsgespräch geladen worden, ohne zu wissen, dass dies das Kündigungsgespräch gewesen sei. Die Mitarbeitenden der Berufungsklägerin hätten sich in der Überzahl befunden. Dies habe eine stressvolle und bedrohlich wirkende Umgebung erzeugt. Objektiv betrachtet sei deshalb von einer einseitigen Anordnung der Arbeitgeberin auszugehen.
5.3 Die Vorinstanz erwog, gemäss Aufstellung der Zeiterfassung ab 1. Juli 2017 bis 30. April 2018 weise der Kläger per Datum seiner Freistellung am 26. April 2018 einen Feriensaldo von 9.5 Tagen sowie einen Kompensationstag auf. Vorliegend habe das Arbeitsverhältnis per 31. Mai 2018 geendet. Bei einer ordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Freistellung hätte der Kläger seine Ferien- und Kompensationstage noch während den verblieben 21.5 Arbeitstagen beziehen können. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung müsse sich der Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der konkreten Umstände ⅓ bis ½ der Freistellungstage zur Kompensation seiner Überstunden und Ferien anrechnen lassen. Im vorliegenden Fall sei zunächst zu berücksichtigen, dass die Kündigungsfrist mit einem Monat sehr kurz gewesen sei. Dem Arbeitnehmer sei entsprechend wenig Zeit geblieben, um sich per 1. Juni 2018 auf eine neue Stelle zu bewerben. Unter diesen Umständen rechtfertige es sich, rund ein Drittel seines Guthabens aus Ferien und Überstunden zu kompensieren. Dies entspreche bei 21.5 Freistellungstagen grundsätzlich sieben Tagen. Weiter sei notorisch, dass auf den Monat Juni dreieinhalb Feiertage entfallen seien. Somit sei von sechs Tagen auszugehen, die vorliegend während der Freistellung des Klägers hätten kompensiert werden können. Die Differenz zu seinem Restanspruch von 10.5 Tagen, ausmachend viereinhalb Tage, seien dem Kläger hingegen zu vergüten. Zur konkreten Berechnung der Lohnhöhe sei wie folgt vorzugehen: Der monatliche Grundlohn entspreche CHF 4'000.00, der Anteil am 13. Monatslohn entspreche 8.333% des monatlichen Grundlohnes, das heisse CHF 333.00 pro Monat und der monatliche Anteil der Provisionen entspreche (CHF 14'648.85/10 Monate) CHF 1'464.90. Daraus resultiere insgesamt ein durchschnittlicher Lohn von monatlich CHF 5'798.20. Bei durchschnittlich 21.5 Arbeitstagen pro Monat ergebe sich somit ein Tageslohn von CHF 257.20. Entsprechend ergebe sich bei viereinhalb Tagen Restzeitguthaben für Ferien und Samstageinsätze ein Saldo von CHF 1'202.40. Demnach habe die Beklagte dem Kläger für nicht bezogene Ferien und Restzeitguthaben einen Betrag von CHF 1'202.40 auszurichten. Dieser sei mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses per 1. Juni 2018 mit 5% zu verzinsen.
5.4 Zweck der Ferien, deren Zeitpunkt der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitnehmers bestimmt (Art. 329c Abs. 2 OR), ist die Erholung des Arbeitnehmers. Deshalb sind Ferien grundsätzlich zu beziehen und dürfen nicht anderweitig abgegolten werden (Art. 329d Abs. 2 OR). Bei einem gekündigten Arbeitsverhältnis spielt zusätzlich eine Rolle, dass dem Arbeitnehmer die erforderliche Zeit zu gewähren ist, um nach einer neuen Stelle zu suchen (Art. 329 Abs. 3 OR). Aus diesem Grund gilt eine Ausnahme vom Abgeltungsverbot, wenn der Ferienbezug in der bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses verbleibenden Zeit nicht möglich zumutbar ist. Da die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle auch die Erholungszeit des freigestellten Arbeitnehmers schmälert, muss im Einzelfall in Betrachtung der Gesamtumstände geprüft werden, ob ein Ferienbezug dem Arbeitnehmer zumutbar ist (vgl. BGE 128 III 271 E. 4a S. 280 ff.; Urteile 4A_83/2019 vom 6. Mai 2019 E. 4.1; 4A_319/2019 vom 17. März 2020 E. 8; 4C.193/2005 vom 30. September 2005 E. 3.2, nicht publiziert in BGE 131 III 623).
5.5 Die Anrechnung von Ferien an die Zeit der Freistellung ist ein ausgesprochener Ermessensentscheid. Die Vorinstanz hat vorliegend in hinreichender Weise dargelegt, welche Überlegungen sie sich bei ihrem Entscheid gemacht hat. Sie hat weiter darauf hingewiesen, dass sie sich an der Praxis des Bundesgerichts orientiere. Zwischen der Freistellung und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses lag lediglich ein Monat, um sich auf eine neue Stelle zu bewerben. Dass die Vorinstanz vor diesem Hintergrund eine Entschädigung von viereinhalb Tagen als angemessen erachtete, kann nicht beanstandet werden. Die Berufungsklägerin bleibt mit ihren Ausführungen appellatorisch und zeigt nicht auf, in wie fern die Überlegungen der Vorinstanz rechtsfehlerhaft sind. Das ist auch nicht ersichtlich.
6.1 Schliesslich rügt die Berufungsklägerin den vorinstanzlichen Parteikostenentscheid. Die Vorinstanz habe die Berufungsklägerin zur Bezahlung einer ausserordentlichen Entschädigung von CHF 21'717.95 verpflichtet. Die Vorinstanz habe den Streitwert auf CHF 20'400.00 festgesetzt. Davon seien dem Berufungsbeklagten CHF 9'000.00 an Provisionen, CHF 1'200.00 unter dem Titel Ferien und CHF 5'000.00 wegen des Arbeitszeugnisses zugesprochen worden, was CHF 16'400.00 ergebe. Vorliegend hätten sich die Parteien aber bezüglich des Arbeitszeugnisses geeinigt. Bereits zu einem frühen Zeitpunkt habe somit in diesem Punkt kein strittiges Verfahren mehr vorgelegen. Der Berufungsbeklagte habe erstmals an der zweiten Hauptverhandlung ein Arbeitszeugnis vorgelegt, zu dessen Wortlaut die Berufungsklägerin habe Stellung nehmen können. In jener Verhandlung habe man sich geeinigt. Dies führe zu einem klägerischen Obsiegen von höchstens 70%. Die Honorarnote des Rechtsvertreters des Klägers sei der Berufungsklägerin ferner nie zugestellt worden. Damit sei das rechtliche Gehör der Berufungsklägerin verletzt worden. Der Berufungsbeklagte habe für das vorinstanzliche Verfahren eine Entschädigung von CHF 27'632.05 geltend gemacht mit einem Honoraransatz von CHF 280.00 pro Stunde. Die Berufungsklägerin bestreite, dass ein Aufwand von 90 Stunden notwendig gewesen wäre. Die geltend gemachten Auslagen und MWST sei ebenfalls zu hoch, wie auch der Stundenansatz von CHF 280.00. Für das vorinstanzliche Verfahren rechtfertige sich ein Ansatz von CHF 250.00 pro Stunde. Die dem Kläger zugesprochene Parteientschädigung sei somit unter mehreren Titeln widerrechtlich, willkürlich und nicht angemessen.
6.2 Die Vorinstanz erwog, vorab sei festzustellen, dass die Beklagte den Kläger für die versäumte Hauptverhandlung vom 7. Juli 2020 zu entschädigen habe. Dafür habe der Rechtsvertreter des Klägers insgesamt acht Stunden inklusive Reisezeit sowie Vor- und Nachbearbeitung berechnet. Der hierfür geltend gemachte Betrag von CHF 2'412.50 erscheine angemessen. Im Übrigen sei der Kläger mit seiner Klage im Umfang von 80% durchgedrungen. Eingeklagt worden seien CHF 20'400.00, davon CHF 5'000.00 als Guthaben aus Ferien- und Restzeitguthaben, CHF 9'600.00 Provisionsanspruch sowie CHF 5'800.00 für die Erstellung eines Arbeitszeugnisses. Die Vor-instanz habe dem Kläger CHF 16'400.00 zugesprochen. Dementsprechend seien die Kosten zu verlegen. Die Kostennote von Rechtsanwalt Matthias Miescher beinhalte – ohne die bereits ausgeschiedene Zeit für die Hauptverhandlung vom 7. Juli 2020 – einen Zeitaufwand von 90 Stunden. Bei einem Honoraransatz von CHF 280.00 pro Stunde ergebe sich ein Zwischensaldo von CHF 25'200.00. Inklusive Auslagen von CHF 456.50 und MWST von CHF 1'975.55 ergebe sich ein Gesamttotal von CHF 27'632.05. Die Honorarnote von Rechtsanwalt Max Auer werde auf CHF 14'001.00 festgelegt. Im Umfang, in welchem die Parteien unterlegen seien (20% Kläger, 80% Beklagter), hätten sie ihre Parteikosten selber zu tragen. Im Übrigen hätten sie der Gegenpartei je eine Entschädigung zu bezahlen, welche zu verrechnen sei. Die Beklagte habe dem Kläger somit CHF 19'305.45 zu bezahlen. Hinzuzurechnen seien noch die Parteikosten für die versäumte Hauptverhandlung vom 7. Juli 2020 in der Höhe von CHF 2'412.50. Daraus resultiere eine Parteientschädigung von insgesamt CHF 21'717.95, welche die Beklagte dem Kläger zu bezahlen habe.
6.3 Nach Art. 105 Abs. 1 ZPO werden die Gerichtskosten von Amtes wegen festgesetzt und verteilt. Das Gericht spricht die Parteientschädigung nach den einschlägigen Tarifen zu (Art. 105 Abs. 2 ZPO mit Verweis auf Art. 96 ZPO). Die entsprechenden Verteilungsgrundsätze sind in Art. 106 Abs. 1 ZPO geregelt: Diesen zufolge werden die Prozesskosten grundsätzlich der unterliegenden Partei auferlegt. Nach Art. 107 Abs. 1 lit. f ZPO kann das Gericht von den Verteilungsgrundsätzen abweichen und die Prozesskosten nach Ermessen verteilen, so namentlich, wenn andere besondere Umstände vorliegen, die eine Verteilung nach dem Ausgang des Verfahrens als unbillig erscheinen lassen (vgl. David Jenny in: Thomas Sutter-Somm et al. [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Basel / Zürich / Genf 2016, Art. 107 N 17 f). Derartige Abweichungen vom Grundsatz des Unterliegens sind im Entscheid zu begründen (vgl. Viktor Rüegg / Michael Rüegg in: Karl Spühler et al. [Hrsg.], Baseler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Basel 2017, Art. 107 N 1 und auch Urteil des Bundesgerichts 4A_552/2015 vom 25. Mai 2016 E. 4 ff).
6.4 Gemäss § 160 Abs. 1 Gebührentarif (GT, BGS 615.11) setzt der Richter die Kosten der berufsmässigen Vertretung nach dem Aufwand fest, welcher für eine sorgfältige und pflichtgemässe Vertretung erforderlich ist. Er gibt den Parteien vor dem Entscheid Gelegenheit zur Einreichung einer Honorarnote. Wird keine detaillierte Honorarnote eingereicht, schätzt er den Aufwand nach pflichtgemässem Ermessen. Der Stundenansatz für die Bestimmung der Kosten der berufsmässigen Vertretung beträgt für Aufwände bis 1. Januar 2023 230-330 Franken zuzüglich Mehrwertsteuer, soweit sie durch Anwälte wahrgenommen wird. § 3 ist analog anwendbar (Abs. 2). Aus den Akten ist zwar nicht ersichtlich, dass die Berufungsklägerin Kenntnis von der klägerischen Honorarnote erhielt. Wie bereits unter Ziff. II./E. 2.4 f. hiervor festgestellt, kann diese Verletzung des rechtlichen Gehörs im vorliegenden Berufungsverfahren geheilt werden.
6.5 Nach Art. 91 Abs. 1 ZPO wird der Streitwert durch das Rechtsbegehren bestimmt. Aus dem Protokoll der zweiten Hauptverhandlung vom 4. Februar 2021 geht hervor, dass sich die Parteien im Hinblick auf das Arbeitszeugnis gerade nicht vollständig einigen konnten und es eines richterlichen Sachentscheids bedurfte (vgl. AS 00108 ff.). Dass die Vorinstanz den Streitwert des Arbeitszeugnisses mit CHF 5'800.00 bezifferte, wird von der Berufungsklägerin nicht bemängelt. Die Vor-instanz errechnete ferner anteilsmässig, mit welchen Leistungsbegehren der Kläger durchgedrungen ist. Nach dem Ausgang des Verfahrens wurde sodann die Entschädigung verlegt. Die Rüge der Berufungsklägerin, die Parteikosten des Klägers hätten ihr höchstens zu 70% auferlegt werden dürfen, ist somit nicht zu hören. Ebenfalls nicht ersichtlich ist, weshalb der Berufungsbeklagte lediglich einen Stundenansatz von CHF 250.00 hätte geltend machen dürfen. Aus der Honorarvereinbarung mit seinem Rechtsvertreter geht hervor, dass ein Ansatz von CHF 280.00 pro Stunde vereinbart wurde. Dieser Ansatz liegt im Rahmen des Zulässigen (vgl. § 160 Abs. 2 GT).
7. Zusammenfassend erweist sich die Berufung somit als unbegründet, sie ist abzuweisen.
8.1 Bis zu einem Streitwert von CHF 30'000.00 werden in Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis keine Gerichtskosten erhoben (vgl. Art. 114 lit. c ZPO).
8.2 Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Berufungsklägerin dem Berufungsbeklagten eine Parteientschädigung auszurichten. Mit Kostennote vom 3. November 2022 macht der Rechtsvertreter des Berufungsbeklagten eine Entschädigung von insgesamt CHF 3'033.50 (10 h 50 Min. à CHF 280.00 sowie Auslagen von CHF 121.50 und MWST von CHF 242.95) geltend, was keinen Anlass zu Bemerkungen gibt. Die Entschädigung von B.___ ist demnach auf CHF 3'397.95 festzusetzen und von der A.___ AG zu bezahlen. Demnach wird erkannt: 1. Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 3. Die A.___ AG hat B.___ für das obergerichtliche Verfahren mit CHF 3'397.95 zu entschädigen.
Rechtsmittel: Der Streitwert liegt unter CHF 15'000.00. Sofern sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, kann gegen diesen Entscheid innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich. Soweit sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, kann gegen diesen Entscheid innert 30 Tagen seit Erhalt beim Bundesgericht subsidiäre Verfassungsbeschwerde eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Mit der Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 115 bis 119 Bundesgerichtsgesetz massgeblich. Wird gleichzeitig Beschwerde in Zivilsachen und subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben, so sind beide Rechtsmittel in der gleichen Beschwerdeschrift einzureichen.
Im Namen der Zivilkammer des Obergerichts Die Präsidentin Die Gerichtsschreiberin Hunkeler Trutmann |
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