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Urteil Verwaltungsgericht (SO - ZKBER.2022.61)

Zusammenfassung des Urteils ZKBER.2022.61: Verwaltungsgericht

Die Ehe zwischen B.___ und A.___ wurde geschieden, wobei A.___ verpflichtet wurde, der Ehefrau monatlich CHF 2'000 Unterhalt zu zahlen. Zudem musste A.___ der Ehefrau CHF 62'431 aus der güterrechtlichen Auseinandersetzung und CHF 10'000 als Parteikostenbeitrag zahlen. Die Gerichtskosten von CHF 2'500 wurden A.___ auferlegt. A.___ legte Berufung ein, um einige Punkte des Urteils anzufechten. Die Präsidentin der Zivilkammer wies den Antrag auf eine Instruktionsverhandlung ab. Die Ehefrau forderte in ihrer Berufungsantwort die Ablehnung der Berufung und einen Parteikostenbeitrag für das obergerichtliche Verfahren. Letztendlich wurde die Berufung hinsichtlich des Güterrechts gutgeheissen, und die Ehefrau hatte eine Forderung von CHF 47'243.50 gegenüber A.___.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts ZKBER.2022.61

Kanton:SO
Fallnummer:ZKBER.2022.61
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Zivilkammer
Verwaltungsgericht Entscheid ZKBER.2022.61 vom 27.10.2023 (SO)
Datum:27.10.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Apos; Ehemann; Ehefrau; Eigengut; Beruf; Berufung; Errungenschaft; Unterhalt; Vermögens; Ehemannes; Beweis; Konto; Ehegatte; Recht; Betrag; Höhe; Ehegatten; Vermutung; Sparkonto; Unterhalts; Vermögenswert; Urteil; Trennung; Vermögenswerte; Parteien; Vorderrichter; ährend
Rechtsnorm: Art. 112 ZGB ;Art. 125 ZGB ;Art. 200 ZGB ;Art. 209 ZGB ;Art. 8 ZGB ;
Referenz BGE:123 III 241; 125 III 1; 130 III 321; 131 III 559; 141 III 569; 144 III 264; 148 III 161;
Kommentar:
Hans Peter Walter, Berner , 2012

Entscheid des Verwaltungsgerichts ZKBER.2022.61

 
Geschäftsnummer: ZKBER.2022.61
Instanz: Zivilkammer
Entscheiddatum: 27.10.2023 
FindInfo-Nummer: O_ZK.2023.132
Titel: Scheidung teilweise Einigung - Art. 112 ZGB

Resümee:

 

Obergericht

Zivilkammer

 

Urteil vom 27. Oktober 2023

Es wirken mit:

Präsidentin Hunkeler

Oberrichter Frey

Oberrichterin Kofmel

Gerichtsschreiberin Zimmermann

In Sachen

A.___,

vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Kummer,    

 

Berufungskläger

 

 

gegen

 

 

B.___,

vertreten durch Rechtsanwältin Sabrina Palermo-Walker,     

 

Berufungsbeklagte

 

betreffend Scheidung teilweise Einigung - Art. 112 ZGB


zieht die Zivilkammer des Obergerichts in Erwägung:

I.

1. B.___ (geb. [...] 1961 [nachfolgend: Ehefrau]) und A.___ (geb. [...] 1969 [nachfolgend: Ehemann]) verheirateten sich am [...] 1999. Die Ehe blieb kinderlos. Am 19. November 2009 machte die Ehefrau vor Richteramt Solothurn-Lebern ein Eheschutzverfahren anhängig. Am 17. Februar 2010 fällte der damalige Amtsgerichtspräsident von Solothurn-Lebern das Eheschutzurteil. Er berechtigte die Parteien zur Aufhebung des gemeinsamen Haushalts und verpflichtete den Ehemann, der Ehefrau mit Wirkung ab 1. April 2010 einen monatlich jeweils vorauszahlbaren Unterhaltsbeitrag von CHF 700.00 zu entrichten. Mit Wirkung ab 1. Januar 2015 (und auf freiwilliger Basis) bezahlte der Ehemann der Ehefrau monatlich CHF 900.00.

 

2.1 Im Januar 2020 unterzeichneten die Parteien eine (aussergerichtliche) Teilscheidungsvereinbarung.

 

2.2 Mit Eingabe vom 23. Januar 2020 machte der Ehemann vor Richteramt Solothurn-Lebern die Scheidung nach Art. 112 ZGB anhängig.

 

2.3 Mit Verfügung vom 28. August 2020 verpflichtete der Amtsgerichtspräsident von Solothurn-Lebern den Ehemann im Sinne einer vorsorglichen Massnahme, der Ehefrau mit Wirkung ab 1. September 2020 für die Dauer des Verfahrens einen monatlich vorauszahlbaren Unterhaltsbeitrag von CHF 3'150.00 zu bezahlen.

 

2.4 Am 8. April 2022 fällte der Amtsgerichtspräsident, soweit vorliegend relevant, folgendes im Dispositiv eröffnete Urteil:

 

1.    Die am 1. August 1999 […] geschlossene Ehe wird geschieden.

2.    […].

3.    Der Ehemann hat der Ehefrau ab Rechtskraft des Scheidungsurteils bis zum Eintritt der Ehefrau in das ordentliche Pensionsalter einen monatlich vorauszahlbaren Unterhaltsbeitrag im Sinne von Art. 125 ZGB von CHF 2'000.00 zu bezahlen.

4.    […].

5.    Der Ehemann hat der Ehefrau aus güterrechtlicher Auseinandersetzung CHF 62'431.00 zu bezahlen.

6.    Der Ehemann hat der Ehefrau einen Parteikostenbeitrag von pauschal CHF 10'000.00 zu bezahlen. Der vom Ehemann geleistete Parteikostenvorschuss von CHF 4'000.00 ist an diese Parteientschädigung anzurechnen, so dass der Ehemann der Ehefrau noch einen Betrag von CHF 6'000.00 zu bezahlen hat. 

7.    Die Gerichtskosten von CHF 2'500.00 werden dem Ehemann auferlegt und mit dem von diesem geleisteten Kostenvorschuss von CHF 1'000.00 verrechnet. Die Differenz von CHF 1'500.00 wird dem Ehemann nach Rechtskraft des vorliegenden Urteils in Rechnung gestellt werden.

 

3.1 Gegen den begründeten Entscheid erhob der Ehemann (nachfolgend auch: Berufungskläger) am 22. August 2021 (recte: 2022) frist- und formgerecht Berufung an das Obergericht des Kantons Solothurn und stellte folgende Rechtsbegehren:

 

1.      Die Ziffern 3, 5, 6 und 7 des Urteils der Vorinstanz […] vom 8. April 2022 seien aufzuheben.

2.      Es sei festzustellen, dass ab 1. April 2022 gegenseitig keine nachehelichen Unterhaltsbeiträge geschuldet sind.

3.      Es sei festzustellen, dass die dem Ehemann zuzurechnende Errungenschaft CHF 101'927.53 beträgt.

4.      Die Parteikosten seien wettzuschlagen. Der vom Ehemann bereits geleistete Parteikostenvorschuss von CHF 4'000.00 sei diesem zurückzuerstatten.

5.      Die Gerichtskosten von CHF 2'500.00 seien den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen. Die vom Ehemann bereits geleisteten CHF seien ihm an dessen Anteil von CHF 1'250.00 anzurechnen.

6.      Prozessuales: Es sei vor der Einholung einer Berufungsantwort eine Instruktionsverhandlung durchzuführen.

Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.

 

3.2 Die Präsidentin der Zivilkammer wies den Antrag um Durchführung einer Instruktionsverhandlung mit Verfügung vom 26. August 2022 ab.

 

3.3 Mit Berufungsantwort vom 7. Oktober 2022 stellte die Ehefrau (nachfolgend auch: Berufungsbeklagte) folgende Rechtsbegehren:

 

1.      Die Berufung sei vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Urteil des Richteramts Solothurn-Lebern vom 8. April 2022 sei zu bestätigen.

2.      Der Berufungskläger sei zu verpflichten, der Berufungsbeklagten einen Parteikostenbeitrag gemäss einzureichender Kostennote für das obergerichtliche Verfahren zu bezahlen.

3.      Eventualiter sei der Berufungsbeklagten die unentgeltliche integrale Rechtspflege unter Beiordnung der unterzeichneten Rechtsanwältin als unentgeltliche Rechtsbeiständin zu genehmigen.

4.      Unter Kosten- und Entschädigungsfolge.

5.      Prozessuales/Verfahrensantrag: Der Verfahrensantrag, es sei eine mündliche Verhandlung durchzuführen, sei abzuweisen.

 

3.4 Mit Eingabe vom 3. November 2022 schloss der Ehemann auf Abweisung des Antrags der Ehefrau um Ausrichtung eines Parteikostenvorschusses.

 

3.5 Mit Verfügung vom 9. November 2022 wies die Präsidentin der Zivilkammer den Antrag der Berufungsbeklagten um Ausrichtung eines Parteikostenbeitrages ab.

 

4. Die Streitsache ist spruchreif und es kann deshalb ohne Durchführung einer Verhandlung aufgrund der Akten entschieden werden. Für die Parteistandpunkte und die Erwägungen des Vorderrichters wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, ist nachstehend darauf einzugehen.

 

II.

 

1. Strittig und zu klären ist im Nachfolgenden, ob nachehelicher Unterhalt geschuldet ist (vgl. dazu E. II/2 nachfolgend), sowie die Höhe des Vorschlags des Ehemannes (vgl. dazu E. II/3 nachfolgend) und die Kostentragung (vgl. dazu E. II/4 nachfolgend).

 

2. Nachehelicher Unterhalt

 

2.1 Im angefochtenen Urteil erwog der Vorderrichter zum nachehelichen Unterhalt zusammengefasst und im Wesentlichen, was folgt: Bei einer rund 17-jährigen Ehedauer (von der Heirat bis zur effektiven Trennung im Jahre 2017) könne nicht mehr von einer kurzen Ehe gesprochen werden. Die Ehegatten hätten übereinstimmend ausgeführt, es sei vereinbart gewesen, dass die Ehefrau lediglich 50% bzw. 60% arbeite und daneben zu Haus, Garten und ihren Kindern schaue. Der Ehefrau sei es nicht mehr möglich, bei der Scheidung an ihre frühere berufliche Stellung anzuknüpfen. Die Ehefrau habe weder gemeinsame Kinder zu betreuen gehabt noch habe nach der ersten Trennung im Jahre 2010 ein gemeinsamer zu besorgender Haushalt bestanden. Auch sei vereinbart gewesen, dass die Ehefrau ihr Pensum nach und nach erhöhe, so dass sie bis im Oktober 2017 sogar in einem 80%-Pensum gearbeitet habe. Von einer «klassischen Rollenteilung» könne daher nicht gesprochen werden. Die Ehefrau habe ihre Erwerbstätigkeit nicht aufgrund der ehelichen Aufgabenteilung, sondern infolge ihrer Krankheit aufgeben müssen. Die Ehefrau sei erst während der Ehe erkrankt, erstmals im Jahre 2012. In der Folge verneinte der Vorderrichter eine Lebensprägung, verpflichtete den Ehemann jedoch aufgrund nachehelicher Solidarität zur Leistung von Unterhaltsbeiträgen an die Ehefrau. Dazu erwog er zusammengefasst und im Wesentlichen, was folgt: Vorliegend bestehe kein Anspruch auf Beibehaltung des bisherigen ehelichen Lebensstandards. Da die Ehefrau aber aufgrund ihrer Krankheit offensichtlich nicht in der Lage sei, für ihren angemessenen Unterhalt zu sorgen, habe sie aufgrund der nachehelichen Solidarität einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt. Zu berücksichtigen sei, dass die Ehefrau gemäss dem Abklärungsbericht der Invalidenversicherung lediglich zu 50% in ihrer Erwerbstätigkeit eingeschränkt sei. Theoretisch müsste sie somit einer Teilzeitarbeit nachgehen. Realistisch betrachtet dürfte sie jedoch kaum Aussicht auf eine Anstellung haben. Einerseits stehe sie mit 61 Jahren kurz vor der Pensionierung. Andererseits könne den IV-Akten entnommen werden, dass bereits die Wiedereingliederungsmassnahmen aufgrund der krankheitsbedingten Abwesenheiten gescheitert seien. Der Ehemann habe nur für den krankheitsbedingten Erwerbsausfall im Umfang von 50% aufzukommen. Festzulegen sei somit, welches Einkommen der Ehefrau durch ihre (Teil-)Erwerbsunfähigkeit entgehe. Es gelte weiter zu berücksichtigen, dass dieses Einkommen nur noch während der nächsten drei Jahre erzielt würde und anschliessend durch eine Rente abgelöst werde. Aufgrund ihrer Krankheit und der damit einhergehenden Beitragslücken werde diese Rente tiefer ausfallen. Werde der Ehemann zum Ausgleich dessen verpflichtet, was der Ehefrau durch ihre Krankheit entgehe, müsste er ihr nach ihrer Pensionierung konsequenterweise nur noch die Differenz von der effektiv ausbezahlten Rente zur hypothetischen Rente bezahlen, welche der Ehefrau ausbezahlt worden wäre, hätte sie die nächsten drei Jahre noch Beiträge einbezahlt. Da weder die effektive noch die hypothetische Rente bekannt sei, lasse sich die Renteneinbusse nicht berechnen. Die Ehefrau sei so zu stellen, wie wenn sie die nächsten drei Jahre bis zu ihrer Pensionierung noch arbeiten würde. Der Ehemann sei wie ein Arbeitgeber zu behandeln, welcher die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge sowie der Beiträge an die berufliche Vorsorge zu bezahlen habe. Bei ihrem letzten Arbeitgeber habe die Ehefrau ein Bruttoeinkommen von monatlich CHF 4'593.35 in einem 80% Pensum erzielt. Zuzüglich des Anteils des Arbeitgebers von 5,3%, ausmachend CHF 243.45, sowie der Pensionskassenbeiträge von ermessensweise 9%, ausmachend CHF 413.40, ergebe dies einen Betrag von gerundet CHF 5'250.00. Heruntergerechnet auf ein 50% Pensum entspreche dies einem Betrag von CHF 3'281.25. Daran anzurechnen seien das Ersatzeinkommen, welches die Ehefrau aufgrund ihrer Krankheit erziele, ausmachend CHF 1'313.00, woraus ein Betrag von CHF 1'968.25, gerundet CHF 2'000.00, resultiere. Zusammenfassend habe der Ehemann der Ehefrau ab Rechtskraft des Scheidungsurteils bis zum Eintritt in deren ordentliches Pensionsalter einen monatlich vorauszahlbaren Unterhaltsbeitrag von CHF 2'000.00 zu bezahlen. Damit sei die Ehefrau nach ihrer Pensionierung so gestellt, wie wenn sie die letzten drei Jahre gearbeitet hätte und erleide durch ihre Krankheit keine Nachteile mehr, welche auszugleichen wären.

 

2.2 Der Berufungskläger verneint in seiner Berufung sowohl eine Lebensprägung als auch eine nacheheliche Solidarität. Nach der Trennung und dem Auszug der Ehefrau im April 2010 sei es zu keiner Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft mehr gekommen. Die unbestritten geführte Wochenendbeziehung erfülle die Anforderungen an eine eheliche Gemeinschaft nicht. Daran ändere nichts, dass sie gelegentlich gemeinsame Ferien verbracht und gemeinsam an Familienfeiern erschienen seien. Bei Eintreten der ersten Krankheitssymptome der Ehefrau habe er die Wochenendbeziehung endgültig beendet. Während des Klinikaufenthalts der Ehefrau hätten keine Kontakte stattgefunden. Das eheliche Zusammenleben sei mit dem Auszug der Ehefrau am 1. April 2010 beendet gewesen. Die geleisteten Unterhaltsbeiträge in der Höhe von CHF 700.00 bzw. 900.00 seien nicht existenzsichernd gewesen. Die geleisteten Unterhaltsbeiträge sprächen gegen die Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft. Eine nacheheliche Solidarität könne durch das Auftreten einer Krankheit während, vorliegend sogar nach der Trennung, nicht zum alleinigen Anspruchsgrund auf nacheheliche Unterhaltsbeiträge werden.

 

2.3 Die Berufungsbeklagte entgegnet in ihrer Berufungsantwort, Unterhalt sei sowohl aufgrund der Lebensprägung der Ehe als auch aufgrund nachehelicher Solidarität geschuldet. Nach der Trennung sei der Ehemann jedes Wochenende bei ihr zu Hause gewesen. Er sei voll integriert und Teil der Familie gewesen, so wie er es vorher schon gewesen sei. Jeden freien Tag seien sie zusammen gewesen, hätten die Ferien-, Feiertage und Freizeit miteinander verbracht. Auch die freiwillige Erhöhung der Unterhaltszahlungen auf CHF 900.00 spreche für eine Anteilnahme am Leben des andern. Die Familie habe sie als Paar erlebt. Die Beziehung erscheine als ein modifiziertes Zusammenleben in der Form des «living-together-apart». Die Umstände hätten sich zwar verändert, ihr Wille sei aber nach wie vor auf eine umfassende, körperliche, geistig-seelische und wirtschaftliche Lebensgemeinschaft gerichtet gewesen. Diese Form des Zusammenlebens habe während sieben Jahren bestanden. Ihr Gesundheitszustand habe sich insbesondere seit 2017 verschlechtert. Die Ehe sei durchaus geeignet gewesen, eine Vertrauensposition zu begründen, aufgrund derer nachehelicher Unterhalt geschuldet sei. Einerseits sei die Aufgabenteilung bis zur ersten Trennung im Jahr 2010 dahingehend organisiert gewesen, dass sie lediglich in einem 50 % bis 60 % Pensum gearbeitet habe und sich ansonsten um den Haushalt gekümmert habe. Insbesondere habe sie sich um ihre vorehelichen Kinder gekümmert, wobei der Ehemann fester Bestandteil dieser Familie gewesen sei und eine Vaterrolle eingenommen habe. Auch danach sei erst eine schrittweise Steigerung des Arbeitspensums angedacht gewesen. Im Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils sei sie 61 Jahre alt gewesen. Der Ehemann habe während der ganzen Ehe gearbeitet. Sie habe nach der Trennung offenbar nicht die gleiche Ausgangsposition gehabt wie der Ehemann.

 

2.4

2.4.1 Ist es einem Ehegatten nicht zuzumuten, dass er für den ihm gebührenden Unterhalt unter Einschluss einer angemessenen Altersvorsorge selbst aufkommt, so hat ihm der andere Ehegatte nach der für den nachehelichen Unterhalt massgebenden Bestimmung von Art. 125 Abs. 1 Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB, SR 210) einen angemessenen Beitrag zu leisten. Für den Entscheid, ob nach der Scheidung ein Beitrag zu leisten ist und gegebenenfalls in welcher Höhe und Dauer, sind die in Art. 125 Abs. 2 ZGB genannten Kriterien entscheidend. Bei der Festlegung des gebührenden Unterhalts kommt es darauf an, ob die Ehe lebensprägend war nicht. Bei lebensprägenden Ehen ist das Vertrauen in den Fortbestand der Ehe beziehungsweise in den Weiterbestand der bisherigen, frei vereinbarten Aufgabenteilung objektiv schutzwürdig und Art. 125 Abs. 1 ZGB gibt deshalb bei genügenden Mitteln und unter Vorbehalt der Eigenversorgungskapazität Anspruch auf Fortführung des zuletzt gelebten gemeinsamen Standards beziehungsweise bei zufolge scheidungsbedingter Mehrkosten ungenügenden Mitteln Anspruch auf beidseits gleiche Lebenshaltung. Kann dagegen nicht von einem schutzwürdigen Vertrauen auf Fortführung der Ehe ausgegangen werden, ist für den nachehelichen Unterhalt am vorehelichen Stand anzuknüpfen und der berechtigte Ehegatte so zu stellen, wie wenn die Ehe nicht geschlossen worden wäre. Als lebensprägend ist eine Ehe jedenfalls dann einzustufen, wenn ein Ehegatte aufgrund eines gemeinsamen Lebensplanes seine ökonomische Selbständigkeit zugunsten der Haushaltsbesorgung und Kinderbetreuung aufgegeben hat und es ihm nach langjähriger Ehe nicht mehr möglich ist, an seiner früheren beruflichen Stellung anzuknüpfen einer anderen Erwerbstätigkeit nachzugehen, welche ähnlichen ökonomischen Erfolg verspricht, während der andere Ehegatte sich angesichts der ehelichen Aufgabenteilung auf sein berufliches Fortkommen konzentrieren konnte (BGE 148 III 161 E. 4.1 und 4.2).

 

2.4.2 Im vorzitierten Entscheid bestätigte das Bundesgericht seine restriktive Rechtsprechung zur lebensprägenden Ehe. Es verlangt eine kritische, einzelfallbezogene Prüfung und gab die bisher für eine Lebensprägung sprechenden Vermutungen (wie mindestens zehnjährige Ehe während der Ehe geborene Kinder) auf.

 

2.4.3 Unbestritten hat die Ehe der Parteien bis zum Auszug der Ehefrau am 1. April 2010 (vgl. Ziffer 2 des Eheschutzurteils vom 17. Februar 2010) aus der ehelichen Liegenschaft mehr als zehn Jahre gedauert. Nach der früheren Rechtsprechung hätte bereits dieser Umstand für die Vermutung einer Lebensprägung gesprochen. Unbestritten ist ebenfalls, dass die Parteien nach der Trennung wieder eine Beziehung (in zwei getrennten Haushalten) führten. Divergierend sind hingegen die Auffassungen über die Qualifikation dieser Beziehung. Der Ehemann vertritt den Standpunkt, die Ehe sei nicht mehr aufgenommen worden. Die Ehefrau spricht hingegen von einer Weiterführung der Ehe in der Form eines «living-together-apart». Eine örtliche Trennung der Eheleute führt nicht automatisch zur Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Der Begriff des Zusammenlebens erschliesst sich im Einzelfall hauptsächlich als Gegensatz zum Getrenntleben. Getrenntleben bedeutet, dass die Ehegatten nicht mehr in einer umfassenden, körperlichen, geistig-seelischen und wirtschaftlichen Lebensgemeinschaft verbunden sind (vgl. zum Ganzen: Urteil des BGer 5A_242/2015 vom 17. Juni 2015 mit Hinweisen). Von einem solchen Getrenntleben kann nach der Trennung im 2010 keine Rede sein. Auch wenn die Parteien keine gemeinsame Wohnung mehr hatten und sich nicht mehr täglich sahen, so führten sie doch eindeutig eine Lebensgemeinschaft. Die von der Ehefrau verwendete Bezeichnung eines «living-together-apart» dürfte ziemlich zutreffend sein. Obwohl sich den Akten zur körperlichen Gemeinschaft keine Hinweise entnehmen lassen, so ergibt sich, dass die Parteien zumindest geistig-seelisch und wirtschaftlich verbunden waren. Die geistig-seelische Verbindung wurde auch von aussen so wahrgenommen. Bereits der Vorderrichter hat in seinem Massnahmenentscheid vom 9. Oktober 2020 festgehalten, die Ehegatten seien nicht nur gegenüber der Familie als Paar aufgetreten, sondern hätten sich selbst als solches angesehen. Die wirtschaftliche Verbindung äusserte sich derart, als dass der Ehemann (teilweise) für den autonom geführten Haushalt der Ehefrau und deren Lebenshaltungskosten aufkam bzw. ihr durch die finanzielle Unterstützung ermöglichte, weiterhin und zu Gunsten der Enkelbetreuung in Teilzeit zu arbeiten. Dass die Beziehung nach der ersten Trennung im Jahr 2010 anders als zuvor gelebt wurde, ändert nichts an ihrer Qualifikation als Lebensgemeinschaft. Da die Ehegatten das eheliche Zusammenleben kurz nach der ersten Trennung wiederaufgenommen haben und sich dann definitiv im Frühjahr 2017 trennten, ist von einer insgesamt fast 18-jährigen Ehe auszugehen. Diese lange Ehedauer ist ein eindeutiges Indiz für das Vorliegen einer lebensprägenden Ehe.

 

Die Ehe der Parteien ist kinderlos geblieben, was für sich im Grundsatz gegen eine lebensprägende Ehe spricht. Die Ehefrau brachte aber zwei voreheliche Kinder in die Ehe mit ein. Bei Eheschliessung war ein Kind bereits mündig, das andere war neun Jahre alt. Gemäss übereinstimmender Angaben beider Ehegatten war vereinbart, dass die Ehefrau sich um den gemeinsamen Haushalt und ihre Kinder kümmere. Der Ehemann spricht in diesem Zusammenhang selbst von einer klassischen Rollenverteilung. Diese entsprang gemäss übereinstimmender Aussagen einem zusammen gefassten Entschluss. Die Ehefrau führte anlässlich der vorinstanzlichen Parteibefragung auf die Frage, ob sie während der Ehe einmal 100 % gearbeitet habe aus: «Nein, ich habe dann 60 % gearbeitet. Ich hatte ein Haus, Garten und Kinder. Wir haben das so vereinbart, das er 100 % arbeitet und ich zu Haus, Garten und Kinder schaue» (N. 21 ff.). Der Ehemann führte anlässlich der vorinstanzlichen Parteibefragung auf die Frage, ob die Ausführungen der Ehefrau zu ihrer Arbeitstätigkeit stimmten, also, dass sie zu Beginn Teilzeit gearbeitet habe und vereinbart gewesen sei, dass sie das weiterhin so mache, aus: «Ja, […]. Aber es war so, als wir geheiratet haben. Ob es nun 50 % 60 % waren, weiss ich nicht mehr. Aber 50% arbeitete sie garantiert und schaute zu Haus und Kind. Das war eine klassische Rollenteilung. Das kann man so sagen» (N. 14 ff.). Die Aufgabenteilung während der Ehe beruhte demnach auf einem gemeinsamen Lebensplan. Während die Ehefrau auch nach Eheschluss weiterhin in einem Teilzeitpensum arbeitete, ging der Ehemann stets einer vollzeitlichen Erwerbstätigkeit nach. Die Ehefrau hat ihr Teilzeitpensum mit ihrem Einsatz zu Gunsten des gemeinsamen Haushaltes ausgeglichen. Mit der fortgeführten Teilzeitarbeit verzichtete die Ehefrau zugunsten der anfallenden Hausarbeiten auf die Möglichkeit, bereits früher ein höheres Erwerbseinkommen zu erzielen. Aufgrund dessen ist sehr wohl von einem ehebedingten Nachteil der Ehefrau auszugehen. Auch diese Umstände sprechen für eine lebensprägende Ehe. Auch nach der ersten Trennung arbeitete die Ehefrau nicht in einem Vollzeitpensum. Aufgrund der Zahlungen des Ehemannes war es ihr möglich, weiterhin teilzeitig zu arbeiten und sich um das Grosskind zu kümmern.

 

Die Eigenversorgungskapazität der Ehefrau ist zum einen durch ihre Krankheit, zum andern durch ihr Alter eingeschränkt. Mit dem Vorderrichter ist darin einig zu gehen, dass die Erwerbsaussichten der Ehefrau (im angestammten in einem anderen Beruf) sehr schwierig, wenn nicht sogar praktisch aussichtslos sind. Der Ehefrau ist es folglich nicht mehr möglich, an ihrer früheren beruflichen Stellung anzuknüpfen.

 

Aufgrund dieser Ausführungen ist vorliegend von einer lebensprägenden Ehe auszugehen. Für die Beurteilung der Ansprüche der Ehefrau ist damit an die ehelichen Verhältnisse anzuknüpfen. Der Ehemann schuldet der Ehefrau somit einen Unterhaltsbeitrag. Weil die vorinstanzlich festgesetzte Höhe dieses Anspruchs nicht beanstandet wird, bleibt es bei den monatlichen CHF 2'000.00, welche der Ehemann der Ehefrau bis zu deren Pensionierung zu bezahlen hat.

 

2.4.4 Nach dem Gesagten ist der Berufung betreffend Unterhalt kein Erfolg beschieden.

 

3. Vorschlag Ehemann

 

3.1 Der Vorderrichter erwog, der Ehemann habe per Stichtag (23. Januar 2020) über folgende Vermögenswerte verfügt:

 

[...] Sparkonto [...]

CHF

10'875.00

[...]

CHF

301.00

[...][...]

CHF

11'846.64

[...] Fiscakonto [...]

CHF

2'223.00

[...] Sparkonto [...]

CHF

27'026.00

[...] Privatkonto [...]

CHF

5'237.00

[...]

CHF

0.00

[...]

CHF

40'362.00

[...] Fund [...]

CHF

11'006.00

[...]

CHF

493.10

[...]

CHF

32'962.00

[...]

CHF

21'797.00

 

Mit Ausnahme der CHF 11'846.64 [...] erklärte der Vorderrichter sämtliche Vermögenswerte des Ehemannes per Stichtag, total (und gerundet) CHF 152'283.00, als zur Errungenschaft gehörend.

 

Die Zuordnung der Vermögenswerte von CHF 301.00 [...], CHF 40'362.00 [...], CHF 493.00 [...], CHF 32'962.00 [...] und CHF 21'797.00 [...] zur Errungenschaft stehen vor Berufungsgericht nicht mehr zur Diskussion. Hingegen ist die vorinstanzliche Massenzuordnung zur Errungenschaft von folgenden Vermögenswerten bestritten (vgl. dazu die Ausführungen des Ehemannes in seiner Berufungsschrift nachfolgend unter E. II/3.2):

 

[...] Sparkonto [...]

CHF

10'875.00

[...] Fiscakonto [...]

CHF

2'223.00

[...] Sparkonto [...]

CHF

27'026.00

[...] Privatkonto [...]

CHF

5'237.00

[...] Fund [...]

CHF

11'006.00

 

Der Vorderrichter führte zu vorstehenden Vermögenswerten im Allgemeinen aus, was folgt:

 

Der Ehemann verkenne, dass es nicht ausreiche, das Vorhandensein von Vermögenswerten zu Beginn des Güterstandes – also vor Eheschluss – zu beweisen, damit Eigengut vorliege. Die Vermögenswerte müssten im Zeitpunkt der güterrechtlichen Auseinandersetzung auch noch vorhanden sein. Das Eigengut sei zu beweisen.

 

Der Vorderrichter führte zu vorstehenden Vermögenswerten im Konkreten aus, was folgt:

 

Das Sparkonto bei der [...] habe per Ende 2000 [recte: 1999] einen Wert von CHF 9'856.62 aufgewiesen. Per Stichtag habe der Wert CHF 10'875.67 betragen. Der Ehemann selber führe hierzu in seiner Parteibefragung aus, auf das Sparkonto sei immer wieder Geld einbezahlt worden, welches jeweils für die Ferien gebraucht worden sei. Der Betrag sei jeweils rauf und runter gegangen. Dass das Sparkonto mit Eigengut gespiesen worden sei, werde nicht behauptet und wäre auch lebensfremd. Selbst wenn also beim Betrag von CHF 9'856.62 von vorehelich angesparten Vermögen ausgegangen würde, so wäre dieses im Laufe der Ehe zugestandenermassen für Ferien verwendet und mit Errungenschaft vermischt worden. Eigengut sei damit nicht bewiesen, weshalb von Errungenschaft auszugehen sei.

 

Betreffend das [...] Fiscakonto reiche der Ehemann als Beweis für sein Eigengut den Kontoauszug per 31. Juli 1999 zu den Akten. Demnach soll der dort ausgewiesene Betrag von CHF 3'500.70 Eigengut darstellen. Per Stichtag habe dieses Konto noch einen Betrag von CHF 2'223.00 ausgewiesen. Was zwischenzeitlich mit dem Konto passiert sei, sei nicht belegt. Damit sei nicht bewiesen, dass der Betrag von CHF 2'223.00 unverändert Eigengut darstelle, weshalb dieser als Errungenschaft zu gelten habe.

 

Das Sparkonto bei der [...] habe per 31. Juli 1999 einen Betrag von CHF 22'383.05 ausgewiesen und per 23. Januar 2020 einen solchen von CHF 27'026.00. Der Parteibefragung des Ehemannes lasse sich entnehmen, dass das Geld «mehrheitlich» aus einer Erbschaft stamme, also CHF 20'000.00. Daneben habe er aber auch ein wenig gespart. Er sei jung gewesen und reisen gegangen. Ob bei Auflösung des Güterstandes noch etwas von der Erbschaft vorhanden gewesen sei, sei damit nicht bewiesen. Offensichtlich sei das Geld – zumindest teilweise – gebraucht und das Konto mit Mitteln der Errungenschaft wieder aufgefüllt worden. Aufgrund der Vermischung der Gütermassen lasse sich das Eigengut nicht mehr nachweisen, weshalb das Vermögen auf dem Sparkonto als Errungenschaft zu gelten habe.

 

Betreffend das Privatkonto bei der [...] werde weder konkret behauptet, dass es sich hierbei um Eigengut handle, noch wäre dieses ausgewiesen. Gemäss den Angaben des Ehemannes handle es sich hierbei um ein Lohnkonto und somit um Errungenschaft. Dass bei Eheschluss bereits Geld auf dem Konto vorhanden gewesen sei, sei wiederum unerheblich und reiche für den Beweis von Eigengut nicht. Der Betrag von CHF 5'237.00 sei dem Ehemann als Errungenschaft anzurechnen.

 

Betreffend den [...] Fund habe der Ehemann in seiner Parteibefragung bestätigt, diesen erst nach Eheschluss abgeschlossen zu haben. Finanziert worden sei dieser mit dem Geld, welches per Ende Dezember 1999 auf dem Konto bei der [...] ausgewiesen sei. Es könne aber sein, dass er da irgendwann nochmals CHF 1'000.00 «drauf getan» habe. Mit anderen Worten mache der Ehemann geltend, den Fonds (grösstenteils) mit Eigengutmitteln finanziert zu haben. Der Eigengutcharakter des Vermögens bei der [...] sei jedoch nicht bewiesen. Ebenso wenig sei erstellt, dass das Geld in den genannten Fonds geflossen sei und nicht mit Errungenschaftsmitteln vermischt worden sei, wie dies vom Ehemann selber angedeutet werde. Entsprechend seien dem Ehemann auch die CHF 11'005.77 aus dem [...] Fund als Errungenschaft anzurechnen.

 

3.2 Der Ehemann, welcher sich «lediglich» einen Vorschlag in der Höhe von CHF 101'927.53 angerechnet wissen will, führt in seiner Berufung zu seinem Vorschlag im Wesentlichen Folgendes aus: Wo aufgrund der langen Zeitdauer von den Banken keine Stichtagsbescheinigung per 31. Juli 1999 sondern zu einem späteren Zeitpunkt erhältlich gemacht werden könne, liege ein Beweisnotstand vor, der mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu überwinden sei. Die Zuordnung eines Vermögenswerts zu einer Gütermasse erfolge durch dessen ursprüngliche Herkunft und nicht durch dessen Verwendung. Sofern bewiesen sein sollte, dass Mittel des Eigenguts für Schulden der Errungenschaft aufgewendet worden seien, entstehe eine Ersatzforderung des Eigenguts gegenüber der Errungenschaft.

 

Der Kontostand des Sparkontos [...] sei mit Saldo von 30. Dezember 1999 ausgewiesen mit CHF 9'832.02. Es sei damit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass diese nicht in den letzten fünf Monaten seit Heiratsdatum angespart worden seien. Bewegungen auf diesem Konto fänden sich auch in der Folge bis Ende 2020 nicht. Es könne deshalb davon ausgegangen werden, dass dieses Konto unangetastet geblieben sei und keine Vermischung von Gütermassen stattgefunden habe. Der Zuwachs auf dem Konto habe bis Ende 2020 CHF 24.60 betragen. Davon ausgehend, dass dies im Jahr 1999 gleich gewesen sei, seien für die fünf Monate des Güterstandes 5/12 (CHF 10.25) vom Saldo von CHF 9'832.02 in Abzug zu bringen. Daraus folge, dass sich der Ehemann CHF 9'821.77 als bewiesenes Eigengut anrechnen lassen könne.

 

Sofern die Saldi der Eigenguts-Konten beim Stichtag geringer seien als bei der Eheschliessung, müsste das Eigengut in diesem Umfang als verbraucht und daher nicht mehr als anrechenbar erklärt werden. Es würden deshalb entweder die Saldi bei Eheschliessung der geringere beim Stichtag gelten. Anzurechnen als Eigengut seien deshalb CHF 4'931.65 ([...] Privatkonto) und CHF 22'383.05 ([...] Sparkonto) bei Datum der Eheschliessung sowie CHF 2'223.00 ([...] Fiscakonto).

 

Mit Urkunde Nr. 42 des Ehemannes sei das Bestehen des Fonds [...] per 31. Dezember 1999 in der Höhe von CHF 10'995.00 belegt. Dieser sei nach Aussage des Ehemannes also zwischen dem 1. August und dem 31. Dezember 1999 erworben worden und stamme damit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit aus vorehelich angespartem Vermögen und sei damit Eigengut. In den genannten fünf Monaten seien keine Bewegungen anzunehmen, so dass der Saldo per 31. Dezember 1999 als Eigengut anzurechnen sei. Es sei unzulässig, die Vermutung des Ehemannes, wonach dieser vielleicht irgendwann einmal CHF 1'000.00 darauf bezahlt habe dafür heranzuziehen, eine Vermischung der Gütermassen anzunehmen und damit den vollständigen Fondsbetrag zu Errungenschaft zu deklarieren. Es seien dem Ehemann somit CHF 10'995.00 als Eigengut anzurechnen.

 

3.3 Die Ehefrau entgegnet in ihrer Berufungsantwort im Wesentlichen, was folgt: Für Vermögenswerte eines Ehegatten gelte bis zum Beweis des Gegenteils eine gesetzliche Vermutung zugunsten der Errungenschaft. Die Nachteile einer allfälligen Beweislosigkeit trage der Eigengut behauptende Ehegatte. Wer Quittungen, Verträge und Zahlungsaufträge nicht aufbewahre, könne sich nicht auf Beweisnot berufen, denn solche Beweismittel seien ihrer Natur nach grundsätzlich verfügbar. Folglich müsse der Vollbeweis erbracht werden.

 

Der Ehemann lege nicht dar, dass es sich beim Betrag von CHF 10'875.67 auf dem Konto der [...] um Eigengut handle. Er verweise lediglich auf die Ersatzforderung, welche ihm zustehen soll, vermöge diese aber nicht genauer zu beziffern. Fakt sei, dass es zu einer Vermischung gekommen sei, zumal das Konto mit Errungenschaftsmitteln aufgefüllt worden sei. Es lasse sich indessen nicht mehr nachvollziehen, ob von diesem Konto nicht andere Ersatzanschaffungen getätigt worden seien, welche nun dem Ehemann als Eigengut zustehen würden. Diesfalls hätte der Ehemann sein Eigengut auf Kosten der Errungenschaft vermehrt. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass es sich beim genannten Betrag um Errungenschaft handle. Daneben sei gänzlich unklar, aus welchem Zeitraum dieser Betrag stamme, namentlich, ob er sich bereits vor der Heirat auf dem Konto befunden habe.

 

Betreffend die Beträge von CHF 22'383.00 ([...] Sparkonto) sowie CHF 4'931.65 ([...] Privatkonto) sei zu bemerken, dass das Geld – zumindest teilweise verbraucht worden sei. Der Nachweis von Eigengut gelinge nicht. Insbesondere sei unklar, was mit den Mitteln geschehen sei. Der Verwendungszweck, namentlich, ob es sich hierbei um Schulden der Errungenschaft gehandelt habe, werde vom Ehemann in keiner Weise näher belegt. Die Annahme einer Ersatzforderung rechtfertige sich somit nicht.

 

Betreffend den Fonds sei nicht erstellt, dass das Geld in den Fonds geflossen und nicht mit Errungenschaftsmitteln vermischt worden sei. Der Urkunde Nr. 42 sei lediglich der Steuerwert des Fonds per 31. Dezember 2019 zu entnehmen. Wie der Ehemann damit belegen will, dass der Fonds Eigengut sei, erschliesse sich nicht.

 

3.4 Alles Vermögen eines Ehegatten gilt bis zum Beweis des Gegenteils als Errungenschaft (Art. 200 Abs. 3 ZGB). Die Norm regelt die Beweislast mit Bezug auf die güterrechtliche Massenzuordnung eines bestimmten Vermögensgegenstands. Sie kommt dann zur Anwendung, wenn zwar die Berechtigung des Ehegatten an einem konkreten Vermögensgegenstand feststeht, jedoch streitig und unbewiesen ist, welcher der beiden Gütermassen der fragliche Vermögenswert zugeordnet werden muss (Urteil des BGer 5A_37/2011 vom 1. September 2011 E. 3.2.1 mit Hinweisen). Die in Art. 200 Abs. 3 ZGB enthaltene gesetzliche Vermutung setzt demnach als bekannte, unbestrittene bewiesene Tatsache einen konkreten Vermögensgegenstand eines Ehegatten voraus. Von dieser Tatsache (Vermutungsbasis) schliesst das Gesetz auf eine Rechtsfolge (Vermutungsfolge), hier auf die güterrechtliche Zugehörigkeit des fraglichen Vermögensgegenstands zur Errungenschaft des Ehegatten (vgl. Hans Peter Walter, in: Berner Kommentar, 2012, N 387 zu Art. 8 ZGB). Davon abzugrenzen ist der Streit um die Frage, ob ein bestimmter Vermögensgegenstand im Zeitpunkt der Auflösung des Güterstands überhaupt (noch) vorhanden war. Diesbezüglich gilt die allgemeine Beweislastregel von Art. 8 ZGB, wonach derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen hat, der aus ihr Rechte ableitet (BGE 125 III 1 E. 3; 118 II 27 E. 2; Urteile des BGer 5A_892/2014 vom 18. Mai 2015 E. 2.1; 5A_111/2007 vom 8. Januar 2008 E. 3.2; 5C.90/2004 vom 15. Juli 2004 E. 2.1).  

 

Von der güterrechtlichen Zuordnung eines bestimmten Vermögensgegenstandes zu unterscheiden ist der Streit um die Frage, ob Mittel der einen Vermögensmasse zur Tilgung von Schulden bzw. zum Erwerb von Vermögensgegenständen der andern beigetragen haben, so dass derjenigen Gütermasse, die für die andere aufgekommen ist, nach Massgabe von Art. 209 Abs. 1 3 ZGB eine entsprechende Ersatzforderung zusteht. Diesbezüglich enthält Art. 200 Abs. 3 ZGB keine Regel; es gilt Art. 8 ZGB (BGE 131 III 559 E. 4.3 mit Hinweisen). Auf diesen Streit um eine güterrechtliche Ersatzforderung - und nur auf diesen - ist die tatsächliche (oder natürliche) Vermutung zugeschnitten, wonach die Ehegatten zur Deckung der laufenden Bedürfnisse der ehelichen Gemeinschaft nicht die Substanz ihres Eigenguts angreifen, das ihnen im Zeitpunkt der Eheschliessung schon gehörte später durch Erbschaft sonst wie unentgeltlich zugefallen ist. Diese Vermutung fusst auf der Erkenntnis, dass der Aufwand für den Unterhalt der Familie (einschliesslich der Altersvorsorge) sowie die Auslagen zur Erzielung des Erwerbseinkommens und die darauf lastenden Steuern von der Errungenschaft zu tragen sind (Urteil des BGer 5A_37/2011 vom 1. September 2011 E. 3.2.1). Es geht also um eine Beweiserleichterung im Streit um die Frage, mit welchen Mitteln eine bestimmte Kategorie von Ausgaben bestritten wird: Von denjenigen Schulden und Vermögensgegenständen, die zur Deckung der laufenden Bedürfnisse der ehelichen Gemeinschaft begründet bzw. erworben werden (Vermutungsbasis), wird angenommen, dass die Eheleute dafür nicht auf die Substanz von Vermögenswerten des Eigenguts zurückgreifen (Vermutungsfolge).

 

Im Unterschied zu Art. 200 Abs. 3 ZGB, wo das Gesetz von einer bekannten Tatsache auf eine unbekannte Rechtsfolge schliesst, geht es bei der beschriebenen tatsächlichen Vermutung darum, dass von einer bekannten Tatsache - den Ausgaben zur Deckung der laufenden Bedürfnisse der ehelichen Gemeinschaft - auf eine unbekannte, im Streit um eine Ersatzforderung nach Art. 209 ZGB rechtserhebliche (negative) Tatsache geschlossen wird, nämlich auf den Sachumstand, dass zur Bestreitung der besagten Bedürfnisse keine Mittel verwendet wurden, von denen feststeht, dass sie zum Eigengut eines Ehegatten gehören. An diesem Unterschied in der Vermutungsfolge wird deutlich, dass die natürliche Vermutung als reine Tatsachenvermutung von vornherein keine Antwort auf die Frage geben kann, ob ein konkreter Vermögensgegenstand, der im Zeitpunkt der Auflösung des Güterstands (oder früher während der Dauer des Güterstandes) vorhanden war, der Errungenschaft dem Eigengut des betreffenden Ehegatten zuzuordnen ist. Denn dabei handelt es sich nicht um eine Tat-, sondern um eine Rechtsfrage. Diese Rechtsfrage beurteilt sich nach den gesetzlichen Kriterien (Art. 197-199 ZGB) bzw. - falls die Massenzugehörigkeit nach Massgabe dieser Kriterien streitig bleibt und nicht bewiesen werden kann - nach der in Art. 200 Abs. 3 ZGB enthaltenen Rechtsvermutung. Von daher kann nicht gesagt werden, es handele sich bei der beschriebenen tatsächlichen Vermutung um eine Vermutung «zu Gunsten des Eigenguts». Wie ausführlich dargelegt, beschlägt diese Vermutung nicht die (güter-) rechtliche Qualifikation eines bestimmten Vermögenswerts als Errungenschaft Eigengut eines Ehegatten, sondern die Tatfrage, ob ein Ehegatte zur Finanzierung von Ausgaben, die güterrechtlich auf die Errungenschaft entfallen, Vermögenswerte verwendet hat, die seinem Eigengut zuzuordnen sind. 

 

3.5 Konti bei der [...]:

 

3.5.1 Sparkonto [...]:

 

Gemäss Beilage Nr. 46 des Ehemannes verzeichnete der Ehemann auf diesem Konto per 30. Dezember 1999 einen Saldovortrag von CHF 9'832.02. Der Ehemann macht hier einen Eigengutsanspruch in der Höhe von CHF 9'821.77 geltend. Gemäss Beilage Nr. 45 des Ehemannes verzeichnete der Ehemann auf diesem Konto per 23. Januar 2020 ein Vermögen von CHF 10'875.72.

 

3.5.2 [...] Fund [...]

 

Gemäss Beilage Nr. 42 des Ehemannes verzeichnete der Ehemann auf diesem Konto per 30. Dezember 1999 einen Wert von CHF 10'995.00. Diesen Betrag will er sich als Eigengut angerechnet haben. Gemäss Beilage Nr. 45 des Ehemannes verzeichnete der Ehemann auf diesem Konto per 23. Januar 2020 ein Vermögen von USD 11'005.77.

 

3.5.3 Dass die streitbetroffenen Vermögenswerte auf den Konti bei der [...] dem Ehemann gehören, ist unbestritten. Anlässlich der Hauptverhandlung vor Vorinstanz führe er aus, was Ende 1999 ausgewiesen sei, sei sicher nicht ehelich angespart worden (S. 6 Verhandlungsprotokoll). Des Weiteren gab er zu diesen Konti zu Protokoll, sein Bruder habe «das von der [...]» für ihn angelegt. Es seien Obligationen gewesen, die zehn Jahre gelaufen seien. Es seien damals CHF 20'000.00 gewesen. Die Obligation sei 2000 ausgelaufen und der Betrag auf das Konto ausbezahlt worden. Was danach gegangen sei, wisse er nicht, das sei «nach der Ehe» gewesen. Er wisse nicht, ob er das Geld wieder angelegt habe (N. 43 ff.). Gefragt nach dem Fund, ob er wisse, wie dieser finanziert worden sei, antwortete er: «Wenn das auf der [...] ist, dann wohl mit dem Geld, das dort drauf war».

 

Ein Beweis ist grundsätzlich erst dann erbracht, wenn das Gericht – das die Beweismittel frei zu würdigen hat (vgl. Art. 157 Schweizerische Zivilprozessordnung, ZPO, SR 272) – nach objektiven Gesichtspunkten von der Richtigkeit einer Sachbehauptung überzeugt ist. Absolute Gewissheit kann dabei nicht verlangt werden. Es genügt, wenn das Gericht am Vorliegen der behaupteten Tatsache keine ernsthaften Zweifel mehr hat allenfalls verbleibende Zweifel als leicht erscheinen (vgl. BGE 130 III 321 E. 3.2). Ausnahmen vom Regelbeweismass, und zwar im Sinne einer Beweiserleichterung durch Herabsetzung des Beweismasses, bestehen nur dort, wo das Gesetz sie vorsieht gefestigte Rechtsprechung die Ausnahme aus dem Gesetz abgeleitet hat. Den Ausnahmen liegt jeweils die Überlegung zu Grunde, dass die Rechtsdurchsetzung nicht an den Beweisschwierigkeiten scheitern darf, die typischerweise bei bestimmten Sachverhalten auftreten, und setzen daher eine sog. Beweisnot voraus (vgl. etwa BGE 130 III 321 E. 2.3, 137 III 255 E. 4.1.2, 140 III 610 E. 4.1, 144 III 264 E. 5.3). Diese ist dann gegeben, wenn nach der Natur der Sache ein strikter Beweis nicht möglich nicht zumutbar ist (z.B. weil die von der beweisbelasteten Partei behaupteten Tatsachen nur mittelbar aufgrund von Indizien bewiesen werden können). Eine Beweisnot liegt hingegen nicht bereits dann vor, wenn eine Tatsache, die ihrer Natur nach ohne Weiteres dem unmittelbaren Beweis zugänglich ist, nicht bewiesen werden kann, weil der beweisbelasteten Partei die Beweismittel dafür fehlen. Blosse Beweisschwierigkeiten im konkreten Einzelfall können und dürfen deshalb nicht zu einer Beweiserleichterung führen (vgl. BGE 130 III 321 E. 3.2, BGE 141 III 569 E. 2.2.1, BGE 144 III 264 E. 5.3).

 

Der Ehemann reicht keine Saldoauszüge per 30. Juli 1999 zu den Akten. Mit den eingereichten Urkunden lässt sich die Höhe des Kontostandes per 1. August 1999 zwar nicht eruieren. Es darf dem Ehemann aber nicht zum Nachteil gereichen, dass er nach über 20 Jahren die entsprechenden Saldoauszüge per 30. Juli 1999 nicht (mehr) in seinem Besitz hat. Der Ehemann beruft sich diesbezüglich zu Recht auf einen Beweisnotstand. Es rechtfertigt sich diesbezüglich eine Abweichung vom Regelbeweis. Auch wenn die Angaben des Ehemannes anlässlich der vorinstanzlichen Parteibefragung zu den Konti bei der [...] äusserst vage und teils spekulativ geblieben sind, so ist doch ohne Weiteres davon auszugehen, dass die per Ende 1999 ausgewiesenen Saldi nicht in den letzten fünf Monaten seit der Eheschliessung (mit Errungenschaftsmitteln) geäufnet worden sind. Entsprechend gelten diese beiden Konti als Eigengut des Ehemannes.

 

3.6 Konti bei der [...]

 

3.6.1 [...] Fiscakonto [...]

 

Gemäss Beilage Nr. 44 des Ehemannes verzeichnete der Ehemann auf diesem Konto per 30. Juli 1999 ein Vermögen in der Höhe von CHF 3'500.70. Gemäss Beilage Nr. 43 des Ehemannes verzeichnete der Ehemann auf diesem Konto per 23. Januar 2020 ein Vermögen in der Höhe von CHF 2'223.00. Diesen Betrag will er sich als Eigengut angerechnet haben.

 

3.6.2 [...] Sparkonto [...]

 

Gemäss Beilage Nr. 44 des Ehemannes verzeichnete der Ehemann auf diesem Konto per 30. Juli 1999 ein Vermögen in der Höhe von CHF 22'383.05. Diesen Betrag will er sich als Eigengut angerechnet haben. Gemäss Beilage Nr. 43 des Ehemannes verzeichnete der Ehemann auf diesem Konto per 23. Januar 2020 ein Vermögen in der Höhe von CHF 27'026.00.

 

3.6.3 [...] Privatkonto [...]00

 

Gemäss Beilage Nr. 44 des Ehemannes verzeichnete der Ehemann auf diesem Konto per 30. Juli 1999 ein Vermögen in der Höhe von CHF 4'931.65. Diesen Betrag will er sich als Eigengut angerechnet haben. Gemäss Beilage Nr. 43 des Ehemannes verzeichnete der Ehemann auf diesem Konto per 23. Januar 2020 ein Vermögen in der Höhe von CHF 5'237.00.

 

3.6.4 Dass die streitbetroffenen Vermögenswerte auf den Konti bei der [...] dem Ehemann gehören, ist unbestritten. Alle Konti des Ehemannes, die zum Heiratszeitpunkt (1. August 1999) bestanden haben, sind per Stichtag (23. Januar 2020) immer noch vorhanden. Ein Saldovergleich per Heiratszeitpunkt und per Stichtag zeigt, dass sich die Saldi auf den Konti in den gut 20 Jahren nicht gross verändert haben. Während das Spar- und das Privatkonto einen Zuwachs erfahren haben, verzeichnet das Fiscakonto eine Mittelabnahme. Mit den eingereichten Urkunden – insbesondere mit der Urkunde Nr. 44 – kann der Ehemann sein Eigengut im Sinne von Art. 8 ZGB belegen.

 

3.7 Entgegen der Auffassung des Vorderrichters ändert an der vorgenommenen Massenzuordnung selbst der Umstand nichts, dass es allenfalls zu einer Vermischung der Vermögensmassen Eigengut und Errungenschaft gekommen ist. Diesbezüglich ist zu beachten, dass Ehegatten die finanziellen Belange ihrer Gemeinschaft erfahrungsgemäss nicht im Hinblick auf eine künftige güterrechtliche Auseinandersetzung organisieren. Es erscheint daher nicht ungewöhnlich, wenn ein Ehegatte ein Bankkonto, das auf seinen eigenen Namen lautet, sowohl mit Eigenguts- als auch mit Errungenschaftsmitteln speist. Der Parteibefragung des Ehemannes ist dann auch Entsprechendes zu entnehmen (bspw.: auf das Sparkonto sei immer wieder Geld einbezahlt worden, welches jeweils für die Ferien gebraucht worden sei. Der Betrag sei jeweils rauf- und runter gegangen). Es wurde bereits auf die Vermutung hingewiesen, wonach die Ehegatten zur Deckung der laufenden Bedürfnisse der ehelichen Gemeinschaft nicht die Substanz ihres Eigenguts angreifen, das ihnen im Zeitpunkt der Eheschliessung schon gehörte später durch Erbschaft sonst wie unentgeltlich zugefallen ist. Solche Eigengutsmittel bleiben nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung grundsätzlich unangetastet bzw. werden in erster Linie für ausserordentliche Investitionen eingesetzt (BGE 123 III 241 E. 3a; 117 II 256 E. 2b).

 

Bei den fraglichen Konti sind folglich folgende Errungenschaftsmittel auszuscheiden:

 

[...] (CHF 10'875.72 minus 9'821.77)

CHF

1'053.95

[...] Fiscakonto (CHF 0.00)

CHF

0.00

[...] Sparkonto (CHF 27'026.00 minus CHF 22'383.05)

CHF

4'642.95

[...] Privatkonto (CHF 5'237.00 minus CHF 4'931.66)

CHF

305.34

[...] Fund (CHF 11'005.77 minus CHF 10'995.00)

CHF

10.77

 

3.8 Die Errungenschaft des Ehemannes setzt sich entsprechend und gerundet wie folgt zusammen:

 

[...] Sparkonto [...]

CHF

1'054.00

[...]

CHF

301.00

[...] Sparkonto [...]

CHF

4'643.00

[...] Privatkonto [...]

CHF

305.00

[...]

CHF

40'362.00

[...] Fund [...]

CHF

11.00

[...]

CHF

493.00

[...]

CHF

32'962.00

[...]

CHF

21'797.00

Total Errungenschaft

CHF

101'928.00

 

3.9 Nach Verrechnung des Vorschlags des Ehemannes in der Höhe von CHF 101'928.00 mit demjenigen der Ehefrau in der Höhe von CHF 7'441.00 resultiert ein zu teilender Vorschlag in der Höhe von CHF 109'369. Nach Verrechnung der gegenseitigen Ansprüche resultiert eine Forderung der Ehefrau gegenüber dem Ehemann aus Güterrecht in der Höhe von CHF 47'243.50. Die Berufung ist hinsichtlich des Güterrechts gutzuheissen.

 

4. Kostentragung erstinstanzliches Verfahren

 

4.1 Der Vorderrichter auferlegte dem Ehemann zufolge eines bestehenden deutlichen wirtschaftlichen Ungleichgewichts sämtliche Prozesskosten und erwog dazu, was folgt: Der Ehemann habe per 31. Dezember 2021 über ein liquides Vermögen von CHF 294'451.00 verfügt. Gleichzeitig habe er ein Einkommen von CHF 6'723.00 bei einem Bedarf von CHF 2'295.00. Auch nach Anrechnung des an die Ehefrau zu leistenden nachehelichen Unterhaltsbeitrages von CHF 2'000.00 verbleibe ihm noch ein grosszügiger Überschuss. Demgegenüber würden dem Bedarf der Ehefrau von CHF 3'818.00 Einnahmen aus Renten und der Lebensversicherung von CHF 1'313.00 gegenüberstehen. Zuzüglich der Unterhaltsbeiträge reichten ihre Einnahmen somit nicht aus, um ihren Bedarf zu decken. Sie werde daher jetzt schon – spätestens aber mit ihrer Pensionierung – auf die güterrechtliche Ausgleichszahlung greifen müssen, um ihren Lebensunterhalt zu decken.

 

4.2 Der Ehemann moniert die vorinstanzlich vorgenommene Kostenauferlegung und bringt vor, die Auferlegung eines Parteikostenvorschusses werde aus der ehelichen Beistandspflicht abgeleitet, eine solche liege aber nicht vor. Die Vorinstanz überschreite zudem ihr Ermessen, wenn sie ihm sämtliche Gerichtskosten auferlege.

 

4.3 Die Ehefrau macht geltend, vorliegend handle es sich um Belange des ehelichen Bereichs. Die Unterhalts- und Beistandspflicht sei zu bejahen, daher überschreite die Vorinstanz ihr Ermessen nicht.

 

4.4 Der Berufungskläger stellt die Begründung des vorinstanzlichen Kostenentscheids nicht grundsätzlich in Frage, sondern macht geltend, mangels Beistandspflicht rechtfertige es sich nicht, von der üblichen Kostenverteilung abzusehen. Dass eine Beistandspflicht besteht, wurde bereits erwähnt.

 

4.5 Beim angefochtenen Entscheid über die Verteilung der Prozesskosten handelt es sich um einen Ermessensentscheid wie in Art. 107 Abs. 1 lit. c ZPO ausdrücklich vorgesehen. Eine Ermessensüber- -unterschreitung ist nicht ersichtlich. Die Berufung ist in diesem Punkt abzuweisen.

 

5. Kosten Berufungsverfahren

 

5.1 Ausgangspunkt für den Kostenentscheid ist der Ausgang des Verfahrens (Art. 106 Abs. 2 ZPO). In familienrechtlichen Verfahren kann von diesem Verteilungsgrundsatz – wie soeben erwähnt – abgewichen werden (Art. 107 Abs. 1 lit. c ZPO).

 

5.2 Der Ehemann und Berufungskläger dringt mit seiner Berufung in Bezug auf die güterrechtliche Ausgleichsforderung durch, unterliegt hingegen in Bezug auf die Unterhaltszahlungen und die vorinstanzliche Kostenverteilung vollumfänglich. Streitwertmässig ist gesamthaft von einem grossmehrheitlichen Unterliegen des Ehemannes auszugehen. Zu berücksichtigen ist, dass das Rechtsbegehren des Ehemannes betreffend Güterrecht für sich alleine unklar war und sich nur mit Hilfe der in der Rechtsschrift gemachten Ausführungen hat beziffern lassen. Aufgrund dessen und unter Berücksichtigung des finanziellen Gefälles der Ehegatten und des familienrechtlichen Charakters der vorliegenden Angelegenheit, rechtfertigt sich eine Kostenausscheidung nicht. Folglich sind auch die Prozesskosten des Berufungsverfahrens vollumfänglich dem Ehemann und Berufungskläger aufzuerlegen. Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens belaufen sich auf CHF 2'500.00 und werden mit dem vom Berufungskläger bereits geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. Die Parteientschädigung der Berufungsbeklagten wird antragsgemäss auf CHF 5'307.45 (inkl. MwSt. und Auslagen) festgesetzt.

 

Demnach wird erkannt:

1.    Die Berufung wird teilweise gutgeheissen.

2.    Die Ziffer 5 des Urteils des Amtsgerichtspräsidenten von Solothurn-Lebern vom 8. April 2022 wird aufgehoben. Sie lautet neu wie folgt: Der Ehemann hat der Ehefrau aus güterrechtlicher Auseinandersetzung CHF 47'243.50 zu bezahlen.

3.    Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

4.    A.___ hat B.___ eine Parteientschädigung in der Höhe von CHF 5'307.45 zu bezahlen.

5.    Die Gerichtskosten von CHF 2'500.00 werden A.___ auferlegt und mit dem von ihm geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe verrechnet.

 

Rechtsmittel: Der Streitwert beträgt mehr als CHF 30'000.00.

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen der Zivilkammer des Obergerichts

Die Präsidentin                                                                 Die Gerichtsschreiberin

Hunkeler                                                                           Zimmermann



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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