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Urteil Verwaltungsgericht (SO - ZKBER.2022.46)

Zusammenfassung des Urteils ZKBER.2022.46: Verwaltungsgericht

Die A.___ AG und B.___ hatten ein Mietverhältnis, das per 31. Januar 2022 aufgelöst wurde. B.___ stellte ein Exmissionsgesuch gegen die A.___ AG, das vom Amtsgericht Olten-Gösgen zugunsten von B.___ entschieden wurde. Die A.___ AG erhob Berufung, um das Urteil aufzuheben. Die Berufung wurde abgewiesen, und die A.___ AG wurde angewiesen, das Mietobjekt bis zum 22. Juli 2022 zu räumen und zu verlassen. Die Gerichtskosten belaufen sich auf CHF 1'500.00, und die Parteientschädigung für den Berufungsbeklagten beträgt CHF 1'845.75.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts ZKBER.2022.46

Kanton:SO
Fallnummer:ZKBER.2022.46
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Zivilkammer
Verwaltungsgericht Entscheid ZKBER.2022.46 vom 04.07.2022 (SO)
Datum:04.07.2022
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Berufung; Vergleich; Olten-Gösgen; Schlichtungsbehörde; Berufungsklägerin; Miete; Revisionsgesuch; Gesuchsgegner; Recht; Pacht; Gesuchsgegnerin; Verkauf; Grundlage; Gesuchsteller; Entscheid; Verfahren; Vergleichs; Einwendung; Revisionsverfahren; Sachverhalt; Zivilkammer; Mietverhältnis; Mietobjekt; Vorinstanz; Verkaufsverhandlungen; Einwendungen; Urteil; Mietverhältnisses; ätestens
Rechtsnorm: Art. 257 ZPO ;Art. 330 ZPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts ZKBER.2022.46

 
Geschäftsnummer: ZKBER.2022.46
Instanz: Zivilkammer
Entscheiddatum: 04.07.2022 
FindInfo-Nummer: O_ZK.2022.86
Titel: Ausweisung und Vollstreckung

Resümee:

 

Obergericht

Zivilkammer

 

Urteil vom 4. Juli 2022  

Es wirken mit:

Vizepräsident Frey

Oberrichter Müller

Oberrichter Flückiger  

Gerichtsschreiber Schaller

In Sachen

A.___ AG,

vertreten durch Rechtsanwalt Daniel U. Walder,

 

Berufungsklägerin

 

 

gegen

 

 

B.___,

vertreten durch Rechtsanwältin Claudia Trösch,

 

Berufungsbeklagter

 

betreffend Ausweisung und Vollstreckung


zieht die Zivilkammer des Obergerichts in Erwägung:

I.

1. Zwischen der A.___AG und B.___ bestand ein Mietverhältnis über ein Geschäftshaus mit Garten/Wohnung in [...]. Am 12. Juni 2019 einigten sich die Parteien vor der Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht Olten-Gösgen auf eine Auflösung des Mietverhältnisses per 31. Januar 2022. Am 2. Februar 2022 stellte B.___ (im Folgenden der Gesuchsteller) beim Richteramt Olten-Gösgen ein Exmissionsgesuch nach Art. 257 ZPO gegen die A.___ AG (im Folgenden die Gesuchsgegnerin). Mit Urteil vom 17. Mai 2022 wies die Amtsgerichtspräsidentin von Olten-Gösgen die Gesuchsgegnerin an, das Mietobjekt bis spätestens 3. Juni 2022, 12:00 Uhr, zu verlassen und dem Gesuchsteller in ordnungsgemässem, geräumten Zustand zu übergeben. Zuvor hatte die Gesuchsgegnerin am 10. März 2022 bei der Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht Olten-Gösgen ein Revisionsgesuch eingereicht und beantragt, der Vergleich vom 12. Juni 2019 sei infolge Grundlagenirrtums bzw. absichtlicher Täuschung aufzuheben. Die Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht Olten-Gösgen wies das Revisionsgesuch mit Entscheid vom 6. Mai 2022 ab.

 

2. Gegen das begründete Ausweisungsurteil erhob die Gesuchsgegnerin (im Folgenden auch die Berufungsklägerin) am 2. Juni 2022 Berufung an das Obergericht und verlangte dessen Aufhebung und das Nichteintreten auf das Exmissionsgesuch, u.K.u.E.F. Zudem stellte sie die folgenden prozessualen Anträge:

1. Es sei der Berufung gegen das Urteil des Richteramts Olten-Gösgen vom 17. Mai 2022 die aufschiebende Wirkung zu erteilen;

2. Dieses Verfahren sei bis zur rechtskräftigen Erledigung des Revisionsverfahrens gegen den vor der Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht Olten-Gösgen geschlossenen Vergleich vom 12. Juni 2019 (Nr. [...]) zu sistieren.

3. Es seien die Akten des vorinstanzlichen Verfahrens sowie des Revisionsverfahrens (Nr. [...]) bei der Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht Olten-Gösgen beizuziehen;

4. Es sei ein zweiter Schriftenwechsel anzuordnen.

 

3. Diese Anträge wurden mit Verfügung der Präsidentin der Zivilkammer vom 3. Juni 2022 wie folgt beurteilt (recte: Der Vergleich datiert vom 12. Juni 2019):

3.  Es wird festgestellt, dass der Berufung von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zukommt.

4.  Der Antrag, das Verfahren sei bis zur rechtskräftigen Erledigung des Revisionsverfahrens gegen den vor der Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht Olten-Gösgen abgeschlossenem Vergleich vom 12. Juli 2019 zu sistieren, wird abgewiesen.

5.  Der Antrag, es seien die Akten des Revisionsverfahrens bei der Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht Olten-Gösgen beizuziehen, wird abgewiesen.

6.  Über den Antrag, es sei ein zweiter Schriftenwechsel anzuordnen, wird nach Eingang der Berufungsantwort entschieden.

 

4. Der Gesuchsteller (im Folgenden auch die Berufungsbeklagte) schloss in seiner Berufungsantwort vom 8. Juni 2022 auf Abweisung der Berufung, u.K.u.E.F.

 

5. Darauf verfügte die Präsidentin der Zivilkammer am 9. Juni 2022, es werde kein zweiter Schriftenwechsel angeordnet. Auf den entsprechenden Antrag hin setzte sie der Berufungsklägerin zum Einreichen einer Replik eine einmalige Frist bis 27. Juni 2022. Am 27. Juni 2022 wurde die Replik eingereicht.

 

6. Auf die Ausführungen der Parteien und der Vorinstanz wird im Folgenden soweit entscheidrelevant eingegangen. Im Übrigen wird auf die Akten verwiesen.

II.

1. Bei der Vorinstanz hat der Gesuchsteller sein Ausweisungsbegehren mit dem Vergleich über die Auflösung des Mietverhältnisses per 31. Januar 2022 begründet. Die Gesuchsgegnerin wendete dagegen ein, der Vergleich sei nur deshalb zustande gekommen, weil der Gesuchsteller in Aussicht gestellt habe, mit der Gesuchsgegnerin ernsthafte Verkaufsverhandlungen in Bezug auf die gemietete Liegenschaft zu führen. Mit Schreiben vom 3. Februar 2022 habe der Gesuchsteller mitgeteilt, dass er keine Gespräche über den Verkauf der Liegenschaft führen wolle. Trotz konkreter Kaufangebote habe der Gesuchsteller damit klargestellt, dass er nicht gewillt sei, Verkaufsverhandlungen zu führen. Er sei somit gar nie gewillt gewesen und die Gesuchsgegnerin habe sich im Zeitpunkt des Vergleichs im Irrtum befunden sei absichtlich getäuscht worden. Sie habe mit Revisionsgesuch vom 10. März 2022 bei der Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht die Aufhebung des Vergleichs vom 12. Juni 2019 infolge Grundlagenirrtums bzw. absichtlicher Täuschung beantragt. Die Amtsgerichtspräsidentin wertete die Einwendung der Gesuchsgegnerin, dass die Bereitschaft von Verhandlungen über den Verkauf der Liegenschaft eine Bedingung des Vergleichs gewesen sei, als reine Schutzbehauptung. Sie erwog dazu, die Gesuchgegnerin sei an der Verhandlung vor der Schlichtungsbehörde anwaltlich vertreten gewesen. Wenn sie den Vergleich nicht ohne diese Bedingung hätte abschliessen wollen, hätte sie diese in den Vergleich aufnehmen müssen. Auch ihr Revisionsgesuch sei mit Entscheid der Schlichtungsbehörde Olten-Gösgen vom 6. Mai 2022 abgewiesen worden. Sie habe somit keinen Rechtstitel mehr zum Verbleib im Mietobjekt und habe die Sache ab dem 1. Februar 2022 zurückzugeben.

 

2. Die Berufungsklägerin bringt vor, zur Verneinung eines klaren Falls nach Art. 257 ZPO genüge nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung, dass der Gesuchsgegner substantiiert und schlüssig Einwendungen vortrage, die nicht sofort widerlegt werden könnten und geeignet seien, die bereits gebildete richterliche Überzeugung zu erschüttern. Sie habe eingewendet, dass der Vergleich nur aufgrund eines Grundlagenirrtums und durch absichtliche Täuschung durch den Berufungsbeklagten zustande gekommen sei. Diese Unwirksamkeit sei unter Hinweis auf das Revisionsverfahren bei der Vorinstanz vorgebracht worden. Damit habe sie ihre Einwendungen substantiiert und schlüssig dargelegt. Damit seien die anspruchsbegründenden Tatsachen und der Sachverhalt und angesichts des geltend gemachten Willensmangels auch die Rechtslage umstritten. Indem die Vorinstanz darüber räsoniere, die geltend gemachte Bedingung betreffend die Verkaufsverhandlungen hätte in den Vergleich miteinbezogen werden müssen, habe sie ihre Kognition betreffend Sachverhaltsabklärung überschritten. Solange nicht rechtskräftig über die Gültigkeit des Vergleichs vom 12. Juni 2019 entschieden sei, sei dieser auch nicht geeignet, den sofortigen Beweis für die Beendigung des Mietverhältnisses zu erbringen. Die Frage, ob das Revisionsgesuch begründet und der Vergleich unwirksam sei, könne und dürfe nur im Rahmen eines Revisionsverfahrens geprüft werden. Ihre Einwendungen seien schon deshalb nicht haltlos, weil die Schlichtungsbehörde Olten-Gösgen im Revisionsverfahren der Gegenpartei Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben habe. Das Revisionsgesuch sei in den Augen der angerufenen Schlichtungsbehörde weder offensichtlich unzulässig noch offensichtlich unbegründet gewesen (vgl. Art. 330 ZPO). Zudem könne an dieser Stelle auf das Revisionsgesuch selbst verwiesen werden. Sie führe darin verschiedene einschlägige Beweismittel an, die geeignet seien, die Täuschung und den Irrtum über das berechtigterweise hervorgerufene Vertrauen auf ernsthafte Verkaufsverhandlungen zu beweisen. Der abweisende Entscheid der Schlichtungsbehörde sei nicht rechtskräftig. Entgegen den Ausführungen der Vorinstanz sei es nicht erforderlich, dass für die Bejahung eines Willensmangels der Gegenstand des Grundlagenirrtums aus dem Vergleich selbst hervorgehen müsse. Aus dem Gesagten ergebe sich klar, dass der Sachverhalt offensichtlich unklar bzw. nicht liquide sein. Der Vergleich vermöge den Sachverhalt keineswegs sofort zu beweisen. Wegen des unklaren Sachverhalts sei auch die Rechtslage im Sinne von Art. 257 Abs. 1 lit. b ZPO unklar gewesen. Die Vorinstanz habe unter wertender Berücksichtigung der gesamten Umstände einen Ermessenentscheid gefällt, was im summarischen Verfahren eben gerade nicht zulässig sei.

 

3. Die Einwendungen der Berufungsklägerin sind haltlos. Die Behauptung, die Aufnahme ernsthafter Verkaufsverhandlungen sei für sie eine notwendige Grundlage für den Vergleichsabschluss gewesen, wird durch keinen einzigen objektiven Anhaltspunkt gestützt. Sie bringt insbesondere nichts vor, was darauf schliessen lassen würde, dass sie eine solche Vorstellung schon vor dem bzw. beim Vergleichsabschluss gehabt hätte. Hinzu käme das weitere Erfordernis, dass sie die Aufnahme ernsthafter Verkaufsverhandlungen nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages hätte betrachten dürfen. Auch dafür fehlt jeglicher Hinweis. Regelmässig wird ein Sachverhalt, der von einer Partei als Grundlage des Vertrages angesehen wird, im Vertrag ausdrücklich erwähnt. Dies ist vorliegend nicht der Fall und ein deutliches Indiz gegen das Vorliegen eines Grundlagenirrtums. Insbesondere eine anwaltlich vertretene Partei hätte dies verlangt, wie die Vorderrichterin zutreffend festhält. Inwiefern diese naheliegende Überlegung bei der Würdigung der Parteivorbringen eine Kognitionsverletzung darstellen sollte, ist weder ersichtlich noch dargetan. Im Wesentlichen versucht die Berufungsklägerin den geltend gemachten Willensmangel mit ihrem eigenen Verhalten nach Ablauf der vereinbarten Mietdauer zu begründen, d.h. mit der Einreichung des Revisionsgesuchs, mit dem sie den Vergleich aufheben wollte. Das Revisionsgesuch wurde indessen nach einer umfassenden Prüfung durch die zuständige Instanz abgewiesen. Dieser Entscheid ist trotz seiner Anfechtbarkeit mit Beschwerde rechtskräftig. Er bestätigt die Gültigkeit des Vergleichs. Die Berufungsklägerin vermag somit keine substantiierten und schlüssigen Einwendungen vorzutragen. Die Vorderrichterin hat die Einwendungen der Berufungsklägerin zu Recht als reine Schutzbehauptungen betrachtet. Der Sachverhalt ist liquid. Die Miete ist nach dem Vergleich am 31. Januar 2022 abgelaufen. Die Berufungsklägerin hat keinen Rechtsgrund mehr, weiter in der Liegenschaft zu bleiben. Weiter gehört es zum Inhalt des Mietverhältnisses, dass das Mietobjekt nach der Beendigung des Mietverhältnisses zu räumen und zurückzugeben ist.

 

4. Die Berufung ist demnach abzuweisen. Wegen der aufschiebenden Wirkung ist die Frist für die Räumung sowie die Frist für die Mitteilung an das Oberamt Olten-Gösgen neu festzulegen. Die Berufungsklägerin hat das Mietobjekt bis spätestens 22. Juli 2022, mittags 12:00 Uhr, zu räumen und zu verlassen. Sie wird auf diesen Zeitpunkt richterlich ausgewiesen. Der Berufungsbeklagte hat dem Oberamt Olten-Gösgen bis spätestens Dienstag, 26. Juli 2022, mitzuteilen, ob das Mietobjekt geräumt und verlassen wurde.

 

5. Nach dem Ausgang des Verfahrens hat die Berufungsklägerin dessen Kosten mit einer Entscheidgebühr von CHF 1’500.00 zu bezahlen. Zudem hat sie dem Berufungsbeklagten eine Parteientschädigung zu bezahlen. Diese wird gestützt auf die eingereichte Honorarnote auf CHF 1’845.75 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt.

Demnach wird erkannt:

1.    Die Berufung wird abgewiesen.

2.    Die A.___ AG hat das Geschäftshaus mit Garten/Wohnung an der [...] in [...] bis spätestens Freitag, 22. Juli 2022, 12.00 Uhr, zu verlassen und B.___ in ordnungsgemässem, geräumten Zustand zu übergeben.

3.    B.___ hat dem Oberamt Olten-Gösgen bis spätestens Dienstag, 26. Juli 2022, mitzuteilen, ob das Mietobjekt geräumt und verlassen wurde.

4.    Die A.___ AG hat die Kosten des obergerichtlichen Verfahrens von CHF 1’500.00 zu bezahlen. Diese werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

5.    Die A.___ AG hat B.___ für das obergerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von CHF 1’845.75 zu bezahlen.

 

Rechtsmittel: Der Streitwert übersteigt CHF 15’000.00.

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

Im Namen der Zivilkammer des Obergerichts

Der Vizepräsident                                                             Der Gerichtsschreiber

Frey                                                                                  Schaller

 

Das Bundesgericht ist mit Urteil vom 16. August 2022 auf die dagegen erhobene Beschwerde nicht eingetreten (BGer 4A_322/2022).



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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