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Urteil Verwaltungsgericht (SO - ZKBER.2022.42)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:ZKBER.2022.42
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Zivilkammer
Verwaltungsgericht Entscheid ZKBER.2022.42 vom 29.07.2022 (SO)
Datum:29.07.2022
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Zusammenfassung:Die Zivilkammer des Obergerichts hat am 29. Juli 2022 über einen Fall bezüglich Eheschutz entschieden. Die Parteien sind seit 2005 verheiratet und haben drei Kinder. Es ging um die Festlegung von Unterhaltsbeiträgen, die vom Vater zu zahlen sind. Die Ehefrau hat Berufung eingelegt, um höhere Unterhaltsbeiträge zu fordern. Der Berufungsbeklagte beantragte die Anpassung der Unterhaltsbeiträge und die Zuteilung der Obhut über eines der Kinder. Das Gericht entschied, dass die Berufung der Ehefrau teilweise gutgeheissen wird und die Kosten dem Berufungsbeklagten auferlegt werden. Der Betrag der Gerichtskosten beträgt CHF 1'000.00.
Schlagwörter: Berufung; Kinder; Recht; Apos; Ehemann; Partei; Ehefrau; Eheschutz; Rechtsanwältin; Unterhalt; Berufungsbeklagte; Parteien; Unterhaltsbeiträge; Obhut; Berufungsklägerin; Anschlussberufung; Urteil; Vater; Unterdeckung; Ziffer; Tochter; Frech; Thal-Gäu; Barunterhalt; Mutter; Rechtspflege; Staat; Zahlung; Honorar; Dippon
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 117 ZPO ; Art. 123 ZPO ; Art. 206 ZPO ; Art. 286a ZGB ; Art. 314 ZPO ; Art. 317 ZPO ; Art. 93 KG ;
Referenz BGE:142 III 44;
Kommentar:
-
Entscheid
 
Geschäftsnummer: ZKBER.2022.42
Instanz: Zivilkammer
Entscheiddatum: 29.07.2022 
FindInfo-Nummer: O_ZK.2022.99
Titel: Eheschutz

Resümee:

 

Obergericht

Zivilkammer

 

Urteil vom 29. Juli 2022    

Es wirken mit:

Präsidentin Hunkeler

Oberrichter Flückiger

Oberrichterin Weber    

Gerichtsschreiber Schaller

In Sachen

A.___, vertreten durch Rechtsanwältin Jeannette Frech,

 

Berufungsklägerin

 

 

gegen

 

 

B.___, vertreten durch Rechtsanwältin Cornelia Dippon,

 

Berufungsbeklagter

 

betreffend Eheschutz


zieht die Zivilkammer des Obergerichts in Erwägung:

I.

1. Die Parteien sind seit 2005 verheiratet. Sie sind Eltern der drei Kinder C.___ geb. 2007, D.___, geb. 2010, und E.___, geb. 2011. Am 30. November 2021 leitete die Ehefrau beim Richteramt Thal-Gäu ein Eheschutzverfahren ein. Am 24. März 2022 fand die Eheschutzverhandlung statt. Das Urteil der Amtsgerichtsstatthalterin von Thal-Gäu datiert vom 29. März. Es lautet bezüglich der hier strittigen Ziffern 7 und 8 wie folgt:

 

7.    Der Vater hat für die Kinder ab Auszug, spätestens ab 16. April 2022, und für die weitere Dauer der Trennung monatlich vorauszahlbare Unterhaltsbeiträge von je CHF 360.00 (Barunterhalt) für C.___ und D.___ sowie von CHF 310.00 (Barunterhalt) für E.___ zu bezahlen. Ein Betreuungsunterhalt ist nicht geschuldet.

Allfällige vom Ehemann bezogene Kinder- und Ausbildungszulagen sind in diesen Beiträgen nicht inbegriffen und zusätzlich geschuldet.

8.    Es wird festgestellt, dass mit den festgelegten Unterhaltsbeiträgen der gebührende Unterhalt der Kinder im Sinne von Art. 286a Abs. 1 ZGB nicht gedeckt ist. Die monatliche Unterdeckung pro Kind beträgt grundsätzlich CHF 235.00 (Barunterhalt), wobei die Unterdeckung aktuell im Umfang von total CHF 639.00 (CHF 213.00/Kind) von der Mutter gedeckt wird. Die effektiv resultierende Unterdeckung pro Kind beträgt damit CHF 22.00.

2. Dagegen hat die Ehefrau mit Eingabe vom 23. Mai 2022 form- und fristgerecht Berufung erhoben. Sie stellt die folgenden Rechtsbegehren:

 

1.    Es seien Ziffern 7 und 8 des Eheschutzurteils des Richteramts Thal-Gäu vom 29. März 2022 aufzuheben.

2.    Es sei der Berufungsbeklagte zu verpflichten, ab Auszug, spätestens ab 16. April 2022 und für die weitere Dauer der Trennung monatlich vorauszahlbare Unterhaltsbeiträge von mindestens je CHF 572.00 (Barunterhalt) für C.___ und D.___ sowie mindestens CHF 520.00 (Barunterhalt) für E.___ zu bezahlen.

Allfällige vom Berufungsbeklagten bezogene Kinder- und Ausbildungszulagen sind in diesen Beiträgen nicht inbegriffen und zusätzlich geschuldet.

3.    Es sei festzustellen, dass mit den in Ziffer 2 hievor festgelegten Unterhaltsbeiträgen der gebührende Unterhalt der Kinder im Sinne von Art. 286a Abs. 1 ZGB nicht gedeckt ist. Die monatliche Unterdeckung sei festzuhalten.

4.    Es sei der Berufungsbeklagte zu verpflichten, der Ehefrau für das Berufungsverfahren einen Parteikostenbeitrag von vorerst CHF 3'500.00 zu bezahlen.

Eventualiter: Es sei der Berufungsklägerin für das Berufungsverfahren das Recht auf unentgeltliche Rechtspflege unter Beiordnung der Unterzeichneten als unentgeltliche Rechtsbeiständin zu gewähren.

5.    Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.

3. Der Berufungsbeklagte liess sich am 9. Juni 2022 ebenfalls form- und fristgerecht mit einer Berufungsantwort und Anschlussberufung vernehmen. Er beantragt:

 

1.    D.___, geb. 2010, sei unter die Obhut des Vaters zu stellen.

2.    Ziff. 7 des Eheschutzurteils des Richteramts Thal-Gäu sei wie folgt anzupassen:

Der Berufungsbeklagte sei zu verpflichten, ab Auszug, spätestens ab 16. April 2022 monatlich vorauszahlbare Unterhaltsbeiträge von total höchstens CHF 1'453.00. Davon seien CHF 674.00 Barunterhalt für C.___, CHF 157.00 für D.___ und CHF 622.00 für E.___ festzusetzen.

3.    Es sei in Abänderung zu Ziff. 8 des Eheschutzurteils des Richteramts Thal-Gäu festzustellen, dass keine Unterdeckung mehr besteht, solange D.___ fremdplatziert ist.

4.    Die Unterdeckungen für E.___ und C.___ sowie für D.___ seien festzuhalten, sobald D.___ in der Obhut des Vaters ist.

5.    Es sei festzustellen, dass die Ehefrau mangels wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ab Obhutszuteilung an den Vater nicht in der Lage ist, D.___ einen Unterhaltsbeitrag zu bezahlen.

6.    Die Akten des KESB seien beizuziehen.

7.    D.___ sei anzuhören.

8.    Weitergehende Anträge der Berufungsklägerin seien abzuweisen.

9.    Es sei die Ehefrau zu verpflichten, dem Ehemann für das Berufungsverfahren einen Parteikostenbeitrag von vorerst CHF 3'500.00 zzgl. Gerichtskostenanteil zu bezahlen.

Eventualiter: Es sei dem Ehemann für das Berufungsverfahren das Recht auf unentgeltliche Rechtspflege unter Beiordnung der Unterzeichneten als unentgeltliche Rechtsbeiständin zu gewähren.

4. Mit Verfügung vom 13. Juni 2022 wurde auf die Einholung einer Anschlussberufungsantwort verzichtet, den Parteivertreterinnen aber Gelegenheit geboten, eine Honorarnote einzureichen, wovon beide Gebrauch machten.

5. In Anwendung von Art. 316 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO, SR 272) kann über die Berufungen ohne Durchführung einer Verhandlung aufgrund der Akten entschieden werden. Für die Parteistandpunkte und die Erwägungen der Vorderrichterin wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit notwendig, ist nachstehend darauf einzugehen.

II.

1.1 Die Amtsgerichtsstatthalterin begründete Ihr Urteil damit, dass beide Elternteile die Kinder gemäss Angaben des Beistands in der akuten Phase des Eheschutzverfahrens nicht ausreichend unterstützen und keine Gewähr für eine stabile Entwicklung bieten könnten. Die bestehenden Kindesschutzmassnahmen seien deshalb der aktuellen Situation anzupassen. Anlässlich der Kinderanhörung vom 18. Januar 2022 hätten alle drei Kinder unmissverständlich angegeben, am liebsten bei der Mutter im Haus bleiben zu wollen. Der Vater solle ausziehen. D.___ habe sogar angekündigt, sie würde den Kontakt zum Vater am liebsten ganz abbrechen.

Den KESB-Akten könne entnommen werden, dass sich bisher einzig die Ehefrau um fachliche Unterstützung der Kinder bemüht habe und mit den verschiedenen Institutionen in Kontakt getreten sei. Sie sei stets kooperationsbereit und offen für eine Unterstützung durch den jeweiligen Beistand gewesen. Zudem habe sie die Kinder in den vergangenen Jahren täglich betreut und sei deren Hauptbezugsperson. Auch der eindeutige Wunsch der drei Kinder, bei der Mutter bleiben zu dürfen, sei angemessen zu berücksichtigen. Hinweise auf die vom Ehemann vorgebrachte Beeinflussung resp. Instrumentalisierung durch die Ehefrau gebe es keine. Den vom Beistand angesprochenen Schwierigkeiten und fehlenden Unterstützungsmöglichkeiten der Mutter werde mittels Beibehaltung der Beistandschaft und Anpassung der Massnahmen gemäss den Anträgen des Beistandes Rechnung getragen.

Die Ehefrau sei mit ihrem Pensum von 60 % Erwerbstätigkeit zeitlich mehr verfügbar als der Ehemann. Dieser habe zwar angeboten, sein Pensum ebenfalls zu reduzieren. Aufgrund der finanziellen Situation sei das aber unrealistisch, was er einsehe. Die Zuteilung der Obhut allein an die Ehefrau sei somit insgesamt die bessere Option, weshalb die drei Kinder unter ihre Obhut gestellt würden.

1.2 Bei der Berechnung der Unterhaltsbeiträge geht die Vorderrichterin von einem monatlichen Nettoeinkommen des Ehemannes von CHF 4'385.00 und der Ehefrau von CHF 2'455.00 je inkl. 13. Monatslohn aus. Hinzu kommen beim Ehemann die drei Kinderzulagen von CHF 200.00 je Kind und bei der Ehefrau monatliche Trinkgelder von CHF 550.00. Sie berechnete für den Ehemann einen Bedarf von CHF 3’352.00 und für die Ehefrau einen solchen von CHF 2'366.00. Der Bedarf der beiden älteren Kinder beläuft sich auf je CHF 796.00 und des jüngsten auf CHF 744.00 pro Monat. Auf die einzelnen Beträge wird soweit nötig im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

2. Die Berufungsklägerin macht geltend, der Berufungsbeklagte wohne entgegen seinen Angaben bei der Vorinstanz mit seiner neuen Lebenspartnerin zusammen, was sie am 27. April 2022 erfahren habe. Dabei handle es sich um ein echtes Novum. Aufgrund dessen sei beim Ehemann von einem Grundbetrag von CHF 850.00 auszugehen. Die Kosten für Miete und Telekommunikation seien ausserdem zu halbieren. Aufgrund dessen seien Unterhaltsbeiträge von mindestens CHF 572.00 für die beiden älteren Kinder bzw. CHF 520.00 für das jüngste Kind geschuldet.

3. Der Berufungsbeklagte macht geltend, er habe am 27. März 2022 zwei Mietverträge unterzeichnet. Seit dem 16. April 2022 wohne er mit seiner Freundin, [...], in einer gemeinsamen Wohnung. Die Bruttomiete betrage CHF 1'790.00 pro Monat ohne Einstellhallenplatz. Sein Anteil betrage CHF 895.00.

Nach Erlass der Eheschutzverfügung sei die Tochter D.___ bei einer Pflegefamilie untergebracht worden. Der Mutter fielen dadurch weniger Kosten an. Unter der Woche halte sie sich bei der Pflegefamilie auf. An allen Wochenenden sei sie bei ihm. Ihm sei aus diesem Grund ein erweiterter Grundbetrag anzurechnen. Er lege jedes Wochenende 80 km zurück, um die Tochter am Pflegeplatz abzuholen und dorthin zurückzubringen. Die Kosten von D.___ hätten sich ebenfalls verändert. Die Mutter habe ausser den Krankenkassenprämien und einem Kleideranteil nichts für die Tochter zu bezahlen. Auch der Wohnkostenanteil falle weg. D.___ wolle nun bei ihm wohnen. Sie sei deshalb erneut anzuhören. Er sei bereit, die Obhut über die Tochter zu übernehmen. Sobald diese ganz bei ihm lebe, entstünden Kosten, die zu berücksichtigen seien.

4.1 Gemäss BGE 142 III 44 f. dürfen neue Vorbringen, mit denen geänderte Verhältnisse behauptet und belegt werden können, nicht einfach in das Abänderungsverfahren verwiesen werden, sondern sind im Rahmen der Berufung gegen das Scheidungsurteil zu prüfen und zu berücksichtigen, wenn und soweit sie sich nach Art. 317 Abs. 1 ZPO als zulässig erweisen. Dasselbe gilt für Noven die sich nach Erlass des Eheschutzurteils ergeben. Dass der Ehemann im Konkubinat lebt, ist ein echtes Novum. Anlässlich der Eheschutzverhandlung war davon noch nicht die Rede. Die Berufungsklägerin hat die neuen Tatsachen in ihrer Berufungsschrift und damit zweifellos rechtzeitig geltend gemacht. Im Rahmen der für die Kinderunterhaltsbeiträge geltenden uneingeschränkten Untersuchungsmaxime (Art. 206 Abs. 3 ZPO) sind sie ohnehin zu berücksichtigen.

4.2 Der Berufungsbeklagte hat in der Berufungsantwort geltend gemacht, dass die Tochter D.___ inzwischen fremdplatziert worden sei, aber alle Wochenenden bei ihm verbringe, was Kosten verursache. Er hat ausserdem im Rahmen einer Anschlussberufung auch die Zuteilung der Obhut über die Tochter beantragt.

Das Eheschutzverfahren ist ein Summarverfahren. Gemäss Art. 314 Abs. 2 ZPO ist eine Anschlussberufung im Summarverfahren unzulässig. Auf die Anträge des Ehemannes im Rahmen der Anschlussberufung kann daher nicht eingetreten werden. Es wird ihm nichts anderes übrig bleiben, als ein Abänderungsverfahren einzuleiten, sofern sich die Parteien im laufenden Verfahren vor der KESB auf keine Lösung in Bezug auf die Belange von D.___ einigen können. Letzteres drängte sich umso mehr auf, als der Entzug des Obhutsrechts der Parteien am 4. Mai 2022 superprovisorisch erfolgte und beide Parteien nachfolgend Gelegenheit zur Stellungnahme hatten (vgl. Berufungsantwortbeil. 4). Von einer dauerhaft veränderten Situation kann demnach zur Zeit keine Rede sein.

Kann nicht über den Antrag auf Zuteilung der Obhut über die Tochter D.___ entschieden werden, erübrigt sich auch ihre Anhörung im vorliegenden Verfahren. Der entsprechende Beweisantrag des Ehemannes wird abgewiesen.

5. Die von der Berufungsklägerin geltend gemachten neuen Tatsachen auf Seiten des Ehemannes sind nicht bestritten. Dieser wohnt seit dem 16. April 2022 gemeinsam mit seiner neuen Lebenspartnerin in einer Mietwohnung in [...]. Deren Mietzins beträgt CHF 1'790.00 inkl. NK (Berufungsantwortbeil. 2). Der Ehemann anerkennt, dass er die Hälfte davon, d.h. CHF 895.00 zu bezahlen hat. Er wehrt sich auch nicht gegen die Anrechnung des hälftigen Grundbetrages für zwei, eine kostensenkende Wohn-/Lebensgemeinschaft bildende Parteien gemäss den Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums nach Art. 93 SchKG.

Die übrigen Parameter der Bedarfsberechnung sind nicht bestritten und daher zu übernehmen. Von Amtes wegen anzupassen ist das Steuerbetreffnis der Parteien aufgrund der veränderten Zahlen.

 

 

Ehemann

Ehefrau

C.___

D.___

E.___

Grundbetrag

    850

1’350

   600

   600

   600

Wohnkosten

    895

   563

   101

   101

   101

Krankenkasse obl.

    393

   453

     95

     95

     43

Telekom/Mobiliarvers.

     50

   100

 

 

 

Arbeitsweg

   159

 

 

 

 

ausw. Verpflegung

   200

 

 

 

 

Steuern

   182

   221

 

 

 

total

2’729

2’687

   796

   796

   744

 

Die Parteien haben ein monatliches Gesamteinkommen von CHF 7'990.00 (Ehemann CHF 4'385.00, Ehefrau CHF 3'005.00, Kinder je CHF 200.00) und einen Bedarf von total CHF 7'754.00 (Ehemann CHF 2'729.00, Ehefrau CHF 2'687.00, C.___ und D.___ CHF 796.00, E.___ CHF 744.00). Der Überschuss von CHF 238.00 ist nach grossen und kleinen Köpfen auf die Familienmitglieder aufzuteilen.

Die Ehefrau hat einen Überschuss von CHF 250.00 über ihren Bedarf und den ihr zustehenden Überschussanteil. In diesem Umfang hat sie sich an den notwendigen Kinderkosten zu beteiligen. Der vom Ehemann zu bezahlende Kinderunterhalt beläuft sich folglich auf CHF 545.00 für die beiden älteren Kinder und CHF 500.00 für das jüngste Kind. Ziffer 7 des vorinstanzlichen Urteils ist daher aufzuheben und entsprechend anzupassen.

6. Da mit den gesprochenen Unterhaltsbeiträgen der Bedarf aller Kinder gedeckt werden kann, erübrigt sich die Feststellung einer Unterdeckung. Ziffer 8 des vorinstanzlichen Urteils ist daher ersatzlos aufzuheben.

III.

1. Beide Ehegatten haben ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt (Art. 117 ZPO). Da beide ausweislich nicht in der Lage sind, die Gerichts- und Parteikosten zu tragen, sind die Gesuche zu bewilligen soweit sie nicht aussichtslos sind. Das Gesuch der Berufungsklägerin wird vollumfänglich bewilligt und Rechtsanwältin Frech als ihre unentgeltliche Parteivertreterin eingesetzt. Das Gesuch des Berufungsbeklagten wird in Bezug auf die Berufungsantwort bewilligt und in Bezug auf die Anschlussberufung abgewiesen, zumal diese prozessual unzulässig und daher aussichtslos war (Art. 117 lit. b ZPO). Rechtsanwältin Dippon wird in diesem Umfang als unentgeltliche Parteivertreterin des Ehemannes eingesetzt.

2. Gemäss Art. 106 ZPO sind die Prozesskosten der unterliegenden Partei aufzuerlegen. Hat keine Partei vollständig obsiegt, so werden die Prozesskosten nach dem Ausgang des Verfahrens verteilt. U.a. in familienrechtlichen Prozessen können die Kosten nach Ermessen auferlegt werden (Art. 107 Abs. 1 lit. c ZPO).

Die Berufungsklägerin ist mit ihren Anträgen vollumfänglich durchgedrungen, andererseits konnte auf die Anschlussberufung des Berufungsbeklagten nicht eingetreten werden. Aufgrund dieses Ausgangs sind die Gerichts- und Parteikosten vollständig B.___ aufzuerlegen. Aufgrund der beiden Parteien gewährten unentgeltlichen Rechtspflege werden die Gerichtskosten vorderhand vom Staat getragen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald bei B.___ zur Nachzahlung in der Lage ist (Art. 123 ZPO).

Die Kostennote von Rechtsanwältin Frech gibt zu keinen Bemerkungen Anlass. Ihr ordentliches Honorar ist antragsgemäss auf CHF 1'615.70 festzusetzen. Das amtliche Honorar beträgt CHF 1'295.30 und der Nachzahlungsanspruch (Differenz zum vereinbarten Honorar) beläuft sich auf CHF 320.40. Die Kostennote von Rechtsanwältin Dippon unter Berücksichtigung der teilweisen Gewährung der unentgeltlichen Parteivertretung wird ermessensweise auf CHF 1'140.00 festgesetzt. Der Nachzahlungsanspruch (Differenz zum vereinbarten Honorar) beläuft sich auf CHF 430.80.

Demnach wird erkannt:

1.    Auf die Anschlussberufung von B.___ wird nicht eingetreten.

2.    Die Berufung der Ehefrau wird gutgeheissen und Ziffer 7 und 8 des Urteils der Amtsgerichtsstatthalterin von Thal-Gäu vom 29. März 2022 werden aufgehoben.

3.    Ziffer 7 lautet neu wie folgt: Der Vater hat für die Kinder ab Auszug, spätestens ab 16. April 2022, und für die weitere Dauer der Trennung monatlich vorauszahlbare Unterhaltsbeiträge von je CHF 545.00 für C.___ und D.___ und CHF 500.00 für E.___ zu bezahlen. Ein Betreuungsunterhalt ist nicht geschuldet.

Allfällige vom Ehemann bezogene Kinder- und Ausbildungszulagen sind in diesen Beiträgen nicht inbegriffen und zusätzlich geschuldet.

4.    Die Kosten des Berufungsverfahrens von total CHF 1'000.00 werden B.___ auferlegt. Zufolge unentgeltlicher Rechtspflege trägt sie der Staat Solothurn; vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald B.___ zur Nachzahlung in der Lage ist.

5.    B.___ hat A.___, vertreten durch Rechtsanwältin Jeannette Frech, eine Parteientschädigung von CHF 1'615.70 zu bezahlen.

Zufolge unentgeltlicher Rechtspflege beider Parteien hat der Staat Rechtsanwältin Jeannette Frech eine Entschädigung von CHF 1’295.30 und Rechtsanwältin Cornelia Dippon eine solche von CHF 1'140.00 zu bezahlen.

Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald B.___ und/oder A.___ zur Nachzahlung in der Lage sind. Sobald B.___ und/oder A.___ zur Nachzahlung in der Lage sind, haben sie ihren Rechtsanwältinnen die Differenz zum vollen Honorar zu leisten. Diese beträgt für Rechtsanwältin Jeannette Frech CHF 320.40 und für Rechtsanwältin Cornelia Dippon CHF 430.80.

 

Rechtsmittel: Der Streitwert beträgt mehr als CHF 30'000.00.

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen der Zivilkammer des Obergerichts

Die Präsidentin                                                                 Der Gerichtsschreiber

Hunkeler                                                                           Schaller



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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